Notwehr gegen Schweigegelderpressung
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Notwehr gegen Schweigegelderpressung
Zugleich ein Beitrag zu den Grundprinzipien der Notwehr
Schriften zum Strafrecht, Vol. 147
(2004)
Additional Information
Book Details
Pricing
Abstract
Bei einem erpresserischen Angriff mit der Androhung der Anzeige strafbaren Verhaltens des Angegriffenen oder der Publikation sonstiger ihn kompromittierender Sachverhalte stellt sich die Frage einer Notwehrrechtfertigung von Abwehrmaßnahmen. Nach einer Auseinandersetzung mit den verschiedenen Notwehrkonzeptionen und der Befürwortung eines rein individualistischen Notwehransatzes würdigt die Verfasserin die einzelnen Voraussetzungen des § 32 StGB bei privaten Verteidigungshandlungen. Die in Betracht kommenden Reaktionen des Angegriffenen - Tonbandaufnahme, Hausfriedensbruch, Diebstahl, Körperverletzung, Tötung etc. - sind zur Abwehr geeignete Maßnahmen. Das gilt auch für nur vorbereitende Handlungen, welche erst die Chance einer Verteidigung eröffnen.Aufgrund der bei einer Schweigegelderpressung regelmäßig eingeräumten Zeit muss der Erpresste jedoch staatliche Hilfe zur Abwehr des Angriffs in Anspruch nehmen. Dadurch gelangt zwar die Straftat bzw. das sonstige kompromittierende Verhalten zur Kenntnis der staatlichen Organe. Diese Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen, nämlich der Selbstbelastungsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, sind dem Angegriffenen jedoch zumutbar. Mit der Möglichkeit einer Verfahrenseinstellung oder der Annahme eines Verwertungsverbotes hinsichtlich der zwangsweise zu offenbarenden selbstbelastenden strafrechtlich relevanten Tatsachen sind zudem Regularien zur angemessenen Kompensation gegeben. Die für den mit der Offenbarung sonstigen kompromittierenden Verhaltens Erpressten mit der Einschaltung der Polizei verbundenen Gefahren relativieren sich auch dadurch, dass die mit der Sache befassten Beamten zur Verschwiegenheit verpflichtet sind und gem. § 171b GVG auch die Möglichkeit besteht, in einem gegen den Erpresser geführten Prozess die Öffentlichkeit auszuschließen. Die Verfasserin gelangt dementsprechend zu dem Ergebnis, dass eigene Abwehrhandlungen des Erpressten gegen seinen Angreifer mangels Erforderlichkeit nicht gem. § 32 StGB gerechtfertigt sind.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 13 | ||
Einleitung | 17 | ||
1.Teil: Grundprinzipien der Notwehr | 20 | ||
§ 1 Dualistische Notwehrkonzeption | 21 | ||
§ 2 Überindividualistische Notwehrkonzeptionen | 26 | ||
A. Selbstbehauptung des Rechts | 28 | ||
B. Normative Geltung der Rechtsordnung | 36 | ||
§ 3 Individualistische Notwehrkonzeptionen | 39 | ||
A. Das Vertragsmodell Hoyers | 41 | ||
B. Das GegenseitigkeitsVerhältnis Hruschkas | 45 | ||
C. Prinzip gesteigerter Zuständigkeit | 46 | ||
D. Vermeidbarkeit der Abwehrfolgen | 49 | ||
E. Abstellen auf die spezifische Lage des Angegriffenen | 50 | ||
F. Individualrechtsgüterschutz und Handlungsfreiheit als mitangegriffenes Rechtsgut | 52 | ||
G. Persönlichkeitsrecht als mitangegriffenes Rechtsgut | 56 | ||
2. Teil: Rechtfertigung der Abwehrhandlung nach § 32 StGB | 66 | ||
