Der Unsichtbare Staat
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Der Unsichtbare Staat
Machtabbau oder Machtverschleierung?
(1994)
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Abstract
Der demokratische Staat gilt als das »Öffentliche - Veröffentlichte«, als das Sichtbare schlechthin. Die Forderung nach »Transparenz« seiner Organisations- und Handlungsformen ist höchstrangiges Verfassungsgebot der Rechtsstaatlichkeit. Zugleich aber läuft, wenig bemerkt, eine große Entwicklung in eine ganz andere Richtung: Etwas wie eine »Ent-Uniformierung«, Ent-Pathetisierung, ja Ent-Formalisierung hat die Staatlichkeit in all ihren Bereichen ergriffen. Offizielle Beamtenkleidung verschwindet, Staatsarchitektur wandelt sich zum ökonomischen Zweckbau, in Bürgernähe sollen Ton und Inhalt staatlicher Anordnungen die Bedrohlichkeit der »obrigkeitlichen Gewalt« vergessen lassen. Auf einer großen Privatisierungswelle bewegt sich der Hoheitsstaat hin auf die Gleichordnungsebene seiner Bürger.Aus Gewaltunterworfenen immer mehr zu Partnern geworden, sehen viele in alldem nur einen großen Machtabbau, und sie begrüßen ihn. Wenig ist aber bisher darüber grundsätzlich nachgedacht worden, ob darin nicht ein »Marsch aus der Öffentlichkeit« sich vollzieht, der Rechtsstaat, Demokratie und Freiheit gefährden könnte. Stehen wir in der Entwicklung zu einem »Unsichtbaren Staat«, zu neuen Formen der Machtausübung im Verborgenen, ohne Theatralik, aber nur um so wirksamer, weil schwerer durchschaubar?Wenn sich etwas zu formieren beginnt, aus vielen Bereichen heraus, wie ein Unsichtbarer Staat, so könnte, hinter so manchem wirklichen Machtabbau, leicht etwas ablaufen wie Machtverschleierung. Nichts aber war für die Freiheit je gefährlicher als Kryptogewalt, geheime Mächte.Diese Untersuchung will neue Formen der Machtausübung - denn um nichts anderes geht es - ins Bewußtsein heben, in ihrer freiheitsgefährdenden Dimension; dabei stehen keineswegs die »klassischen« Formen der Geheimpolizei im Vordergrund. Gestellt wird vielmehr die Frage, ob man heute bereits mit etwas leben muß wie einem »Unsichtbaren Staat«, der sich weiter perfektioniert. Es sind dies Betrachtungen zu neuen Techniken der Macht, die fliehen aus dem Licht der Freiheit.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
A. Unsichtbarkeit und Unfühlbarkeit – ein Problem staatlicher Macht | 13 | ||
I. Die Fragestellung – Begriffe und Aktualität | 13 | ||
II. Sichtbarkeit als Form der Ausübung von Staatsgewalt | 20 | ||
1. Sichtbarkeit von Staatsgebäuden und Staatssymbolen | 20 | ||
2. „Sichtbare Würde“ – von der Festung bis zum Monument | 23 | ||
3. Begründungslosigkeit der Macht als „sichtbare Staatsexistenz“ | 26 | ||
4. Das Sichtbare als Macht der Einschüchterung | 29 | ||
5. Sichtbarkeit – mehr als nur „Fühlbarkeit“ der Macht | 33 | ||
III. Sichtbarkeit als Stärkung der Staatsmacht | 35 | ||
1. Integration als Staatsgrundlegungs-Lehre der Demokratie | 35 | ||
2. Das „Sichtbare“ als Integrationszentrum | 37 | ||
3. Die Integrationskraft der Verfassung – das „sichtbare Recht“ | 40 | ||
IV. Der Rechtsstaat – sichtbare Staatsgewalt | 44 | ||
1. Die Legalität – vorveröffentlichte Staatlichkeit | 44 | ||
2. Bestimmtheit | 46 | ||
3. Überschaubarkeit und Kontrollierbarkeit „sichtbarer“ Staatsgewalt | 50 | ||
4. Sichtbarkeit – staatlicher Machtgewinn auch im Rechtsstaat | 52 | ||
