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Materielle Anforderungen an das Entscheidungsverfahren in der Demokratie

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Jochum, G. (1997). Materielle Anforderungen an das Entscheidungsverfahren in der Demokratie. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-49065-3
Jochum, Georg. Materielle Anforderungen an das Entscheidungsverfahren in der Demokratie. Duncker & Humblot, 1997. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-49065-3
Jochum, G (1997): Materielle Anforderungen an das Entscheidungsverfahren in der Demokratie, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-49065-3

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Materielle Anforderungen an das Entscheidungsverfahren in der Demokratie

Jochum, Georg

Beiträge zur Politischen Wissenschaft, Vol. 100

(1997)

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Abstract

Ist es zulässig, über völlig verschiedene Themen in einer Abstimmung zu entscheiden? Diese Frage bildet den AnlaG für die vorliegende Untersuchung. Die Beschäftigung mit dem Problem führt zu weiteren, grundsätzlichen Fragen: Welche Bedingungen gelten für das Entscheidungsverfahren in der Demokratie? Kann man es weitgehend beliebig gestalten, oder sind strenge Anforderungen zu stellen? Diesen Themen ist bisher in der Staatsrechtslehre und der politischen Wissenschaft erstaunlich wenig Aufmerksamkeit gewidmet worden. Eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Bedingungen der Ausgestaltung demokratischer Entscheidungsabläufe ist daher geboten.

Ausgehend von den Begriffen Entscheidung und Demokratie leitet der Verfasser her, daß das Mehrheitsprinzip das spezifisch demokratische Entscheidungsverfahren ist. Im Anschluß daran widmet er sich den Rahmenbedingungen demokratischer Entscheidungen. Dabei stellt sich heraus, daß ohne Rechtsbindung, insbesondere rechtliche Gleichheit, und ohne hinreichenden Diskurs auch eine Mehrheitsentscheidung nicht demokratisch legitimiert ist. Nach der Untersuchung der äußeren Seite wendet sich Jochum der inneren Seite des Verfahrens zu. Kernfrage hierbei ist, wie das Verfahren den demokratisch legitimierenden Zusammenhang zwischen dem Volk und der konkreten Entscheidung herstellt. Dieses wird an Hand von Beispielen dargestellt. Der Wille des Entscheidungsträgers muß sich aus der Entscheidung ergeben. Daraus folgt, daß Verfahren, die dies nicht gewährleisten, demokratisch nicht legitimierte Entscheidungen hervorbringen.

