Die Entwicklung des gutgläubigen Fahrniserwerbs in der Epoche des usus modernus und des Naturrechts
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Die Entwicklung des gutgläubigen Fahrniserwerbs in der Epoche des usus modernus und des Naturrechts
Hamburger Rechtsstudien, Vol. 80
(1991)
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Abstract
«Nach dem Rechte der Natur vindicirt ein jeder das Seinige da, wo er es findet.« Diese Feststellung hat Nikolaus Christian Carstens im Jahre 1801, also bereits in der ausgehenden Naturrechtsepoche, in seinen »Beiträgen zur Erläuterung des Lübischen Rechts« getroffen. Demzufolge soll es dem Naturrecht entsprechen, daß der Eigentümer seine Sache von jedem Besitzer uneingeschränkt herausverlangen kann. In seinem erstmals 1950 erschienenen Lehrbuch über »Deutsches Privatrecht« stellt Heinrich Mitteis die These auf, daß in der Naturrechtsepoche aus der vom deutschen Recht geprägten rein prozessualen Versagung der Eigentumsklage der Erwerb vom Nichtberechtigten hergeleitet worden sei. »Und zwar« - so führt Mitteis aus - »knüpft das Naturrecht ihn an den guten Glauben des Erwerbers an.« Zwischen den Aussagen dieser beiden Autoren besteht bei näherer Betrachtung ein Spannungsverhältnis. Einerseits soll das Naturrecht die uneingeschränkte Vindikation fordern, andererseits soll sich jedoch in dem Zeitalter, in dem diese Rechtsidee einen maßgebenden Einfluß auf Wissenschaft und Gesetzgebung gewonnen hat, aus einer prozessualen Beschränkung jener Klage das materiellrechtliche Institut des gutgläubigen Erwerbs entwickelt haben. Intention der vorliegenden Abhandlung ist es, die dargestellte Problematik eingehend zu untersuchen.Das Ziel der vorliegenden Abhandlung liegt darin, allein die Epoche des usus modernus pandektarum sowie die nahezu zeitgleich liegende Naturrechtsperiode im Hinblick auf die Verfolgbarkeit beweglicher Sachen sowie die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten zu betrachten. Den Schwerpunkt bildet also die Entwicklung im 17. und 18. Jahrhundert, die mit den Naturrechtskodifikationen endet. Einen ersten Hauptteil bildet die Betrachtung der Wissenschaft des 17. und 18. Jahrhunderts. Wobei - soweit sich bestimmte Vertreter dieser Epoche hiermit auseinandergesetzt haben - inzident auch die partikulare Gesetzgebung sowie die Rechtsprechung herangezogen werden. Im zweiten Hauptteil wird dann die Regelung der Fahrnisverfolgung in den Naturrechtskodifikationen untersucht. Dabei sollen besonders die Auswirkungen der Wissenschaftler des usus modernus und des Naturrechts auf die Gesetzgebung am Ausgang dieses rechtshistorisch bedeutenden Zeitalters herausgearbeitet werden. Auf spätere Entwicklungen wird im Rahmen eines knappen Ausblicks hingewiesen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Thema der Abhandlung | 15 | ||
Erster Abschnitt: Die Fahrnisverfolgung in den älteren Rechtssystemen | 17 | ||
§ 1 Das römische Recht | 17 | ||
1. Grundsatz | 17 | ||
2. Ausnahmen vom Vindikationsprinzip | 18 | ||
3. Die Ersitzung | 18 | ||
§ 2 Das deutsche Recht | 21 | ||
1. Grundsatz | 21 | ||
2. Die Publizitätstheorie | 23 | ||
3. Die prozessuale Theorie | 25 | ||
4. Die Problematik des Eigentumserwerbs beim Dritten | 28 | ||
Ergebnis | 28 | ||
