Die Mobilisierung des Bürgers für die Durchsetzung des Rechts
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Die Mobilisierung des Bürgers für die Durchsetzung des Rechts
Europäische Impulse für eine Revision der Lehre vom subjektiv-öffentlichen Recht
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 716
(1997)
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Abstract
Im Europarecht zeichnet sich immer deutlicher ein weitgreifendes Konzept gegen die Umsetzungsschwächen und Vollzugsdefizite gemeinschaftsrechtlicher Normen ab: Die Mobilisierung des Bürgers für die Durchsetzung des Rechts. Losgelöst von dem Gedanken des Individualschutzes werden die Bürger befähigt, vor den staatlichen Behörden und Gerichten unmittelbar auf die Beachtung des Rechts zu pochen. Verstanden weniger als des Rechtsschutzes bedürftige Privatpersonen, denn vielmehr als wirkmächtige Anwälte und Vollstrecker gemeinschaftlicher Interessen sollen sie so das Gemeinschaftsrecht effektivieren.Die vorliegende Arbeit konfrontiert dieses Konzept mit der deutschen Lehre vom subjektiv-öffentlichen Recht. Sie legt tiefgreifende Strukturunterschiede offen und sucht so eine Vergewisserung über die theoretischen Grundlagen der deutschen Lehre. Im Mittelpunkt steht dabei als deren materieller Kern die Privatbezogenheit subjektiv-öffentlicher Rechte, die in ihrem beschränkenden Gehalt noch wenig reflektiert worden ist. Verstanden als ein ausschließendes Kriterium, das eine Stellung des einzelnen als Anwalt öffentlicher Interessen gezielt zurückweist, wurzelt sie im deutschen Konstitutionalismus und dessen Unterscheidung von privater Freiheit und öffentlichen Interessen, mit der der Selbstand der monarchischen Exekutive abgesichert werden sollte. Von dieser Bedeutung geprägt, enthält die Lehre vom subjektiv-öffentlichen Recht bis heute mehr als ein prozeßrechtliches Kriterium zur Realisierung der Subjektstellung des einzelnen. Sie tradiert eine die Rechtsordnung vielfältig und oft unbemerkt durchwirkende Grundsatzbestimmung zum Verhältnis von Bürger und Verwaltung.Wenn das Europarecht hieran rührt, reißt es einen weiten Horizont auf: Das Modell der Mobilisierung des Bürgers für die Durchsetzung des Rechts verlangt nicht nur nach einer Besinnung auf das Staat-Bürger-Verhältnis im Bereich des Europarechts und nach Transformation der diesbezüglichen Vorgaben, sondern enthält auch eine Anfrage an das deutsche Verwaltungsrecht selbst: Wieweit trägt die Lehre vom subjektiv-öffentlichen Recht mit ihrer Bestimmung des Staat-Bürger-Verhältnisses noch? Kann und soll die Mobilisierung des Bürgers als allgemeines Modell für eine effektivere Rechtsdurchsetzung auch in das deutsche Verwaltungsrecht aufgenommen werden?
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Einleitung | 13 | ||
Teil 1: Die Mobilisierung des Bürgers durch das Europarecht | 19 | ||
I. Die Einbeziehung des Bürgers in die Verwaltung | 21 | ||
1. Die Kontrolle der Verwaltung durch den Bürger als Teil der Öffentlichkeit | 21 | ||
a) Die Öffentlichkeitsbeteiligung in der UVP-Richtlinie | 23 | ||
b) Die Öffentlichkeit in der Öko-Audit-Verordnung | 26 | ||
c) Die Umweltinformationsrichtlinie | 30 | ||
2. Die Pflicht zur Verleihung von Individualbefugnissen bei der nationalen Umsetzung von EG-Richtlinien | 35 | ||
3. Rechtsschutzanforderungen der Gemeinschaft | 37 | ||
4. Die Mobilisierung des Bürgers durch Ausweitung der Direktwirkung des EG-Rechts | 42 | ||
II. Die Mobilisierung des Bürgers als Prinzip | 50 | ||
Teil 2: Die Privatbezogenheit der deutschen Lehre vom subjektiv-öffentlichen Recht | 55 | ||
I. Geschichtliche Grundlagen | 56 | ||
1. Die Abgrenzung von den jura quaesita | 56 | ||
2. Die Privatnützigkeit subjektiv-öffentlicher Rechte | 62 | ||
a) Die Einbindung des subjektiv-öffentlichen Rechts in die moderne Staatlichkeit | 63 | ||
b) Die Beschränkung auf die Geltendmachung individueller Interessen | 65 | ||
