Lokale Gerechtigkeit im Einbürgerungsrecht
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Lokale Gerechtigkeit im Einbürgerungsrecht
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 792
(1999)
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Abstract
Es wird vermutet, und es ist teilweise belegt, daß die Einbürgerunsgsquoten in den Bundesländern trotz gleicher Rechtsgrundlagen unterschiedlich sind. Diese Unterschiede werden untersucht und anhand der Theorie über lokale Gerechtigkeit beschrieben und erklärt. Der Begriff lokale Gerechtigkeit besagt, daß gleiche Güter von verschiedenen Verteilern auf unterschiedliche Weise verteilt werden. Diese Theorie wurde bislang auf weitgehend gesetzesfreie Verteilungskontexte angewendet. Im durchnormierten Verwaltungsrecht sind die Möglichkeiten der Verteiler, unterschiedliche Verteilungsverfahren und -kriterien anzuwenden, regelmäßig eingeschränkt. Das Verwaltungshandeln ist wegen der Gesetzesbindung verbindlich vorgeschrieben. Übertragen auf das Recht bedeutet lokale Gerechtigkeit, daß gleiche Rechtsvorschriften von verschiedenen Anwendern unterschiedlich verwirklicht werden. Legal ist das nur möglich bei unbestimmten Rechtsbegriffen und Ermessensvorschriften, die den Anwendern einen Entscheidungsspielraum belassen. Das Einbürgerungsrecht enthält eine Fülle derartiger Rechtsvorschriften. Der Autor zeigt, daß die jeweilige Einbürgerungspraxis der Länder auf einer abweichenden Anwendung des Einbürgerungsrechts beruht. Diese Unterschiede werden als divergierende Auffassungen über eine angemessene und gerechte Einbürgerungsregelung gedeutet.Bultmann verfolgt zwei sich überschneidende Ziele: Er will erstens die unterschiedliche Einbürgerungspraxis in den Bundesländern erläutern und erklären. Zweitens soll am Beispiel des Einbürgerungsrechts die soziologische Theorie über lokale Gerechtigkeit auf die Rechtsanwendung übertragen werden.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis | 13 | ||
Α. Einleitung | 15 | ||
Β. Lokale Gerechtigkeit - Theorie und Empirie | 17 | ||
I. Der wissenschaftliche Kontext von lokaler Gerechtigkeit | 17 | ||
1. Die Geschichte von Local Justice | 17 | ||
2. Worum geht es bei Local Justice? | 17 | ||
3. Local Justice als Zweig der empirischen Gerechtigkeitsforschung | 19 | ||
4. Zum Begriff einer „lokalen Gerechtigkeit" | 21 | ||
II. Die Elemente von lokaler Gerechtigkeit | 24 | ||
1. Knappe Güter | 24 | ||
2. Die Verteiler | 27 | ||
3. Verteilungskriterien und Verteilungsmechanismen | 29 | ||
4. Die Verteilungsverfahren | 33 | ||
5. Mixed Systems | 34 | ||
III. Die Erklärung von lokaler Gerechtigkeit | 38 | ||
IV. Lokale Gerechtigkeit und Recht | 40 | ||
V. Lokale Gerechtigkeit und Rechtskulturen | 43 | ||
VI. Local Justice und Spheres of Justice | 44 | ||
C. Lokale Gerechtigkeit im Einbürgerungsrecht | 47 | ||
I. Gerechtigkeitstheoretische Analyse des Einbürgerungsrechts | 47 | ||
1. Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht | 47 | ||
a) Anspruchseinbürgerungen | 50 | ||
b) Ermessenseinbürgerungen | 51 | ||
2. Rechtliche Voraussetzungen als Verteilungskriterien | 52 | ||
a) Der Ermessenstatbestand des § 8 RuStAG | 52 | ||
(1) Nr. 2 EinbRL: Öffentliches Interesse an der Einbürgerung | 54 | ||
(2) Nr. 3.1 EinbRL „Staatsbürgerliche und kulturelle Voraussetzungen" | 56 | ||
(3) § 8 Abs. 1 Hs. 1: „Niederlassung" iVm § 8 Abs. 1 Nr. 3 RuStAG „eigene Wohnung oder ein Unterkommen" und Nr. 3.2 EinbRL: „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse, Aufenthaltsdauer" | 56 | ||
