Bewegungsprofile anhand von Mobilfunkdaten im Strafverfahren
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Bewegungsprofile anhand von Mobilfunkdaten im Strafverfahren
Zugleich ein Beitrag zur Kumulation heimlicher Observationsmittel im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften, Vol. 41
(2002)
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Abstract
Seit der Einführung der Telefonüberwachung im Jahre 1968 haben die verschiedensten heimlichen Ermittlungsmaßnahmen Einzug in das Strafverfahren gefunden. Provoziert wurde diese Entwicklung durch neue Formen der Kriminalität einerseits, vor allem aber durch den rasanten Fortschritt auf dem Gebiet der Kommunikationselektronik. Gercke widmet sich einem, allerdings sehr wichtigen Teilaspekt heimlicher Ermittlungseingriffe. Der Autor untersucht die rechtliche Zulässigkeit der Erstellung von Bewegungsbildern anhand der Mobilfunküberwachung. Dabei handelt es sich um eine Ermittlungsmaßnahme, die in der Praxis zunehmend angewandt wird und zu der in der jüngeren Vergangenheit verschiedene Gerichte bis hin zum BGH-Ermittlungsrichter Stellung genommen haben.Zunächst setzt sich der Autor - vor dem Hintergrund des Gesetzesvorbehaltes - mit den Grundrechten auseinander, die von der Maßnahme tangiert werden: dem informationellen Selbstbestimmungsrecht sowie dem Fernmeldegeheimnis.Anschließend wendet er sich dem Schwerpunkt der Untersuchung, der Suche nach einer etwaigen gesetzlich geregelten Ermächtigungsgrundlage zu. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, daß die Maßnahme de lege lata unzulässig ist.In einem zweiten Teil der Arbeit setzt sich der Autor mit der Kumulation heimlicher Observationsmittel im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren auseinander. Die rechtliche Bewertung einer solchen Bündelung von Ermittlungsmethoden, die in der Strafprozeßordnung nirgends explizit ausgeführt wird, ist ein strafprozessuales Grundsatzproblem, das in Rechtsprechung und Literatur bis dahin nur vereinzelt behandelt wurde.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Einleitung | 15 | ||
1. Kapitel: Begriffsbestimmungen und rechtstatsächliche Grundlagen | 18 | ||
A. Begriffsbestimmungen | 18 | ||
I. Heimliche Ermittlungsmethoden im System des Strafverfahrens | 18 | ||
1. Der Begriff der heimlichen Ermittlungsmethoden | 18 | ||
2. Heimliche Ermittlungsmethoden im Widerspruch zur Transparenz staatlichen Handelns | 18 | ||
3. Ausweitung heimlicher Ermittlungsmethoden im Zuge des technischen Fortschritts | 19 | ||
4. „Organisierte Kriminalität“ als Rechtfertigung für die Ausweitung heimlicher Ermittlungsmethoden | 21 | ||
II. Bewegungsbild | 23 | ||
1. Die Erstellung von Bewegungsbildern | 23 | ||
2. Kriminalistischer Nutzen | 23 | ||
B. Rechtstatsächliche Grundlagen | 25 | ||
I. Die Entwicklung des Mobilfunkverkehrs in Deutschland | 25 | ||
II. Die bestehenden Mobilfunknetze | 26 | ||
III. Die Digitalisierung der Kommunikationstechnik – Ausgangspunkt für neue Überwachungsmöglichkeiten | 27 | ||
1. Verbindungsdaten beim digitalen Fernmeldeverkehr | 27 | ||
2. Die Standortbestimmung anhand der Funkzellenermittlung | 29 | ||
2. Kapitel: Der Gesetzesvorbehalt | 32 | ||
A. Der allgemeine öffentlich-rechtliche Gesetzesvorbehalt | 32 | ||
I. Begriffsbestimmung | 32 | ||
II. Historische Grundlagen | 33 | ||
III. Der allgemeine Gesetzesvorbehalt auf Grundlage des Grundgesetzes | 35 | ||
IV. Die Reichweite des allgemeinen Gesetzesvorbehaltes | 36 | ||
1. Lehre vom Totalvorbehalt | 36 | ||
2. Die Wesentlichkeitstheorie | 37 | ||
B. Der Gesetzesvorbehalt im Strafverfahren | 39 | ||
3. Kapitel: Bewegungsbilder als Grundrechtseingriff | 41 | ||
A. Die Erstellung von Bewegungsprofilen als Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung | 41 | ||
I. Die Kernaussagen des Volkszählungsurteils | 41 | ||
II. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nach dem Volkszählungsurteil: Ausdehnung und Konkretisierungen des Schutzbereiches | 45 | ||
III. „Relativierungstendenzen“ | 45 | ||