3. Das Problem der staatsbürgerlichen Rechte | 73 | ||
4. Objektiv-rechtliche Ansätze | 77 | ||
a) Objektiv-rechtliche Konzeptionen in der Literatur | 77 | ||
b) Die Gesetzgebung in Preußen | 80 | ||
5. Zusammenfassung und Ausblick auf die französische Rechtsentwicklung: Kraft und Grenze des subjektiv-rechtlichen Konzepts | 83 | ||
a) Das deutsche Konzept des Individualschutzes gegenüber dem französischen Konzept der Gesetzmäßigkeitskontrolle | 83 | ||
b) Praxisorientierte Dogmatisierung | 88 | ||
II. Die Übernahme des subjektiv-öffentlichen Rechts als Grundlage des heutigen Verwaltungsrechtsschutzes | 89 | ||
1. Die ausgedehnte Reichweite des modernen Rechtsschutzes | 91 | ||
a) Die mittelbare Geltendmachung objektiv-rechtlicher Normen | 93 | ||
b) Erweiterung des Drittschutzes | 101 | ||
c) Fazit: Die Relativierung des subjektiv-rechtlichen Konzepts in der Praxis | 103 | ||
2. Die Individualbezogenheit als unveränderter Kern der Lehre des subjektivöffentlichen Rechts | 105 | ||
a) Die Definitionen des subjektiv-öffentlichen Rechts | 106 | ||
b) Die Schutznormtheorie | 107 | ||
3. Entwicklungen in der rechtswissenschaftlichen Diskussion | 111 | ||
a) Individualbezogenheit der Kritik an der Schutznormtheorie | 111 | ||
b) Tendenzen zur Selbstauflösung des subjektiv-rechtlichen Konzepts | 114 | ||
4. Objektiv-rechtliche Ansätze | 117 | ||
a) Objektiv-rechtliche Elemente im deutschen Rechtsschutz | 118 | ||
b) Die Diskussion um die Verbandsklage | 121 | ||
III. Das subjektiv-öffentliche Recht als Grundlage der Beziehung von Verwaltung und Bürger überhaupt | 128 | ||
1. Das Grundverhältnis von Bürger und Verwaltung | 128 | ||
a) Der Fundamentalcharakter des subjektiv-rechtlichen Prinzips | 128 | ||
b) Die subjektiv-rechtlichen Grundstrukturen im Verwaltungsverfahren | 130 | ||
2. Rechte gegenüber der Verwaltung | 134 | ||
a) Informationsrechte | 134 | ||
b) Mitwirkungsbefugnisse im Vorfeld von Verwaltungsentscheidungen | 138 | ||
c) Exkurs: Die Drittbezogenheit der Amtspflichtverletzung | 145 | ||
3. Die Grundrechte | 148 | ||
a) Die Grundrechte als Abwehrrechte | 148 | ||
b) Die objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalte | 159 | ||
4. Das Petitionsrecht | 165 | ||
a) Der gemeinbezogene Charakter des Petitionsrechts | 166 | ||
b) Der schwache Inhalt des Petitionsrechts | 169 | ||
Teil 3: Die Herausforderung des Europarechts für das deutsche Verwaltungsrecht | 175 | ||
I. Konfrontation zweier Modelle | 175 | ||
1. Die Unvereinbarkeit des europäischen und deutschen Konzepts im theoretischen Ansatz | 176 | ||
2. Das große Konvergenzpotential in den praktischen Auswirkungen | 181 | ||
a) Rechtsdurchsetzung mittels eigener Rechte | 181 | ||
b) Individueller Rechtsschutz durch objektives Recht | 184 | ||
c) Die formale Bestimmung subjektiver Rechte | 185 | ||
3. Eine sachliche Herausforderung | 187 | ||
a) Rückwirkungen einer instrumenteilen Versubjektivierung | 188 | ||
b) Der unbewältigte Rückgriff auf das formell bestimmte subjektive Recht | 189 | ||
c) Notwendigkeit einer Revision des subjektiv-öffentlichen Rechts | 194 | ||
II. Die Mobilisierung des Bürgers vor dem Hintergrund der französischen Rechtstradition | 196 | ||
1. Die objektiv-rechtliche Konzeption des Verwaltungsrechtsschutzes in Frankreich als Ausgangspunkt des europäischen Konzepts | 196 | ||
2. Die Unterfangenheit des französischen Konzepts durch eine starke Exekutive | 209 | ||
3. Die neue Dimension des Europäischen Modells | 215 | ||
III. Die Relativierung des subjektiv-rechtlichen Prinzips – Resümee, Perspektiven, Ausblick | 218 | ||
1. Verlust tradierter Gewißheiten | 218 | ||
2. Dogmatische Perspektiven | 221 | ||
a) Offenheit für gemeinbezogene Befugnisse | 221 | ||
b) Der status procuratoris | 225 | ||
3. Rechtspolitischer Ausblick: Ein neues Modell? | 230 | ||
a) Chancen und Gefahren | 231 | ||
b) Ein erweitertes Blickfeld | 238 | ||
Literaturverzeichnis | 241 | ||
Sachverzeichnis | 283 |