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Nachtatverhalten und Nemo tenetur

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Torka, R. (2000). Nachtatverhalten und Nemo tenetur. Eine Untersuchung über die Grenzen »zulässiger Verteidigung« und die Relevanz des Nemo-tenetur-Prinzips bei der Strafzumessung selbstbegünstigenden Nachtatverhaltens gem. § 46 Abs. 2 StGB. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50056-7
Torka, Ronald. Nachtatverhalten und Nemo tenetur: Eine Untersuchung über die Grenzen »zulässiger Verteidigung« und die Relevanz des Nemo-tenetur-Prinzips bei der Strafzumessung selbstbegünstigenden Nachtatverhaltens gem. § 46 Abs. 2 StGB. Duncker & Humblot, 2000. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50056-7
Torka, R (2000): Nachtatverhalten und Nemo tenetur: Eine Untersuchung über die Grenzen »zulässiger Verteidigung« und die Relevanz des Nemo-tenetur-Prinzips bei der Strafzumessung selbstbegünstigenden Nachtatverhaltens gem. § 46 Abs. 2 StGB, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-50056-7

Format

Nachtatverhalten und Nemo tenetur

Eine Untersuchung über die Grenzen »zulässiger Verteidigung« und die Relevanz des Nemo-tenetur-Prinzips bei der Strafzumessung selbstbegünstigenden Nachtatverhaltens gem. § 46 Abs. 2 StGB

Torka, Ronald

Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 130

(2000)

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Abstract

Was der Täter, um einer Überführung zu entgehen, tun oder unterlassen darf, ohne daß ihm dies bei der Strafzumessung erschwerend angelastet werden kann, ist, obschon sich die Frage einem Strafrechtspraktiker beinahe täglich stellt, noch immer unklar. Symptomatisch für diese Unsicherheit sind die vielen erfolgreichen (Strafmaß-)Revisionen, in denen die Grenzen zulässigen Verteidigungsverhaltens beleuchtet werden.

In der vorgestellten Monographie versucht der Autor die Problematik der Strafzumessungsrelevanz selbstvergünstigenden Nachtatverhaltens in den Griff zu bekommen. Nach der Analyse bereits vorhandener Erklärungsmodelle (von Rogall, Schneider, Wolff, Grünwald, Reiß, der Rechtsprechung sowie Bosch) entwickelt Ronald Torka schrittweise ein neues, umfassendes Selbstbegünstigungskonzept, das zugleich als Prüfschema dient. Im Zentrum steht dabei der alte Rechtsgrundsatz des Nemo tenetur se ipsum prodere, dessen Reichweite de interpretatione ferenda auch auf aktives Handeln erweitert wird und der sodann als Unterprinzipien einerseits die - zuvor eigenständig, d. h. vor allem ohne Rückgriff auf das Schweigerecht hergeleitete - Lügefreiheit des Beschuldigten (verbale Selbstbegünstigungen betreffend) sowie andererseits die Bezichtigungsfreiheit (non-verbale Selbstbegünstigungen betreffend) aufnehmen kann. Kern des neuen Nemo-tenetur-Satzes bleibt dabei das mit diesem seit jeher in Verbindung gebrachte, in der StPO normierte Schweigerecht des Beschuldigten. Die unweigerliche Frage, wie sich das neuinterpretierte Selbstbegünstigungsprivileg zum Rechtsgüterschutz verhält, wird vermittels eines Speziellen Entschuldigungsgrundes differenziert gelöst.

