Herrschaft und Genossenschaft
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Herrschaft und Genossenschaft
Zur Anthropologie elementarer Formen sozialer Politik und der Gesellung auf historischer Grundlage
Schriften zum Genossenschaftswesen und zur Öffentlichen Wirtschaft, Vol. 37
(2003)
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Frank Schulz-Nieswandt, Sozialwissenschaftler; Univ.-Professur für Sozialpolitik, Methoden der qualitativen Sozialforschung und Genossenschaftswesen im Institut für Soziologie und Sozialpsychologie (ISS) an der Universität zu Köln, dort: Studiendekan; Honorarprofessur für Sozialökonomie der Pflege an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar, derzeit Vorstandsvorsitzender des Kuratorium Deutsche Altershilfe. Er ist Ehrenvorsitzender der Gesellschaft für Sozialen Fortschritt, federführender Herausgeber der »Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen«. Forschungsschwerpunkte: Ontologie und Anthropologie der Sozialpolitik und der genossenschaftlichen Form, Gemeinwirtschaftslehre, Altern/Gesundheit/Pflege.Abstract
Risikolagen und vulnerable Gruppen gab es zu allen Zeiten und Orten. Soziale Fragen, die gestaltend bewältigt werden wollen, existierten in allen kulturellen Räumen. Die elementaren Formen, in denen auf diese Herausforderungen in den unterscheidlichen Kulturen reagiert wurden, sind morphologisch ähnlich. Frank Schulz-Nieswandt nimmt diesen Tatbestand zum Anlaß, aus anthropologischem Blickwinkel zwei archetypische Urformen sozialer Politik zu betrachten: Herrschaft und Genossenschaft.Im Mittelpunkt erschließt der Autor die strukturale Formenlehre sozialer Politik im Dualismus des gemeinorientalischen Typus der vertikalen Wohltätigkeit »von oben« (Barmherzigkeit) und des griechisch-römischen Typus der genossenschaftsartigen Hilfe auf Gegenseitigkeit (Bürger-Egalität, aber auch als maskulin-agonale res publica). Aus diesen archetypischen Urkategorien heraus differenzieren sich die binären elementaren Formen als Typen vertikaler und horizontaler Reziprozität.Die herausgestellten Archetypen leben heute noch fort, beispielsweise in der steuerfinanzierten staatlichen Transferpolitik (bedürftigkeitsgeprüfte Sozialhilfe) und der asymmetrischen freiwilligen Wohltätigkeit sowie in der sozialversicherungsartigen Risikovergemeinschaftung und in Kleingenossenschaften der sozialen Selbsthilfe. Allen diesen differenzierten Formen sozialen Helfens und sozialer Risikobewältigung gemein ist ihr Ursprung in dem Gabemechanismus als conditio humana.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
A. Einleitung: Elementare Formen sozialer Politik und ihre institutionellen und kognitiven Vektoren | 13 | ||
I. Anthropologischer Prolog | 13 | ||
II. Leiden und Gerechtigkeit: Zum „Sitz im Leben“ | 14 | ||
III. Zwischen Bolkestein und Gierke: Orientalisch-griechischer Dualismus und der binäre Code „Herrschaft versus Genossenschaft“ | 19 | ||
IV. Vorstudien zum Themenkomplex und erste Befunde | 27 | ||
1. Archetypik und Sozialpolitik: Sakrales Königtum und Genossenschaft | 27 | ||
2. Gilden im Mittelalter und kulturelle Analogien | 29 | ||
3. Strukturale Anthropologie: Helfen und Vergemeinschaftung von Risiken | 30 | ||
4. Ethnologie der Medizin und Pflege: Kulturelle Codes und aktuelle Praxis | 31 | ||
5. Soziale Krankenversicherung und Sozialhilfe: ekklesiatische Risikogemeinschaft versus proskynetische Wohltätigkeit | 33 | ||
6. Die Gabe | 35 | ||
B. Die vorchristlichen Wurzeln: die Archetypen der „alttestamentlichen“ und „homerischen“ Gesellschaft | 39 | ||
I. Die Verwurzelungen im „Dark Age“ (1200–800 v. Chr.) im gesamten Mittelmeerraum | 39 | ||
II. Schuldknechtschaft, sakrales Königtum und „primitive Demokratie“ im kanaanitisch-israelitischen Altertum | 45 | ||
1. Schuldknechtschaft und vulnerable Gruppen | 46 | ||
2. Die Königszeit | 51 | ||
3. „Primitive Demokratie“ in der vor-staatlichen Zeit? (I) | 56 | ||
4. Das Deuteronomium und die nach-exilische Gemeinde | 66 | ||
5. „Primitive Demokratie“ (II): die Ältesten und das Rechtswesen | 74 | ||
III. Das homerische Protoplasma der Polis-Bildung in geometrischer Zeit | 77 | ||
1. Die homerische Gesellschaft als Protoplasma | 80 | ||
2. Reziprozität in der homerischen Gesellschaft | 85 | ||
3. Die griechische Polis als weltgeschichtliches „Wunder“ und die orientalische „primitive Demokratie“ | 89 | ||
4. Der Weg zum Euergetismus und zur monarchischen Herrschaftsideologie | 92 | ||
C. Die nach-christliche Entwicklung: die synkretistischen Formen | 98 | ||
I. Die Grundlegung des europäischen Pfades | 98 | ||
II. Die frühchristliche Gemeinde: Ein synthetischer Archetypus mit endogener Neigung zur Transformation | 102 | ||
III. Gastfreundschaft und Xenodochium: Eine gestaltgebende Entwicklungsachse im orientalisch-europäischen Synkretismus | 108 | ||
IV. Ausblick auf die Geschichte der europäischen Sozialpolitik im Lichte der Dialektik von Herrschaft und Genossenschaft | 111 | ||
1. Sakralkönigtum | 113 | ||
2. Armenhilfe | 116 | ||
3. Machtausübung und Herrschaftsmandat | 119 | ||
4. Die Praxis des Schenkens | 122 | ||
V. Weltweite Analogien zur Dialektik von Herrschaft und Genossenschaft in diachroner wie synchroner Perspektive | 124 | ||
1. Soziale Fürsorge in der chinesischen Song-Zeit | 124 | ||
2. Der Ailla-Verband der alten Inkas | 126 | ||
3. Zur Ethnologie transverwandtschaftlicher „cultures of relatedness“ | 128 | ||
D. Destillate und offene Fragen einer Theorie des Ursprungs von Herrschaft | 131 | ||
Literaturverzeichnis | 143 | ||
Stichwortverzeichnis | 149 |