Geld- und Geldwerttheorien im Privatrecht der Industrialisierung (1815–1914)
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Geld- und Geldwerttheorien im Privatrecht der Industrialisierung (1815–1914)
Ökonomische Wechsellagen in der sogenannten Begriffsjurisprudenz
Schriften zur Rechtsgeschichte, Vol. 75
(1998)
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Abstract
Über Geld spricht man nicht im BGB. Geld hat man bekanntlich zu haben. Kannten die BGB-Redaktoren keine Inflation und keine Währungsturbulenzen? Oder waren sie von ökonomischer Blindheit geschlagen? Oder widersprach die Regelung des Geldverkehrs ihren Wirtschaftsvorstellungen?Diese Fragen, die am Vorabend der Europäischen Währungsunion auch an die gegenwärtige Rechtswissenschaft gestellt werden könnten, betreffen nicht allein das BGB, sondern die gesamte Jurisprudenz des 19. Jahrhunderts, deren Ergebnis das BGB ist. Innerhalb der Rechtswissenschaft richten sie sich vor allem an die nur allzu oft als »Begriffsjuristen« abgetanen Lehrer des römischen Rechts, da es die Germanisten von Anfang an verstanden hatten, sich gleichzeitig als national, wirtschaftsorientiert und sozial zu charakterisieren. Im weiteren geht es um die Interdependenz von Recht, Wirtschaft und Politik. Die Antworten auf diese Fragen sollen nun nicht in dem unverbindlich heiteren Ambiente der großen Prinzipien, sondern durch gründliche Grabungen in den Lehrbüchern und Gesetzesdebatten der damaligen Zeit gesucht werden. Aus juristischer Perspektive wird die Effizienzsteigerung der Geldwirtschaft im Verlauf des 19. Jahrhunderts durchleuchtet. Im Mittelpunkt steht neben der Durchsetzung von Papiergeld, Banknoten und Buchgeld im Zahlungsverkehr vor allem die Handhabung von Geldwertänderungen. Hier werden die wechselseitigen Beziehungen von Rechtslehre und Rechtspraxis der »Begriffsjurisprudenz« mit der Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspraxis ihrer Zeit offengelegt.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Inhalt | 7 | ||
Problem | 13 | ||
I. „Selbstverständliche“ Geltung des Nominalwertprinzips | 13 | ||
II. Grundbegriffe und Forschungsziel | 16 | ||
III. Pandektenwissenschaft und Nominalwertprinzip | 19 | ||
IV. These | 24 | ||
Erster Teil: Industrielle Anlaufphase von Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts | 26 | ||
Kapitel 1: Gefährdung der Geldwertstabilität in den Staaten des Deutschen Bundes | 26 | ||
I. Metallgeldsystem am Beispiel des preußischen Münzgesetzes von 1821 | 30 | ||
1. Taler als „vollwertige“ Währungsmünzen aus Silber | 31 | ||
2. Vom Friedrichsd or als bimetallische Währungsmünze zur Krone als Handelsmünze aus Gold im Wiener Münzvertrag | 32 | ||
3. Silbergroschen und Kupferpfennige als Scheidemünzen | 33 | ||
4. Funktionsfähigkeit oder „Stabilität“ des Systems | 34 | ||
a) Metallwarenwert der Münzen und der Wert der Edelmetalle | 34 | ||
b) Geldmenge | 37 | ||
c) Vertrauen der Wirtschaftsteilnehmer | 38 | ||
II. Zwischenstaatliche Verrechtlichung der Währungsverhältnisse | 41 | ||
III. Geldwirtschaftliche Herausforderung des Privatrechts | 45 | ||
Kapitel 2: Risiko von Geldwertänderungen im Privatrecht | 47 | ||
I. Vorgeschichte und privatgesetzliche Ausgangslage | 48 | ||