Erster Hauptteil: Die Juristen des usus modernus und des Naturrechts | 30 | ||
Zweiter Abschnitt: David Mevius und das lübische Recht | 30 | ||
§ 1 Die Rechtslage bei verliehenen und auf andere Weise anvertrauten Sachen | 30 | ||
1. Mevius' Begründung des deutschrechtlichen Prinzips | 31 | ||
2. Genereller Klagausschluß oder Lösungsmöglichkeit zugunsten des Verleihers | 33 | ||
3. Die Berechnung des Lösegeldes | 40 | ||
4. Das Erfordernis der iusta causa und der bona fides beim Dritterwerber | 42 | ||
5. Vindikation bei Diebstahl vom Entleiher | 44 | ||
6. Die Problematik des Eigentumserwerbs beim Dritten | 46 | ||
7. Ausdehnung der Regelung auf andere Vertragstypen | 48 | ||
a) Die Auffassung des Mevius | 48 | ||
b) Der Meinungsstand im übrigen | 55 | ||
aa) Joachim Lucas Stein | 55 | ||
bb) Johann Marquardt | 56 | ||
cc) Samuel Friedrich Willenberg | 56 | ||
dd) Die Rechtsprechung und das übrige Schrifttum | 58 | ||
§ 2 Die Rechtslage bei gestohlenen und geraubten Sachen | 60 | ||
§ 3 Die Herkunft des guten Glaubens | 64 | ||
Ergebnis | 67 | ||
Dritter Abschnitt: Benedikt Carpzov und die Theorie vom Eigentumsübergang auf den Entleiher | 69 | ||
§ 1 Carpzovs Auffassung | 69 | ||
§ 2 Die Rechtsprechung der sächsischen Schöffenstühle | 70 | ||
§ 3 Die Theorie vom Eigentumsübergang auf den Entleiher | 71 | ||
1. Ludwig Fachs | 71 | ||
2. Matthias Coler | 73 | ||
3. Johann Schneidewin | 73 | ||
4. Matthäus Wesenbeck | 74 | ||
5. Benedikt Reinhard | 75 | ||
6. Christoph Zobel | 76 | ||
7. Heinrich Hahn | 77 | ||
8. Stellungnahme zur Problematik des Eigentumsübergangs bei der Leihe | 79 | ||
Ergebnis | 83 | ||
Vierter Abschnitt: Andere Vertreter des älteren gemeinen Rechts | 84 | ||
§ 1 Johann Schilter | 84 | ||
1. Schilters Auffassung | 84 | ||
2. Ulrich Huber als weiterer Vertreter der Schiltersehen Theorie | 87 | ||
Ergebnis | 88 | ||
§ 2 Johann Brunnemann | 88 | ||
§ 3 Georg Adam Struve | 90 | ||
1. Die Vindikation | 90 | ||
2. Die Beschränkung der Vindikation bei verliehenen Sachen | 91 | ||
3. Müllers Additionen zu Struves Syntagma | 92 | ||
Ergebnis | 92 | ||
§ 4 Wolfgang Adam Lauterbach | 93 | ||
1. Die Vindikation | 93 | ||
2. Die Problematik des Eigentumsübergangs beim Leihvertrag | 94 | ||
3. Der Einfluß des Württembergischen Landrechts | 95 | ||
Ergebnis | 99 | ||
Fünfter Abschnitt: Hugo Grotius und das gemeine niederländische Recht | 100 | ||
§ 1 Die Fahrnisverfolgung in Grotius' Naturrechtslehre | 100 | ||
1. Der Herausgabeanspruch | 100 | ||
2. Die Parallele aus Grotius' Ersitzungslehre | 102 | ||
§ 2 Fahrnisverfolgung in Grotius' Inleydinge und im gemeinen niederländischen Recht | 105 | ||
1. Das Hand-wahre-Hand-Prinzip | 105 | ||
a) Grotius' Auffassung in der Inleydinge | 105 | ||
aa) Wörtliche Auslegung der Stelle | 105 | ||
bb) Auslegung der Stelle im Sinne einer allgemeinen Beschränkung der Fahrnisverfolgung | 107 | ||
b) Anton Matthaeus | 108 | ||
aa) Die Verfolgbarkeil beweglicher Sachen | 108 | ||
bb) Der gutgläubige Eigentumserwerb beim Dritten | 113 | ||
(1) Die Herleitung dieses Instituts durch Matthaeus | 113 | ||
(2) Der Einfluß Anton Fabers | 114 | ||
c) Van Groenewegen und van Leeuwen | 116 | ||
aa) Das Hand-wahre-Hand-Prinzip als gemeines niederländisches Recht | 117 | ||
