Verkehrsinteresse und Verfassungsrecht
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Verkehrsinteresse und Verfassungsrecht
Zur Bedeutung von Allgemeinwohlinteressen bei der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung privatrechtlicher Regelungen am Beispiel der Rechtsscheinlehre
Schriften zum Bürgerlichen Recht, Vol. 316
(2005)
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Abstract
Gegenstand der Arbeit ist die Rolle von Allgemeinwohlinteressen im Privatrecht. Der Autor legt am Beispiel der Regelungen der Rechtsscheinlehre dar, dass Allgemeinwohlinteressen insbesondere Bedeutung erlangen können, wenn es um die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der von privatrechtlichen Normen ausgehenden Belastungen (wie etwa des durch die §§ 932 ff. BGB ausgelösten Eigentumsverlustes) geht. Hierzu führt er zunächst aus, weshalb Vorschriften wie die des gutgläubigen Erwerbs oder der Rechtsscheinvollmacht nicht als bloßer Interessenausgleich zwischen den unmittelbar betroffenen Privatrechtssubjekten verstanden werden können. Insbesondere der Schutz des Gutgläubigen vermag die mit ihnen verbundenen Rechtsfolgen nicht zu erklären. Die (weitestgehende) Verfassungsmäßigkeit der Rechtsscheinlehre folgt vielmehr daraus, dass ihre Regelungen in Form des Verkehrsinteresses maßgeblich der Verfolgung eines Allgemeinwohlinteresses dienen.Im Zuge der so umschriebenen überindividuellen Rechtfertigung der Rechtsscheinlehre setzt sich Lars Leuschner ausführlich mit der verfassungsrechtlichen Bindung des Privatrechtsgesetzgebers auseinander. Hierbei erörtert er u. a. die Frage, in welchem Umfang dieser zur Verfolgung von Allgemeinwohlinteressen befugt ist. Daneben beleuchtet die Arbeit eingehend die ökonomischen Hintergründe des Verkehrsinteresses.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
§1 Einleitung | 17 | ||
A. Einfuhrung in die Themenstellung | 17 | ||
B. Rechtsvergleichendes | 19 | ||
C. Gang der Untersuchung | 22 | ||
1. Teil: Die privatrechtliche Ausgangslage | 24 | ||
§ 2 Konkretisierung und Systematisierung des Untersuchungsgegenstands | 24 | ||
A. Die verschiedenen Bestandteile der Rechtsscheinlehre | 24 | ||
B. Charakteristika der Rechtsscheinlehre und ihre Abgrenzung zur Rechtsgeschäftslehre | 27 | ||
I. Die Rechtsfolge: Die Rechtsscheinentsprechung | 27 | ||
II. Der Tatbestand | 28 | ||
1. Der äußere Tatbestand | 28 | ||
2. Der innere Tatbestand | 31 | ||
a) Heteronomie als Kennzeichen der Rechtsscheinlehre | 31 | ||
b) Das Verhältnis von Selbstbestimmung und Heteronomie in der Rechtsgeschäftslehre | 32 | ||
III. Zwischenergebnis: Die Selbstständigkeit von Rechtsgeschäftsund Rechtsscheinlehre | 34 | ||
C. Überblick über die tatbestandlichen Voraussetzungen der untersuchten Rechtsscheintatbestände | 34 | ||
I. Rechtsscheinträger | 34 | ||
II. Subjektive Voraussetzungen in der Person des Begünstigten | 37 | ||
1. Gutgläubigkeit | 37 | ||
2. Vertrauen auf den Rechtsschein | 38 | ||
3. Kausalität zwischen Vertrauen und Disposition | 41 | ||
III. Die Zurechnung | 41 | ||
1. Der Zurechnungsbeitrag | 42 | ||
2. Zurechnungshindernisse | 45 | ||
a) Fehlende Zurechnungsfähigkeit | 45 | ||
b) Willensmängel | 46 | ||
