Pauschale Ermächtigungen zur Umsetzung von Europäischem Umweltrecht mittels Rechtsverordnung
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Pauschale Ermächtigungen zur Umsetzung von Europäischem Umweltrecht mittels Rechtsverordnung
Eine europarechtliche und verfassungsrechtliche Untersuchung zu § 48a Abs. 1 BImSchG, § 6a WHG und § 57 KrW-/AbfG
Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht, Vol. 72
(2005)
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Abstract
Im Spannungsfeld zwischen europäischem und mitgliedstaatlichem Recht wirft die Verpflichtung, supranationales Recht in die innerstaatliche Rechtsordnung umzusetzen, immer wieder Probleme auf. In allen zentralen Umweltgesetzen hat der deutsche Gesetzgeber pauschale Verordnungsermächtigungen geschaffen, mit deren Hilfe eine möglichst schnelle, effektive Umsetzung der Gemeinschaftsvorgaben erreicht werden soll. Die vom EuGH missbilligte Umsetzung mittels bloßer Verwaltungsvorschriften bildete den Anlass für diese Regelungen. §§ 48a Abs. 1 BImSchG, 6a WHG und 57 KrW-/AbfG sind die wichtigsten einschlägigen Ermächtigungen. Pauschal sind diese Normen, weil sich ihr Anwendungsbereich auf das ganze jeweilige Gesetz erstreckt. Der Autor untersucht §§ 48a Abs. 1 BImSchG, 6a WHG und 57 KrW-/AbfG eingehend, auch in ihrer Bedeutung über das Umweltrecht hinaus. Die Ermächtigungen befinden sich im Schnittpunkt von europäischem und deutschem Recht. Sie sind Einflüssen aus beiden Rechtskreisen ausgesetzt.Auf der Grundlage einer genauen europarechtlichen Einschätzung der Umsetzungsfunktion widmet sich Thomas Klink den zahlreichen verfassungsrechtlichen Problemen aus dem pauschalen Umsetzungsmechanismus. Neben bundesstaatlichen Kompetenzaspekten bereitet innerstaatlich die Pauschalität der Ermächtigungen Schwierigkeiten, stellt doch das Bestimmtheitsgebot in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG aus gutem Grund strenge Anforderungen an Ermächtigungen zur Rechtsetzung durch die Exekutive. Klink beantwortet die Frage, wie pauschale Ermächtigungen ohne Verletzung der Vorgaben des Grundgesetzes als Umsetzungsinstrument eingesetzt werden können. Ihre Pauschalität ist bei strenger Begrenzung auf den Umsetzungszweck verfassungsrechtlich tragbar. Dies folgt aus einer umfassenden Analyse der pauschalen Ermächtigungen mit ihren verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Bezügen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsübersicht | 9 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
Einleitung | 19 | ||
I. Europäisierung des deutschen Umweltrechts | 19 | ||
II. § 48a Abs. 1 BImSchG, § 6a WHG und § 57 KrW- / AbfG | 20 | ||
ΙII. Gang der Untersuchung | 22 | ||
Teil 1: Europarechtliche Vorgaben | 24 | ||
I. Europäisches Umweltrecht | 24 | ||
1. Umweltrelevante Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaft | 24 | ||
2. Vollzug des Gemeinschaftsrechts | 26 | ||
II. Erforderlichkeit der Ausführung | 28 | ||
1. Richtlinien | 29 | ||
2. Verordnungen | 31 | ||
a) Allgemeine und unmittelbare Geltung | 31 | ||
