Die Dienstleistungsfreiheit auf dem Gebiet der audiovisuellen Medien
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Die Dienstleistungsfreiheit auf dem Gebiet der audiovisuellen Medien
im Rahmen des GATS im Spannungsfeld von Marktfreiheit und kultureller Selbstbestimmung der Staaten der Europäischen Union
Veröffentlichungen des Walther-Schücking-Instituts für Internationales Recht an der Universität Kiel, Vol. 123
(1998)
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Abstract
Am 15. April 1994 endete im marokkanischen Marrakesch die achte Verhandlungsrunde des allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (General Agreement on Tariffs and Trade, GATT), die sogenannte Uruguay-Runde. Die Ergebnisse der Uruguay-Runde brachten eine entscheidende Umgestaltung der bisherigen Welthandelsordnung: das bislang nur provisorisch angewandte GATT-Abkommen aus dem Jahre 1947 wurde als »GATT 1994« unter das »Dach« einer neu geschaffenen Welthandelsorganisation, der WTO, aufgenommen, zusammen mit zwei ebenfalls neuen Vertragswerken, dem Abkommen zum Schutz geistigen Eigentums (TRIPs) und dem Dienstleistungsabkommen GATS.Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht ein Komplex, der im Rahmen der Verhandlungen zum neuen »General Agreement on Trade in Services« äußerst kontrovers diskutiert wurde: ob und inwieweit die sogenannten audiovisuellen Medien als Dienstleistungen in das GATS einbezogen werden können bzw. inwieweit sie als »kultureller Faktor« Ausnahmeregelungen unterworfen werden sollten - eine Position, die insbesondere die Staaten der Europäischen Union, allen voran Frankreich und Spanien, mit Vehemenz vertraten. Die Arbeit gibt einen Überblick über die alten und neuen Strukturen der Welthandelsordnung und beschreibt anschließend die Verhandlungen betreffend die audiovisuellen Medien, an deren Ende die faktische Ausklammerung dieses Bereichs aus dem GATS stand. Dann wird ein Modell entwickelt, mit dessen Hilfe die audiovisuellen Medien in das GATS einbezogen werden könnten. Es geht von der Erkenntnis aus, daß audiovisuelle Angebote durchaus Dienstleistungen im Sinne des GATS sind, verkennt aber auch nicht die »kulturelle Dimension« dieses Wirtschaftszweigs.Die Untersuchung führt hin zu einer »Kulturschutzklausel« als Ausnahmebestimmung zu den Grundsätzen des GATS. Diese ist geeignet, die kulturellen Schutzbedürfnisse der Staaten der Europäischen Union zu befriedigen, verhindert gleichzeitig jedoch, daß unter dem Deckmantel des Kulturschutzes wirtschaftlicher Protektionismus betrieben werden kann.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 14 | ||
Einführung | 17 | ||
Teil I: Die Entwicklung der Welthandelsordnung bis zum Abschluß der Uruguay-Runde | 20 | ||
A. Die Vorgeschichte der Uruguay-Runde | 20 | ||
I. Die Atlantik-Charta | 20 | ||
II. Das Scheitern der Welthandelsorganisation | 21 | ||
III. Ein Provisorium wird Grundlage der Welthandelsordnung | 22 | ||
1. Die wesentlichen Grundsätze des GATT | 22 | ||
a) Das Nichtdiskriminierungsgebot | 22 | ||