Der letzte Teil bietet eine nachschlagewerksähnliche Übersicht über die einzelnen Teilfragen. Dabei stellt der Autor die Behandlung der Teilfragen in der st. Rspr. - fallgruppengeordnet - derjenigen Lösung gegenüber, welche sich bei Anwendung der Neuinterpretation des Nemo-tenetur-Satzes ergibt.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 11
Problemstellung 21
Erster Teil: Schuldstrafrecht, Strafzumessung und Nemo tenetur de interpretatione lata 25
A. Schuld und Strafe 25
I. Zweck des Strafrechts/des Strafens 25
1. Normen als Verhaltensregeln 25
2. Sinn der Verhaltensregeln 26
3. Rechtsgüterschutz durch das Strafrecht 27
4. Strafzwecke 30
II. Schuld als Strafbarkeitsvoraussetzung 30
III. „Schuld“ als Grundlage für die Strafzumessung 32
1. Individuelle Strafzumessungsschuld 32
2. Ermittlung der Strafzumessungsschuld 33
IV. Indizmethode 35
1. Allgemeines 35
2. Das Nachtatverhalten 38
a) Terminologische Klarstellung 38
b) Kritik 38
(1) Jahn 39
(2) Tröndle 41
3. Indiz vs. Motivation 42
B. Die Freiheit vom Zwang zur Selbstbelastung – Nemo tenetur de interpretatione lata 43
I. Das Nemo-tenetur-Konzept von Rogall 44
1. Die Thesen 44
a) Einfachgesetzliche Herleitung der Nemo-tenetur-Idee 44
b) Verfassungsrechtliche Verortung des Prinzips 45
c) Nemo tenetur und die Unterlassungsdelikte 47
2. Stellungnahme 48
a) Gefahren der „induktiven“ Methode 48
b) Menschenwürde als Sedes rationis 49
(1) Menschenwürde keine widerlegbare Vermutung 50
(2) Gebot der »intrapersonalen Orientierung« des Rechts 50
(3) »Selbstbegünstigungstrieb« 54
c) „Sonderopfer“ Rechtstreuer? 54
d) Selbstbelastung durch Passivität 55
e) Der Beschuldigte als Beweismittel 57
3. Erstes Zwischenfazit 57
II. Schneider: Grund und Grenzen des Selbstbegünstigungsprivilegs 58
1. Die Thesen 58
a) Nemo tenetur als Justizgrundrecht 58
b) Nemo tenetur als Recht auf Passivität 59
c) Privilegierung „illegitimer“ Selbstbegünstigung als „Rechtswohltat“ 60
d) „Basishandlungen“ Flucht und Lüge: »Kompensationstheorie« 61
2. Stellungnahme 62
a) Zur verfassungsrechtlichen Verortung 62
b) Zur Kategorisierung in Aktivität/Passivität 62
c) Zur Unschuldsvermutung 64
d) Zur Kategorisierung in „legitim“ / „illegitim“ 68
e) Zur »Kompensationstheorie« 69
(1) Effektivitätsgrundsatz; Norminternalisierungsfähigkeit 69
(2) Abwesenheit von Kriterien zur Handhabung der Theorie 70
(3) Sinn der Beschuldigteneinlassung 71
3. Exkurs: Lügeverbot – de lege ferenda verfassungsgemäß? 72
a) Herkömmliche Erklärungsansätze: Parallelen zwischen Schweigen und Leugnen 72
(1) Motivatorische Parallele 72
(2) Inhaltliche Parallele 73
(3) Strukturelle Parallele 75
b) Neuer Ansatz: Wahrheitspflicht de lege ferenda verfassungsgemäß? 77
(1) Unvermeidbarkeit von Fehlurteilen 77
(2) Schuldgrundsatz: Gebot der quantitativen und qualitativen Minimierung der Eingriffsintensität des Fehlurteils 80
(3) »Nagelprobe«: Wahrheitspflicht des Zeugen / Sachverständigen 82
4. Zweites Zwischenfazit 84
III. Wolff: Einbringung des Schuldgrundsatzes 85
1. Die Thesen 85
a) Plädoyer zugunsten der Menschenwürderelevanz im Selbstbegünstigungskontext 85
b) Schuldgrundsatz als Sedes materiae der Nemo-tenetur-Idee 85
2. Stellungnahme 87
3. Drittes Zwischenfazit 88
IV. »Theorien vom unmittelbaren Zwang« 88
1. Grünwald: Vermeidung des inneren Konflikts 88
a) These 88
b) Stellungnahme 89
2. Reiß: Der Beschuldigte als Wissensträger 89
a) These 89
b) Stellungnahme 90
3. Viertes Zwischenfazit 90
V. Hoffmann: Das Recht auf freie Selbstverteidigung 91
1. Die Thesen 91
2. Stellungnahme 92
3. Fünftes Zwischenfazit 94
VI. Das Selbstbegünstigungskonzept der Rechtsprechung 94
1. Auffassung des BVerfG 94
