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Der Unsichtbare Staat

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Leisner, W. (1994). Der Unsichtbare Staat. Machtabbau oder Machtverschleierung?. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-48076-0
Leisner, Walter. Der Unsichtbare Staat: Machtabbau oder Machtverschleierung?. Duncker & Humblot, 1994. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-48076-0
Leisner, W (1994): Der Unsichtbare Staat: Machtabbau oder Machtverschleierung?, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-48076-0

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Der Unsichtbare Staat

Machtabbau oder Machtverschleierung?

Leisner, Walter

(1994)

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Abstract

Der demokratische Staat gilt als das »Öffentliche - Veröffentlichte«, als das Sichtbare schlechthin. Die Forderung nach »Transparenz« seiner Organisations- und Handlungsformen ist höchstrangiges Verfassungsgebot der Rechtsstaatlichkeit. Zugleich aber läuft, wenig bemerkt, eine große Entwicklung in eine ganz andere Richtung: Etwas wie eine »Ent-Uniformierung«, Ent-Pathetisierung, ja Ent-Formalisierung hat die Staatlichkeit in all ihren Bereichen ergriffen. Offizielle Beamtenkleidung verschwindet, Staatsarchitektur wandelt sich zum ökonomischen Zweckbau, in Bürgernähe sollen Ton und Inhalt staatlicher Anordnungen die Bedrohlichkeit der »obrigkeitlichen Gewalt« vergessen lassen. Auf einer großen Privatisierungswelle bewegt sich der Hoheitsstaat hin auf die Gleichordnungsebene seiner Bürger.

Aus Gewaltunterworfenen immer mehr zu Partnern geworden, sehen viele in alldem nur einen großen Machtabbau, und sie begrüßen ihn. Wenig ist aber bisher darüber grundsätzlich nachgedacht worden, ob darin nicht ein »Marsch aus der Öffentlichkeit« sich vollzieht, der Rechtsstaat, Demokratie und Freiheit gefährden könnte. Stehen wir in der Entwicklung zu einem »Unsichtbaren Staat«, zu neuen Formen der Machtausübung im Verborgenen, ohne Theatralik, aber nur um so wirksamer, weil schwerer durchschaubar?

Wenn sich etwas zu formieren beginnt, aus vielen Bereichen heraus, wie ein Unsichtbarer Staat, so könnte, hinter so manchem wirklichen Machtabbau, leicht etwas ablaufen wie Machtverschleierung. Nichts aber war für die Freiheit je gefährlicher als Kryptogewalt, geheime Mächte.