aa) Wirtschaftstheoretische und politische Hintergründe | 22 | ||
bb) Die GATT-Vorschriften zur Nichtdiskriminierung | 23 | ||
b) Die Begrenzung handelspolitischer Schutzmaßnahmen auf Zölle | 24 | ||
2. Die Organe des GATT | 25 | ||
3. Die Entwicklung bis zum Beginn der Uruguay-Runde | 27 | ||
B. Das Mandat der Uruguay-Runde | 28 | ||
C. Die Revision der Welthandelsordnung durch die Resultate der Uruguay-Runde | 29 | ||
I. Das Abkommen über die Welthandelsorganisation WTO | 30 | ||
1. Inhalt und Struktur der neuen WTO | 30 | ||
2. Die Aufgaben der WTO | 31 | ||
3. Die Organe der WTO | 32 | ||
II. Das Dienstleistungsabkommen GATS | 33 | ||
Teil II: Die Einbindung der audiovisuellen Medien in das neue Dienstleistungsabkommen GATS | 37 | ||
A. Gang der Untersuchung | 37 | ||
B. Der Begriff der Audiovision | 38 | ||
C. Einordnung der Audiovision unter der alleinigen Geltung des GATT | 41 | ||
D. Änderungen durch die Schaffung des GATS | 43 | ||
I. Die audiovisuellen Medien als Gegenstand der Uruguay-Runde | 43 | ||
1. Der wirtschaftliche Hintergrund der Verhandlungen | 43 | ||
2. Der Verlauf der Verhandlungen | 44 | ||
3. Die Verhandlungsergebnisse | 46 | ||
II. Die grundsätzliche Eignung insbesondere des Fernsehsektors als Gegenstand eines Wirtschaftsabkommens | 47 | ||
1. Fernsehsendungen als Gegenstand eines Wirtschaftsabkommens | 48 | ||
2. Fernsehsendungen als Kulturgegenstand | 50 | ||
3. Eigene Analyse unter Einbeziehung der Definition des Kulturbegriffs | 51 | ||
a) Die Notwendigkeit einer Begriffsbestimmung | 51 | ||
b) Die Entwicklung des Kulturbegriffs | 52 | ||
aa) Die antike Wortbedeutung | 52 | ||
bb) Die Weiterentwicklung durch Pufendorf | 53 | ||
cc) Der moderne Kulturbegriff | 54 | ||
dd) Die inhaltliche Vertiefung durch Kant | 55 | ||
ee) Das bürgerliche Kulturverständnis des 19. Jahrhunderts | 55 | ||
ff) Die Entwicklung im 20. Jahrhundert | 56 | ||
c) Begriffsbestimmung für empirische Zwecke | 57 | ||
d) Bewertung der unterschiedlichen Kulturbegriffe im Hinblick auf die Einordnung der Audiovision in die Welthandelsordnung | 58 | ||
4. Die „kulturelle Dimension“ der Audiovision | 60 | ||
5. Ergebnis | 61 | ||
III. Die audiovisuellen Medien als Dienstleistung im Rahmen der neuen Welthandelsordnung | 62 | ||
1. Audiovision im Wortlaut des Dienstleistungsabkommens GATS | 62 | ||
2. Ermittlung eines GATS-spezifischen Dienstleistungsbegriffs | 63 | ||
a) Wirtschaftswissenschaftliche Dienstleistungskonzeptionen | 64 | ||
b) Die Systematik von GATT, GATS und EGV | 65 | ||
c) Eigene Bewertung | 68 | ||
d) Ergebnis | 69 | ||
3. Zuordnung der Audiovision zu GATT und GATS nach Schaffung des GATS | 69 | ||
a) Audiovision als Ware | 70 | ||
b) Audiovision als Dienstleistung | 73 | ||
IV. Die Einordnung neuer individualisierter Dienste ins GATS | 73 | ||
E. Die Audiovisionspolitik in Europa und ihre Vereinbarkeit mit einzelnen Grundsätzen des neuen GATS | 76 | ||
I. Maßnahmen der Europäer | 77 | ||
1. Quantitative Beschränkungen | 77 | ||
2. Finanzielle Förderung | 78 | ||