b) Umsetzung auch von Verordnungen | 32 | ||
3. Entscheidungen | 34 | ||
4. Empfehlungen und Stellungnahmen | 35 | ||
a) Unverbindlichkeit | 35 | ||
b) Freiwillige Umsetzung mittels § 57 KrW-/ AbfG? | 37 | ||
5. Änderung der Terminologie in der Europäischen Verfassung | 39 | ||
III. Anforderungen an die Ausführung | 40 | ||
1. Vorgaben aus der Struktur der Umsetzungsverpflichtung | 41 | ||
2. Umsetzungsanforderungen nach dem EuGH | 43 | ||
a) Zielverbindlichkeit und vollständige Wirksamkeit | 44 | ||
b) Maßgeblichkeit nationalen Verfassungsrechts | 44 | ||
c) Beschränkungen durch den „effet utile" | 46 | ||
3. Insbesondere: Unbestreitbare Verbindlichkeit | 47 | ||
a) Verbindlichkeit des Umsetzungsakts | 47 | ||
b) Verwaltungsvorschriften | 48 | ||
aa) Keine Umsetzung mittels Verwaltungsvorschriften | 49 | ||
bb) Konsequenzen der Rechtsprechung | 51 | ||
cc) Entstehung der pauschalen Umsetzungsermächtigungen | 52 | ||
c) Bewertung | 53 | ||
4. Rechtsverordnung als Umsetzungsinstrument | 54 | ||
a) Eignung als Umsetzungsinstrument | 54 | ||
b) Vergleich zu einer Umsetzung mittels Gesetz oder Verwaltungsvorschrift | 55 | ||
IV. Europarechtliche Bedeutung der verfassungsrechtlichen Prüfung | 58 | ||
Teil 2: Bundesstaatliche Einordnung | 59 | ||
I. Umsetzungskompetenz von Bund oder Ländern | 59 | ||
II. Gesetzgebungskompetenz des Bundes für § 6a WHG | 61 | ||
1. Struktur der Rahmengesetzgebung | 61 | ||
2. Zulässigkeit der Delegation im Rahmenrecht | 61 | ||
a) Delegationsfeindlichkeit des Art. 75 GG? | 62 | ||
b) Bezug zur Bundesgesetzgebung | 62 | ||
3. Rahmenrechtliche Beurteilung von § 6a WHG | 63 | ||
a) Kompetenzrechtliche Problematik | 63 | ||
b) Zustimmung des Bundesrats | 65 | ||
c) Ermessen des Verordnungsgebers | 65 | ||
aa) Regelungsabsicht des Gesetzgebers | 65 | ||
bb) Verfassungskonforme Auslegung | 66 | ||
cc) Einschätzungsvorrang des Gesetzgebers | 66 | ||
d) Stellungnahme zur kompetenzrechtlichen Einordnung | 67 | ||
aa) Kompetenzielle Bedeutung der pauschalen Delegation | 67 | ||
bb) Übertragung der Kompetenzschranken auf den Verordnungsgeber | 69 | ||
cc) Prüfung schon des ermächtigenden Gesetzes | 70 | ||
dd) Notwendigkeitsklausel | 71 | ||
e) Kompetenzielle Einschränkungen des Verordnungserlasses | 72 | ||
aa) Erforderlichkeit der bundesrechtlichen Umsetzung | 73 | ||
(1) Europarechtliche Überlagerung | 73 | ||
(2) Integrationsoffene Auslegung | 74 | ||
(3) Schutzzweck der Erforderlichkeitsklausel | 75 | ||
(4) Unterscheidung nach Umsetzungsspielräumen | 77 | ||
(5) Umsetzungskompetenz der Länder | 78 | ||
bb) Vollregelungen durch den Bund | 79 | ||
III. Gesetzgebungskompetenz für § 48a Abs. 1 BImSchG und § 57 KrW-/ AbfG | 81 | ||
1. Konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes | 81 | ||
2. Art. 72 Abs. 2 GG und bundesgesetzliche Regelung | 82 | ||
a) Bedeutung für § 48a Abs. 1 BImSchG und § 57 KrW- / AbfG | 82 | ||
b) Bedeutung für den Verordnungserlass | 84 | ||
3. Eintritt und Umfang der Sperrwirkung | 85 | ||
a) Sperrwirkung mit oder ohne Rechtsverordnung | 86 | ||
b) Vermittelnde Lösung | 87 | ||