D. Zusammenfassung | 49 | ||
§ 3 Das Verkehrsinteresse | 51 | ||
A. Das Verkehrsinteresse als Allgemeinwohlinteresse | 51 | ||
B. Die grundsätzliche Möglichkeit der Verfolgung von Allgemeinwohlinteressen mit den Mitteln des Privatrechts | 52 | ||
I. Die verhaltenssteuernde Wirkung des Privatrechts | 53 | ||
II. Der Zusammenhang zwischen dem Verhalten der einzelnen Privatrechtssubjekte und dem Allgemeinwohl | 55 | ||
1. Die Ordnungsfunktion des Privatrechts | 55 | ||
2. Der Zusammenhang zwischen Privatrecht und Wohlfahrt | 56 | ||
3. Der Zusammenhang zwischen Privatrecht und Verteilung | 57 | ||
C. Der Inhalt des Verkehrsinteresses | 59 | ||
I. Das Verhältnis von Verkehrsleichtigkeit und Verkehrssicherheit | 59 | ||
II. Das Streben nach Effizienz als Inhalt des Verkehrsinteresses | 63 | ||
1. Der Ansatz der ökonomischen Analyse des Rechts | 63 | ||
a) Die konzeptionellen Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts | 63 | ||
b) Die Unbedenklichkeit der ökonomischen Analyse des Rechts im vorliegenden Zusammenhang | 64 | ||
2. Der Zustand von Allokationseffizienz | 65 | ||
3. Der Einfluss der Rechtsordnung auf die Erzielung dieses Zustands | 67 | ||
a) Vorrechtlicher Zustand | 67 | ||
b) System unter Ausschaltung des homo oeconomicus | 68 | ||
c) System unter Einbeziehung des homo oeconomicus | 68 | ||
(1) Internalisierung externer Effekte | 68 | ||
(2) Die Bedeutung des Marktes | 70 | ||
4. Die rechtlichen Rahmenbedingungen eines Marktes für Handlungsrechte | 72 | ||
a) Verkehrsfähigkeit von Handlungsrechten | 72 | ||
b) Der Einfluss von Transaktionskosten | 72 | ||
(1) Transaktionskosten und Kooperationsgewinn | 72 | ||
(2) Das Verkehrsinteresse als Synonym für das Streben nach Transaktionskostensenkung | 73 | ||
D. Zusammenfassung | 74 | ||
2. Teil: Die verfassungsrechtliche Ausgangslage | 76 | ||
§ 4 Die verfassungsrechtliche Bindung des Privatrechtsgesetzgebers | 76 | ||
A. Der Begriff der Drittwirkung | 76 | ||
B. Die grundsätzliche Grundrechtsbindung des Privatrechtsgesetzgebers | 77 | ||
C. Die Ausgestaltung der Grundrechtsbindung des Privatrechtsgesetzgebers | 78 | ||
I. Der Schutz des Belasteten durch seine Grundrechte als Abwehrrechte | 79 | ||
II. Die Verpflichtung des Staates zur Gewährung von Schutz vor privaten Beeinträchtigungen | 82 | ||
1. Konzepte der Gleichstellung staatlicher und privater Beeinträchtigungen | 82 | ||
a) Die Theorie der unmittelbaren Drittwirkung | 83 | ||
b) Die Zurechnung privater Beeinträchtigungen auf den Staat | 83 | ||
2. Die Unterscheidung der h.M. zwischen privaten und staatlichen Beeinträchtigungen | 84 | ||
a) Die Entwicklung von der Lehre der mittelbaren Drittwirkung zu einem Schutzgebotskonzept | 84 | ||
b) Die dogmatische Herleitung der grundrechtlichen Schutzgebotsfunktion | 86 | ||
c) Tatbestand und Rechtsfolge der Schutzgebote | 88 | ||
3. Stellungnahme | 90 | ||
a) Die Berechtigung der Unterscheidung von staatlichen und privaten Beeinträchtigungen | 90 | ||
(1) Ablehnung der Theorie der unmittelbaren Drittwirkung und der etatistischen Konvergenztheorie | 90 | ||
(2) Die Bedeutung der gegensätzlichen Erwartungshaltungen von Opfer und Störer | 92 | ||