3. Industriepolitische, wettbewerbsrechtliche und immaterialgüterrechtliche Bestimmungen | 80 | ||
II. Verstoß gegen die Grundsätze des GATS | 81 | ||
1. Verstoß durch quantitative Beschränkungen | 81 | ||
a) Die Rechtmäßigkeit von Spielzeitbegrenzungen in Lichtspieltheatern | 82 | ||
b) Verstoß durch quantitative Beschränkungen im Fernsehsektor | 83 | ||
aa) Kritik an Fernsehquoten schon unter der alleinigen Geltung des GATT | 83 | ||
bb) Mögliche Rechtfertigung durch Art. IV GATT | 84 | ||
cc) Mögliche Rechtfertigung durch die Art. XIX, XX und XXI GATT | 85 | ||
dd) Situation nach Schaffung des GATS | 86 | ||
(1) Die Grundsätze des Dienstleistungsabkommens | 86 | ||
(2) Die Vergleichbarkeit von GATT und GATS | 88 | ||
c) Europäische Quotierungspolitik und die Grundsätze des GATS | 91 | ||
2. Die Vereinbarkeit finanzieller Beihilfen mit den Grundsätzen des GATS | 92 | ||
a) Die GATT-Subventionsordnung | 92 | ||
b) Konsequenzen des Fehlens einer Subventionsordnung für das GATS | 94 | ||
c) Ergebnis | 95 | ||
3. Wettbewerbs- und kartellrechtliche, immaterialgüterrechtliche sowie andere potentiell marktzugangsbeschränkende Maßnahmen der Vertragsparteien und die Grundsätze der neuen Welthandelsordnung | 96 | ||
a) Wettbewerbs- und kartellrechtliche Maßnahmen | 96 | ||
b) Immaterialgüterrechtliche Bestimmungen | 97 | ||
c) Andere potentiell marktzugangsbeschränkende Maßnahmen | 98 | ||
F. Ergebnis des zweiten Teils der Untersuchung | 99 | ||
Teil III: Notwendigkeit, Aussage und Anwendung von kulturschützenden Elementen im neuen GATS | 101 | ||
A. Die Existenzberechtigung kulturschützender Elemente | 101 | ||
I. Das Schutzgut | 101 | ||
1. Die „nationale/regionale/europäische kulturelle Identität“ | 102 | ||
a) Der Begriff der kulturellen Identität | 102 | ||
b) Regionale und nationale kulturelle Identität | 105 | ||
c) Die europäische kulturelle Identität | 105 | ||
2. Der Begriff der „kommunikativen Vielfalt“ | 108 | ||
3. Ergebnis | 109 | ||
II. Die Eignung des Marktes zur Schaffung kommunikativer Vielfalt | 110 | ||
1. Eigennütziges Verhalten und die Erreichung gesellschaftlich erstrebenswerter Ziele | 110 | ||
2. Die Besonderheiten des Audiovisionsmarktes | 112 | ||
a) Die Nachfragesituation | 112 | ||
aa) Die Präferenzen der Zuschauer | 112 | ||
(1) Die Beliebtheit einzelner Programmsparten | 112 | ||
(2) Die Herkunft einer Produktion und ihre Akzeptanz beim Publikum | 114 | ||
bb) Der Bedarf der Sendeanstalten | 115 | ||
cc) Die Anforderungen der Werbewirtschaft | 116 | ||
dd) Ergebnis | 117 | ||
b) Auswirkungen auf Angebot und Anbieter im audiovisuellen Sektor | 117 | ||
aa) Unterschiedliche Produktionsbedingungen in bestimmten Programmsparten | 118 | ||
bb) Der Standortvorteil der US-Produzenten | 119 | ||
cc) Die Tendenz zur Konzentration | 120 | ||
3. Auswirkungen auf die Vielfalt des Angebots | 123 | ||
4. Ergebnis | 125 | ||
III. Zweifel an der Operabilität von Kulturschutzvorschriften | 126 | ||
IV. Die Notwendigkeit der Ausformung kulturschützender Vorschriften | 127 | ||