a) Drei ausgewählte Entscheidungen 94
b) Stellungnahme 95
2. Auffassung der Revisionsgerichte 98
a) Zu Nemo tenetur im besonderen 98
b) Zur Selbstbegünstigung im allgemeinen 98
(1) Das „zulässige/angemessene Verteidigungsverhalten“ 99
(2) Orientierung der Argumentation am Leugnen 100
(3) Latente Zugrundelegung der Nemo-tenetur-Idee 101
(4) System zweier korrelierender Grundsätze 101
(5) »Salvatorische Formel« 102
(6) Uneinigkeit bei der Bewertung vorausgeplanten Nachtatverhaltens 103
c) Stellungnahme 105
(1) Aktivität/Passivität keine taugliche »Primärkategorie« 105
(2) Keine taugliche Definition der „Verteidigungsfreiheit“ 105
(3) Überschneidungen von Nemo tenetur und der „Verteidigungsfreiheit“ 108
(4) Mißbrauchsgefahr bei »salvatorischer Formel« 109
3. Sechstes Zwischenfazit 109
VII. Bosch: Nemo tenetur als Recht zur freien Selbstdarstellung 110
1. Die Thesen 110
a) Notwendigkeit der Anpassung von Nemo tenetur an die Verfahrenswirklichkeit 110
b) Ratio: Innere Annahme des Urteils 111
c) Recht zur freien Selbstdarstellung 112
2. Stellungnahme 114
3. Siebtes Zwischenfazit 117
VIII. Gesamtfazit des Ersten Teils 117
Zweiter Teil: Verfassungsrechtliche Verortung des Nemo-tenetur-Prinzips und dessen Interpretatio ferenda 119
A. Analyse der Strafverfolgungssituation 119
I. Die beteiligten Interessen 119
1. Interessen des Strafverfolgten 119
2. Interessen der Rechtsgemeinschaft 120
3. Interessenkonflikt doppelter Intensität 120
II. Die verfassungsrechtlichen Prämissen 121
1. Gebot der Achtung der Menschenwürde 121
2. Rechtsstaatsprinzip 121
a) Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege 121
b) Kritik 122
(1) Grünwald 122
(2) Hassemer 123
c) Stellungnahme 124
3. „Praktische Konkordanz“ 125
4. Idee der Gerechtigkeit; Rechtssicherheit 126
B. Nemo tenetur – de interpretatione ferenda 127
I. Nemo tenetur vs. Duldungspflicht 127
1. Die beiden Prinzipien als ausbalancierte »Antagonisten« 127
2. Erläuterung zu Nemo tenetur 128
a) Verfassungsrechtliche Verortung 128
b) Keine »Fremdbelastung«! 129
3. Erläuterungen zur Duldungspflicht 131
a) Konkretisierte Duldungspflicht 131
b) Potentielle Duldungspflicht 132
c) Allgemeine Duldungspflicht 132
II. Das Schweigerecht 133
1. »Verdichtungsthese« 133
2. Einwand gegen ein Schweige-„Recht“ 133
III. Die Beschuldigtenlüge 134
1. Verfassungsrechtliches Gebot der Lügefreiheit 134
2. »Fusion« von Lügefreiheit und Nemo tenetur 135
3. Vorschlag zur Terminologie 137
4. Hat der Beschuldigte ein „Recht zur Lüge“? 138
IV. Flucht 140
V. Prozeßverhalten des Angeklagten: Ein Sonderproblem? 141
VI. Zusammenfassung 144
C. Konkretisierung der Neuinterpretation 144
I. (Prüf-)Schema 144
1. Selbstbegünstigungsrelevanz 145
a) Verhaltensweisen ohne Selbstbegünstigungsrelevanz 145
b) »Selbstbegünstigendes Minimum« als Maßstab? 146
(1) Bezüglich nonverbaler Selbstbegünstigung 146
(2) Bezüglich der Einlassung des Beschuldigten 148
(3) Ergebnis 149
2. Selbstbegünstigungsmotivation 149
a) Verhaltensweisen ohne Selbstbegünstigungsmotivation 149
b) Ansonsten: Gesamtwürdigung 150
c) In dubio pro reo 152
3. Rechtsgüterschutz des StGB als absolute Grenze? 153
II. Rechtsgüterschutz vs. Lügefreiheit 156
1. »Zeugen-Variante« des § 164 StGB 156
a) Lösungsansätze 156
b) Stellungnahme 157
2. »Verdachts-Variante« des § 164 StGB 158
a) Lösungsansätze 158
b) Stellungnahme 159
3. § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB 160
a) Lösungsansätze 160
b) Stellungnahme 162
4. § 187 StGB 163
a) Lösungsansätze 163
b) Stellungnahme 164
5. Zwischenfazit 164
6. Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens 165
a) Als allgemeiner übergesetzlicher Entschuldigungsgrund? 166
