Der Grundsatz der Selbstentscheidung bei Errichtung letztwilliger Verfügungen - eine gesetzgeberische Unentschlossenheit?
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Der Grundsatz der Selbstentscheidung bei Errichtung letztwilliger Verfügungen - eine gesetzgeberische Unentschlossenheit?
Schriften zum Bürgerlichen Recht, Vol. 198
(1997)
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Abstract
Der in § 2065 BGB niedergelegte »Grundsatz der Selbstentscheidung bei Errichtung letztwilliger Verfügungen« wirft viele Fragen auf. Rechtsprechung und Literatur plädieren im Widerspruch zum Wortlaut der Norm oftmals für eine Zulässigkeit des Abstellens auf den Willen Dritter, wobei sie zugleich eng verwandte Fallgestaltungen hinsichtlich ihrer Gültigkeit unterschiedlich beurteilen. Da zur Abgrenzung zuweilen ihrerseits interpretationsbedürftige Begriffe herangezogen werden, ist die Beurteilung der Rechtswirksamkeit erbrechtlicher Anordnungen oft schwierig.Der maßgebliche Grund für diese unklare Situation scheint nun im Gesetz selbst angelegt zu sein. Der Grundsatz der Selbstentscheidung wird, so lautet eine oft verwendete Formulierung, im Erbrecht nicht streng durchgehalten und in einer Vielzahl von Ausnahmevorschriften durchbrochen. Wohl deshalb will die überwiegende Auffassung auch den Anwendungsbereich des § 2065 BGB selbst beschränken.Die Überprüfung der Zulässigkeit dieser Grundkonzeption der überwiegenden Auffassung stellt das Thema der vorliegenden Arbeit dar. Die hierfür zentrale Grundfrage lautet, ob das Gesetz tatsächlich den einmal aufgenommenen Standpunkt »nicht durchhält« und an anderer Stelle relativiert, weshalb konsequenterweise der Ausgangspunkt selbst zu hinterfragen ist, oder ob nicht statt dessen gerade das Zusammenspiel von Grundsatz und Ausnahmevorschriften ein sinnvolles Ganzes ergibt. Die Beantwortung erfolgt in zwei gedanklichen Schritten. Zunächst wird eine Arbeitshypothese formuliert, wonach die Gesamtheit aller den Grundsatz der Selbstentscheidung betreffenden Normen offensichtlich die Vorteile dieses Prinzips unter gleichzeitiger Vermeidung seiner Nachteile verwirklichen will. Daran anschließend soll anhand von konkreten Fallkonstellationen die Tragfähigkeit dieser Überlegung belegt werden. Die Untersuchung will dabei auch einen Beitrag leisten, um die angeblich nahezu unüberschaubare Vielzahl unterschiedlicher Fallgruppen auf ei
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsübersicht | 9 | ||
Inhaltsverzeichnis | 11 | ||
Teil 1 | 17 | ||
Einführung in die Problematik | 17 | ||
A. Der Grundsatz der Selbstentscheidung bei Errichtung letztwilliger Verfügungen im Überblick | 17 | ||
B. Grundprobleme und praktische Konsequenzen einer dem Anschein nach gesetzgeberischen Unentschlossenheit | 19 | ||
I. Wortlautinterpretation oder wechselseitige Angleichung | 19 | ||
1. Die Rittergutsentscheidung | 20 | ||
2. Der Nichtenfall | 22 | ||
3. Reichweite und Grenzen von gesetzlich zulässigen Drittbestimmungen | 23 | ||
II. Die Problematik der Umdeutung | 24 | ||
C. Konkretisierung der Fragestellung und Gang der Arbeit | 25 | ||
Teil 2 | 28 | ||
Kapitel 1: Der gesetzliche Ausgangspunkt – Funktionen des Grundsatzes der Selbstentscheidung | 28 | ||
A. Die Fragwürdigkeit des gesetzlichen Bekenntnisses zur Eigenverantwortlichkeit | 28 | ||
B. Die Identität der Regelungsziele von § 2064 und § 2065 BGB | 29 | ||
C. Die Funktionen des Grundsatzes der Selbstentscheidung im Spiegel der Literatur | 31 | ||
I. Die Mißbilligung der Drittbestimmung als Instrument zur Vermeidung unklarer Situationen | 32 | ||
II. Der Schutz der gesetzlichen Erbfolge | 33 | ||
1. Leipolds Interpretation des § 2065 BGB als Schutzvorschrift zugunsten der Intestaterbfolge | 33 | ||
