Menu Expand

Über den Mißbrauch von Mitwirkungsrechten und die Mitwirkungspflichten des Verteidigers im Strafprozeß

Cite BOOK

Style

Grüner, G. (2000). Über den Mißbrauch von Mitwirkungsrechten und die Mitwirkungspflichten des Verteidigers im Strafprozeß. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50111-3
Grüner, Gerhard. Über den Mißbrauch von Mitwirkungsrechten und die Mitwirkungspflichten des Verteidigers im Strafprozeß. Duncker & Humblot, 2000. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50111-3
Grüner, G (2000): Über den Mißbrauch von Mitwirkungsrechten und die Mitwirkungspflichten des Verteidigers im Strafprozeß, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-50111-3

Format

Über den Mißbrauch von Mitwirkungsrechten und die Mitwirkungspflichten des Verteidigers im Strafprozeß

Grüner, Gerhard

Schriften zum Prozessrecht, Vol. 157

(2000)

Additional Information

Book Details

Pricing

Abstract

$a"Es ist eine heilige Forderung der Gerechtigkeit, daß der dem juristisch durchgebildeten Anklagebeamten gegenüber fast wehrlose Angeklagte in allen Nicht-Bagatell-Fällen der Verteidigung nicht ermangele."$z Dieses Binding-Zitat hat Dahs seinem Verteidigerhandbuch vorangestellt. Die Wirklichkeit sieht vergleichsweise düster aus. Engagierte Strafverteidigung wird in Deutschland leicht der Komplizenschaft gleichgestellt. In der Vergangenheit schlug sich das in erster Linie in der Diskussion um den $aMißbrauch$z von Verteidigerrechten nieder. Neuerdings wird in der Rechtsprechung zusätzlich das Bestreben deutlich, Mitwirkungspflichten des Verteidigers im Bereich tradiert richterlicher Verantwortung zu knüpfen. Marksteine dieser Entwicklung sind zwei höchstrichterliche Entscheidungen: zum einen die Ernennung des Verteidigers zum Beweisantragspfleger des Beschuldigten in BGHSt 38, 111 ff.; zum anderen die bekannte Widerspruchslösung in BGHSt 38, 214 ff.