b) Die Voraussetzungen für die Entstehung von Schutzpflichten | 93 | ||
(1) Die faktische Auswirkung der privaten Beeinträchtigung | 93 | ||
(a) Einwände gegen die Position von Canaris zur verfassungsrechtlichen Behandlung des Eigentums | 94 | ||
(b) Einwände gegen die Position von Canaris zur verfassungsrechtlichen Behandlung der Privatautonomie | 95 | ||
(2) Konkretisierung des Angewiesenheitskriteriums | 99 | ||
c) Das Verhältnis von Über- und Untermaßverbot (Rechtsfolge) | 100 | ||
d) Das Zusammenspiel von Schutzgebots- und Abwehrfunktion | 104 | ||
(1) Die staatliche Neutralitätspflicht im Freiraum zwischen den Kernbereichen | 106 | ||
(2) Die Ersetzung der staatlichen Neutralitätspflicht durch besondere Handlungspflichten | 108 | ||
(a) Das Institut des Privateigentums | 108 | ||
(b) Das Institut der Privatautonomie | 110 | ||
III. Der Handlungsspielraum des Privatrechtsgesetzgebers | 112 | ||
1. Regelungen im nicht grundrechtlich relevanten Bereich | 112 | ||
2. Regelungen zur Auflösung von Grundrechtskollisionen | 113 | ||
a) Wahl zwischen verschiedenen Regelungstechniken | 113 | ||
b) Die Konkretisierungskompetenz des Gesetzgebers | 113 | ||
c) Die Zwecksetzungskompetenz des Gesetzgebers | 115 | ||
D. Zusammenfassung | 116 | ||
§ 5 Die betroffenen Grundrechte | 119 | ||
A. Freiheitsrechte | 119 | ||
I. Haftung | 119 | ||
1. Die allgemeine Handlungsfreiheit | 119 | ||
2. Spezialgrundrechte | 121 | ||
II. Rechtsverlust: Art. 14 GG | 122 | ||
1. Die verfassungsrechtliche Bindung des eigentumdefinierenden Gesetzgebers | 122 | ||
2. Die Vorkonstitutionalität der Rechtsscheinlehre | 126 | ||
3. Die zeitliche Dimension der Privatnützigkeit | 126 | ||
B. Der allgemeine Gleichheitssatz | 127 | ||
I. Das Gebot der Ungleichbehandlung verschiedener Sachverhalte | 128 | ||
II. Das Gebot der Gleichbehandlung gleicher Sachverhalte | 130 | ||
1. Aspekte der Ungleichbehandlungen durch die Rechtsscheinlehre | 130 | ||
2. Unbedenklichkeit wegen „formeller Gleichbehandlung"? | 132 | ||
C. Zusammenfassung | 134 | ||
3. Teil: Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Regelungen der Rechtsscheinlehre | 136 | ||
§ 6 Die Unmöglichkeit einer individuellen Rechtfertigung der Rechtsscheinlehre | 136 | ||
A. Die Voraussetzungen einer individuellen Rechtfertigung | 136 | ||
B. Die Ablehnung einer vertrauenstheoretischen Erklärung der Rechtsscheinlehre | 138 | ||
C. Der Versuch der Erklärung der Regelung der Rechtsscheinlehre als Schutzeingriffe zugunsten des Gutgläubigen | 140 | ||
I. Der gutgläubige Erwerb | 141 | ||
1. Auf das Vermögen bezogene Schutzpflicht | 141 | ||
2. Der verfassungsrechtliche Schutz des schuldrechtlichen Erfüllungsanspruchs des Gutgläubigen durch Art. 14 GG | 145 | ||
3. Institutsgarantie der Privatautonomie | 148 | ||
II. Die Rechtsscheinvollmacht | 149 | ||
1. Auf das Vermögen bezogene Schutzpflicht | 149 | ||
2. Die verfassungsrechtlich gewährleistete Privatautonomie | 150 | ||
III. § 15 HGB | 151 | ||
D. Zusammenfassung | 151 | ||
§ 7 Die überindividuelle Rechtfertigung der Rechtsscheinlehre | 153 | ||
A. Die Zwecksetzungskompetenz | 153 | ||
I. Die Zwecksetzungskompetenz des Privatrechtsgesetzgebers | 153 | ||