1. Beschränkung des informationellen Selbstbestimmungsrechtes auf die (EDV-gestützte) automatische Datenverarbeitung | 46 | ||
2. Ausschluß von sog. „Bagatell-Beeinträchtigungen“ | 48 | ||
3. Einschränkung des Schutzbereiches bzw. Eingriffsrechtfertigung durch kollidierendes Verfassungsrecht | 50 | ||
a) Grundrecht auf Sicherheit | 52 | ||
aa) Das „Grundrecht auf Sicherheit“ als vermeintliches überindividuelles Grundrecht | 52 | ||
bb) Ablehnung eines „Grundrechts auf Sicherheit“ | 53 | ||
b) Die „Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege“ | 55 | ||
aa) Die Schaffung des Topos durch die Rechtsprechung | 56 | ||
(1) „Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege“ als Instrument der Effektivierung im Strafverfahren | 56 | ||
(2) Der Topos der „Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege“ als Verfassungswert | 57 | ||
bb) Die Ansichten in der Literatur | 58 | ||
(1) Prinzipielle Anerkennung des Verfassungsranges bei gleichzeitiger Relativierung | 59 | ||
(2) Verwerfung der „Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege“ als Postulat von Verfassungsrang | 59 | ||
(a) Keine Verortung im Rechtsstaatsprinzip | 60 | ||
(b) Verstoß des Topos gegen das Bestimmtheitsgebot | 62 | ||
(c) Die Widersprüchlichkeit der Zielsetzung (hermeneutische Ebene) | 63 | ||
(d) Zusammenfassung | 65 | ||
IV. Zwischenergebnis | 65 | ||
B. Erstellung von Bewegungsprofilen anhand der Mobilfunküberwachung als Eingriff in Art. 10 I GG | 65 | ||
I. Das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 GG | 65 | ||
1. Das Verständnis vom „dynamischen“ Schutzbereich | 66 | ||
2. Schutz von Kommunikationsinhalt und Kommunikationsvorgang | 67 | ||
II. Erfassung der Standortdaten als Teil des durch Art. 10 GG geschützten Kommunikationsvorganges | 68 | ||
1. Kein Vergleich mit Funkpeilungen | 69 | ||
2. Eingriff in das Fernmeldegeheimnis auch im stand-by-Betrieb | 70 | ||
3. Zwischenergebnis | 71 | ||
C. Das Verhältnis von Art. 10 GG zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG | 72 | ||
I. Grundsätzlicher Vorrang von Art. 10 GG | 72 | ||
II. Reichweite des informationellen Selbstbestimmungsrechtes als Mindeststandard für den verfassungsrechtlichen Schutz durch das speziellere Grundrecht | 72 | ||
4. Kapitel: Legitimation des Eingriffes aufgrund gesetzlich geregelter Ermächtigungsgrundlagen | 75 | ||
A. § 12 FAG als Ermächtigungsgrundlage | 75 | ||
I. Die Entwicklung der Norm | 76 | ||
1. Die ursprüngliche Fassung des § 12 FAG | 76 | ||
2. Veränderungen der Norm | 76 | ||
3. Bedeutung des § 12 FAG vor dem Hintergrund der modernen Kommunikationstechnik | 78 | ||
II. § 12 FAG als Ermächtigungsgrundlage für die Standortermittlung und -auswertung beim Mobilfunkverkehr | 79 | ||
1. Der Umfang des Auskunftsverlangens nach § 12 FAG | 79 | ||
2. Zeitlicher Anwendungsbereich | 80 | ||
a) Ausweitung des Anwendungsbereiches des § 12 FAG über den eigentlichen Wortlaut hinaus | 81 | ||
b) Beschränkung von § 12 FAG auf Telekommunikationsvorgänge in der Vergangenheit | 81 | ||
3. Ergebnis | 83 | ||
B. §§ 100g, 100h StPO als Ermächtigungsgrundlage | 83 | ||
C. §§ 100a, 100b StPO als Ermächtigungsgrundlage | 85 | ||
I. Die gesetzliche Systematik | 85 | ||
1. § 100a StPO als materielle Ermächtigungsgrundlage | 85 | ||
2. § 100b StPO als formelle Regelung | 86 | ||
3. Benachrichtigungspflichten nach § 101 Abs. 1 StPO | 88 | ||
II. Entstehung und Entwicklung der Norm | 88 | ||
1. „Prototyp“ heimlicher Beweisgewinnungsmethoden | 88 | ||
2. Neue Rechtsprobleme durch veränderte Kommunikationstechnologien | 90 | ||
3. Exkurs: Abhörmaßnahmen hinsichtlich des gesprochenen Wortes beim Mobilfunkverkehr | 91 | ||
III. Standortdatenerfassung als Bestandteil der „Telekommunikation“ i. S. d. § 100a StPO? | 92 | ||
1. Die Auslegung des Begriffes „Telekommunikation“ anhand des TKG | 93 | ||
a) Der unterschiedliche Regelungs- und Adressatenbereich | 94 | ||
b) Die unterschiedliche Eingriffsintensität | 95 | ||
c) Zwischenergebnis | 96 | ||
2. Die Auslegung des Begriffes „Telekommunikation“ anhand der TKÜV | 96 | ||