1. Antikes römisches Recht | 48 | ||
2. Kanonisten und Postglossatoren | 51 | ||
3. Naturrechtskodifikationen | 54 | ||
II. Übersicht der privatrechtswissenschaftlichen Literatur aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts | 57 | ||
1. Nennwerttheoretiker | 57 | ||
2. Metallwerttheorie von Georg Friedrich Puchta | 60 | ||
3. Kurswerttheoretiker | 61 | ||
III. Begründung der Theorien | 63 | ||
1. Geld | 63 | ||
a) Funktionen und Definitionen | 63 | ||
aa) Nennwerttheorie | 63 | ||
bb) Metallwerttheorie | 65 | ||
cc) Kurswerttheorie | 65 | ||
b) Entstehung und Geltung | 68 | ||
aa) Nennwerttheorie | 68 | ||
bb) Metall- und Kurswerttheorie | 69 | ||
c) „Verkörperung“ im Münzgeld | 70 | ||
2. Geldschuldverhältnis | 71 | ||
3. Geldwert | 75 | ||
a) „Innerer“ Wert des Geldes und seine Bedeutung als tatsächliches Münzmetallgewicht und Münzmetallwarenwert | 75 | ||
b) „Äußerer“ Wert und seine Bedeutung als Nenn- und Wechselkurswert | 77 | ||
c) Tauschkurswert | 80 | ||
d) Verschiedene „Geldwerte“ oder rechtspraktikable Bestimmungsgründe | 84 | ||
4. Geldwertänderungen im Geldschuldverhältnis | 85 | ||
a) Nennwertprinzip | 85 | ||
b) Metallgehaltsprinzip | 89 | ||
c) Tauschwertprinzip | 92 | ||
d) Abweichende Parteivereinbarungen | 94 | ||
Kapitel 3: Zweckmäßigkeit der Geldwerttheorien | 97 | ||
Zweiter Teil: Industrielle Expansionsphase bis zur Reichsgründung | 103 | ||
Kapitel 4: Anpassungsbedarf des Geldschuldrechts | 103 | ||
I. Staatspapiergeld- und Banknotenausgabe | 103 | ||
II. Währungsrechtlicher Status | 109 | ||
III. Privatrechtliches Integrationsbedürfnis | 111 | ||
Kapitel 5: Kurswerttheorie von Friedrich Carl v. Savigny | 113 | ||
I. Bedeutung des Kurswertprinzips für das Geldschuldverhältnis | 113 | ||
1. Geldkurswert und Praktikabilität eines Kurswertprinzips | 113 | ||
2. Geltungsanspruch des Kurswerts | 115 | ||
a) „Allgemeine Natur“ des Geldes und das Papiergeld im besonderen | 116 | ||
aa) „Wirkliches“ Geld | 116 | ||
bb) Zeichengeld | 119 | ||
cc) Banknoten | 120 | ||
b) Ablehnung der Nenn- und Metallwertgeltung | 127 | ||
3. Gerichtliche Anwendung | 131 | ||
II. Ökonomische Wirkungsrichtung und Motivation | 132 | ||
1. Markteinheit durch Vereinheitlichung der Geldwertbestimmung | 132 | ||
a) Geldsortenintegration und Internationalisierung der Wirtschaft | 132 | ||
b) Geldartenintegration und Geldbedarf | 133 | ||
2. Geldwertstabilität | 135 | ||
3. Liberalisierung des Geldwesens | 137 | ||
4. Anlehnung an Nationalökonomen | 138 | ||
Kapitel 6: Ausbreitung der Kurswerttheorie | 143 | ||
I. Grundsätzliche Anerkennung | 144 | ||
1. Ablösung der Metallgewichtstheorie mit Rudorff | 144 | ||
2. Umschwung von Vangerow | 145 | ||
3. Verständnisschwierigkeiten von Arndts und Windscheid | 146 | ||
4. Verständnisvorsprung von Keller | 147 | ||
5. Rechtspraktische Stellungnahme Holzschuhers | 148 | ||
6. Selbstverständlichkeit der Kurswertgeltung bei Seuffert | 148 | ||
II. Modifikationen des Geldbegriffs | 149 | ||
1. Joseph Unger: Ausdehnung des Geld-Kurswerts auf alle mit staatlicher Erlaubnis ausgegebenen Banknoten | 149 | ||
2. Johannes Emil Kuntze: Geldtheorie vom „relativen Zwangskurs“ | 151 | ||