Die Ausgestaltung von Entscheidungsverfahren in der Demokratie ist nicht beliebig. Es kommt nicht nur darauf an, daß ein Verfahren nach formalen Regeln abläuft, sondern auch, wie es abläuft. Damit wird die Einhaltung der materiellen Verfahrensbedingungen zum Unterscheidungsmerkmal für eine Demokratie. Das demokratische Entscheidungsverfahren wird in einer neuen Perspektive gezeigt, und es wird ihm in der Staatsrechtswissenschaft ein neuer, ihm gebührender Rang zugewiesen.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 3
Inhaltsverzeichnis 5
Abkürzungsverzeichnis 11
Einleitung 15
Teil 1: Das demokratische Entscheidungsverfahren 19
1. Abschnitt: Der Begriff der Entscheidung 19
2. Abschnitt: Der Begriff der Demokratie 23
A. Die Unmöglichkeit einer allgemeinen und umfassenden Begriffsbestimmung der Demokratie 23
B. Hinreichende Kennzeichnung des Demokratiebegriffs durch einzelne Institutionen 24
C. Das Grundprinzip der Demokratie: Legitimation der Herrschaft durch das Volk 26
I. Freiheit und Gleichheit als Grundlage demokratischer Herrschaft 26
II. Die gleichberechtigte Teilhabe aller an der Staatsgewalt 27
III. Die Idee der Identität von Herrschenden und Beherrschten 28
IV. Kein wörtliches Verständnis des Identitätsbegriffes: Die Unmöglichkeit der direkten Demokratie 29
V. Die organisatorischen Bedingungen der Identität: Repräsentation und Mehrheitsprinzip 31
1. Der Grundsatz der Repräsentation 31
2. Das Mehrheitsprinzip 33
VI. Die Folge des Identitätsgedankens für den demokratischen Staat: Legitimation aller Staatsgewalt durch das Volk 34
3. Abschnitt: Das Mehrheitsprinzip als das Entscheidungsverfahren mit der höchsten demokratischen Legitimationskraft 36
A. Die Legalität des Mehrheitsprinzips 37
B. Die Legitimität des Mehrheitsprinzips 38
I. Legalität der Mehrheitsentscheidung als hinreichende Bedingung für die Legitimität 38
1. Legitimation durch Verfahren 38
2. Kritik: Verfahren allein keine Legitimationsgrundlage 39
3. Ergebnis: Keine Legitimation ohne materiale Rechtfertigung 40
II. Mögliche materielle Gründe für die Geltung des Mehrheitsprinzips 41
1. Die Überlegenheit der Mehrheit 41
2. Mehrheit gleich Gesamtwillen 42
3. Die Mehrheitsentscheidung als ökonomische Optimierung 42
4. Die Legitimation der Mehrheitsregel durch die Zustimmung aller 43
5. Begründung des Mehrheitsprinzips mit einem Verfassungskonsens 43
6. Die Mehrheitsentscheidung als die relativ richtigste oder vernünftigste 44
7. Die Rechtfertigung des Mehrheitsprinzips in der Demokratie: relativ größte Chance von Vernünftigkeit, Teilhabe und Befriedung 47
III. Ergebnis zu B 50
C. Die Legitimationskraft anderer Entscheidungsverfahren 51
I. Bereiche, in denen nicht nach dem Mehrheitsprinzip entschieden wird 51
1. Im Bereich der Gesetzgebung 52
2. Im Bereich der Exekutive und Jurisdiktion 53
II. Keine Legitimation ohne Mehrheitsentscheidung 55
D. Ergebnis zum 1. Teil 56
Teil 2: Materielle Anforderungen des demokratischen Prinzips an die Rahmenbedingungen von Entscheidungsverfahren 58
1. Abschnitt: Voraussetzungen demokratischer Mehrheitsentscheidungen 58
A. Rechtliche Gleichheit als Voraussetzung legitimer Mehrheitsentscheidungen in der Demokratie 59
B. Zusätzliche Bindungen an das Recht als weitere Voraussetzung legitimer Mehrheitsentscheidungen in der Demokratie 60
I. Erforderlichkeit weiterer rechtlicher Bindungen des Mehrheitsprinzips 60
1. Gefahren einer Herrschaft ohne Bindungen: Tyrannei der Mehrheit 60
2. Institutionen als hinreichender Schutz vor der Tyrannei der Mehrheit 61
3. Keine Demokratie ohne Rechtsstaat 62
II. Rechtliche Bedingungen demokratischer Legitimation durch Mehrheit 64
1. Begrenzung durch Verfahrensregeln 64
2. Bindung an die Grundrechte 65
C. Hinreichender Diskurs als Bedingung einer legitimen Mehrheitsentscheidung 67
I. Die Notwendigkeit des öffentlichen Diskurses 68
1. Das Ideal eines öffentlichen Diskurses 68
2. Die Kritik am Modell des öffentlichen Diskurses 70
3. Die realen Grundlagen der Kritik 70
4. Der Diskurs unter den Bedingungen der modernen Massengesellschaft 71
a) Die wachsende Dezentralisierung des öffentlichen Diskurses 71
b) Die Rolle der Medien im Diskurs 74
c) Die Bedingungen eines funktionierenden Diskurses in der modernen Massengesellschaft 75
5. Ergebnis zu I. 76
II. Die Ergebnisoffenheit des Diskurses 76
III. Ausnahmen vom vorherigen öffentlichen Diskurs 77
1. Entscheidungen ohne Diskurs? 77
2. Der nichtöffentliche Diskurs 78
IV. Ergebnis zu C 79
2. Abschnitt: Die Übertragbarkeit der materiellen Voraussetzungen legitimer Mehrheitsentscheidungen auf andere Entscheidungsverfahren 80
