Täterschaft und Teilnahme im französischen Strafrecht
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Täterschaft und Teilnahme im französischen Strafrecht
Eine rechtsvergleichende Untersuchung
Schriften zum Strafrecht, Vol. 99
(1994)
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Abstract
Vielfach ist eine Straftat nicht das Werk eines einzelnen, sondern sie kommt unter Mitwirkung mehrerer Personen zustande. Verschiedene Straftatbestände berücksichtigen dies, indem die Beteiligung mehrerer zur Strafbegründung oder -verschärfung herangezogen wird. Jedoch kann eine Straftat, auch ohne daß ihre Rechtsnatur dadurch verändert würde, durch mehrere Personen begangen werden, die wiederum jeder für sich eine unterschiedliche Rolle spielen und einen verschiedenartigen Tatbeitrag leisten können. Man unterscheidet bereits im allgemeinen Sprachgebrauch zwischen Tätern, Anstiftern und Gehilfen. Die rechtliche Ausgestaltung dieser Begriffe, die Frage nach dem Erfordernis ihrer Differenzierung sowie der Umfang des jeweils anzuwendenden Strafmaßes bergen vielschichtige Probleme in sich, bei deren Lösung die Kenntnis ausländischer Rechtsordnungen Denkanstöße geben kann.Die vorliegende Untersuchung liefert diesbezüglich einen dogmatischen Vergleich zwischen französischem und deutschem Recht. Zunächst stellt die Autorin das französische Recht zu Täterschaft und Teilnahme in seiner Gesamtheit vor, um anschließend Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beiden Rechtsordnungen herauszuarbeiten. Die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme in der französischen Rechtsprechung bildet dabei einen besonderen Schwerpunkt. Daß die Wahl bei der Betrachtung einer ausländischen Rechtsordnung auf das französische Recht fiel, läßt sich dadurch begründen, daß der französische code pénal von 1810 das bedeutendste Vorbild für die Strafrechtkodifikationen des 19. Jahrhunderts in Europa war. Die Eingliederung der rheinischen Gebiete in den preußischen Staat verstärkte zusätzlich den Einfluß des code pénal auf die preußische Gesetzgebung und damit auch 1871 auf das Reichsstrafgesetzbuch. Denn selbst wenn das preußische Strafgesetzbuch von 1851 weiterhin in deutscher Tradition stand, läßt es deutlich Spuren des code pénal erkennen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 15 | ||
Einleitung | 19 | ||
Erster Teil: Bestrafung von Täterschaft und Teilnahme im historischen Überblick | 21 | ||
1. Abschnitt: Entwicklung in Frankreich bis zum code pénal von 1810 | 21 | ||
A) „Ancien droit” | 21 | ||
B) „Droit intermédiaire” | 22 | ||
C) Code pénal vom 22. Februar 1810 | 23 | ||
2. Abschnitt: Entwicklung in Deutschland bis zur heutigen Fassung der §§ 25 ff StGB | 25 | ||
A) Constitutio Criminalis Carolina von 1532 | 25 | ||
B) Allgemeines Preußisches Landrecht vom 5. Februar 1794 | 26 | ||
C) Preußisches Strafgesetzbuch vom 14. April 1851 | 27 | ||
D) (Reichs-)Strafgesetzbuch vom 15. Mai 1871 | 27 | ||
Zweiter Teil: Täterschaft und Teilnahme nach französischem Recht | 29 | ||
1. Abschnitt: Täterschaft | 29 | ||
A) Formen der Täterschaft | 29 | ||
I. Unmittelbarer Täter („auteur”) | 29 | ||
II. Mittäter („coauteur”) | 30 | ||
III. Mittelbarer Täter (“auteur médiat”) | 30 | ||
B) Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme | 33 | ||
I. Interessen an der Abgrenzung trotz der Regelung des art. 59 | 34 | ||
II. Abgrenzung im Einzelnen | 36 | ||
1. Objektive Theorie der Literatur | 36 | ||
a) Begehung der Straftat als Unterscheidungskriterium | 36 | ||
