Liberalismus und Strafe
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Liberalismus und Strafe
Zur Strafrechtsphilosophie von Joel Feinberg
Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft, Vol. 135
(2000)
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Abstract
Der Autor widmet sich der liberalen Theorie zur Legitimation und Begrenzung staatlicher Strafbefugnis, die der amerikanische Rechts- und Moralphilosoph Joel Feinberg in seinem Hauptwerk "The Moral Limits of the Criminal Law" zwischen 1984 und 1988 vorgelegt hat.Um den philosophischen Ausgangspunkt seiner Konzeption zu rekonstruieren, wird anfangs die Funktion und Legitimation staatlicher Strafe in der Philosophie John Stuart Mills herausgearbeitet. Es folgt eine kritische Analyse des detaillierten Systems, das Feinberg entwickelt hat. Dieser Analyse steht ein Kapitel zu Feinbergs Methodik und Systemstruktur voran, in dem insbesondere die intuitionistische Argumentationstechnik beleuchtet wird. Im weiteren wird zunächst das straflegitimierende Schädigungsprinzip besprochen, in dessen Mittelpunkt die Begriffe der Interessenverletzung, der Unrechtszufügung und der moralischen Rechte stehen. Insbesondere zu dem kontroversen Konzept moralischer Rechte erfolgen hier weiterführende Überlegungen. Nachfolgend wird der strafbegrenzende Charakter des Liberalismus verdeutlicht, der sich in der weitgehenden Ablehnung paternalistischer und moralistischer Strafbegründungsansätze dokumentiert. Hierbei kommt der Idee individueller Autonomie eine zentrale Bedeutung zu.Im letzten Teil qualifiziert Gerhard Seher die Philosophie Feinbergs als eine auf die legitime Anwendung staatlicher Strafe begrenzte Form des Politischen Liberalismus. In diesem Rahmen wird eine Theorie des "moralischen Minimums" als notwendiger Bestandteil des Politischen Liberalismus erkannt. Schließlich wird dieser insgesamt kritisch gewürdigt und gegen verschiedene philosophische Einwände, unter anderem die des Kommunitarismus, verteidigt.Der Autor beabsichtigt mit dieser Arbeit zu zeigen, daß ein zutreffend formulierter Politischer Liberalismus eine ethische Kontrolle konkreter Strafgesetzgebung ermöglicht.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 13 | ||
Einleitung | 15 | ||
Teil A: Strafe im klassischen Liberalismus John Stuart Mills | 19 | ||
Kapitel I: Nützlichkeit und Freiheit – Zur Grundstruktur der politischen Philosophie John Stuart Mills | 19 | ||
1. Das Nützlichkeitsprinzip als axiologisches Prinzip | 20 | ||
2. Das Freiheitsprinzip als praktisches Moralprinzip | 21 | ||
3. Freiheitsprinzip und Utilitarismus | 24 | ||
a) Glücklichkeit als Selbstentfaltung – Mills Menschenbild | 25 | ||
b) Mills indirekter Utilitarismus | 26 | ||
Kapitel II: Das Freiheitsprinzip als Grund und Grenze staatlicher Strafbefugnis | 28 | ||
1. Begriff und Anwendungsbereich von Strafe | 28 | ||
a) Moral, Unrecht und Strafe | 28 | ||
b) Der Anwendungsbereich von Strafe | 29 | ||
2. Umfang und Grenze staatlicher Strafbefugnis | 30 | ||
a) Der legitime Umfang staatlicher Strafe | 31 | ||
b) Die Grenze staatlicher Strafbefugnis | 32 | ||
3. Überleitung: Die Kritik am Freiheitsprinzip als Herausforderung für den heutigen Liberalismus | 33 | ||
a) Die grundlegende Kritik an Mills Philosophie | 34 | ||
b) Die Relevanz der systemimmanenten Kritik | 35 | ||
c) Das Freiheitsprinzip als Fundament des Liberalismus | 36 | ||
Teil B: „Moralische Grenzen des Strafrechts“ – Die Strafrechtsphilosophie von Joel Feinberg | 37 | ||
Kapitel III: Feinbergs Methode und Konzeption | 37 | ||
1. Zur kohärentistischen Methodologie | 38 | ||
a) Das Ad-hominem-Argument | 39 | ||