V. Öffentlichkeit: Sichtbarkeit der Staatsgewalt | 58 | ||
1. Öffentlichkeit als Rechtsprinzip aller Staatlichkeit | 58 | ||
a) Medienrechte: Zwang des Staates in die Öffentlichkeit | 59 | ||
b) Der rechtliche Drang in die „Öffentlichkeit“: Notwendigkeit der Wahldemokratie | 60 | ||
c) Öffentliche Sichtbarkeit als „Quelle der Staatsgewalt“ | 63 | ||
2. Entwicklungslinien „öffentlicher“ Staats-Sichtbarkeit | 65 | ||
a) Vom „Staatsgeheimnis“ – zur „Ablenkungs-Öffentlichkeit“ | 65 | ||
b) Von der Öffentlichkeit der „vollendeten Tatsachen“ zur Sichtbarkeit der Entscheidungsfindung | 68 | ||
3. Der Prototyp Parlamentsöffentlichkeit – Sichtbarkeit von Motiven und Umfeld | 71 | ||
4. Öffentlichkeit als Staatsgrundsatz: Sichtbarkeit im Zweifel und immer mehr | 75 | ||
a) „Staatsgeheimnis als Bürgergeheimnis“ | 76 | ||
b) Die ständige Verstärkung der Öffentlichkeit als Staatsgrundsatz | 78 | ||
5. „Unsichtbarer Staat“ – illegale Krypto-Gewalt? | 83 | ||
B. Legitimation des „Unsichtbaren Staates“ | 86 | ||
I. Geistig-historische Entwicklungsstufen der Staatsmacht – zur Unsichtbarkeit | 87 | ||
1. Ent-Menschlichung der Herrschaft | 87 | ||
a) Der Staat als Über-Mensch – im Unsichtbaren verankert | 87 | ||
b) Die Demokratie zwischen „abstrakter Staatsgewalt“ und „Gewaltaneignung durch Öffentlichkeit“ | 91 | ||
2. Staat – der stets wesentlich „unsichtbare Gott auf Erden“ | 93 | ||
3. „Herrschaft als Hilfe“ – Gegenwärtigkeit unsichtbarer Macht | 97 | ||
II. Unsichtbarkeit als Machtverstärkung | 100 | ||
1. Keine Weckung von Gegenmacht | 100 | ||
a) Sichtbarkeit als Provokation | 100 | ||
b) Grundrechte – wider den sichtbaren Staat | 105 | ||
c) Die Gewaltenteilung als Institutionalisierung von Gegengewalten – und ihre Abschwächung mit dem „Zurücktreten der Staatsgewalt“ | 108 | ||
d) Wenig „Normwiderstand“ gegen „unsichtbare Gesetzes-Befehle“ | 112 | ||
e) Gleiches Gesetz – unfühlbare Macht | 115 | ||
f) Verfassungsgerichtliche Normenkontrolle – Bürgerwiderstand gegen „sichtbar werdende Gesetze“? | 117 | ||
g) Die Flucht des Staates aus der Sichtbarkeit des formalisierten Verwaltungsverfahrens | 118 | ||
2. „Unsichtbare Macht“ – Verhinderung der „Staatsaneignung“? | 122 | ||
a) Der Kampf um die „Macht in der Auslage“ | 122 | ||
b) „Machtinformationen“ durch veröffentlichte Staatsgewalt | 124 | ||
c) Verschleierung des „Willens zur Macht“ | 126 | ||
d) Revolutionsneigung bei öffentlich sichtbarer Staatlichkeit? | 129 | ||
e) Machtwechsel – Ordnung der Machtaneignung in Sichtbarkeit? | 133 | ||
f) Machtnachahmung – im Unsichtbaren Staat vermieden | 138 | ||
g) „Aneignung auch der Unsichtbaren Staatlichkeit“? | 146 | ||
3. Unsichtbarkeit – die Flucht des Staates aus dem Machtneid | 148 | ||
a) Wille zur Machtzerstörung aus Sichtbarkeit | 148 | ||
b) „Unsichtbarer Staat gegen Staatsneid“ – historisch eine staatsformübergreifende Technik der Macht | 152 | ||
c) Staat – wesentlich organisierte Neidablenkung | 161 | ||
d) Der Eigentums-Neid – daher Staats-Herrschaft, nicht Staats-Eigentum | 162 | ||
e) Demokratie – Staatsform des institutionalisierten Macht-Neides? | 166 | ||
f) Der Gleichheitsneid | 170 | ||
g) Unsichtbarkeit zur Neidvermeidung – eine Grundsatzfrage | 173 | ||
C. Der Unsichtbare Staat: Machtabbau oder Geheimmacht? | 176 | ||
I. Machtabbau – Staatsabbau: eine demokratische Versuchung | 176 | ||
1. Machtabbau – „gemeinsame Ideologie des neueren Staatsdenkens“ | 176 | ||
