Cäsarismus und Machtpolitik
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Cäsarismus und Machtpolitik
Eine historisch-biobibliographische Analyse von Max Webers Charismakonzept
Soziologische Schriften, Vol. 63
(1997)
Additional Information
Book Details
Pricing
Abstract
Der Begriff »Charisma« ist sowohl für Max Webers Menschenbild als auch für seine wissenschaftliche und politische Karriere von zentraler Bedeutung. Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, nach der Entstehungsgeschichte des Charismakonzepts parallel zu Webers dreidimensionaler - wissenschaftlicher, politischer und psychischer - Entwicklung zu forschen, dessen Trag- und Reichweite im Licht der späteren Erfahrung zu durchleuchten und sein Wesen zu klären. Das Charismakonzept spiegelt wider, einerseits Webers inneren Kampf gegen sein eigenes Ohnmachtsgefühl - das durch mangelnde Qualifikation für seinen nationalökonomischen Lehrstuhl zu einem psychischen Zusammenbruch führte - durch das Streben nach politischer, außeralltäglicher Qualität, und andererseits das Streben der deutschen Politiker nach einer Großmachtstellung.Für die Begriffswandlung von der Verwaltung der christlichen Gemeinde zur Staatsherrschaft sowie für die Legitimitätsquelle der charismatischen Herrschaft fehlen historische Belege. Um diese Schwäche zu vertuschen, hat Weber von Machiavelli die nationalistische Liebe zum Vaterland, von Freud die Analyse der Zwangsneurose und von Robert Michels die Oligarchietheorie übernommen. Trennt man die glänzende Schale ab, sieht man den Kern eines modernen Cäsarismus, der nach außen Großmachtstellung, nach innen persönliche Diktatur verlangt, und zwar in Form der modernen plebiszitären Führerdemokratie.Wirkungsgeschichtlich betrachtet, zieht sich ein nationalistischer Faden merkwürdig durch die ganze Rezeption in Deutschland, die durch die Bewunderung Webers Anhänger gegenüber seinem persönlichen Charisma gekennzeichnet ist. Die Rezeption durch Robert Michels unter Mussolinis Herrschaft hatte eine ähnliche Wirkung wie die unter Hitlers Herrschaft. Die Rezeption in der VR China in den letzten Jahren stand im Einklang mit dem Neoautoritarismus, der auf eine Stärkung der Diktatur der Zentralregierung abzielt. Ein ahistorisches Konzept hat mehrmals negative historische Folgen verursacht. Die Wahlverwandtschaft zwischen Charismakonzept, Faschismus und Oligarchie liegt im antidemokratischen und antivölkerrechtlichen Wesen dieses Konzepts, was auch Webers Einstellung zur Innen- und Außenpolitik Deutschlands kennzeichnete.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Inhalt | 7 | ||
Vorbemerkung | 11 | ||
I. Max Webers Charismakonzept | 18 | ||
1. Die verschiedenen Versionen | 18 | ||
2. Phase der Herrschaftssoziologie | 19 | ||
2.1 Charisma | 19 | ||
2.1.1 Definition | 20 | ||
2.1.2 Das magische Charisma | 20 | ||
2.1.3 Erbcharisma | 22 | ||
2.1.4 Bewährung des Charismas | 23 | ||
2.2 Charismatische Autorität | 23 | ||
2.2.1 Definition | 23 | ||
2.2.2 Soziale Strukturform der charismatischen Autorität | 24 | ||
2.2.3 Legitimität der charismatischen Autorität | 25 | ||
2.2.4 Entstehung der charismatischen Autorität | 25 | ||
2.2.5 Irrationalität und der revolutionäre Charakter der charismatischen Autorität | 26 | ||
2.3 Veralltäglichung des Charismas | 27 | ||
3. Phase der Staatssoziologie | 27 | ||
3.1 Theorie | 27 | ||
3.1.1 Charisma | 28 | ||
3.1.2 Charismatische Herrschaft | 28 | ||
3.1.3 Bewährung des Charismas | 29 | ||
3.1.4 Charisma als große revolutionäre Macht | 30 | ||
3.1.5 Die Veralltäglichung des Charismas | 31 | ||
3.2 Aktuelle Werbung | 33 | ||
3.2.1 Die Vorträge auf den Lauensteiner Tagungen | 34 | ||
3.2.2 “Über die Probleme der Staatssoziologie” | 34 | ||
3.2.3 “Politik als Beruf” | 34 | ||
II. Der Wandel des Begriffes Charisma | 37 | ||
1. Ursprüngliche Bedeutung | 37 | ||
2. Im Urchristentum | 38 | ||
3. Rudolph Sohms Sichtweise | 42 | ||
4. Im Alten Testament | 45 | ||
III. Theoretische Quellen | 47 | ||
1. Bei Machiavelli | 47 | ||
1.1 Über die Menschen | 47 | ||
1.2 Über den revolutionären Charakter der charismatischen Herrschaft | 48 | ||