b) Zur Analytik der Begriffe „Intuition“ und „Intuitionismus“ | 40 | ||
c) Legitimation durch Kohärenz | 42 | ||
d) Anwendungen | 44 | ||
2. Konzeptionelle Einschränkungen | 45 | ||
3. Der limitierend-materielle Straftatbegriff | 46 | ||
4. Der Begriff der ethischen Legitimität | 47 | ||
5. Die Freiheitsvermutung und die freiheitsbeschränkenden Prinzipien | 48 | ||
a) Die Freiheitsvermutung | 48 | ||
b) Die freiheitsbeschränkenden Prinzipien | 50 | ||
aa) Einzelne freiheitsbeschränkende Prinzipien | 50 | ||
bb) Die inhärente Systematik der Prinzipien | 51 | ||
Kapitel IV: Die Begründung staatlicher Strafbefugnis: Das Schädigungsprinzip | 53 | ||
1. Die Herleitung des Schädigungsprinzips | 53 | ||
2. Schaden als Verletzung von Interessen | 55 | ||
a) Die Begriffe des Schadens und des Interesses | 55 | ||
b) Das Interessennetzwerk | 56 | ||
aa) Elemente des Interessennetzwerks | 57 | ||
bb) Grenzen des Interessennetzwerks | 59 | ||
cc) Der Wirkungsbereich des Strafrechts | 59 | ||
dd) Abgrenzung der Schädigung von Interessen von anderen Beeinträchtigungen | 62 | ||
c) Problematische Fallgruppen | 64 | ||
aa) Lediglich moralischer Schaden | 64 | ||
bb) Fremdbezogene Interessen und nachempfundene Schädigungen | 65 | ||
cc) Tötung und „posthume Interessen“ | 66 | ||
(1) Tötung als Interessenverletzung | 67 | ||
(2) Posthume Schädigung und „posthume Interessen“ | 68 | ||
(3) Das „Problem des Subjekts“ | 69 | ||
(4) Lösungen: Die Verlagerung der Perspektive und der Begriff des Rechtsgutes | 70 | ||
dd) Pränatale Schädigungen | 72 | ||
ee) Unterlassungen | 73 | ||
3. Interessenverletzung als Unrechtszufügung | 77 | ||
a) Rechtfertigung und Entschuldigung | 77 | ||
b) Unrechtszufügung als Verletzung moralischer Rechte | 78 | ||
4. Analytik und Kritik von Feinbergs Konzept moralischer Rechte | 80 | ||
a) Vorbehalte gegen Feinbergs Konzeption der Rechtsverletzung | 81 | ||
b) Prinzipielle Kritik an der Idee moralischer Rechte | 82 | ||
c) Rechte als Ansprüche: Feinbergs Begriff moralischer Rechte | 83 | ||
aa) Zur Definition des Begriffs „moralisches Recht“ | 84 | ||
bb) Die Funktion moralischer Rechte | 85 | ||
cc) Der Begriff der Moralität | 87 | ||
dd) Feinbergs Verteidigung moralischer Rechte | 88 | ||
d) Zur Kritik an Feinbergs Begriff moralischer Rechte | 91 | ||
aa) Ein konzeptioneller Widerspruch | 91 | ||
bb) Ein erster Lösungsvorschlag: Zwei Ebenen von Rechten | 92 | ||
cc) Ein zweiter Lösungsvorschlag: prima facie-Rechte | 93 | ||
dd) Das Problem der Redundanz moralischer Rechte | 96 | ||
5. Hierarchisierung von Interessen | 99 | ||
a) Interessenhierarchisierung als Element der Rechtfertigungsprüfung | 99 | ||
b) Interessenkonflikte und Interessenkonkurrenz | 100 | ||
c) Hierarchisierungskriterien für Interessenkonflikte | 100 | ||
d) Interessenhierarchisierung und sozio-moralischer Diskurs | 102 | ||
6. Anwendungsmaximen für das Schädigungsprinzip | 104 | ||
Kapitel V: Die Ergänzung staatlicher Strafbefugnis: Das Störungsprinzip (offense principle) | 106 | ||
1. Der Begriff der offense | 107 | ||
a) Arten von offenses | 107 | ||
b) Die Unterscheidung von Schädigung und offense | 108 | ||
c) Zur Strafwürdigkeit von offenses | 109 | ||
2. Maximen zur Anwendung des Störungsprinzips: Das Abwägungsschema | 111 | ||
a) Die Schwere der offense | 112 | ||
b) Die Vernünftigkeit des Täterverhaltens | 112 | ||
c) Gewichtung und Bewertung der Anwendungsmaximen | 114 | ||
3. Sonderfälle von offenses | 115 | ||
a) Wahrnehmungsunabhängige Beeinträchtigungen (profound offense) | 115 | ||
aa) Unterscheidung zwischen bloßen Störungen (nuisances) und profound offenses | 115 | ||