c) Verifizierung anhand der Umsetzungsermächtigungen | 89 | ||
d) Sperrwirkung bei § 6a WHG? | 90 | ||
IV. Pflicht zum Verordnungserlass | 91 | ||
1. Entschließungsermessen | 92 | ||
2. Ermessensreduzierung aus dem gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Kontext | 92 | ||
3. Ermessensreduzierung aus der Umsetzungsverpflichtung | 93 | ||
Teil 3: Rechtsstaatliche und demokratische Fragen | 96 | ||
I. Bestimmtheitsgebot: Inhalt, Zweck und Ausmaß | 96 | ||
1. Regelungszweck von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG | 96 | ||
2. Inhalt, Zweck und Ausmaß | 97 | ||
3. Selbstentscheidungs-, Vorhersehbarkeits- und Programmformel | 98 | ||
4. Hinreichende Bestimmtheit | 100 | ||
a) Regelungsintensität | 100 | ||
b) Regelungsgegenstand | 102 | ||
5. Zusammenfassung | 103 | ||
II. Bestimmtheitsprüfung im nationalen Kontext | 104 | ||
1. Regelungsintensität und Regelungsgegenstand | 104 | ||
a) Regelungsintensität | 105 | ||
b) Regelungsgegenstand | 105 | ||
2. Zweck | 106 | ||
a) Verweisung auf den Gesetzeszweck | 106 | ||
aa) Bestimmtheit aus § 1a Abs. 1 WHG | 107 | ||
bb) Bestimmtheit aus § 1 KrW-/ AbfG | 108 | ||
cc) Bestimmtheit aus § 1 BImSchG | 109 | ||
dd) Strukturelle Bewertung der Verweisung auf den Gesetzeszweck | 111 | ||
b) Umsetzungszweck | 112 | ||
3. Inhalt | 112 | ||
a) „Insbesondere" bei § 6a WHG | 112 | ||
b) Immissions- und Emissionswerte bei § 48a Abs. 1 BImSchG | 113 | ||
c) Abhängigkeit vom Zweck | 114 | ||
4. Ausmaß | 115 | ||
a) Interne Begrenzung der Ermächtigungen | 115 | ||
b) Externe Begrenzung aus dem Gesetzesrahmen | 115 | ||
5. Zwischenergebnis | 117 | ||
ΙII. Beteiligung des Bundestages | 118 | ||
1. Zulässigkeit der Beteiligung des Bundestages | 118 | ||
a) Ablehnungsvorbehalte | 119 | ||
b) Meinungsstand zu Änderungsvorbehalten | 119 | ||
c) Stellungnahme | 121 | ||
aa) Verhältnis zwischen Gesetz und Rechtsverordnung | 121 | ||
bb) Kein Verordnungsrecht des Parlaments | 122 | ||
cc) Begrenzung von Änderungsvorbehalten | 123 | ||
dd) Differenzierung nach der Erlasspflicht | 124 | ||
ee) Besonderheiten bei pauschalen Umsetzungsermächtigungen | 125 | ||
2. Kompensation der Bestimmtheitsdefizite | 126 | ||
a) Ablehnung einer Kompensation | 126 | ||
b) Anerkennung einer Kompensation | 127 | ||
c) Stellungnahme | 128 | ||
3. Zwischenergebnis | 130 | ||
IV. Bestimmtheitsprüfung unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts | 130 | ||
1. Verdrängung von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG in Umsetzungssituationen | 131 | ||
a) Verdrängung von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nach dem Prinzip des Vorrangs | 132 | ||
b) Fehlen einer äußeren Kollisionslage | 133 | ||
c) Fehlen eines inneren Normwiderspruchs | 134 | ||
d) Auswirkungen des Vorrangs | 136 | ||
2. Einbeziehung des umzusetzenden Gemeinschaftsrechts in die Ermächtigung | 136 | ||
a) Einbeziehung im Wege der dynamischen Verweisung | 136 | ||
b) Kritik an einer Verweisung | 138 | ||
c) Stellungnahme | 138 | ||
aa) Verweisungen bei der Bestimmtheitsprüfung | 138 | ||
