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Die Verhaltensnorm des fahrlässigen Erfolgsdelikts

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Mikus, R. (2002). Die Verhaltensnorm des fahrlässigen Erfolgsdelikts. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50613-2
Mikus, Rudolf Alexander. Die Verhaltensnorm des fahrlässigen Erfolgsdelikts. Duncker & Humblot, 2002. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50613-2
Mikus, R (2002): Die Verhaltensnorm des fahrlässigen Erfolgsdelikts, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-50613-2

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Die Verhaltensnorm des fahrlässigen Erfolgsdelikts

Mikus, Rudolf Alexander

Schriften zum Strafrecht, Vol. 135

(2002)

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Abstract

Das Fahrlässigkeitsstrafrecht ist in jüngerer Zeit zunehmend mit der Bewertung risikoträchtiger Tätigkeiten konfrontiert. Solche Tätigkeiten sind zur Förderung von Wohlstand und Lebensqualität erlaubt, ja sogar erwünscht, solange die Akteure die spezifischen Risiken im Rahmen akzeptabler Grenzen halten. Solche Grenzen sind aber nur in Ausnahmefällen eindeutig durch Regeln fixiert, im übrigen gibt es nur das allgemeine Gebot der Erfolgsvermeidung. Tritt der Erfolg ein, werden sie $aex post$z konkretisiert. In der Theorie ist man sich hingegen einig, daß die Verhaltenserwartung nur aus der Perspektive der Handlungssituation, also $aex ante,$z definiert werden darf. In diesem Spannungsverhältnis stellt sich die Frage, an welchen Wertungen sich der Handelnde ex ante orientieren muß, und inwieweit seine eigene Wertung gerichtlicher Kontrolle zugänglich sein kann. Eine Lösung ist der Wissenschaft bislang nicht gelungen, es sei denn auf Kosten der Bestimmtheit der Norm. Wenn aber keine bestimmte Norm existiert, wie läßt sich dem Handelnden dann normwidriges Verhalten vorwerfen?