b) Abgrenzung nach der beim Tatverlauf gespielten Rolle | 37 | ||
2. Subjektive Theorie | 39 | ||
3. Abgrenzung in der Rechtsprechung | 39 | ||
a) Grundsätzliche Auflockerung der Abgrenzung („l’assouplissement et la confusion”) | 40 | ||
aa) Behandlung von „véritables coauteurs” als “simples complices” („la théorie de la complicité corespective”) | 40 | ||
bb) Behandlung von „simples complices” als (Mit-)Täter | 43 | ||
(1) Entscheidungen, die diejenigen als (Mit-)Täter qualifizieren, die dem Haupttäter bei der Tatvollendung helfen | 43 | ||
(2) Entscheidungen, die denjenigen als (Mit-)Täter qualifizieren, der die Tat veranlaßt hat | 53 | ||
cc) Doppelte Verwechslung der Begriffe Täterschaft und Teilnahme | 59 | ||
dd) „Théorie de la peine justifiée” und art. 598 cpp | 60 | ||
b) Verwendung objektiver Kriterien in vereinzelten Fällen | 62 | ||
4. Kritik durch die Literatur | 64 | ||
2. Abschnitt: Teilnahme | 69 | ||
A) Erfordernis einer Haupttat: „emprunt de criminalité” | 69 | ||
I. Gesetzliche Anforderungen | 69 | ||
1. Das Wesen der Haupttat | 69 | ||
2. Die Eigenschaften der Haupttat | 70 | ||
a) Objektiv strafbare Handlung („fait principal punissable”), Straflosigkeit der versuchten Teilnahme | 70 | ||
aa) Keine Strafbarkeit des Teilnehmers bei fehlender Strafbestimmung für die “Haupttat” | 71 | ||
(1) Straflosigkeit der Teilnahme an der Selbsttötung eines anderen | 71 | ||
(2) Tendenzen zur Bestrafung der Mitwirkung an einer Selbsttötung | 73 | ||
(3) Strafrechtliche Behandlung des einseitig fehlgeschlagenen Doppelselbstmordes | 78 | ||
(4) Abgrenzung zwischen strafloser Teilnahme an einer Selbsttötung und strafbarer Tötung auf Verlangen | 81 | ||
– Strafrechtliche Behandlung der Tötung auf Verlangen | 81 | ||
– Die Abgrenzung im Einzelnen | 84 | ||
bb) Keine Strafbarkeit des Teilnehmers bei Nichtausführen der Haupttat | 89 | ||
cc) Keine Strafbarkeit des Teilnehmers an einer rechtmäßigen Haupttat | 96 | ||
dd) Keine Strafbarkeit des Teilnehmers bei „amnistie réelle”, „immunité” gemäß art. 380, Verjährung und Rücktritt des Haupttäters | 97 | ||
b) Irrelevanz der faktischen Nichtverfolgbarkeit des Haupttäters | 99 | ||
II. Kritik in der Literatur | 100 | ||
1. Kritik an den Resultaten | 100 | ||
2. „Neuer” Gesichtspunkt der Kritik: „emprunt de pénalité” | 103 | ||
B) Anforderungen an die Teilnahmehandlung | 106 | ||
I. „L’élément matériel” | 106 | ||
1. Allgemeine Voraussetzungen | 107 | ||
a) Zeitpunkt der Teilnahmehandlung | 107 | ||
b) Erforderlichkeit positiven Tuns | 107 | ||
aa) Grundsätzliche Straflosigkeit der Teilnahme durch Unterlassen | 107 | ||
bb) Abweichen vom Grundsatz der Straflosigkeit bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen | 110 | ||
(1) „Accord préalable” | 110 | ||
(2) „Aide morale” | 111 | ||
(3) „Devoir juridique” | 112 | ||
c) Kausalität der Beihilfe | 114 | ||
2. Formen der Teilnahme | 115 | ||
a) Teilnahmehandlungen vor der Haupttat | 116 | ||
aa) „Provocation” | 116 | ||
bb) „Instructions données” | 120 | ||
cc) „Fourniture de moyens” | 120 | ||
dd) „Aide ou assistance” | 121 | ||
b) Teilnahmehandlungen während der Haupttat | 122 | ||
c) Teilnahmehandlungen nach der Haupttat | 123 | ||
3. Beihilfe zur Beihilfe | 125 | ||
4. Die strafrechlichte Behandlung des „agent provocateur” und des von ihm provozierten Täters | 128 | ||
a) Strafrechtliche Behandlung des „provoqué” | 128 | ||
b) Strafrechtliche Behandlung des „agent provocateur” | 132 | ||
II. „L’élément moral ou psychologique” | 134 | ||