bb) Grenzen dynamischer Verweisungen | 140 | ||
cc) Rechtsstaatliche Voraussehbarkeit und Pauschalität | 140 | ||
dd) Demokratische Selbstentscheidung | 143 | ||
d) Zwischenergebnis | 145 | ||
3. Anwendung von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG in Umsetzungssituationen | 145 | ||
a) Modifizierte Anwendung von Art. 80 GG | 146 | ||
b) Kritikpunkte | 148 | ||
c) Funktionales Verständnis des Bestimmtheitsgebots | 149 | ||
d) Verbleibende Gefahren | 151 | ||
aa) Mangelnde Vorhersehbarkeit | 151 | ||
bb) Problem der Umsetzungsspielräume | 152 | ||
(1) Determinierung des Umsetzungsgesetzgebers | 152 | ||
(2) Bedeutung für das Bestimmtheitsgebot | 153 | ||
cc) Maßstabsverlust bei der Bestimmtheitsprüfung | 154 | ||
dd) Kontrollaufgaben des Parlaments | 155 | ||
e) Zwischenergebnis | 157 | ||
V. Rechtfertigung und Begrenzung der Pauschalität | 158 | ||
1. Rechtfertigung durch Verlagerung der Rechtsetzungsverantwortung | 158 | ||
a) Deutsches Verfassungsrecht als Prüfungsmaßstab | 159 | ||
aa) Eingeschränkter Prüfungsmaßstab bei zwingenden Vorgaben | 160 | ||
bb) Voller Prüfungsmaßstab bei national bedingten Fehlern | 161 | ||
cc) Standpunkt des BVerfG | 161 | ||
b) Auswirkungen auf Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG | 163 | ||
2. Begrenzung der Pauschalität | 165 | ||
a) Pauschalität als Hauptproblem | 166 | ||
b) Erfüllung bindender Beschlüsse | 166 | ||
aa) Verfassungskonforme Auslegung | 167 | ||
bb) Reichweite der Bindung | 168 | ||
(1) Umsetzungsspielräume in wesentlichen Fragen | 168 | ||
(2) Umsetzungsspielräume in nicht wesentlichen Fragen | 169 | ||
(3) Schutzverstärkungen | 171 | ||
cc) Umsetzung durch Rahmenrecht | 174 | ||
3. Verfassungszusammenhang | 175 | ||
a) Einfluss von Art. 23 GG | 175 | ||
b) Einfluss von Art. 20a GG | 178 | ||
4. Beteiligung des Bundestages | 179 | ||
a) Besonderheiten bei pauschalen Umsetzungsermächtigungen | 180 | ||
b) Erhöhung der demokratischen Legitimation | 182 | ||
c) Sonderfall § 6a WHG | 183 | ||
5. Konsequenzen | 184 | ||
a) Selbstentscheidung | 184 | ||
aa) Selbstentscheidung und Grundrechte | 185 | ||
bb) Selbstentscheidung und demokratische Legitimität | 185 | ||
cc) Selbstentscheidung und Umsetzungsspielräume | 185 | ||
b) Vorhersehbarkeit | 186 | ||
aa) Verzicht auf Vorhersehbarkeit | 186 | ||
bb) Kompensationsmöglichkeiten | 187 | ||
(1) Voraussehbarkeit aus dem Primärrecht | 187 | ||
(2) Rechtsschutz gegen Sekundärrecht | 188 | ||
(3) Nationale Kontrollmechanismen | 189 | ||
c) Programm | 190 | ||
6. Abschließende Bestimmtheitsprüfung | 190 | ||
VI. Weitere verfassungsrechtliche Fragen | 192 | ||
1. Parlamentsvorbehalt | 192 | ||
2. Zitiergebot | 194 | ||
a) Bedeutung des Zitiergebots | 194 | ||
b) Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG bei der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht | 195 | ||
c) Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG bei pauschalen Umsetzungsermächtigungen | 196 | ||
3. Besondere Fehlerquellen | 197 | ||
Zusammenfassung | 199 | ||
Literaturverzeichnis | 204 | ||
Sachwortverzeichnis | 218 |