Diese Untersuchung will neue Formen der Machtausübung - denn um nichts anderes geht es - ins Bewußtsein heben, in ihrer freiheitsgefährdenden Dimension; dabei stehen keineswegs die »klassischen« Formen der Geheimpolizei im Vordergrund. Gestellt wird vielmehr die Frage, ob man heute bereits mit etwas leben muß wie einem »Unsichtbaren Staat«, der sich weiter perfektioniert. Es sind dies Betrachtungen zu neuen Techniken der Macht, die fliehen aus dem Licht der Freiheit.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
A. Unsichtbarkeit und Unfühlbarkeit – ein Problem staatlicher Macht 13
I. Die Fragestellung – Begriffe und Aktualität 13
II. Sichtbarkeit als Form der Ausübung von Staatsgewalt 20
1. Sichtbarkeit von Staatsgebäuden und Staatssymbolen 20
2. „Sichtbare Würde“ – von der Festung bis zum Monument 23
3. Begründungslosigkeit der Macht als „sichtbare Staatsexistenz“ 26
4. Das Sichtbare als Macht der Einschüchterung 29
5. Sichtbarkeit – mehr als nur „Fühlbarkeit“ der Macht 33
III. Sichtbarkeit als Stärkung der Staatsmacht 35
1. Integration als Staatsgrundlegungs-Lehre der Demokratie 35
2. Das „Sichtbare“ als Integrationszentrum 37
3. Die Integrationskraft der Verfassung – das „sichtbare Recht“ 40
IV. Der Rechtsstaat – sichtbare Staatsgewalt 44
1. Die Legalität – vorveröffentlichte Staatlichkeit 44
2. Bestimmtheit 46
3. Überschaubarkeit und Kontrollierbarkeit „sichtbarer“ Staatsgewalt 50
4. Sichtbarkeit – staatlicher Machtgewinn auch im Rechtsstaat 52
V. Öffentlichkeit: Sichtbarkeit der Staatsgewalt 58
1. Öffentlichkeit als Rechtsprinzip aller Staatlichkeit 58
a) Medienrechte: Zwang des Staates in die Öffentlichkeit 59
b) Der rechtliche Drang in die „Öffentlichkeit“: Notwendigkeit der Wahldemokratie 60
c) Öffentliche Sichtbarkeit als „Quelle der Staatsgewalt“ 63
2. Entwicklungslinien „öffentlicher“ Staats-Sichtbarkeit 65
a) Vom „Staatsgeheimnis“ – zur „Ablenkungs-Öffentlichkeit“ 65
b) Von der Öffentlichkeit der „vollendeten Tatsachen“ zur Sichtbarkeit der Entscheidungsfindung 68
3. Der Prototyp Parlamentsöffentlichkeit – Sichtbarkeit von Motiven und Umfeld 71
4. Öffentlichkeit als Staatsgrundsatz: Sichtbarkeit im Zweifel und immer mehr 75
a) „Staatsgeheimnis als Bürgergeheimnis“ 76
b) Die ständige Verstärkung der Öffentlichkeit als Staatsgrundsatz 78
5. „Unsichtbarer Staat“ – illegale Krypto-Gewalt? 83
B. Legitimation des „Unsichtbaren Staates“ 86
I. Geistig-historische Entwicklungsstufen der Staatsmacht – zur Unsichtbarkeit 87
1. Ent-Menschlichung der Herrschaft 87
a) Der Staat als Über-Mensch – im Unsichtbaren verankert 87
b) Die Demokratie zwischen „abstrakter Staatsgewalt“ und „Gewaltaneignung durch Öffentlichkeit“ 91
2. Staat – der stets wesentlich „unsichtbare Gott auf Erden“ 93
3. „Herrschaft als Hilfe“ – Gegenwärtigkeit unsichtbarer Macht 97
II. Unsichtbarkeit als Machtverstärkung 100
1. Keine Weckung von Gegenmacht 100
a) Sichtbarkeit als Provokation 100
b) Grundrechte – wider den sichtbaren Staat 105
c) Die Gewaltenteilung als Institutionalisierung von Gegengewalten – und ihre Abschwächung mit dem „Zurücktreten der Staatsgewalt“ 108
d) Wenig „Normwiderstand“ gegen „unsichtbare Gesetzes-Befehle“ 112
e) Gleiches Gesetz – unfühlbare Macht 115
f) Verfassungsgerichtliche Normenkontrolle – Bürgerwiderstand gegen „sichtbar werdende Gesetze“? 117
g) Die Flucht des Staates aus der Sichtbarkeit des formalisierten Verwaltungsverfahrens 118
2. „Unsichtbare Macht“ – Verhinderung der „Staatsaneignung“? 122
a) Der Kampf um die „Macht in der Auslage“ 122
b) „Machtinformationen“ durch veröffentlichte Staatsgewalt 124
c) Verschleierung des „Willens zur Macht“ 126
d) Revolutionsneigung bei öffentlich sichtbarer Staatlichkeit? 129
e) Machtwechsel – Ordnung der Machtaneignung in Sichtbarkeit? 133
f) Machtnachahmung – im Unsichtbaren Staat vermieden 138