bb) Kritik an der obigen These | 118 | ||
cc) Die weitere Rechtsprechung des Hofs von Holland | 122 | ||
d) Johannes Voet | 124 | ||
e) Zwischenergebnis | 130 | ||
f) Vergleich mit dem römischen und dem älteren deutschen Recht | 130 | ||
2. Das Lösungsrecht | 132 | ||
a) Das Lösungsrecht beim Kauf auf dem offenen Markt | 132 | ||
aa) Die Partikularrechte | 133 | ||
bb) Die niederländische Gemeinrechtswissenschaft | 135 | ||
b) Das Lösungsrecht des "kleerkoopers" | 138 | ||
c) Das Lösungsrecht des "tafelhouders" | 142 | ||
3. Beschränkung der Vindikation bei öffentlich versteigerten Sachen | 143 | ||
a) Anton Matthaeus | 143 | ||
b) Johannes Voet | 146 | ||
c) Dionysius Godefried van der Keessel | 147 | ||
Ergebnis | 148 | ||
Sechster Abschnitt: Samuel Pufendorf | 149 | ||
§ 1 Die Vindikation | 149 | ||
§ 2 Die Ersitzung | 151 | ||
Ergebnis | 152 | ||
Siebter Abschnitt: Stryk, Thomasius, Hertins und die Thomasiusschüler | 153 | ||
§ 1 Samuel Stryk | 153 | ||
1. Das Hand-wahre-Hand-Prinzip im lübischen Recht und im Sachsenspiegel | 153 | ||
2. Stryks Stellungnahme zu den Theorien vom Eigentumsübergang | 154 | ||
3. Stryks Auseinandersetzung mit der Auffassung des Mevius | 157 | ||
Ergebnis | 158 | ||
§ 2 Christian Thomasius | 158 | ||
1. Die Fahrnisverfolgung in Thomasius' Naturrechtslehre | 159 | ||
a) Die Vindikation | 159 | ||
b) Die Ersitzung | 160 | ||
2. Die Fahrnisverfolgung in Thomasius' deutschrechtlichem Werk | 161 | ||
3. Stellungnahme zu Thomasius' Auffassung | 163 | ||
Ergebnis | 165 | ||
§ 3 Johann Nicolaus Hertins | 165 | ||
§ 4 Georg Beyer | 167 | ||
1. Beyers Naturrechtslehre | 167 | ||
2. Beyers Auseinandersetzung mit dem deutschrechtlichen Prinzip | 168 | ||
3. Einschränkungen des Prinzips | 170 | ||
4. Stellungnahme zu Beyers Auffassung | 171 | ||
Ergebnis | 171 | ||
§ 5 Nicolaus Hieronymus Gundling | 172 | ||
1. Die Fahrnisverfolgung in Gundlings Naturrechtslehre | 172 | ||
2. Gundlings Auffassung zum Hand-wahre-Hand-Prinzip | 173 | ||
Ergebnis | 174 | ||
§ 6 Jakob Friedrich Ludovici | 174 | ||
§ 7 Justus Henning Böhmer | 175 | ||
§ 8 Johann Gottlieb Heineccius | 177 | ||
1. Die Fahrnisverfolgung nach Heineccius' Naturrechtslehre | 177 | ||
2. Das Wesen des Hand-wahre-Hand-Prinzips | 180 | ||
a) Die Theorie vom Eigentumsübergang | 180 | ||
b) Auseinandersetzung mit Schilters Auffassung | 185 | ||
c) Eigene Erklärung des Prinzips | 185 | ||
d) Der gute Glaube beim Dritterwerber | 185 | ||
e) Verbreitung des Hand-wahre-Hand-Prinzips | 186 | ||
f) Stellungnahme zu Heineccius' Auffassung | 187 | ||
Ergebnis | 188 | ||
Achter Abschnitt: Christian Wolff und seine Schüler | 189 | ||
§ 1 Christian Wolff | 189 | ||
1. Die Sachverfolgung in Wolffs Naturrechtsdoktrin | 189 | ||
2. Stellungnahme zu Wolffs Auffassung | 191 | ||
Ergebnis | 194 | ||
§ 2 Nettelbladt und Darjes | 194 | ||
1. Die Vindikation | 194 | ||
2. Die Ersitzung | 196 | ||
Ergebnis | 198 | ||
Neunter Abschnitt: Die Österreichische Entwicklung | 199 | ||
§ 1 Martini und Zeiller | 199 | ||
§ 2 Die Österreichische Gemeinrechtswissenschaft | 202 | ||
Ergebnis | 203 | ||
Zehnter Abschnitt: Andere im 18. Jahrhundert wirkende Juristen | 204 | ||
§ 1 Johann Heinrich Berger | 204 | ||
§ 2 Augustin Leyser | 205 | ||
§ 3 Pütter und Selchow | 206 | ||