2. Stellungnahme | 34 | ||
III. Die Höchstpersönlichkeit als gesellschaftspolitisches Anliegen | 36 | ||
1. Die Argumentation Großfelds | 36 | ||
2. Stellungnahme | 37 | ||
IV. Das Bekenntnis zur Eigenverantwortlichkeit als konsequente Fortführung allgemein geltender Beschränkungen im Vertretungsrecht | 41 | ||
1. Die zweite These Großfelds | 41 | ||
2. Die Kritik von Sens | 42 | ||
3. Stellungnahme | 42 | ||
V. Die friedenstiftende Funktion des Grundsatzes der Höchstpersönlichkeit | 43 | ||
1. Die These von der ausschließlichen Autorität des Erblassers | 43 | ||
2. Begründungen | 44 | ||
3. Eigene Ansicht | 45 | ||
VI. Zusammenfassung | 48 | ||
Kapitel 2: Der Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung im ganzen – Gründe für das Zusammenspiel von Grundsatz und Ausnahmeregelungen | 49 | ||
A. Die Ausnahmevorschriften zu § 2065 BGB | 49 | ||
I. Die Regelungen für Vermächtnisse | 50 | ||
1. Drittbestimmungen über die Person des Vermächtnisnehmers | 50 | ||
2. Drittbestimmung über den Gegenstand des Vermächtnisses | 51 | ||
3. Die fortdauernde Geltung der §§ 2064, 2065 Abs. 1 BGB | 53 | ||
II. Die Drittbestimmung bei den sonstigen letztwilligen Verfügungen | 53 | ||
1. Drittbestimmungen bei Auflagen | 53 | ||
2. Drittbestimmungen bei der Anordnung einer Testamentsvollstreckung und bei Teilungsanordnungen | 54 | ||
III. Analyse der gesetzlich gestatteten Einschaltung Dritter | 55 | ||
B. Erster Versuch einer Charakterisierung der gesetzlichen Regelung | 56 | ||
I. Die bisherigen Erläuterungsversuche in Rechtsprechung und Literatur | 56 | ||
II. Stellungnahme | 57 | ||
1. Kritik an den bisherigen Begründungen | 57 | ||
2. Eigene Ansicht | 58 | ||
Teil 3 | 60 | ||
Kapitel 1: Bestimmungen Dritter über Erbeinsetzungen oder Vermächtniszuwendungen und die Problematik von Umdeutungen | 60 | ||
A. Das Grundmodell – Bestimmungen Dritter über die Person des Erben oder den Gegenstand einer Erbeinsetzung | 60 | ||
I. Fallgruppen | 60 | ||
1. Die Bestimmung über den Zeitpunkt der Erbenberufung | 61 | ||
2. Die testamentarische Anordnung von Schiedsgerichten oder Schiedsgutachten | 63 | ||
II. Die diesbezügliche Deutung des § 2065 BGB in Rechtsprechung und Literatur | 66 | ||
1. Die Ansicht des Reichsgerichts | 67 | ||
2. Literaturansichten | 69 | ||
3. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes | 71 | ||
III. Kritik an den verschiedenen Lösungsvorschlägen und eigene Ansicht | 73 | ||
1. Billiges und freies Ermessen | 75 | ||
2. Zur Ansicht des Reichsgerichtes | 75 | ||
3. Die innere Schlüssigkeit der Ansicht des Bundesgerichtshofes | 77 | ||
4. Das Grundproblem – Die sachliche Berechtigung einer eingeschränkten Deutung des § 2065 BGB | 80 | ||
5. Zusammenfassung | 86 | ||
B. Verwandte Konstellationen | 87 | ||
I. Unbestimmte letztwillige Verfügungen | 87 | ||
1. Erscheinungsformen | 87 | ||
2. Die Behandlung derartiger Fälle in Rechtsprechung und Literatur | 88 | ||
3. Eigene Ansicht | 89 | ||
II. Erbenbestimmungen durch Losentscheid | 90 | ||
C. Die Drittbestimmung bei Vermächtnissen und die Problematik von Umdeutungen | 91 | ||
I. Die bisher vorgeschlagenen Begrenzungsversuche | 92 | ||
1. Drittbestimmungen im Vermächtnisrecht und die Auslegungsregel des § 2087 BGB | 92 | ||
2. Drittbestimmungen im Vermächtnisrecht und allgemeine Grundsätze der Höchstpersönlichkeit | 93 | ||
II. Eigene Ansicht | 94 | ||
1. Die aus der gesetzlichen Regelungsabsicht folgende Beschränkung der Bestimmungsbefugnis im Vermächtnisrecht | 95 | ||
2. Praktische Konsequenzen der neuen Argumentation | 98 | ||
D. Gesamtergebnis | 100 | ||
Kapitel 2: Die These der Unanwendbarkeit des § 2065 BGB auf die Regelung der Nacherbfolge durch den Vorerben | 101 | ||