§ 1 Einwände gegen Notwehr bei Schweigegelderpressungen | 66 | ||
A. Heimlichkeit der Notwehr | 69 | ||
I. Die Auffassung Amelungs | 70 | ||
II. Stellungnahme | 71 | ||
1. Historische Rechtslage | 71 | ||
2. Aktuelle Rechtslage | 73 | ||
3. Einwände speziell gegen die Lösung Amelungs | 74 | ||
B. Wesen der Rechtsordnung | 77 | ||
C. Bedeutung des § 154c StPO | 78 | ||
D. Kriminalpolitische Erwägungen | 80 | ||
§ 2 Vorliegen einer Notwehrlage | 80 | ||
A. Angriff | 81 | ||
I. Ablehnung eines Angriffs bei Erpressungsversuchen | 81 | ||
1. Angriff als gewalttätiges Vorgehen | 81 | ||
2. Angriff als unmittelbare Rechtsgutsverletzung | 82 | ||
II. Herkömmliche Begriffsbestimmungen | 84 | ||
III. Kritik | 84 | ||
IV. Angriff als Beeinträchtigung notwehrfähiger Interessen | 86 | ||
1. Die Ehre als rechtlich geschütztes Interesse | 88 | ||
a) Strafrechtlicher Schutz | 89 | ||
b) Zivilrechtlicher Schutz | 92 | ||
c) Zusammenfassung | 95 | ||
2. Das Interesse an der Vermeidung strafrechtlicher Verfolgung als rechtlich geschütztes Gut | 95 | ||
a) Der Begriff des notwehrfähigen Interesses | 96 | ||
b) Selbstbegünstigungsinteresse als notwehrfähiges Interesse | 98 | ||
aa) Selbstbegünstigungsinteresse als Individualrechtsgut | 99 | ||
bb) Rechtsschutz aus strafprozessualen Normen | 101 | ||
(1) Verneinung eines Rechtsanspruchs auf Selbstbelastungsfreiheit | 102 | ||
(2) Die traditionelle Ansicht | 103 | ||
c) Ergebnis | 108 | ||
3. Willensfreiheit als notwehrfähiges Interesse | 108 | ||
a) Rechtlich garantierte Freiheit | 109 | ||
b) Prüfung eines Eingriffs in die rechtlich garantierte Freiheit | 113 | ||
c) Ergebnis | 114 | ||
4. Vermögen als rechtlich geschütztes Interesse | 115 | ||
5. Persönlichkeitsverletzung als mittelbar betroffenes Rechtsgut | 119 | ||
6. Zusammenfassung | 119 | ||
B. Gegenwärtiger Angriff | 119 | ||
C. Rechtswidriger Angriff | 125 | ||
§ 3 Verteidigungshandlung | 128 | ||
A. Geeignetheit der Verteidigung | 129 | ||
I. Abstrakte Bestimmung des Begriffs | 129 | ||
1. Ableitung des Kriteriums der Geeignetheit | 129 | ||
2. Inhaltliche Bestimmung der Geeignetheit | 130 | ||
3. Sicht zur Beurteilung der Geeignetheit | 132 | ||
II. Konkrete Verteidigungshandlungen | 134 | ||
1. Einwirkungen zum Auffinden von Erpresser und Beweismaterial | 134 | ||
a) Tonbandaufnahme gem. § 201 StGB | 134 | ||
aa) Tatbestandsausschluss | 134 | ||
(1) Ausschluss mangels Vertraulichkeit des Wortes | 134 | ||
(2) Ausschluss wegen Verwirkung | 135 | ||
(3) Teleologische Tatbestandsreduktion bei Kommunikationsdefiziten | 137 | ||
bb) Tatbestandsverwirklichung | 137 | ||
(1) §201 Abs. 1 Nr. 1 StGB | 137 | ||
(2) §201 Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt. StGB | 138 | ||
(3) §201 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. StGB | 141 | ||
(4) §201 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. StGB | 141 | ||
cc) Rechtfertigung | 142 | ||
(1) Rechtfertigung der Aufnahme | 142 | ||
(2) Rechtfertigung des Gebrauchs und der Zugänglichmachung für Dritte | 143 | ||
(3) Auswirkungen einer Rechtfertigung der Verwendung des Tonträgers auf die Aufnahme | 145 | ||
b) Hausfriedensbruch gem. § 123 StGB | 146 | ||