Der Verfasser sucht durch einen Blick auf das Verwaltungsrecht den Ausweg aus dem Dilemma zu weisen. Er argumentiert, daß das Institut eines gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraums in seinem theoretischen Ansatz ein Vorbild für die Verhaltensnormbestimmung in ungeregelten Lebensbereichen sein kann, und er versucht, diesen Ansatz auf das Strafrecht zu übertragen. Dies führt zu einer Relativierung des Begriffes der Pflichtwidrigkeit und zu einer Beurteilung des Täterverhaltens an Verwerflichkeitskriterien. Rudolf A. Mikus zeigt, daß sich ein solcher "Beurteilungsspielraum des Fahrlässigkeitstäters" in das deutsche Strafrechtssystem einfügen läßt.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Abkürzungsverzeichnis 12
Einleitung 15
A. Der Begriff der Verhaltensnorm 19
I. Das Strafrecht als normative Verhaltenskontrolle 19
1. Die Norm als Orientierungsmuster für sozialen Kontakt 19
a) Verhaltensnorm und Sanktionsnorm 20
b) Bestimmungs- und Bewertungsfunktion der Norm 21
c) Verhaltens- und Erfolgsunwert 23
2. Die Struktur der Verhaltensnorm 25
a) Verhaltensnorm und Verhaltenspflicht 25
b) Gefährdungsverbot oder Erfolgsverursachungsverbot? 28
3. Bestimmtheitsgebot und Verhaltensnorm 32
a) Die positivistische Hürde des Art. 103 Abs. 2 GG 32
b) Die relativ unbestimmte Norm als Orientierungsmuster 36
II. Das Verbot mißbilligter Risikoschaffung als Verhaltensnorm 39
1. Die Bedeutung des erlaubten Risikos 39
a) Tatbestandsrelevanz von erlaubtem Risiko und Sorgfalt 39
b) Erlaubtes Risiko und Zurechnungsausschluß 41
2. Objektive Erkennbarkeit des erlaubten Risikos? 42
a) Hart und Dworkin 43
b) Hart und Dworkin unter Orientierungsgesichtspunkten 44
c) Armin Kaufmann 46
III. Inhaltliche Konturen mißbilligter Risikoschaffung 48
1. Der Sorgfaltsbegriff 48
a) Die Maßfigur 48
b) Die Verkehrskreise 50
2. Die Rolle abstrakter Gefährdungsverbote 53
a) Die Indizientheorie 53
b) Jakobs’ Vertrauensgrundsatz 55
c) Der Schutzzweck des fahrlässigen Erfolgsdelikts 57
3. Erkenntnis der Erfolgsmöglichkeit als Verhaltenserwartung? 58
a) Erkennbarkeit des Erfolges als Kriterium 58
b) Die „Innere Sorgfalt“ 59
c) Die „Diligenzpflicht“ als Verhaltensnorm? 61
d) Erkennbarkeitskriterium als entbehrliche doppelte Wertung 63
IV. Zusammenfassung 64
B. Die Verhaltensnorm innerhalb geregelter Lebensbereiche 66
I. Abstrakte Gefährdungsverbote in Rechtsnormen 66
1. Das fahrlässige Erfolgsdelikt als Blankettkonstruktion? 66
2. Konkretisierung der Verhaltensnorm durch das typische Grundrisiko? 68
3. Bindungswirkung nur des vollständigen Systems? 70
4. Der Schutzzweck abstrakter Gefährdungsverbote 71
a) Schutzzweck und Regelungsbereich 71
b) Abstrakte Gefährdung als notwendige Voraussetzung? 72
c) Abstrakte Gefährdung als hinreichende Voraussetzung? 74
aa) Begrenzung durch den Regelungsbereich 74
bb) Verhältnis zum Vorhersehbarkeitsbegriff der Rechtsprechung 77
cc) Frischs Kritik 80
5. Abhängigkeit der objektiven Sorgfaltspflicht von individuellen Merkmalen? 82
a) Erweiterung des Handlungsspielraums 82
b) Erhöhung des Maßstabs bei Sonderfähigkeiten 84
II. Einzelfallentscheidungen als Verhaltensleitlinie 85
1. Die behördliche Erlaubnis als Verhaltensleitlinie 85
2. Verwaltungsrechtakzessorietät und Verwaltungsaktakzessorietät 86
a) Der Streitstand 86
b) Das Strafrecht als Sekundärrecht? 89
3. Grenzen der Genehmigung 91
a) Entstehen neuer Tatsachen 91
b) Rechtsmißbrauch 93
4. Keine Verhaltensleitlinie ohne Genehmigung 94
a) Genehmigungsfähigkeit und Schutzzweck der Norm 94
b) Die aktive Duldung durch die Behörde 95
III. Gesellschaftliche Richtlinien 97
1. Verhaltensnormqualität gesellschaftlicher Richtlinien 98
a) Die Richtlinie als Verhaltenserwartung und Orientierungsmuster 98
b) Verbindlichkeit kraft Gewohnheitsrechts? 99
c) Verbindlichkeit durch Vertrauensschutz? 101
2. Formelle und materielle Begründung der Verhaltensnormqualität 104
a) Die formelle Legitimation der Richtlinie als Voraussetzung? 104
b) Ein materieller Beurteilungsspielraum 107
c) Der Vorbehalt richterlicher Korrekturkompetenz 110
3. Speziell: ärztliche Heileingriffe 112
a) Regeln der ärztlichen Heilkunst 112
b) Ärztliche Aufklärungspflicht – Richterrechtliche Normierungen 113
4. Speziell: zivilrechtliche Verkehrssicherungspflichten 116
5. Grenzen der Verbindlichkeit 119
a) Objektiver Mißstand und der Verweis auf das Zivilrecht 119
b) Subjektiver Mißstand und Mißtrauensaspekte 120
IV. Richterliche Rechtsfortbildung 121
1. Ex post Beurteilung und Verhaltensnorm 121
2. Zulässigkeit richterlicher Rechtsfortbildung 122
3. Berücksichtigung der Normgemäßheit in der Handlungssituation 124
a) Irrtumsprivilegierung? 124
b) Rechtsfortbildung durch obiter dictum 126
c) Die Trennung von Verhaltensnorm und Verhaltensunrecht 128
aa) Normaussage als Anliegen der positiven Generalprävention 128
bb) Strafrechtswidrigkeit oder rechtsfreier Raum? 131
V. Zusammenfassung 132
C. Das Fehlen einer Verhaltensleitlinie 134
I. Ungeregelte Lebensbereiche 134
1. Das Fehlen einer Handlungsleitlinie 134
a) Völlig ungeregelte Lebensbereiche und Regelungslücken 134
b) Durch Dritte oder das Opfer selbst vermittelte Gefahrschaffung 136
c) Verteidigungssituationen 137
2. Beispiele aus der Rechtsprechung 138
a) Der Osnabrücker Sozialarbeiterinfall 138
aa) Garantenstellung 138
bb) Verhaltensnorm und Garantenpflicht 139
cc) Der Parallelfall des OLG Stuttgart 141
b) Der Skipistenfall 143
c) Der Falisanfall 145
3. Bildung abstrakter Fallgruppen 146
a) Schünemann 146
b) Frisch 148
aa) Die Grundlinien tatbestandlichen Verhaltens 148
bb) Die Anwendung im Sozialarbeiterin- und Falisanfall 150
4. Ungeregelte Lebensbereiche im Verkehrskreiskonzept 152
a) Verhaltenserwartung im allgemeinen Verkehrskreis 152
b) Die Verhaltenserwartung des normalen Menschen 155
II. Ein Verbot finaler Erfolgsherbeiführung? 156
1. Individuelle Normfindung und finale Handlungslehre 156
2. Potentielle Finalität und finale Basishandlung 160
3. Kenntnis des Risikosyndroms 162
4. Individuelle Vermeidbarkeit der Tatbestandsverwirklichung 164
a) Jakobs Vermeidbarkeitskonzept 164
b) Objektive Bestimmung der Verhaltensnorm 167
III. Zusammenfassung 169
D. Ein Spielraum bei der Normfindung 171
I. Konturierung eines strafrechtlichen Beurteilungsspielraums 171
1. Verwaltungsrecht 171
2. Ein Beurteilungsspielraum im Strafrecht 174
a) Übertragbarkeit der verwaltungsrechtlichen Kriterien auf das Strafrecht? 174
b) Ein Individualspielraum in der strafrechtlichen Literatur 175
3. Vertretbarkeit des Täterverhaltens 176
4. Ein individueller Beurteilungsspielraum? 178
a) Das Systemargument: Konfundierung von Unrecht und Schuld 178
b) Individualisierung in der Sache nicht gerechtfertigt 181
II. Zusammenfassung 182
Literaturverzeichnis 184
Sachwortverzeichnis 193