§ 4 Justus Friedrich Runde | 209 | ||
Zweiter Hauptteil: Die Naturrechtskodifikationen | 212 | ||
Elfter Abschnitt: Der Codex Maximilianeus Bavaricus civilis | 212 | ||
§ 1 Die Regelung im Codex Maximilianeus | 212 | ||
§ 2 Kreittmayrs Begründung | 213 | ||
Ergebnis | 216 | ||
Zwölfter Abschnitt: Das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten | 217 | ||
§ 1 Svarez' "Mittelweg" zwischen dem deutschen und dem römischen Recht | 218 | ||
1. Die Eigentumsverfolgung | 218 | ||
2. Die Pfandverfolgung | 221 | ||
§ 2 Svarez' Begründung seiner neuen Theorie | 222 | ||
§ 3 Die Problematik des gutgläubigen Eigentumserwerbs | 224 | ||
1. Die grundsätzliche Regelung im ALR | 224 | ||
2. Gutgläubiger Erwerb bei öffentlichen Versteigerungen | 228 | ||
§ 4 Der Begriff der Redlichkeit im ALR | 229 | ||
1. Der Bezugspunkt des guten Glaubens | 230 | ||
2. Der Umfang der Redlichkeit des Erwerbers | 231 | ||
§ 5 Geltung der Vorschriften im Liegenschaftsrecht | 232 | ||
1. Die Anwendbarkeit des Lösungsrechts | 232 | ||
a) Die Auffassungen der Rechtsanwender im 19. Jahrhundert | 232 | ||
b) Die historische Argumentation | 234 | ||
2. Die Anwendbarkeit des Vindikationsausschlusses | 234 | ||
§ 6 Motive und Vorbilder für die Regelung im ALR | 237 | ||
Abschließende Würdigung der Regelung im ALR | 248 | ||
Dreizehnter Abschnitt: Die Österreichische Gesetzgebung | 249 | ||
§ 1 Der Codex Theresianus | 250 | ||
1. Die Regelung der Fahrnisverfolgung | 250 | ||
2. Die Begründung der neuen Regelung | 252 | ||
3. Der gute Glaube des Erwerbers | 253 | ||
4. Die Motive für die Regelung im Codex Theresianus | 256 | ||
§ 2 Der Entwurf Hortens | 261 | ||
§ 3 Der Entwurf Martinis | 263 | ||
1. Die Regelung der Fahrnisverfolgung im Entwurf Martinis | 263 | ||
2. Die Problematik des Eigentums- bzw. Pfandrechtserwerbs beim Dritten | 266 | ||
3. Die Vorbilder und Motive für die Regelung im Entwurf Martinis | 266 | ||
§ 4 Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch | 268 | ||
1. Die Regelung des gutgläubigen Eigentumserwerbs | 268 | ||
2. Die Tatbestände des § 367 | 270 | ||
a) Der Erwerb auf der öffentlichen Versteigerung | 270 | ||
b) Der Erwerb vom befugten Gewerbsmann | 270 | ||
aa) Das Moment der Entgeltlichkeit | 270 | ||
bb) Der Begriff des befugten Gewerbsmannes | 271 | ||
c) Der Erwerb vom Vertrauensmann | 273 | ||
aa) Die Fälle der Täuschung und der Drohung durch Vertragspartner | 273 | ||
bb) Die "Vertrauensmännerkette" | 276 | ||
3. Der Begriff der Redlichkeit beim Dritterwerber | 277 | ||
a) Die Tragweite des Redlichkeitsbegriffs | 278 | ||
aa) Der Meinungsstand im frühen Schrifttum zum ABGB | 278 | ||
bb) Die Ausführungen Zeillers in seinem Kommentar | 280 | ||
cc) Die Suche nach der gesetzgeberischen Intention | 282 | ||
b) Der Bezugspunkt des guten Glaubens | 291 | ||
4. Der Pfandrechtserwerb vom Nichtberechtigten | 293 | ||
5. Der gutgläubige lastenfreie Erwerb | 296 | ||
6. Vorbilder und Motive der Regelung des ABGB | 297 | ||
7. Der Einfluß der Kantschen Philosophie | 298 | ||
Abschließende Würdigung der Österreichischen Gesetzgebung | 306 | ||
Ausblick | 307 | ||
Quellen- und Literaturverzeichnis | 312 | ||
I. Quellen | 312 | ||
II. Sekundärliteratur | 319 | ||
Personenindex | 329 | ||
Sachindex | 331 |