c) Ausspähen von Daten gem. § 202 a StGB | 147 | ||
2. Einwirkungen auf das Fundament der Drohung | 147 | ||
a) Datenveränderung gem. § 303 a StGB | 147 | ||
b) Diebstahl von Beweismitteln gem. § 242 StGB | 148 | ||
c) Sachbeschädigung gem. § 303 StGB | 149 | ||
d) Urkundenunterdrückung gem. § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB | 149 | ||
3. Einwirkungen auch auf den Erpresser | 149 | ||
a) Psychische Einwirkungen | 149 | ||
aa) Nötigung gem. § 240 StGB | 149 | ||
bb) Erpressung gem. § 253 StGB | 151 | ||
cc) Raub gem. § 249 StGB | 152 | ||
dd) Betrug gem. § 263 StGB | 153 | ||
b) Physische Einwirkungen | 153 | ||
aa) Nötigung gem. § 240 StGB und Erpressung gem. § 253 StGB | 153 | ||
bb) Raub gem. § 249 StGB | 153 | ||
cc) Körperverletzung gem. § 223 StGB | 153 | ||
dd) Tötung gem. § 212 StGB | 154 | ||
B. Einsatz des mildesten Mittels | 154 | ||
I. Entscheidungsrelevante Umstände für die Beurteilung des mildesten Mittels | 155 | ||
1. Überindividualistische Interpretation des Merkmals? | 155 | ||
2. Individualistische Interpretation | 157 | ||
II. Kennzeichnung der besonderen Notwehrsituation bei Schweigegelderpressungen | 158 | ||
III. Inanspruchnahme polizeilicher Hilfe bei Schweigegelderpressungen | 159 | ||
1. Anknüpfungspunkte für die Diskussion um die Inanspruchnahme polizeilicher Hilfe | 160 | ||
a) Das Merkmal der Erforderlichkeit | 160 | ||
aa) Recht auf eigenhändige Verteidigung | 160 | ||
bb) Staatliche Hilfe als grundsätzlich mildestes Mittel | 162 | ||
b) Subsidiarität der Notwehr | 163 | ||
aa) Begründung und Reichweite | 165 | ||
bb) Konsequenzen | 166 | ||
2. Abwehrmittel der Polizei bei Erpressungen | 166 | ||
a) Maßnahmen gegen den bekannten Täter | 167 | ||
b) Überführung des unbekannten Täters | 168 | ||
3. Fazit | 169 | ||
4. Gefahren für die Interessen des Angegriffenen | 169 | ||
a) Allgemeine Kennzeichnung der Problematik | 169 | ||
b) Offenbarung des Geheimnisses | 171 | ||
aa) Selbstbelastungsfreiheit | 173 | ||
(1) Reichweite des Grundsatzes | 178 | ||
(a) Personaler Anwendungsbereich | 178 | ||
(b) Sachlicher Anwendungsbereich | 182 | ||
(aa) Zwangslage nur bei Anordnung von Beugemitteln zur Durchsetzung der Auskunftspflicht | 182 | ||
(bb) Zwangslage nur bei existenzvemichtenden bzw. -bedrohenden Nachteilen | 185 | ||
(cc) Zwangslage bei drohendem Eintritt von den Zwangsmitteln gleichgestellten Nachteilen | 186 | ||
(dd) Übertragung der gefundenen Ergebnisse auf die Situation des Erpressten | 187 | ||
(2) Einschränkungen der Selbstbelastungsfreiheit | 189 | ||
(3) Zusammenfassung und Ergebnis | 196 | ||
bb) Interesse, sich nicht selbst kompromittieren zu müssen | 196 | ||
(1) Nemo-tenetur-Grundsatz | 197 | ||
(2) Schutz des Zeugen | 198 | ||
(3) Schutz des Erpressten | 204 | ||
(a) Schlussfolgerung aus dem Vergleich mit der Situation des erpressten Straftäters | 206 | ||
(b) Relativierung der für den Erpressten bestehenden Risiken | 207 | ||
(aa) Verschwiegenheitspflicht | 207 | ||
(bb) Verfahrensbezogene Schutzmöglichkeiten | 208 | ||
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse | 212 | ||
Schrifttumsverzeichnis | 216 | ||
Sachwortverzeichnis | 242 |