1.3 Über Politik und Religion | 48 | ||
1.4 Nationalistische Liebe zum Vaterland | 49 | ||
1.5 Typen der Herrschaft | 51 | ||
2. Bei Sigmund Freud | 52 | ||
3. Bei Robert Michels | 56 | ||
IV. Max Webers psychische Entwicklung: A. Familiengeschichte, individuelle Entwicklung, Krankheit | 62 | ||
1. Das Erbe von Emilie Souchay-Fallenstein | 62 | ||
1.1 Großmutter Fallenstein | 62 | ||
1.2 Die Töchter | 66 | ||
1.3 Die dritte Generation | 68 | ||
2. Kindheit und Jugend | 70 | ||
2.1 Der Erstgeborene | 70 | ||
2.2 Verhältnis zu Alfred | 73 | ||
2.3 Schulzeit | 75 | ||
2.4 Verhältnis zu den Eltern | 75 | ||
2.5 Der Einfluß der Fallenstein-Frauen | 78 | ||
3. Liebe und Ehe | 79 | ||
3.1 Emmy Baumgarten | 79 | ||
3.2 Marianne Weber | 80 | ||
4. Die Karriere | 81 | ||
5. Vater-Sohn-Konflikt | 86 | ||
6. Die Krankheit | 90 | ||
V. Max Webers psychische Entwicklung: B. Nach der Genesung | 96 | ||
1. Charisma unter Frauen: in der erotischen Bewegung | 96 | ||
1.1 Die Ehekrisen | 96 | ||
1.2 Charismatischer Führer des Rests der erotischen Bewegung | 98 | ||
1.3 Mina Tobler | 99 | ||
1.4 Else Jaffé | 100 | ||
2. Männerkonflikte | 101 | ||
2.1 Bruder-Konflikt | 102 | ||
2.2 Konflikt mit Otto Groß | 103 | ||
2.3 Konflikt mit Stefan George | 105 | ||
VI. Max Webers wissenschaftliche Entwicklung | 109 | ||
1. Der Weg von der Nationalökonomie zur Religionssoziologie | 109 | ||
2. Der Weg von der Religionssoziologie zur Herrschaftssoziologie | 112 | ||
3. Der Weg von der Herrschaftsoziologie zur Staatssoziologie | 114 | ||
VII. Max Webers politische Entwicklung | 118 | ||
1. Die Bismarckzeit | 119 | ||
1.1 Nationalliberalismus im Elternhaus | 119 | ||
1.2 Großvater Fallenstein | 120 | ||
1.3 Auseinandersetzung mit Hermann Baumgarten | 122 | ||
1.4 Treitschkes Einfluß auf Webers politische Auffassung | 123 | ||
2. Das politische Führungsvakuum | 126 | ||
3. Machtpolitiker | 128 | ||
4. Politischer Ehrgeiz | 132 | ||
VIII. Rezeption von Webers Charismakonzept in Deutschland | 136 | ||
1. Marianne Weber | 136 | ||
2. Karl Jaspers | 141 | ||
3. Theodor Heuss | 144 | ||
4. Carl Schmitt | 146 | ||
5. Hermann Rauschning | 151 | ||
6. Wolfgang Schluchter | 153 | ||
IX. Rezeption des Charismakonzepts im nichtdeutschen Sprachgebiet: A. Die Rezeption in Italien vor den 50er Jahren | 156 | ||
1. Die Lage Italiens nach dem Ersten Weltkrieg | 156 | ||
2. Die Rezeption von Max Webers Charismakonzept | 157 | ||
2.1 Die Übersetzung | 157 | ||
2.1.1 Parlament und Regierung | 157 | ||
2.1.2 Auswahl aus Wirtschaft und Gesellschaft | 158 | ||
2.1.3 “Wissenschaft als Beruf” und “Politik als Beruf” | 158 | ||
2.2 Die Rezeption | 159 | ||
2.2.1 Pietro de Francisci | 159 | ||
2.2.2 Robert Michels | 159 | ||
X. Rezeption des Charismakonzepts im nichtdeutschen Sprachgebiet: B. In der VR China 1980–1989 | 163 | ||
1. Chinesische Übersetzungen von Max Webers Werken | 163 | ||
1.1 Vor 1949 | 163 | ||
1.2 In Taiwan | 164 | ||
1.3 In der VR China | 165 | ||
2. Allgemeine Weber-Studien in der VR China in den 80er Jahren | 166 | ||
2.1 Wiederaufbau des Studienfachs Soziologie in der VR China | 167 | ||
2.2 Offizielle Einführung | 167 | ||
2.3 Max-Weber-Symposium | 168 | ||
2.4 Weber-Fieber | 168 | ||
3. Rezeption: der Neoautoritarismusstreit | 172 | ||
3.1 Neoautoritarismus | 173 | ||
3.1.1 Aufgeklärte Autokratie | 173 | ||
3.1.2 Übergangsautokratie der Gewaltherrscher | 174 | ||
3.1.3 Halbtotalitarismus | 175 | ||
3.1.4 Herrschaft der Eliten | 175 | ||
3.1.5 “Harte Regierung, weiche Wirtschaft” | 176 | ||
3.2 Weberrezeption in der Kritik am Neoautoritarismus | 177 | ||
3.2.1 Die drei reinen Typen der legitimen Herrschaft als Entwicklungsformen der Herrschaft | 177 | ||
3.2.2 Falschzuschreibung | 178 | ||
3.2.3 Reformvorschlag | 179 | ||
3.3 Fortsetzung des Streits im Exil und in Hongkong | 180 | ||
3.4 Rezeption: Totalitarismus mit charismatischem Führer – Chinas Herrschaftstypus heute | 182 | ||
XI. Fazit | 184 | ||
Literaturverzeichnis | 188 | ||
Personenverzeichnis | 192 | ||
Personenregister | 205 | ||
Sachregister | 210 |