II. Keine Zwecksetzungskompetenz des Zivilrichters | 156 | ||
B. Die Rechtfertigung der Rechtsscheinlehre mit dem Verkehrsinteresse | 158 | ||
I. Die Schrankensystematik der betroffenen Freiheitsrechte | 159 | ||
1. Der einfache Gesetzesvorbehalt des Art. 2 Abs. 1 GG | 159 | ||
2. Die Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen und Enteignung im Rahmen des Art. 14 GG | 159 | ||
a) Der formelle Enteignungsbegriff des Bundesverfassungsgerichts | 159 | ||
b) Die Qualifizierung der Vorschriften der Rechtsscheinlehre als Inhalts- und Schrankenbestimmungen | 161 | ||
c) Inhalts- und Schrankenbestimmungen trotz Totalverlustes? | 163 | ||
3. Andere Freiheitsgrundrechte | 164 | ||
II. Anforderung an die Rechtfertigung von Gleich- bzw. Ungleichbehandlungen | 166 | ||
III. Verhältnismäßigkeitsprüfung | 167 | ||
1. Zulässigkeit des legislativen Zwecks | 168 | ||
2. Die Geeignetheit | 169 | ||
a) Der Funktionsmechanismus der Rechtsscheinlehre | 169 | ||
b) Die Kritik von Lobinger | 172 | ||
c) Die Verursachung von Kosten und Nachteilen auf Seiten der potentiell Belasteten | 175 | ||
(1) Die Auswirkung der Rechtsscheinlehre in den Fällen des richtigen Rechtsscheins | 176 | ||
(2) Die Präventionswirkung als Sekundärfunktion der Rechtsscheinlehre | 177 | ||
(3) Die Sonderstellung der §§ 932 ff. BGB | 181 | ||
d) Zwischenergebnis | 185 | ||
3. Die Erforderlichkeit | 186 | ||
a) Die Nachteile einer öffentlich-rechtlichen Lösung | 187 | ||
(1) Der mit einer öffentlich-rechtlichen Lösung verbundene Verwaltungsaufwand | 188 | ||
(2) Die fehlende Präventionswirkung | 189 | ||
b) Die Nachteile einer privatrechtlichen Schadensersatzlösung | 190 | ||
(1) Das Insolvenzrisiko | 190 | ||
(2) Die Behandlung des pathologischen Falls in den Konstellationen fehlenden Bestandsvertrauens | 191 | ||
(3) Erforderlichkeit einer Aufspaltung des Anwendungsbereichs der Tatbestände der negativen Publizität? | 193 | ||
c) Der teilweise Verzicht auf die Kenntnis des Gutgläubigen vom Rechtsscheinträger | 194 | ||
(1) Das Prinzip der abstrakten Risikominderung | 196 | ||
(2) Die Besonderheiten der negativen Publizität des § 15 Abs. 1 HGB | 197 | ||
(a) Die Unerheblichkeit der von § 15 Abs. 1 HGB ausgehenden Risikominderung | 197 | ||
(b) Die Präventionswirkung des § 15 Abs. 1 HGB | 199 | ||
(c) Das Erfordernis einer teleologischen Reduktion von § 15 Abs. 1 HGB | 200 | ||
d) Der weitgehende Verzicht der Rechtsscheinlehre auf einen Zurechnungsbeitrag des Belasteten | 201 | ||
e) Der Schutz der unentgeltlichen Transaktionen | 203 | ||
f) Zwischenergebnis | 204 | ||
4. Angemessenheit | 206 | ||
a) Prüfungsmaßstab | 206 | ||
b) Die positiven und negativen Auswirkungen der Rechtsscheinlehre | 206 | ||
c) Die generalkompensatorische Wirkung der Rechtsscheinlehre | 208 | ||
C. Zusammenfassung | 210 | ||
§ 8 Die wesentlichen Ergebnisse | 214 | ||
A. Die Selbstbehauptung des Privatrechts | 214 | ||
B. Die Möglichkeit der Verfolgung überindividueller Zwecke durch den Privatrechtsgesetzgeber | 214 | ||
C. Die überwiegende Verfassungsmäßigkeit der Rechtsscheinlehre und das Scheitern ihrer vertrauenstheoretischen Erklärung | 216 | ||
Literaturverzeichnis | 218 | ||
Sachwortverzeichnis | 229 |