»Die Erfahrungen, die wir machen, sprechen gegen die Erfahrungen, die wir haben«
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»Die Erfahrungen, die wir machen, sprechen gegen die Erfahrungen, die wir haben«
Über Formen der Erfahrung in den Wissenschaften
Editors: Hampe, Michael | Lotter, Maria-Sibylla
Erfahrung und Denken, Vol. 86
(2000)
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Abstract
Wissenschaftliche Erfahrung ist einem verbreiteten Mythos zufolge ganz anders als Alltags- und Lebenserfahrung. Ihrem Inhalt nach widerspricht sie vermeintlicher Weise der Alltagserfahrung; etwa wenn diese uns zeigt, dass die Sonne aufgeht, die wissenschaftliche Erfahrung jedoch belegt, dass der Horizont sich senkt. Ihrer Form nach soll der kreative und aktive Charakter von Lebenserfahrung, dieser angeblichen Quelle von Vorurteilen und Irrtümern, der wissenschaftliche Erfahrung ganz abgehen. Dieses traditionelle Bild von der wissenschaftlichen Erfahrung ist in der Wissenschaftsphilosophie längst obsolet geworden. Bei wissenschaftlichen Erfahrungen, in denen wirklich neue Erkenntnisse gewonnen werden, handelt es sich offenbar um alles andere als klare, deutliche und wiederholbare Beobachtungen von eindeutigen Tatsachen. Diese Vorstellung geht auf eine $anachträgliche$z Idealisierung der Entwicklungsprozesse wissenschaftlicher Erkenntnis zurück. Im Verlauf der Wissenschaftsgeschichte, in der spezifische Problemlösungsstrategien und Untersuchungsmethoden entstanden, haben die einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen nicht nur unterschiedliche Erfahrungsbegriffe$abegriffe$z entwickelt, sondern auch unterschiedliche Erfahrungs$aformen,$z die als $aTechniken des Erfahrens$z von denen erlernt werden müssen, die Wissenschaft betreiben wollen. Mit dem idealisierten Bild »der« wissenschaftlichen Erfahrung fällt auch ihre scharfe Abgrenzung zur Alltags- und Lebenserfahrung, zur »ästhetischen« und »religiösen« Erfahrung weg, die im Vergleich einerseits ebenfalls »enthomogenisiert« werden, andererseits Parallelen zu wissenschaftlichen Erfahrungsformen ausweisen Die Beiträge dieses Bandes dokumentieren anhand verschiedener Wissenschaften, aber auch am Beispiel ästhetischer und religiöser Erfahrung nicht nur die Vielfalt wissenschaftlicher Erfahrung, sondern auch ihre Bezüge zu anderen nicht wissenschaftlichen Erfahrungskontexten.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Inhaltsverzeichnis | 5 | ||
Michael Hampe/Maria-Sibylla Lotter: Einleitung: Enttäuschende Erfahrungen | 7 | ||
I. Wissenschaftliche Erfahrung, Alltagserfahrung und Lebenserfahrung | 7 | ||
II. Die Vielfalt wissenschaftlicher Erfahrung | 14 | ||
Michael Hampe: Pluralismus der Erfahrung und Einheit der Vernunft | 27 | ||
Oliver Robert Scholz: „... die Erfahrungen anderer ... adoptiren ...“. Zum erkenntnistheoretischen Status des Zeugnisses anderer | 41 | ||
I. Die historischen Wissenschaften und das Zeugnis anderer | 41 | ||
II. Quellen | 43 | ||
III. Umfang und Vielfalt der Testimonialerkenntnis | 44 | ||
IV. Der erkenntnistheoretische Status des Zeugnisses anderer | 47 | ||
V. Das Hauptangriffsziel: Der Reduktionismus bezüglich des Zeugnisses anderer | 50 | ||
VI. Was bereitwillig zugestanden wird | 52 | ||
VII. Theoretischer Rahmen und Thesen | 53 | ||
VIII. Die Argumente | 55 | ||
1. Negative Argumente I | 55 | ||
2. Negative Argumente II: Argumente aus der Analogie und wechselseitigen Abhängigkeit unserer epistemischen Quellen | 56 | ||
3. Positive Argumente: Argumente aus dem Lernen und der Sprache | 59 | ||
IX. Die epistemischen Pflichten rationaler Hörer | 60 | ||
X. Lehren | 62 | ||
Stefan Hübsch: „Eine Empirie zweiten Grades“. Zum Verhältnis von ästhetischer Erfahrung und Kunstgeschichte | 65 | ||
I. Der ästhetische Charakter der Wahrnehmung | 65 | ||
II. Die Vertiefung der Wahrnehmung | 67 | ||
III. Die ästhetische Disziplin | 69 | ||
IV. Die Wahrnehmung als Kunst | 71 | ||