B. Entwurf einer Kulturschutzklausel als Ausnahmeregelung zu den Grundsätzen des GATS | 129 | ||
I. Mögliche Anknüpfungspunkte im GATS | 130 | ||
1. Die Modelle der Uruguay-Runde | 130 | ||
2. Das Problem der Bestimmung kulturschützender Maßnahmen | 131 | ||
II. Erfahrungen mit GATT-rechtlichen Ausnahmebestimmungen | 132 | ||
1. Die ordre-public-Klauseln des GATS und des GATT | 132 | ||
2. Die Grundsätze der Anwendung von Art. XX und XXI GATT | 133 | ||
a) Art. XX GATT und seine Bedeutung im Bereich des „Marktversagens“ | 134 | ||
b) Die vorwiegend handelspolitische Dimension des Art. XXI GATT | 137 | ||
III. Erfahrungen aus dem Europarecht | 138 | ||
1. Die Vergleichbarkeit der Vorschriften von EGV, GATT und GATS | 139 | ||
a) Der Wortlaut der ordre-public-Klauseln | 139 | ||
b) Die strukturellen Unterschiede zwischen EGV und GATT/S | 140 | ||
c) Die Übertragung gemeinschaftsrechtlicher Grundsätze auf Abkommen mit geringerem Integrationsgrad am Beispiel des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) | 141 | ||
d) EGV und GATT als Bestandteile einer einheitlichen Welthandelsordnung | 143 | ||
e) Ergebnis | 145 | ||
2. Kulturschützende Regelungen der EU-Mitglieder auf dem Gebiet der Audiovision in der Rechtsprechung des EuGH | 146 | ||
a) Die Gewährleistung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 59 ff. EGV) und die Möglichkeiten ihrer Einschränkung | 146 | ||
b) Der Inhalt der Ausnahmeinstitute | 148 | ||
c) Die Begrenzung der Normsetzungskompetenz der Gemeinschaft auf den wirtschaftlichen Bereich | 149 | ||
d) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit | 150 | ||
aa) Die Zweck-Mittel-Kontrolle | 150 | ||
bb) Die Einschätzungs- und Gestaltungsprärogative des nationalen Gesetzgebers | 152 | ||
e) Zusammenfassung | 152 | ||
IV. Entwicklung eines Maßstabs für das GATS zur Abgrenzung kulturschützender Maßnahmen von wirtschaftlich motivierten Schritten | 153 | ||
1. Einführung in die Problematik | 153 | ||
2. Parallelen zur Abgrenzung gesetzgeberischer Zuständigkeiten in Bundesstaaten | 153 | ||
3. Der „Sonderrechtstest“ unter Heranziehung der Systematik von Art. 5 Abs. 2 GG | 156 | ||
4. Bedenken gegen die Übertragung deutscher und EU-rechtlicher Grundsätze auf das GATS | 158 | ||
V. Zusammenfassung und Bewertung: Die Ausnahmevorschriften zu Sicherheit und Gesundheit in EGV, GATT und GATS und die Reichweite von Kulturschutzklauseln | 159 | ||
VI. Vorschlag für den Tatbestand einer Kulturschutzklausel im GATS | 162 | ||
C. Anwendung der entwickelten Maßstäbe auf die europäische Audiovisionspolitik | 163 | ||
I. Bewertung der Zielsetzungen der EU-Medienpolitik | 163 | ||
II. Bewertung von Quotierungen unter besonderer Berücksichtigung der Fernsehquoten-Regelung der EU | 166 | ||
1. Die Regelungsbefugnis der GATS-Parteien | 166 | ||
2. Die Verhältnismäßigkeit | 168 | ||
III. Bewertung finanzieller Förderung | 170 | ||
IV. Bewertung von Marktzugangsbeschränkungen i.S.d. Art. XVI und XVII GATS | 172 | ||
V. Ergebnis | 174 | ||
Schlußbetrachtung | 176 | ||
Literaturverzeichnis | 179 | ||
Sachregister | 189 |