Grüner stellt der Behandlung dieser Problemstellungen zunächst grundsätzliche Überlegungen über die Rolle des Verteidigers im Strafprozeß voran. Dessen Parteistellung als Prozeßsubjektsgehilfe des Beschuldigten schließt die Wahrnehmung anderer öffentlicher Interessen aus. Gleichermaßen wendet sich Grüner dagegen, den Verteidiger aus seiner Stellung als standesrechtlich gebundenes Organ der Rechtspflege zu lösen. Bei der Aufarbeitung und Analyse der Mißbrauchsproblematik zeigt sich allerdings, daß die rechtsanwaltliche Organstellung und die darauf bezogenen Vorschriften des anwaltlichen Standesrechts zur Konturierung des verbotenen Verteidigerhandelns nicht bestimmt genug sind. Weil der reformierte Straßprozeß auch als Kampf ums Recht strukturiert ist, dienen weiterhin die prozeßrechtlichen Vorschriften nur vereinzelt der Mißbrauchsabwehr. Das wirkt sich sogar auf die Anwendung typischer "Verteidigerdelikte" wie der Strafvereitelung aus. Letztlich wird der Bereich verbotenen Verteidigerhandelns nur von den allgemeinen Strafgesetzen bestimmt. Erst recht finden Mitwirkungspflichten des Verteidigers für ein funktionstüchtiges bzw. justizförmiges Verfahren außerhalb seiner Parteistellung im geltenden Recht keinen Anhalt.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
Einleitung 13
Erster Teil: Die rechtliche Doppelstellung des Verteidigers als Prozeßsubjektsgehilfe und Organ der Rechtspflege 15
A. Der Verteidiger als Prozeßsubjektsgehilfe des Beschuldigten 15
I. Historischer Hintergrund 16
II. Subjektstellung des Beschuldigten als Leitidee 18
III. Strukturierung der Verteidigerfunktionen 21
1. Subjektstellung und prozessuale Autonomie 21
2. Subjektstellung und dialektische Wahrheit 24
3. Konsequenzen für den Verteidiger 27
4. Verteidiger und Legitimation durch Verfahren 29
a) Wahrheit und soziale Wirklichkeit 31
b) Die Rechtskraft des unwahren Sachurteils 36
c) Gerechtigkeit und Legitimation des Verfahrens 40
B. Der Verteidiger als Organ der Rechtspflege 41
I. Vorbehalte gegen den Verteidiger im inquisitorischen Strafprozeß 42
II. Freie Advokatur und freie Verteidigung 46
C. Die Doppelstellung des Verteidigers als Grundsatzproblem 47
I. Der Alternativentwurf Verteidigung 51
1. Unklare prozessuale Konzeption 52
2. Zur Geltung des anwaltlichen Standesrechts 54
II. Die eingeschränkte Organtheorie von Beulke 58
1. Eingeschränkte Organtheorie und anwaltliches Standesrecht 58
2. Mitwirkung des Verteidigers und öffentliches Interesse 59
3. Der Verteidiger als Komplize des Beschuldigten 63
4. Die zusätzlichen öffentlichen Interessen im einzelnen 64
a) Das öffentliche Interesse an der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland 64
b) Das öffentliche Interesse an der Effektivität der Strafrechtspflege 66
c) Das öffentliche Interesse an der Effektivität der Verteidigung 68
5. Abschließende Wertung 72
III. Das Vertragsprinzip von Lüderssen 73
1. Zur Überlagerung strafprozessualer Wertungsmaßstäbe im Mandatsverhältnis 74
2. Zum Standesrecht als öffentlich-rechtliche Komponente im Mandatsverhältnis 78
3. Abschließende Wertung 79
D. Zusammenfassung Erster Teil 80
Zweiter Teil: Die Mißbrauchsproblematik – Der Verteidiger als Spießgeselle des Beschuldigten oder als Gehilfe des Gerichts 82
A. Die Mißbrauchsproblematik als Zentralbegriff in Rechtsprechung und Rechtspolitik 85
B. Prozessuale Gegenmacht – Soziale Gegenmacht als kritische Masse der Mißbrauchsproblematik 90
I. Die widersprüchliche Prozeßstruktur 91
II. Anwaltliches Standesrecht als Einbruchstelle staatlicher Restriktion 93
III. Akzeptanz des Verteidigers als Helfer inquisitorischer Wahrheitsfindung 94
IV. Keine Akzeptanz des Verteidigers als soziale und prozessuale Gegenmacht 96
1. Die Kommunistenprozesse der Weimarer Zeit und der frühen Bundesrepublik 97
2. Die RAF-Prozesse 100
C. Versuch einer systematischen Lösung 106
I. Mißbrauchsproblematik als strafprozessuale Problemstellung 107
1. Vorüberlegung: Prozeß als Kampf ums Recht 108
2. Prozeßimmanente Grenzen prozessualer Mißbrauchsabwehr 110
3. Zur Reichweite prozessualer Wertungsmaßstäbe 116
II. Keine eigenständige Bedeutung der Verteidigerdelikte 119
1. Prozeßordnungswidrigkeit als versteckt strafrechtlicher Maßstab der Verteidigerdelikte 120
2. Prozeßhandlung als maßgebliches Abgrenzungskriterium 122
a) Abgrenzungsfunktion 124
b) Zuordnungsfunktion 127
III. Das anwaltliche Standesrecht als Instrument gegen mißbräuchliches Verteidigerverhalten 133
1. Organstellung und Sachlichkeitsgebot als standesrechtlicher Mißbrauchsvorbehalt 134
2. Das Lügeverbot als standesrechtlicher Mißbrauchsvorbehalt 137
3. Schützende Funktion des anwaltlichen Standesrechts 142
IV. Sonderproblem: Weisungsgebundenheit des Verteidigers 145
1. Weisungsgebundenheit und standesrechtliche Wertungsmaßstäbe 147
2. Weisungsgebundenheit und prozessuale Wertungsmaßstäbe 149
a) Problemfälle: Beweisantrag-Ablehnungsantrag 150
b) Subjektstellung-Subjektsdefizit als Bezugspunkte der Weisungsgebundenheit 151
c) Subjektstellung des Beschuldigten und Weisungsgebundenheit 153
d) Subjektsdefizit und Weisungsgebundenheit 157
e) Keine Einschränkungen der Weisungsgebundenheit des Verteidigers 163
V. Zusammenfassung Zweiter Teil 164
Dritter Teil: Die Mitwirkungspflichten des Verteidigers – Der Bundesgerichtshof auf dem Weg zum unparteilichen Parteiprozeß 167
A. Der Verteidiger als Garant einer funktionsfähigen Hauptverhandlung 171
I. Der Vergleich mit bisher diskutierten Mitwirkungspflichten 171
II. Der Verteidiger als Beweisantragspfleger des Beschuldigten 176
1. Beweisantragspflegschaft als Richterrechtspolitik 178
2. Unzulässigkeit der Beweisantragspflegschaft nach geltendem Recht 179
III. Mitwirkungs- und Übernahmepflicht: Der Pflichtverteidiger als Staats-Anwalt 182
1. Verschärfung der Mitwirkungs- und Übernahmepflicht im staatlichen Interesse durch den Bundesgerichtshof 184
2. BVerfGE 9, 36 ff.: Pflichtverteidigung und staatliche Fürsorge 188
3. BVerfGE 39, 238 ff.: Pflichtverteidigung und Verfahrenssicherung 192
4. Grenzen von Mitwirkungs- und Übernahmepflicht nach geltendem Recht 198
B. Der Verteidiger als Garant eines justizförmigen Verfahrens 201
I. Dogmatik der unselbständigen Beweisverwertungsverbote und Widerspruchslösung 205
1. Die dogmatischen Grundlagen unselbständiger Beweisverwertungsverbote 206
2. Widerspruchslösung und richterliche Aufklärungspflicht 209
a) Richterliche Aufklärungspflicht und Heilung von Verfahrensfehlern 209
b) Keine rechtlichen Anknüpfungspunkte für die Widerspruchslösung als Ausnahmemodell zur richterlichen Aufklärungspflicht 211
3. Die Abwägungslehre als inquisitorische Umgehungskonstruktion 217
II. Rügeverlust durch zurechenbares Parteiverhalten und Mitwirkungspflichten des Verteidigers 220
1. Spannungsverhältnis zwischen Recht und richterlicher Definitionsmacht 221
2. Zur Verzichtbarkeit von Verfahrensnormen 225
a) Verzichtbarkeit und Amtsaufklärungspflicht 226
b) Belehrungspflichten und Benachrichtigungspflichten als unverzichtbare Verfahrensnormen 229
c) Verzicht und Verwirkung als Tatbestände des Rügeverlusts 232
3. Revisionsrechtliche Mitwirkungspflichten des Verteidigers und Rügeverlust 236
a) Faktische Übertragung der Belehrungspflichten auf den Verteidiger 240
b) Faktischer Rügeverlust durch Beweislast 244
C. Zusammenfassung Dritter Teil 246
Literaturverzeichnis 248
Sachwortverzeichnis 273