Der Verfassungsentwurf aus dem Jahr 1787 des Granduca Pietro Leopoldo di Toscana
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Der Verfassungsentwurf aus dem Jahr 1787 des Granduca Pietro Leopoldo di Toscana
Edition & Übersetzung - Das Verfassungsprojekt
Schriften zur Verfassungsgeschichte, Vol. 54
(1998)
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Abstract
Der Granduca Pietro Leopoldo di Toscana, der spätere Kaiser Leopold II., bezeichnete das absolute Fürstentum als »mestiere fallito«, als bankrottes Geschäft. Die Konsequenzen, die er daraus zog, waren einzigartig: Bereits ein Jahrzehnt vor Ausbruch der französischen Revolution begann er mit der Konzeption einer Verfassung für sein Großherzogtum Toskana.Bislang unbekannt war, daß diese Arbeiten sich nicht nur in einem Entwurf aus dem Jahr 1782 niederschlugen, sondern daß im Jahr 1787 eine weitere, modifizierte Version geschrieben wurde. Dieser bislang nicht bekannte Text wird hier erstmals ediert, Unterschiede zur Fassung von 1782 werden dargestellt, und die Verfassung wird übersetzt.Darüber hinaus werden das Umfeld des Entwurfes, sein inhaltlicher Gehalt und seine Bedeutung im Rahmen der Verfassungsgeschichte analysiert. Dabei ergibt sich, daß das Verfassungsprojekt aufs engste mit dem umfangreichen Reformprogramm, dem Pietro Leopoldo sein Land unterzog, verknüpft war. Diese Verbindung bestimmte die zeitliche Abfolge der verschiedenen Stadien des Entwurfs, bedingte aber auch das letztendliche Scheitern des Projekts.Inhaltlich ist der Entwurf geprägt von der Spannung zwischen einem tradierten Verständnis von Herrschaft einerseits und einem neuen, dem Konstitutionalismus des 19. Jahrhunderts zuneigenden Konzept andererseits: So waren echte Beteiligungsrechte für die Bevölkerung geplant, Pietro Leopoldo selbst wollte sich dem Primat der Verfassung unterstellen, das Gesetzgebungsverfahren wurde an die Vorgaben der Verfassung, die Gerichte allein an das Gesetz gebunden. Der Verfassungsentwurf läßt auch bereits ein frühes Grundrechtskonzept erkennen. Belegt wird die These des rechtsstaatlichen Gehalts anhand des tatsächlich in Kraft getretenen Strafgesetzbuches, der sogenannten Leopoldina von 1786.Pietro Leopoldo zeichnet sich dadurch aus, daß er für sein Verfassungsprojekt aus einer enormen Menge von Vorbildern und Anregungen aus Theorie und Praxis diejenigen Elemente herausfilterte, die ihm für die Toskana angemessen erschienen, und daß es ihm gelang, aus diesen einzelnen Elementen etwas einheitlich Neues zu schaffen. Das Projekt ist Dokument für einen zunächst durchaus gangbaren friedlichen Weg zum Verfassungsstaat auf Initiative des Regenten. Dieser Modellfall blieb jedoch einmalig, da schon bald mit der Eskalation des Geschehens in Frankreich die Bedingungen für jede Wiederholung eines vergleichbaren Prozesses der Verfassungsgebung unwiederbringlich verlorengegangen waren.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 11 | ||
Einleitung | 13 | ||
Teil 1: Edition und Übersetzung | 17 | ||
§ 1 Edition | 17 | ||
A. Quellennachweis und Editionskriterien | 17 | ||
B. Der Text | 20 | ||
§ 2 Übersetzung | 76 | ||
A. Hinweise zur Übersetzung | 76 | ||
B. Übersetzung | 76 | ||
C. Annex: Inhaltsübersicht | 120 | ||
Teil 2: Das Verfassungsprojekt | 126 | ||
§ 1 Der Initiator des Projekts | 126 | ||
A. Der Granduca Pietro Leopoldo | 126 | ||
B. Die Ausbildung seiner Ansichten über den Staat | 127 | ||
I. Montesquieus „De l’esprit des lois“ | 128 | ||
II. Karl Anton von Martini | 131 | ||
III. Die Enzyklopädie | 136 | ||
§ 2 Die mit dem Verfassungsprojekt verbundenen Reformen | 142 | ||
A. Die Situation bei Regierungsantritt | 142 | ||
B. Pietro Leopoldos Reformmaßnahmen | 145 | ||
I. Die Wirtschafts- und Finanzreformen | 145 | ||
II. Die Gemeindereform | 151 | ||
III. Die Justiz- und Gesetzesreformen | 155 | ||
IV. Die Außenpolitik und das Militärwesen | 157 | ||
V. Die Kirchenpolitik | 158 | ||
§ 3 Die Entwicklung des Projekts bis zum Entwurf von 1787 | 161 | ||
A. Der Entschluß zur Ausarbeitung einer Verfassung | 161 | ||