b) Als spezieller übergesetzlicher Entschuldigungsgrund? 168
c) Vorschlag: Spezieller Entschuldigungsgrund der Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens zur Sicherung der verfassungsrechtlich garantierten Lügefreiheit 171
(1) Systematisch bedingte Skrupel; Rückgriff auf § 35 (Abs. 1 S. 1) StGB 172
(2) Sonstige mögliche Einwände 178
(3) Irrtum des Selbstbegünstigungstäters (entsprechend § 35 Abs. 2 StGB) 179
(4) Zusammenfassung 183
d) Anwendung auf die problematisierten Konstellationen 183
(1) § 164 StGB 186
(2) § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB 188
(3) § 187 StGB 190
III. Rechtsgüterschutz vs. Bezichtigungsfreiheit 191
1. § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB 191
2. §§ 303, 274 StGB 193
3. Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens 193
a) Fallvarianten 194
b) Absolute Grenze (entsprechend dem normativen Korrektiv des § 35 Abs. 1 S. 2 StGB) 197
IV. Der Beschuldigte und die Aussagedelikte (§§ 153 ff. StGB) 201
1. Benennung eines unerkannten Mittäters als Entlastungszeuge 201
a) »Tatsächliche Benennung« als Anknüpfungspunkt 204
b) Beschuldigter als möglicher Teilnehmer an den Aussagedelikten 206
c) Psychische Anstiftung 209
d) Keine Entschuldigung wegen Unzumutbarkeit 216
2. Benennung sonstiger Entlastungszeugen 216
a) Rechtsgutsbezug der Garantenstellung 217
b) Keine Garantenstellung durch Benennung 218
3. Benennung nach Anstiftung 221
4. Beschuldigter „veranlaßt“ Zeugenaussage 221
V. Die vorausgeplante Selbstbegünstigung 222
D. Beginn der „Nachtat“-Phase 224
E. Fazit des Zweiten Teils 226
Dritter Teil: Fallgruppenweise, die beiden Interpretationen vergleichende Analyse 229
A. Schweigen/Teilschweigen 229
I. Vollumfängliches Schweigen 229
1. „Schweigen“ als Schweigen zur Sache 229
2. Schlüsse aus dem Schweigen 230
3. Mehrere Taten im prozessualen Sinn 232
II. Teilschweigen 233
1. Horizontales Teilschweigen 234
2. Vertikales Teilschweigen 234
3. »Technisches« vertikales Teilschweigen 239
4. Der unbegründete Widerruf des Geständnisses 243
B. Leugnen 244
I. „Basishandlung“ Lüge 245
1. Argumente 245
2. »Salvatorische Formel« 248
3. Behauptung eines Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrundes 251
4. Abzielen auf Strafmilderung 252
II. Lüge mit Fremdbezug 252
1. Substantiiertes Leugnen »betrifft« den Zeugen 252
2. Substantiiertes Leugnen »betrifft« das Opfer 255
3. Substantiiertes Leugnen »betrifft« (den) Mitangeklagte(n) 259
4. Verdacht wird auf andere gelenkt 260
III. Sonderproblem: Falschaussage des Entlastungszeugen 263
1. Leugnen „veranlaßt“ Zeugenaussage 264
2. Der Beschuldigte benennt einen Entlastungszeugen 264
a) Ohne Kenntnis von dessen Bereitschaft zur Falschaussage 264
b) In Kenntnis der Bereitschaft zur Falschaussage 265
c) Benennung eines bislang unentdeckten Mittäters als Entlastungszeuge 266
3. Veranlassung durch Dritte; in dubio pro reo 267
IV. »Faktische Lüge« 267
V. Sonstiges 269
1. Folgeentscheidungen / Nebenentscheidungen 269
2. Überlange Verfahrensdauer 270
C. Konsequentes Folgeverhalten 272
I. Fehlende Reue/Schuldeinsicht 272
1. Argumente 272
2. »Salvatorische Formel« 275
3. Folgeentscheidungen 275
II. Fehlendes Mitleid/fehlende Betroffenheit 276
1. Argumente 276
2. Fehlen eines Milderungsgrundes als Strafschärfungsgrund? 277
III. Fehlende Schadenswiedergutmachung 278
1. Vorüberlegungen 278
2. Argumente 279
D. Spurenbeseitigung 281
I. Spurenbeseitigung im allgemeinen 282
II. Beutesicherung 287
III. »Behandlung« der Leiche 289
1. Fallübersicht 289
2. Argumente 292
E. Flucht 297
F. Unterlassene Hilfeleistung, § 323c StGB 297
G. Fazit des Dritten Teils 298
Gesamtergebnis 300
Literaturverzeichnis 304
Sachwortverzeichnis 315