(4) § 8 Abs. 1 Nr. 2 RuStAG: Kein Ausweisungsgrund | 58 | ||
(5) § 8 Abs. 1 Nr. 4 RuStAG: Unterhaltsfähigkeit und Nr. 3.4 EinbRL: „Wirtschaftliche Voraussetzungen" | 60 | ||
(6) Nr. 4 EinbRL: „Einheitliche Staatsangehörigkeit innerhalb der Familie" | 61 | ||
(7) Nr. 5 EinbRL: „Zwischenstaatliche Gesichtspunkte", insbesondere Nr. 5.2: „Gesichtspunkte der Entwicklungspolitik" | 62 | ||
(8) Nr. 5.3 EinbRL: „Vermeidung von Mehrstaatigkeit" | 64 | ||
(9) Nr. 6 EinbRL: „Besondere Fälle" | 66 | ||
b) Weitere Einbürgerungstatbestände | 67 | ||
c) Einbürgerungsgebühren | 71 | ||
3. Verwaltungsaufbau und Rechtsschutz im Einbürgerungsrecht | 71 | ||
a) Der Verwaltungsaufbau im Einbürgerungsrecht | 72 | ||
b) Zum Rechtsschutz der Einbürgerungsbewerber | 73 | ||
4. Das Verteilungssystem des Einbürgerungsrechts | 75 | ||
a) Staatsangehörigkeit als Sphäre von Gerechtigkeit | 75 | ||
b) Das Einbürgerungsrecht als Lokus von Gerechtigkeit | 77 | ||
(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit als knappes Gut | 77 | ||
(2) Einbürgerung als Verteilung von Staatsangehörigkeiten | 77 | ||
II. Schwankungen in der Einbürgerungspraxis | 80 | ||
1. Die Einbürgerungspraxis: Statistische Darstellung | 80 | ||
2. Zur Aussagekraft der Statistik | 85 | ||
3. Berechnungsmodus für die Einbürgerungsquoten | 86 | ||
4. Auswertung | 88 | ||
D. Eine inhaltsanalytische Untersuchung zur Einbürgerungspraxis | 93 | ||
I. Hypothese zur lokalen Gerechtigkeit im Einbürgerungsrecht | 93 | ||
II. Beschreibung der Methode | 94 | ||
1. Der Untersuchungsgegenstand | 94 | ||
a) Das Untersuchungsmaterial | 94 | ||
b) Inhaltsanalytische Einheit | 96 | ||
2. Klassifizierung nach extensiver und restriktiver Auslegung | 96 | ||
3. Klassifizierung nach Argumenttypen | 98 | ||
a) Gesetzesargumente | 100 | ||
b) Prinzipienargumente | 101 | ||
c) Autoritäre Argumente | 102 | ||
d) Ökonomische Argumente | 103 | ||
e) Politische Argumente | 103 | ||
f) Praktikabilitätsargumente | 104 | ||
g) Gerechtigkeitsargumente | 104 | ||
4. Klassifizierungsmethode | 105 | ||
III. Durchführung der Inhaltsanalyse | 107 | ||
1. Die Auslegung der §§ 8 und 9 RuStAG und der Einbürgerungsrichtlinien | 107 | ||
a) Nr. 2 EinbRL: Öffentliches Interesse an der Einbürgerung | 107 | ||
b) Nr. 3.1 EinbRL: „Staatsbürgerliche und kulturelle Voraussetzungen" | 108 | ||
c) § 8 Abs. 1, 1. Hs.: „Niederlassung" iVm § 8 Abs. 1 Nr. 3 RuStAG „eigene Wohnung oder ein Unterkommen" und Nr. 3.2 EinbRL: „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse, Aufenthaltsdauer" | 110 | ||
d) § 8 Abs. 1 Nr. 2 RuStAG: Kein Ausweisungsgrund | 115 | ||
e) § 8 Abs. 1 Nr. 4 RuStAG: Unterhaltsfähigkeit und Nr. 3.4 EinbRL: „Wirtschaftliche Voraussetzungen" | 118 | ||
f) Nr. 4 EinbRL: „Einheitliche Staatsangehörigkeit innerhalb der Familie" | 120 | ||
g) Nr. 5 EinbRL: „Zwischenstaatliche Gesichtspunkte", insbesondere Nr. 5.2: „Gesichtspunkte der Entwicklungspolitik" | 121 | ||
h) Nr. 5.3 EinbRL: „Vermeidung von Mehrstaatigkeit" | 125 | ||
i) Nr. 6 EinbRL: „Besondere Fälle" | 132 | ||
2. Weitere Einbürgerungstatbestände aus dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz | 137 | ||
3. Einbürgerung gemäß §§85 ff. Ausländergesetz | 144 | ||
4. Einbürgerungsgebühren | 155 | ||
5. Weitere Tatbestände aus dem Staatsangehörigkeitsrecht | 158 | ||
E. Untersuchungsergebnisse | 162 | ||