B. Die Entwicklung bis zum Entwurf von 1782 | 169 | ||
I. Der Weg zur Verfassung im formellen Sinn | 169 | ||
II. Vorgehensweise und inhaltliche Schwerpunkte | 171 | ||
III. Die Rolle lokaler Traditionen für das Projekt | 181 | ||
C. Der Weg zum Entwurf von 1787 | 182 | ||
I. Die Zeit zwischen den Entwürfen | 183 | ||
II. Die Änderungen gegenüber dem Entwurf vom September 1782 | 187 | ||
§ 4 Das inhaltliche Konzept des Entwurfes | 191 | ||
A. Zwischen absoluter Monarchie und Primat der Verfassung | 191 | ||
I. Relikte der alten Herrschaftsstruktur | 191 | ||
1. Der Proemio | 191 | ||
2. Die Position des Großherzogs | 192 | ||
3. Das Auslegungs- und Interpretationsverbot | 194 | ||
4. Die Selbstbezeichnung „Sovrano“ | 196 | ||
5. Die als unveränderbar bezeichneten Vorgaben | 197 | ||
II. Der Primat der Verfassung | 202 | ||
1. Die Verpflichtung jedes Großherzogs auf die Verfassung | 202 | ||
2. Die Verfassung als höherrangiges Recht | 203 | ||
B. Die Staatsorganisation | 204 | ||
I. Der Gedanke der Repräsentation | 204 | ||
1. Der Aufbau der Repräsentativkörperschaften | 205 | ||
a) Die Struktur der Versammlungen | 205 | ||
b) Die Rolle der Kommunen für das Verfassungsprojekt | 207 | ||
2. Zuständigkeitsbereiche, Gesetzgebungsverfahren, Finanzverwaltung | 208 | ||
3. Modalitäten der Beteiligung der Bevölkerung | 211 | ||
a) Mittelbare Einflußnahme über die Repräsentanten | 211 | ||
b) Unmittelbare Einflußnahme über die Petizioni Popolari | 214 | ||
4. Die politische Willensbildung | 215 | ||
a) Die Informationsmöglichkeiten | 216 | ||
b) Die Möglichkeiten zur Meinungsäußerung | 217 | ||
c) Die Möglichkeiten der Publikation | 217 | ||
II. Die Bereiche der Verwaltung und der Justiz | 218 | ||
1. Die Verwaltung | 218 | ||
2. Die Justiz | 220 | ||
III. Das wirtschaftliche Konzept des Entwurfes | 221 | ||
C. Rechtsstaatliche Elemente des Entwurfes | 225 | ||
I. Aspekte der Gewaltentrennung | 226 | ||
1. Das Verhältnis zwischen dem Großherzog und der Judikative | 226 | ||
2. Das Verhältnis zwischen dem Großherzog und den Repräsentativkörperschaften | 230 | ||
3. Das Verhältnis zwischen der Repräsentativkörperschaft und der Judikative | 232 | ||
II. Der Grundsatz der Verfassungs- und Gesetzesbindung | 233 | ||
III. Die Stellung des Individuums | 234 | ||
1. Aspekte von Gleichheit | 234 | ||
a) Der Wandel des tradierten Untertanenbegriffs | 235 | ||
b) Gleichheit und Repräsentation | 237 | ||
c) Möglichkeiten zur politischen Teilnahme | 239 | ||
d) Gleichheit vor dem Gesetz | 240 | ||
2. Aspekte von Freiheit | 241 | ||
a) Die libertà civile der Individuen | 241 | ||
b) Die Teilnahme am politischen Leben | 243 | ||
c) Die wirtschaftliche Betätigung | 244 | ||
d) Die Haltung gegenüber den verschiedenen Religionen | 244 | ||
3. Das Grundrechtskonzept des Entwurfes | 245 | ||
a) Der Begriff der Grundrechte | 245 | ||
b) Die systematische Stellung der Rechte im Entwurf | 246 | ||
c) Die Inhaber der Rechte | 247 | ||
d) Die Herleitung der Rechte | 250 | ||
e) Die Abwehrrichtung | 251 | ||
f) Grenzen für die Einschränkung der Rechte | 252 | ||
IV. Die Probe aufs Exempel: Die Legge Criminale | 254 | ||
§ 5 „Die Verfassung wurde nicht eingeführt“ | 260 | ||
A. Die Zeit bis zur Abreise Pietro Leopoldos aus der Toskana | 262 | ||
I. Unabgeschlossenes Reformwerk | 262 | ||
1. Die Trennung der Finanzen des Staates von denen des Herrschers | 262 | ||
2. Die Wiederaufnahme der Arbeiten an der Kommunalreform | 263 | ||
3. Vorrangige Beschäftigung mit dem Strafrecht | 264 | ||
II. Neue Impulse aus Frankreich | 266 | ||
B. Die Zeit nach Pietro Leopoldos Abreise | 273 | ||
§ 6 „Beispiellos und unsterblichen Ruhmes würdig“ | 278 | ||
A. Inspiration durch zeitgenössische Vorbilder | 278 | ||
I. Korsika | 279 | ||
II. Nordamerika | 284 | ||
III. Turgots Munizipalitätenentwurf | 286 | ||
B. Die Eigenständigkeit des Verfassungsprojekts | 290 | ||
I. Originäre Ausgestaltung des Entwurfes | 290 | ||
II. Die besondere Entstehungssituation | 293 | ||
Zusammenfassung und Fazit | 296 | ||
Quellen- und Literaturverzeichnis | 302 | ||
Sach- und Ortsregister | 314 |