1. Erforderlichkeit des „élément moral” | 135 | ||
2. Abweichung der Vorstellung des „complice” bezüglich der anvisierten Haupttat von der tatsächlich verwirklichten | 137 | ||
a) Verwirklichung einer gänzlich anderen Art der Straftat | 138 | ||
b) Verwirklichung der geplanten Straftat mit straferschwerenden Umständen | 140 | ||
c) Verwirklichung einer zunächst unbestimmten Haupttat | 141 | ||
d) Verwirklichung der geplanten Straftat auf andere Art und Weise | 142 | ||
3. Teilnahme und Fahrlässigkeitsstraftaten | 143 | ||
a) Keine fahrlässige „complicité” an einer Vorsatztat | 143 | ||
b) Vorsätzliche „complicité” an einer Fahrlässigkeitstat | 144 | ||
c) Fahrlässige „complicité” an einer Fahrlässigkeitstat | 145 | ||
4. Teilnahme an Gewohnheitsverbrechen | 151 | ||
III. Vermutung der Beteiligung | 153 | ||
1. „Les infractions collectives” | 153 | ||
2. „La complicité corespective” | 155 | ||
a) Fälle, in denen der tatbestandliche Erfolg keinem bestimmten Beteiligten zugerechnet werden kann | 155 | ||
b) Fälle, in denen der tatbestandliche Erfolg nur von einem Gruppenmitglied herbeigeführt worden sein kann | 157 | ||
3. Abschnitt: Die Strafe der Beteiligten (art. 59) | 161 | ||
A) Sinn der Regelung | 161 | ||
B) Auswirkungen tatsächlicher und persönlicher straferschwerender Umstände beziehungsweise Strafmilderungsgründe: „circonstances aggravantes ou atténuantes”, „excuses atténuantes” | 164 | ||
I. Begriffserklärungen | 164 | ||
1. „Circonstances aggravantes” | 164 | ||
2. „Circonstances atténuantes” | 165 | ||
3. „Excuses atténuantes” | 165 | ||
II. Auswirkungen auf die Höhe des Strafmaßes für Täter und „complice” | 167 | ||
1. Zurechnung zwischen Tätern und „complices” | 167 | ||
a) Zurechnung vom Täter auf den „complice” | 167 | ||
aa) „Circonstances/excuses personnelles” | 167 | ||
bb) „Circonstances/excuses réelles” | 169 | ||
cc) „Circonstances mixtes” | 170 | ||
b) Zurechnung vom „complice” auf den Haupttäter | 171 | ||
2. Zurechnung zwischen Mittätern | 173 | ||
4. Abschnitt: Gesetzesentwürfe | 175 | ||
A) „L’avant-projet de 1892” | 175 | ||
B) „L’avant-projet de 1932” und “le projet de loi de 1934” | 177 | ||
C) „L’avant-projet de 1976” | 179 | ||
D) „L’avant-projet de 1978” | 182 | ||
E) „L’avant-projet de 1983” | 184 | ||
F) „Le projet de loi de 1986” | 185 | ||
G) „Le projet de loi de 1989” | 186 | ||
Dritter Teil: Rechtsvergleichende Wertung | 189 | ||
1. Abschnitt: Einordnung des französischen Systems | 189 | ||
A) Einheitstätersystem oder Akzessorietätsprinzip | 189 | ||
I. Kein formales Einheitstätersystem | 190 | ||
II. Kein funktionales Einheitstätersystem | 190 | ||
III. Akzessorietätsprinzip | 193 | ||
B) Theorien zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme | 195 | ||
I. Überwiegende Auffassung in der Literatur | 195 | ||
II. Teilweise in der Literatur vertretene Auffassung | 196 | ||
III. Auffassung der Rechtsprechung | 199 | ||
1. Systematische Einordnung | 199 | ||
2. Kritische Bewertung | 205 | ||
2. Abschnitt: Der Strafgrund der Teilnahme | 209 | ||
3. Abschnitt: Anstiftung und mittelbare Täterschaft | 213 | ||
A) Rechtliche Qualifizierung der Anstiftung | 213 | ||
B) Mittelbare Täterschaft | 216 | ||
4. Abschnitt: Vorsatz und Teilnahmelehre | 221 | ||
5. Abschnitt: Die Strafe der Beteiligten | 227 | ||
A) Die Frage nach einer Strafmilderung für den Teilnehmer | 227 | ||
B) Berücksichtigung besonderer persönlicher Merkmale | 232 | ||
Zusammenfassung | 239 | ||
Literaturverzeichnis | 243 |