I. Darstellung und Interpretation der Ergebnisse | 162 | ||
1. Das Auslegungsprofil: extensive und restriktive Auslegung: | 163 | ||
a) Ergebnisse | 163 | ||
b) Auswertung | 164 | ||
2. Quantitative Argumentationsanalyse | 169 | ||
a) Analyse nach rechtlicher und nicht-rechtlicher Argumentation | 169 | ||
b) Analyse nach Gerechtigkeitsargumenten | 176 | ||
c) Ergebnis: Vier Regelungstypen im Einbürgerungsrecht | 179 | ||
3. Qualitative Argumentationsanalyse | 180 | ||
a) Nr. 2 EinbRL: Öffentliches Interesse an der Einbürgerung | 181 | ||
b) Nr. 3. 1 EinbRL „Staatsbürgerliche und kulturelle Voraussetzungen" | 182 | ||
c) § 8 Abs. 1 Hs. 1: „Niederlassung" iVm § 8 Abs. 1 Nr. 3 RuStAG „eigene Wohnung oder ein Unterkommen" und Nr. 3.2 EinbRL: „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse, Aufenthaltsdauer" | 183 | ||
d) § 8 Abs. 1 Nr. 2 RuStAG: Kein Ausweisungsgrund | 184 | ||
e) § 8 Abs. 1 Nr. 4 RuStAG: Unterhaltsfähigkeit und Nr. 3. 4 EinbRL: „Wirtschaftliche Voraussetzungen" | 185 | ||
f) Nr. 4 EinbRL: „Einheitliche Staatsangehörigkeit innerhalb der Familie" | 186 | ||
g) Nr. 5 EinbRL: „Zwischenstaatliche Gesichtspunkte", insbesondere Nr. 5.2: „Gesichtspunkte der Entwicklungspolitik" | 186 | ||
h) Nr. 5. 3 EinbRL: „Vermeidung von Mehrstaatigkeit" | 187 | ||
i) Nr. 6 EinbRL: „Besondere Fälle" | 189 | ||
j) Weitere Einbürgerungstatbestände aus dem Staatsangehörigkeitsrecht | 190 | ||
k) Einbürgerung gemäß §§ 85 ff. Ausländergesetz | 192 | ||
l) Einbürgerungsgebühren | 194 | ||
m) Ergebnis: Drei Arten des rechtlichen Denkens im Einbürgerungsrecht | 195 | ||
4. Vier Zuteilungsmodelle im Einbürgerungsrecht | 196 | ||
a) Die Gruppe Least - das Verdienstmodell | 197 | ||
b) Die Gruppe Less - das Billigkeitsmodell I | 197 | ||
c) Die Gruppe Few - das Bedarfsmodell | 198 | ||
d) Das Modell Bund - das Billigkeitsmodell II | 199 | ||
5. Erklärungen für lokale Gerechtigkeit im Einbürgerungsrecht | 200 | ||
II. Kritik der Ergebnisse | 203 | ||
1. Angemessenheit und Tauglichkeit des Materials zur Klärung der Hypothesen zum Einbürgerungsrecht | 204 | ||
a) Aussagekraft des Untersuchungsmaterials | 204 | ||
b) Durchführung der Untersuchung | 206 | ||
2. Alternative Hypothesen | 206 | ||
a) Unterschiedliches Ausländerproiii in den Ländern | 207 | ||
b) Erklärung aus dem unterschiedlichen Integrationsgrad der Einbürgerungsbewerber | 208 | ||
c) Parteipolitischer Erklärungsansatz | 209 | ||
d) Rechtskultureller Erklärungsansatz | 210 | ||
e) Unterschiedliche Verwaltungsstruktur in den Länderbehörden | 210 | ||
f) Einheitsbedingte Umstellung in Berlin | 211 | ||
3. Würdigung: Variablen lokaler Gerechtigkeit | 212 | ||
F. Lokale Gerechtigkeit im Recht | 216 | ||
I. Ist lokale Gerechtigkeit rechtmäßig? | 216 | ||
II. Ist lokale Gerechtigkeit gerecht? | 223 | ||
1. Gerechtigkeitstheoretische Argumente | 224 | ||
2. Sozialphilosophische Argumente | 226 | ||
3. Rechtspolitische und rechtsmethodologische Argumente | 229 | ||
III. Schlußwort | 231 | ||
G. Anhang | 233 | ||
I. Statistische Angaben zu den Einbürgerungsquoten | 233 | ||
II. Tabellen - Auswertung der Inhaltsanalyse nach Ländern | 237 | ||
III. Ausgewählte Einbürgerungstatbestände | 239 | ||
1. Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) | 239 | ||
2. Ausländergesetz (AuslG) - Siebenter Abschnitt. Erleichterte Einbürgerung | 242 | ||
3. Einbürgerungsrichtlinien | 244 | ||
Literaturverzeichnis | 250 |