V. Die ästhetischen Gegenstände | 74 | ||
VI. Die Autonomie der Kunst | 76 | ||
VII. Die Geschichtlichkeit der Kunst | 78 | ||
Christian Gremmels: Religion, Theologie und Erfahrung | 81 | ||
I. | 81 | ||
II. | 84 | ||
III. | 86 | ||
IV. | 87 | ||
V. | 89 | ||
VI. | 92 | ||
Daniel Krochmalnik: Das Mirakel von Giwon. Wissenschaft und Wunder im jüdischen Denken von Maimonides bis Spinoza | 95 | ||
I. Der Tag von Giwon in Bibel und Talmud | 96 | ||
II. Der Tag von Giwon findet nicht statt | 98 | ||
III. Und die Sonne steht doch! | 103 | ||
IV. Das Schibbolet im Weltbilderstreit | 110 | ||
Walter Grasnick: Methodenlehre als Erfahrungswissenschaft | 127 | ||
Marianne Leuzinger-Bohleber: Psychoanalyse – Erfahrungswissenschaft des Unbewußten | 145 | ||
I. Einleitung | 145 | ||
II. Historische Anmerkungen | 146 | ||
III. Die psychoanalytische Methode – eine Systematik zur Erfahrung und kritischen Überprüfung des Unbewußten | 150 | ||
1. Das Setting | 151 | ||
2. Freies Assoziieren und die frei schwebende Aufmerksamkeit | 152 | ||
3. Übertragung und Gegenübertragung | 153 | ||
4. Professionell geschulte Selbstkritik | 153 | ||
IV. Klinische Annäherungen an „unbewußte Wahrheiten“ – ein fragmentarisches Beispiel | 154 | ||
1. Die einsam trotzige Galapagos-Echse auf dem Baum oder „Möchten Sie oder ich, daß ich ein Kind bekomme ...?“ – eine Traumserie als klinische Abstützung psychodynamischer „Wahrheiten“ | 154 | ||
2. Psychoanalytisches Verstehen: ein professioneller, intrasubjektiver und intersubjektiver Reflexionsprozeß psychoanalytischer Erfahrungen: eine kurze Zusammenfassung | 163 | ||
V. Zusammenfassung | 165 | ||
Maria-Sibylla Lotter: Fremderfahrung und Selbsterfahrung in der Ethnologie | 169 | ||
I. Zur Rolle ethnologischer Erfahrung in den Sozial- und Kulturwissenschaften | 169 | ||
II. Introspektive Spekulation | 172 | ||
III. Tiefe Einsicht | 174 | ||
IV. „Teilnehmende Beobachtung“ | 176 | ||
V. Felderfahrung als Störung | 179 | ||
VI. Die Konstruktion ethnologischer Tatsachen | 181 | ||
VII. Ethnologische Erfahrung als herrschaftsfreier Dialog? | 189 | ||
Manfred Stöckler: Am Rande der Sichtbarkeit. Zur Rolle der Erfahrung in der Kosmologie | 195 | ||
I. Einleitung | 195 | ||
II. Das neue Bild vom Universum | 195 | ||
Exkurs 1: Entfernungsbestimmungen im Universum | 200 | ||
Exkurs 2: Einsteins Gravitationstheorie und die Erfahrung | 202 | ||
III. Theorie und Erfahrung in der Kosmologie | 203 | ||
Exkurs 3: Horizonte | 206 | ||
Exkurs 4: Kosmologische Modelle | 207 | ||
IV. Philosophische Bemerkungen | 208 | ||
1. Erfahrung als Fundament der Theorie? | 208 | ||
2. Kohärenz als Wahrheitskriterium? | 209 | ||
3. Einmaliges als Gegenstand von Wissenschaft? | 210 | ||
V. Fazit | 211 | ||
Friedrich Steinle: Die Vielfalt experimenteller Erfahrung: Neue Perspektiven | 213 | ||
I. Einige historische Positionen zum Experiment | 214 | ||
II. Fragen an das Experiment | 218 | ||
III. Zwei Beispiele aus der Forschungspraxis | 223 | ||
IV. Exploratives Experimentieren | 229 | ||
V. Die Vielfalt experimenteller Erfahrung | 231 | ||
Hans-Jörg Rheinberger: Dimensionen der Darstellung in der Praxis des wissenschaftlichen Experimentierens | 235 | ||
I. Die Bedeutungen der Repräsentation | 235 | ||
II. Ein unentwirrbares Geflecht | 237 | ||
III. Grapheme, Spuren, Inskriptionen | 239 | ||
IV. Modelle | 241 | ||
V. Noch etwas über experimentelle Spuren | 243 | ||
VI. Eine Pragmatogonie des Realen | 245 | ||
Michaela Haase: Erfahrungsbegriffe in der Betriebswirtschaftslehre | 247 | ||
I. Vorbemerkungen | 247 | ||
II. Theorie und Erfahrung: Zur Auflösung einer Dichotomie | 250 | ||
III. Zum Begriff des Erfahrungs- und des Erkenntnisobjektes in der Betriebswirtschaftslehre | 253 | ||
IV. Empirische und theoretische Konstrukte: Zum Verhältnis von Theorie und Erfahrung am Beispiel der Institutionellen Betriebswirtschaftstheorie | 264 | ||
V. Fazit | 269 | ||
Autorenverzeichnis | 271 |