a) Freiheit als Ideologie des Machtabbaus | 177 | ||
b) Von der Aufklärung zum Liberalismus | 180 | ||
c) Christliches Staatsdenken: wünschenswerter Abbau weltlicher Machtzeichen | 182 | ||
d) Sozialistisches Denken: Machtabbau bis zum Sterben des Staates | 183 | ||
2. Demokratie – Staatsform des Machtabbaus | 186 | ||
a) Machtabbau – institutionalisiertes Credo demokratischer Staatsformen | 186 | ||
b) Der Staat als solcher – ein Instrument des Machtabbaus | 187 | ||
3. Oder doch: Machtverschleierung in vielen kleinen Schritten? | 190 | ||
D. Wege der Verunsichtbarung der Staatsgewalt | 193 | ||
I. Einzelphänomene – doch in systematischer Entwicklung | 193 | ||
II. Das Ende des Staatstheaters | 195 | ||
1. Staat ohne Hoheitszeichen | 195 | ||
a) Hoheitszeichen: Von der Machtdemonstration zur Staatsmarkierung | 195 | ||
b) Vorfahrt den Privaten, ihren werbenden Zeichen | 197 | ||
c) Macht ohne Machtzeichen? | 198 | ||
2. Staatsgebäude ohne Staatsarchitektur | 199 | ||
3. Der entuniformierte Staat | 201 | ||
4. Vom Staatstheater zum Volksvergnügen | 205 | ||
5. Staatstheater als Medienspektakel | 207 | ||
III. Der Staat der „leichten Hand“ | 210 | ||
1. Die „Flucht ins Privatrecht“ als „Flucht auf die Bürgerebene“ | 210 | ||
2. Gleichheit von Staat und Bürger | 212 | ||
3. Der Rückzug der Polizei | 215 | ||
4. Die unsichtbare Wehr | 218 | ||
5. Straf-Spektakel – oder diskrete Betreuung? | 221 | ||
6. Unfühlbare Steuern | 225 | ||
IV. Der Staat als Bürger – Staatshilfe in und durch Privatheit | 229 | ||
1. Der Service-Staat – als Hilfe verkleidete Macht | 229 | ||
a) Staatshilfe als Freiheitsschutz? | 229 | ||
b) Staatshilfe als Eingriff | 231 | ||
c) Der Service-Staat – eine große Machtverschleierung | 233 | ||
d) Der Staat der Dienstleistungen – flächendeckende Macht der Zukunft | 235 | ||
e) Die „unsichtbare Service-Maschine“ als Staats-Macht | 237 | ||
2. Der Staat der Subventionen | 240 | ||
a) Förderung als verunsichtbarte Hilfe | 240 | ||
b) Die schwer kontrollierbare Subventionsgewalt | 243 | ||
c) Die Lenkungsmacht der Staatshilfen | 249 | ||
d) Von der Kryptogewalt der Staatsgeschenke | 251 | ||
3. „Privatisierung“ – eine Form der Staatsverschleierung | 253 | ||
a) Die drei Privatisierungsbegriffe | 253 | ||
b) Die „private Staatsgesellschaft“ als Machtabbau? | 255 | ||
c) Entpolitisierung – Entmachtung? | 256 | ||
d) Public-Private-Partnership – verdeckte Staatlichkeit | 258 | ||
e) Privatisierte Staatlichkeit: Kryptogewalt | 259 | ||
V. Demokratie – Schranke oder Dynamik des Unsichtbaren Staates? | 261 | ||
1. Mit Staatsform-Prinzipien gegen Macht-Technik? | 261 | ||
a) Zusammenschau der Ergebnisse: Der Unsichtbare Staat als „Machttechnik in fieri“ | 261 | ||
b) Die Grundfrage: Staatsprinzipien gegen Staatstechnik? | 263 | ||
2. Demokratie – ein Staatsgrundsatz gegen den Unsichtbaren Staat | 266 | ||
3. Eine demokratische Verunsichtbarungstendenz: die „autonome Klein-Demokratie“ | 267 | ||
4. Die Parteiendemokratie – von der Schattengewalt zum Unsichtbaren Staat | 270 | ||
a) Die politischen Parteien – staatsfern im Schatten der Macht | 270 | ||
b) Die Regierungspartei als verschleierte Staatsgewalt | 271 | ||
c) Oppositionspartei: Von offener Kritik zur Teilnahme am Parteien-Geheimnis | 274 | ||
d) Parteien-Kryptogewalt in die Gesellschaft hinein | 276 | ||
E. Ausblick auf einen Unsichtbaren Staat | 279 | ||
Sachverzeichnis | 281 |