A. Rechtliche Gleichheit 80
B. Die Bindung an das Recht 81
C. Vorheriger öffentlicher Diskurs 81
D. Ergebnis zum 2. Abschnitt 83
Ergebnis zum 2. Teil 83
Teil 3: Materielle Anforderungen des demokratischen Prinzips an die Ausgestaltung des Entscheidungsverfahrens 85
1. Abschnitt: Der entscheidungsberechtigte Personenkreis 86
A. Die Notwendigkeit einer Abgrenzung der berechtigen Personen 86
B. Eingrenzungskriterien für den entscheidungsberechtigten Personenkreis 87
I. Die Eingrenzungskriterien für die Aktivbürgerschaft 87
II. Die Eingrenzungskriterien für die vom Volk gewählten Vertreter 88
1. Nur die “Besten” als Vertreter des Volkes 89
2. Die Problematik einer Eliteauswahl 90
3. Ergebnis: Im Wesentlichen gleiche Anfordungen an passives und aktives Wahlrecht 91
III. Die Abgrenzungkriterien für andere staatliche Ämter und Entscheidungsgremien 93
1. Kompetenz als einziges Kriterium 93
2. Verbot anderer Kriterien 95
C. Ergebnis zum 1. Abschnitt 96
2. Abschnitt: Die durch das Entscheidungverfahren vermittelte inhaltliche Legitimation 97
A. Der Legitimationszusammenhang zwischen Entscheidung und Volk 97
I. Das Grundschema: Die staatliche Entscheidung als Antwort auf eine Fragestellung 97
II. Weitergehende Rationalitätsanforderungen 98
1. Der entscheidungstheoretische Ansatz 99
2. Die weitgehende Unbrauchbarkeit des entscheidungstheoretischen Ansatzes für demokratische Entscheidungsverfahren 100
III. Die materielle Legitimationsvoraussetzung demokratischer Entscheidungen: Klare Erkennbarkeit des Willens des Entscheidungsträgers 103
IV. Ergebnis zu A 105
B. Der Legitimationszusammenhang zwischen Wählern und Gewählten und die sich daraus ergebenden Folgen für die Ausgestaltung des Wahlverfahrens 106
I. Der Legitimationszusammenhang bei Parlamentswahlen 106
1. Bedeutung des Parlaments im demokratischen Staat: Repräsentation des Volkes 107
2. Der Begriff der Repräsentation und die Folgen für die Anforderung an die Wahlentscheidung 108
a) Das klassische Repräsentationsverständnis: Volksvertretung durch unabhängige Abgeordnete 109
b) Gestaltwandel in der Parteiendemokratie: Die Parlamentswahl als Plebiszit über eine politische Richtung 110
c) Die Bedeutung der Repräsentation im modernen Staat: Volksvertretung durch Parteien und unabhängige Abgeordnete 111
aa) Das parteienstaatliche Element der Repräsentation 112
bb) Das persönliche Element der Repräsentation 113
d) Die Fragestellung der Parlamentswahl: Auswahl der Abgeordneten und Bestimmung der Grundrichtung 114
3. Die Konsequenzen für die Ausgestaltung des Wahlverfahrens 115
a) Die Richtungsentscheidung 116
aa) Die Bedeutung des Wahlsystems für den Legitimationszusammenhang 116
bb) Die Bedeutung der Gestaltung der Wahlvorschläge für den Legitimationszusammenhang 118
b) Die Personalentscheidung 120
aa) Der Erwerb der Parlamentsmitgliedschaft 121
bb) Der Verlust der Parlamentsmitgliedschaft: Mandatsverlust bei Parteiwechsel? 122
II. Der Legitimationszusammenhang bei der Wahl eines einzelen Amtsträgers 124
1. Die Volkswahl des Staatsoberhaupts 125
2. Die Wahl des Regierungschefs durch das Parlament 127
3. Die Wahl von Einzelpersonen in ein Kollegium am Beispiel der Wahl der Bundesverfassungsrichter 128
III. Ergebnis zu B 132
C. Der Legitimationszusammenhang zwischen Entscheidung und Entscheidungsträger bei Sachentscheidungen (Beschlüssen) und seine Folgen für die Ausgestaltung des Verfahrens 133
I. Der Legitimationszusammenhang bei Gesetzesbeschlüssen des Parlaments und seine Folgen für die Ausgestaltung des Verfahrens 134
1. Die Bedeutung des Gesetzes: entscheidendes Mittel zur Konfliktlösung 134
2. Folgerungen für den Gesetzesbeschluß 137
a) Anforderungen an den Willensbildungsprozeß 137
b) Anforderungen an das Verfahren der Abstimmung 140
c) Die Legitimationsanforderungen in qualitativer Hinsicht: Unterschiede in den Anforderungen zwischen einfachen und verfassungsändernden Gesetzen 147
II. Der Legitimationszusammenhang bei der Aufgabendelegation vom Gesetzgeber auf die Regierung 149
1. Die Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen nach Art. 80 Abs. 1 GG 150
2. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG als Ausdruck des demokratischen Legitimationserfordernisses 151
3. Der inhaltliche Legitimationszusammenhang bei der Aufgabendelegation 152
4. Der funktionelle Legitimationszusammenhang 153
III. Ergebnis zu C 155
Schlußbetrachtung: Die materielle Bedingtheit des Entscheidungsverfahrens in der Demokratie 157
Literaturverzeichnis 160
Sachverzeichnis 176