3. Die Auslegung des Begriffes „Telekommunikation“ anhand der TDSV | 97 | ||
4. Die Auslegung des Begriffes „Telekommunikation“ anhand des Rückgriffes auf Art. 10 Abs. 1 GG | 98 | ||
5. Die strafprozessuale Inhaltsbestimmung anhand der gängigen Auslegungsmethoden | 99 | ||
a) Die grammatikalische Interpretation | 100 | ||
b) Die systematische Interpretation | 103 | ||
c) Die historische Interpretation | 104 | ||
d) Die objektiv-teleologische Interpretation | 106 | ||
e) Zusammenfassung | 108 | ||
IV. Ergebnis bezüglich §§ 100a, 100b StPO | 109 | ||
D. § 39 AWG als Ermächtigungsgrundlage | 109 | ||
E. § 100c Abs. 1 Nr. 1 b) StPO als Ermächtigungsgrundlage | 110 | ||
I. Keine Anwendung von § 100c Abs. 1 Nr. 1 b) StPO wegen fehlender Rechtsgrundlage für die Heranziehung Dritter | 110 | ||
II. Analoge Anwendung des § 100b Abs. 3 StPO für die Ermächtigungsgrundlage des § 100c Abs. 1 Nr. 1 b) StPO zur Heranziehung Dritter? | 111 | ||
F. §§ 161, 163 StPO als Ermächtigungsgrundlage | 112 | ||
I. §§ 161, 163 StPO a.F | 112 | ||
II. Die §§ 161, 163 StPO n. F. nach Inkrafttreten des StVÄG 1999 | 114 | ||
1. Der Weg zum StVÄG 1999 | 114 | ||
2. Keine Ermittlungsbefugnis für die Standortbestimmung anhand des Mobilfunkverkehrs | 115 | ||
G. § 34 StGB als Ermächtigungsgrundlage | 116 | ||
H. Zusammenfassung | 117 | ||
5. Kapitel: Die Kumulation heimlicher Observationsmittel im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren | 118 | ||
A. Strafverfahrensrechtliche Maßnahmen zur Gewinnung eines Bewegungsbildes | 118 | ||
I. Die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung, § 163e StPO | 119 | ||
1. Der Weg zur gesetzlichen Regelung der Norm | 119 | ||
2. Die Ausgestaltung der Norm | 119 | ||
3. Verfassungsrechtliche Bedenken | 120 | ||
II. Die längerfristige Observation, § 163f StPO | 121 | ||
1. Die Rechtmäßigkeit der Maßnahme vor der Einführung des § 163f StPO durch das StVÄG 1999 | 122 | ||
a) Ablehnung der Rechtmäßigkeit bzw. Beschränkung auf einen „Übergangszeitraum“ | 122 | ||
b) Rechtsgrundlage in § 100c Abs. 1 Nr. 1 a) StPO | 122 | ||
c) §§ 161, 163 StPO a. F. | 123 | ||
d) Vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht | 124 | ||
2. Die gesetzliche Regelung des § 163f StPO | 125 | ||
III. Der Einsatz technischer Mittel für Observationszwecke, § 100c Abs. 1 Nr. 1 StPO | 126 | ||
1. Die Herstellung von Lichtbildern und Bildaufzeichnungen, § 100c Abs. 1 Nr. 1 a) StPO | 126 | ||
a) Beschränkung von § 100c Abs. 1 Nr. 1 a) StPO auf Observationszwecke | 127 | ||
b) Beschränkung von § 100c Abs. 1 Nr. 1 a) StPO auf öffentliche Räume | 127 | ||
2. Der Einsatz sonstiger technischer Mittel für Observationszwecke, § 100c Abs. 1 Nr. 1 b) StPO | 128 | ||
IV. Die Standortbestimmung anhand der Nutzung von EC- und Kreditkarten etc., § 161 bzw. §§ 94 ff. StPO | 129 | ||
1. Auskunftsverlangen gegenüber öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten | 129 | ||
2. Auskunftsverlangen gegenüber privaten Kreditinstituten | 130 | ||
B. Die Kumulation der einzelnen Maßnahmen zur Erstellung von Bewegungsbildern | 131 | ||
I. Eigenständige Qualität der Kumulation | 131 | ||
II. Die rechtliche Bewertung der Kumulation | 133 | ||
1. Berücksichtigung der Kumulation im Rahmen der Subsidiaritätsklauseln | 133 | ||
a) Das System der Subsidiaritätsklauseln in der StPO | 134 | ||
b) „Strenge Subsidiariätsklausel“ als Anknüpfungspunkt für die Berücksichtigung der Kumulation | 136 | ||
2. Das allgemeine Verhältnismäßigkeitsprinzip als Anknüpfungspunkt für die Kumulation | 136 | ||
3. Ergebnis | 138 | ||
Zusammenfassung und Resümee | 140 | ||
A. Zusammenfassung der Ergebnisse | 140 | ||
I. Begriffsbestimmungen und rechtstatsächliche Grundlagen | 140 | ||
II. Gesetzesvorbehalt | 140 | ||
III. Bewegungsbilder als Grundrechtseingriff | 141 | ||
IV. Legitimation des Eingriffes aufgrund gesetzlich geregelter Ermächtigungsgrundlagen | 141 | ||
V. Die Kumulation heimlicher Observationsmittel im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren | 142 | ||
B. Resümee | 142 | ||
Literaturverzeichnis | 145 |