g) „Aneignung auch der Unsichtbaren Staatlichkeit“? 146
3. Unsichtbarkeit – die Flucht des Staates aus dem Machtneid 148
a) Wille zur Machtzerstörung aus Sichtbarkeit 148
b) „Unsichtbarer Staat gegen Staatsneid“ – historisch eine staatsformübergreifende Technik der Macht 152
c) Staat – wesentlich organisierte Neidablenkung 161
d) Der Eigentums-Neid – daher Staats-Herrschaft, nicht Staats-Eigentum 162
e) Demokratie – Staatsform des institutionalisierten Macht-Neides? 166
f) Der Gleichheitsneid 170
g) Unsichtbarkeit zur Neidvermeidung – eine Grundsatzfrage 173
C. Der Unsichtbare Staat: Machtabbau oder Geheimmacht? 176
I. Machtabbau – Staatsabbau: eine demokratische Versuchung 176
1. Machtabbau – „gemeinsame Ideologie des neueren Staatsdenkens“ 176
a) Freiheit als Ideologie des Machtabbaus 177
b) Von der Aufklärung zum Liberalismus 180
c) Christliches Staatsdenken: wünschenswerter Abbau weltlicher Machtzeichen 182
d) Sozialistisches Denken: Machtabbau bis zum Sterben des Staates 183
2. Demokratie – Staatsform des Machtabbaus 186
a) Machtabbau – institutionalisiertes Credo demokratischer Staatsformen 186
b) Der Staat als solcher – ein Instrument des Machtabbaus 187
3. Oder doch: Machtverschleierung in vielen kleinen Schritten? 190
D. Wege der Verunsichtbarung der Staatsgewalt 193
I. Einzelphänomene – doch in systematischer Entwicklung 193
II. Das Ende des Staatstheaters 195
1. Staat ohne Hoheitszeichen 195
a) Hoheitszeichen: Von der Machtdemonstration zur Staatsmarkierung 195
b) Vorfahrt den Privaten, ihren werbenden Zeichen 197
c) Macht ohne Machtzeichen? 198
2. Staatsgebäude ohne Staatsarchitektur 199
3. Der entuniformierte Staat 201
4. Vom Staatstheater zum Volksvergnügen 205
5. Staatstheater als Medienspektakel 207
III. Der Staat der „leichten Hand“ 210
1. Die „Flucht ins Privatrecht“ als „Flucht auf die Bürgerebene“ 210
2. Gleichheit von Staat und Bürger 212
3. Der Rückzug der Polizei 215
4. Die unsichtbare Wehr 218
5. Straf-Spektakel – oder diskrete Betreuung? 221
6. Unfühlbare Steuern 225
IV. Der Staat als Bürger – Staatshilfe in und durch Privatheit 229
1. Der Service-Staat – als Hilfe verkleidete Macht 229
a) Staatshilfe als Freiheitsschutz? 229
b) Staatshilfe als Eingriff 231
c) Der Service-Staat – eine große Machtverschleierung 233
d) Der Staat der Dienstleistungen – flächendeckende Macht der Zukunft 235
e) Die „unsichtbare Service-Maschine“ als Staats-Macht 237
2. Der Staat der Subventionen 240
a) Förderung als verunsichtbarte Hilfe 240
b) Die schwer kontrollierbare Subventionsgewalt 243
c) Die Lenkungsmacht der Staatshilfen 249
d) Von der Kryptogewalt der Staatsgeschenke 251
3. „Privatisierung“ – eine Form der Staatsverschleierung 253
a) Die drei Privatisierungsbegriffe 253
b) Die „private Staatsgesellschaft“ als Machtabbau? 255
c) Entpolitisierung – Entmachtung? 256
d) Public-Private-Partnership – verdeckte Staatlichkeit 258
e) Privatisierte Staatlichkeit: Kryptogewalt 259
V. Demokratie – Schranke oder Dynamik des Unsichtbaren Staates? 261
1. Mit Staatsform-Prinzipien gegen Macht-Technik? 261
a) Zusammenschau der Ergebnisse: Der Unsichtbare Staat als „Machttechnik in fieri“ 261
b) Die Grundfrage: Staatsprinzipien gegen Staatstechnik? 263
2. Demokratie – ein Staatsgrundsatz gegen den Unsichtbaren Staat 266
3. Eine demokratische Verunsichtbarungstendenz: die „autonome Klein-Demokratie“ 267
4. Die Parteiendemokratie – von der Schattengewalt zum Unsichtbaren Staat 270
a) Die politischen Parteien – staatsfern im Schatten der Macht 270
b) Die Regierungspartei als verschleierte Staatsgewalt 271
c) Oppositionspartei: Von offener Kritik zur Teilnahme am Parteien-Geheimnis 274
d) Parteien-Kryptogewalt in die Gesellschaft hinein 276
E. Ausblick auf einen Unsichtbaren Staat 279
Sachverzeichnis 281