3. Ernst Imanuel Bekker: Geldtheorie vom gesetzlichen Zahlungsmittel bei Kurswertgeltung | 155 | ||
Kapitel 7: Kodifikationsbemühungen – vor allem der „Dresdener Entwurf“ | 160 | ||
Kapitel 8: Neubegründung der Nennwerttheorie im Vorfeld der Reichs- und Währungseinheit | 164 | ||
I. Gustav Hartmann | 165 | ||
1. Zielsetzung und Methode | 166 | ||
2. Rechtlicher Geldbegriff | 166 | ||
a) Soziale und wirtschaftliche Tatsache | 166 | ||
b) Gesetzliches Zahlungsmittel | 167 | ||
c) Schuldtilgungsmittel im Privatrecht | 167 | ||
3. Geldtheoretische Nennwerttheorie | 169 | ||
a) Legale Zahlungsmittel und legaler Zahlungswert | 169 | ||
b) Legitime Zahlungsmittel und legitimer Zahlungswert | 170 | ||
4. Wirtschafts- und rechtspolitische Einordnung | 172 | ||
II. Levin Goldschmidt | 175 | ||
1. Währung als „vollkommenes“ Geld für den Rechts- und Wirtschaftsverkehr | 176 | ||
2. Nennwerttheorie als Währungstheorie | 178 | ||
Kapitel 9: Andeutung einer Tauschwerttheorie durch Wilhelm Endemann | 182 | ||
Dritter Teil: Industrielle Ausbau- und Regulierungsphase bis zum Ersten Weltkrieg | 185 | ||
Kapitel 10: Reichsgoldwährung | 185 | ||
I. Gesetzliche Zahlungsmittel der „hinkenden“ Goldwährung | 187 | ||
II. Schuldrechtliche Nennwertgeltung in der Entstehung der Währungsgesetze | 192 | ||
III. Geldwertstabilität in Theorie und Praxis des Goldwährungsmechanismus | 196 | ||
1. Internationaler Goldstandard | 196 | ||
2. „Spielregeln“ des Goldwährungsmechanismus | 199 | ||
3. Umsetzung der Goldmechanismustheorie im Bankgesetz von 1875 | 200 | ||
4. Anscheinendes Funktionieren der Goldmechanismustheorie | 203 | ||
IV. Meinungsstand in der Privatrechtswissenschaft im Licht der Reichsgoldwährung | 205 | ||
1. Unzeitgemäßheit der Kurswerttheorie | 205 | ||
2. Unbrauchbarkeit der Tauschwerttheorie | 205 | ||
3. Vorzugswürdigkeit der modernisierten Metall-Nennwerttheorie gegenüber der reinen Nominaltheorie | 206 | ||
Kapitel 11: Übergang der Pandektisten zur Nennwerttheorie | 208 | ||
I. Währungsgeld und Nennwert: Pandektistisches Verständnis der Geldgesetzgebung | 209 | ||
II. Metallwert und Nennwertgeltung: Papiergeld im Zahlungsverkehr | 216 | ||
III. Körperlichkeit des Geldes und die Wertübertragung durch heute sogenanntes Giralgeld | 221 | ||
IV. Zwischen subjektiver Vertragsfreiheit und objektiver „Vertragsgerechtigkeit“ | 227 | ||
1. Abdingbarkeit | 227 | ||
a) Willensdogma | 227 | ||
b) Nennwertgeltung als (widerlegbare) Willensvermutung | 228 | ||
c) Wertsicherung durch Goldklauseln | 231 | ||
2. Schuldanpassung trotz Nennwertvereinbarung: „clausula rebus sic stantibus“ | 237 | ||
Kapitel 12: Verpflichtung zur Geldwertübertragung im BGB | 245 | ||
I. Redaktorenvorlage – Ein „kleiner Windscheid“ | 245 | ||
II. Endgültige Regelung | 248 | ||
III. BGB-Kritik | 250 | ||
Kapitel 13: Tauschwertgedanken am Ende des 19. Jahrhunderts | 254 | ||
Kapitel 14: Vom Metallnennwert zum Nominalwert | 262 | ||
I. „Entgoldung“ des Zahlungsverkehrs | 263 | ||
II. Theorie des modernen Nominalwertprinzips | 269 | ||
III. Privatrechtliche Reflexion und Ausblick | 274 | ||
1. Geldrechtliches Nominalwertprinzip | 274 | ||
2. Geldwertänderungen | 277 | ||
Ergebnis | 281 | ||
Literatur | 287 |