A. Der Ausgangspunkt – die Rechtsprechung des Reichsgerichts und die ihr folgende Literatur | 102 | ||
I. Die Ermächtigung des Vorerben zur Neuregelung der Nacherbfolge – die beiden grundsätzlich möglichen Auslegungsweisen | 102 | ||
II. Anknüpfungspunkte für ein rechtliches Verbot außerhalb des Grundsatzes der Selbstentscheidung | 107 | ||
1. Die Vereinbarkeit mit § 2113 Abs. 2 BGB | 107 | ||
2. Die Vereinbarkeit mit § 2302 BGB | 108 | ||
III. Die Vereinbarkeit disponibler Nacherbschaften mit dem Grundsatz der Selbstentscheidung – Die Argumentation des Reichsgericht und der herrschenden Literatur | 111 | ||
1. Disponible Nacherbfolgen und Anknüpfungspunkte für einen Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstentscheidung | 111 | ||
2. Das Scheinargument, der Vorerbe verfüge letztwillig über eigenes Vermögen | 115 | ||
3. Die Begründung Raapes – der Vergleich zur Ausschlagung | 116 | ||
4. Der Vorerbe als Dritter | 124 | ||
5. Die Argumentation des Reichsgerichts und ihre Wiederbelebung durch Otte – das Aufschwingen zum Vollerben als Fall einer zulässigen Potestativbedingung | 124 | ||
6. Die Ansicht Johannsens | 132 | ||
7. Zusammenfassung | 133 | ||
B. Die Koppelung der Nacherbschaft an die letztwillige Verfügung des Vorerben über dessen eigenes Vermögen | 133 | ||
I. Der Ausgangspunkt – Das Abhängigmachen des Anfalles einer Nacherbfolge von einer Erbenberufung durch den Vorerben | 134 | ||
1. Die Auffassung Leipolds | 134 | ||
2. Die Ergänzung durch Frank | 135 | ||
II. Die Gesamtproblematik – Die Frage nach der Zulässigkeit gekoppelter Nacherbfolgen unabhängig von der konkreten Gestaltungsform | 136 | ||
1. Die Auffassung Leipolds und Franks zur Zulässigkeit der Nacherbenbestimmung durch eine Erbeinsetzung des Vorerben | 136 | ||
2. Weitere Literaturstimmen | 136 | ||
III. Stellungnahme | 137 | ||
1. Der Einwand mangelnder Bestimmtheit | 137 | ||
2. Die jederzeitige mögliche Vereinbarkeit mit § 2065 BGB | 138 | ||
3. Zusammenfassung | 140 | ||
C. Das Grundproblem – Die Reichweite des Grundsatzes der Selbstentscheidung bei Erbeinsetzung für spätere Generationen | 141 | ||
I. Der Hinweis auf die Testierfreiheit | 142 | ||
1. Die Argumentation Behrends’ | 142 | ||
2. Konsequenzen | 142 | ||
3. Stellungnahme | 143 | ||
II. Die These vom hinreichend geäußerten Erblasserwillen | 144 | ||
1. Die Argumentation Flads und Loritz’ | 144 | ||
2. Gründe für diese Argumentation | 144 | ||
3. Konsequenzen | 145 | ||
4. Abschließende Stellungnahme | 147 | ||
D. Gesamtergebnis zur Vereinbarkeit disponibler Nacherbschaften mit § 2065 BGB | 148 | ||
I. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse | 148 | ||
II. Exkurs: Die Rechtslage bei gemeinschaftlichen Ehegattentestamenten | 149 | ||
E. Gestaltungshinweise für die Praxis | 151 | ||
F. Zur Umdeutung unwirksamer Anordnungen | 153 | ||
I. Umdeutung in modifizierbare Vermächtnisse | 153 | ||
II. Umdeutung in eine unbedingte Erbfolge/Nacherbfolge | 154 | ||
Teil 4 | 155 | ||
Schlußbetrachtung | 155 | ||
A. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts – der Versuch einer Begrenzung des § 2065 BGB nach formalen Kriterien | 155 | ||
B. Das Gegenmodell in der Literatur – § 2065 BGB als Gebot zu “zumutbaren” eigenen Entscheidungen | 157 | ||
C. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes | 158 | ||
D. Der eigene Standpunkt | 159 | ||
Literaturverzeichnis | 161 | ||
Anhang | 168 | ||
Die einschlägigen Regelungen des ersten und des zweiten Entwurfes | 168 | ||
A. Allgemeine Vorschriften und Regelungen für Vermächtnisse | 168 | ||
B. Regelungen für Auflagen | 171 | ||
C. Regelungen für die Anordnung einer Testamentsvollstreckung | 172 | ||
D. Regelungen für Teilungsanordnungen | 173 | ||
Sachwortverzeichnis | 174 |