bb) Zur Strafwürdigkeit der profound offenses | 116 | ||
b) Obszönitäten | 117 | ||
aa) Pornographie als Obszönität | 118 | ||
bb) Obszöne Worte | 118 | ||
cc) Zur Strafwürdigkeit von Obszönitäten | 119 | ||
4. Das Unrecht einer offense und die Verletzung moralischer Rechte | 120 | ||
a) Die Bedeutung des Abwägungsschemas für die Unrechtsbewertung | 120 | ||
b) Die Verletzung moralischer Rechte des Gestörten | 121 | ||
Kapitel VI: Die Begrenzung staatlicher Strafbefugnis | 123 | ||
1. Schutz des Menschen vor sich selbst? – Autonomie versus Paternalismus | 124 | ||
a) Arten des Paternalismus | 124 | ||
aa) Wohlmeinender und nichtwohlmeinender Paternalismus | 125 | ||
bb) Harter und weicher Paternalismus | 126 | ||
cc) Wann ist eine Norm paternalistisch? | 128 | ||
b) Das Konzept der Autonomie | 130 | ||
aa) Der Begriff der Autonomie | 130 | ||
(1) Autonomie als Zustand und als Ideal | 130 | ||
(2) Autonomie als moralisches Recht | 131 | ||
bb) Inhalt und Grenzen persönlicher Autonomie | 133 | ||
cc) Die Gewichtung der grundlegenden Prinzipien: One’s right versus one’s good | 136 | ||
c) Freiwilligkeit | 137 | ||
aa) Freiwilligkeit als variabler Begriff | 137 | ||
bb) Freiwilligkeit und Vernünftigkeit | 138 | ||
cc) Freiwilligkeitsmängel | 140 | ||
2. Die Ablehnung des Moralismus | 143 | ||
a) Begriff und Arten des Moralismus | 143 | ||
b) Der Begriff des Übels | 145 | ||
c) Moralistische Herausforderungen an den Liberalismus | 145 | ||
aa) Die Vermutung zugunsten moralistischer Gesetzgebung | 147 | ||
bb) Ist der Liberalismus eine Art von Moralismus? | 147 | ||
cc) Der Einwand begrifflicher Untrennbarkeit von moralischem Übel und Schaden | 148 | ||
d) Der moralische Konservatismus | 149 | ||
aa) Das Argument der Unfairness gegenüber der Mehrheit | 149 | ||
bb) Das Argument der Verletzung eines Interesses der Mehrheit | 150 | ||
cc) Veränderungen der Sozialmoral als Übel an sich | 151 | ||
e) Der Strenge Moralismus | 151 | ||
aa) Die reine Form des Strengen Moralismus | 152 | ||
bb) Die unreine Form: Devlins Desintegrationsthese | 153 | ||
cc) Das Ausbeutungsprinzip | 154 | ||
f) Der paternalistische Perfektionismus, das Vorteilsprinzip und die Erziehungstheorie | 156 | ||
aa) Kritik des paternalistischen Perfektionismus | 157 | ||
bb) Das Vorteilsprinzip | 159 | ||
cc) Die Erziehungstheorie | 160 | ||
Teil C: Feinbergs Philosophie des Strafrechts im Kontext des heutigen Politischen Liberalismus | 162 | ||
Kapitel VII: Feinbergs Liberalismus als Theorie der moralischen Grenzen des Strafrechts | 163 | ||
1. Ethischer und Politischer Liberalismus | 163 | ||
2. Feinbergs eingeschränkte Konzeption | 164 | ||
a) Dogmatischer Liberalismus: Das Autonomieaxiom | 165 | ||
b) Vorsichtiger Liberalismus: Plausibilität statt Wahrheit | 167 | ||
c) Kulturelle Vielfalt und dogmatischer Liberalismus | 168 | ||
Kapitel VIII: Das Problem des „moralischen Minimums“ und die kommunitaristische Kritik am Liberalismus | 170 | ||
1. Liberalismus und moralisches Minimum | 170 | ||
2. Das moralische Minimum in Feinbergs Konzeption | 172 | ||
3. Die Funktionen des moralischen Minimums in Feinbergs Theorie | 173 | ||
4. Die Kritik am moralischen Minimum | 174 | ||
a) Der Beliebigkeitseinwand | 175 | ||
b) Der Diskursivitätseinwand | 176 | ||
c) Der Untrennbarkeitseinwand | 177 | ||
d) Die Plausibilität des moralischen Minimums | 178 | ||
5. Die kommunitaristische Kritik am Liberalismus | 179 | ||
a) Die kommunitaristischen Vorwürfe | 179 | ||
b) Kompatibilität von Liberalismus und Kommunitarismus: Die Idee einer liberalen Gemeinschaft | 180 | ||
Schlußbetrachtung | 183 | ||
Literaturverzeichnis | 186 | ||
Stichwortverzeichnis | 191 |