Die Abkehr des Arbeitsrechts von der Vertragsfreiheit
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Die Abkehr des Arbeitsrechts von der Vertragsfreiheit
am Beispiel betrieblicher Mitbestimmung bei übertariflichen Zulagen
Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht, Vol. 170
(1999)
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Abstract
Der Autor zeigt die Aufwertung der Betriebsautonomie und die einhergehende Abkehr des Arbeitsrechts von der Vertragsfreiheit auf, exemplarisch am Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei übertariflichen Zulagen gemäß § 87 Abs. 1 Nr.10 BetrVG.Statt diese Norm anhand ihres Zwecks der Gewährleistung innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit auszulegen, ist deren Reichweite anhand des Systems der arbeitsrechtlichen Gestaltungsfaktoren und ihrer Autonomiebereiche, also Individual-, Unternehmens- und Tarifautonomie zu bestimmen. Das Arbeitsverhältnis findet seine Grundlage in der Privatautonomie des Arbeitnehmers, wobei es keine personalen Elemente aufweist, ebensowenig wie sich die Belegschaft als Betriebsgemeinschaft begreifen läßt, um die Betriebsautonomie auszuweiten. Soziologische Betrachtungsweisen, seien es empirische, betriebswirtschaftliche oder ökonomische Analysen, haben außeracht zu bleiben. Geschützt wird die Selbstbestimmung durch das Günstigkeitsprinzip, welches die fremdbestimmte Zwangsordnung begrenzt. Im Hinblick auf die Unternehmensautonomie und auf die Schutzfunktion des Betriebsrats ist kein Teilhabezweck betrieblicher Mitbestimmung anzuerkennen. Die Tarifautonomie schließlich wird durch den Tarifvorbehalt und den Tarifvorrang gesichert. Übertarifliche Zulagen betreffen die Entgelthöhe, so daß es durch mitbestimmte Verteilungskriterien zu einem Attraktivitätsverlust der Gewerkschaften kommt.Mithin besteht folgendes Zusammenspiel der Gestaltungsfaktoren: Während die tariflichen Regelungen als Mindestarbeitsbedingungen ausreichend Schutz gewähren, dient der übertarifliche Bereich der Interessenverfolgung des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers und somit der Austauschgerechtigkeit. Eine Mitbestimmung kommt nur bei belegschaftsbezogenem Handeln des Arbeitgebers, also bei benannten Zulagen in Betracht, ebenso wie es bei einer nachträglichen Änderung eines systematischen Vorgehens bedarf, damit ein kollektiver Tatbestand im Sinne einer abstrakt-generellen Regelung vorliegt. Dann hat der Betriebsrat ein Initiativrecht für die Neuverteilung.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Einleitung | 11 | ||
I. Einführung in die Materie und Gang der Untersuchung | 11 | ||
II. Erscheinungsformen übertariflicher Entlohnung | 16 | ||
1. Teil: Auslegung des Begriffs "Fragen der betrieblichen Lohngestaltung" | 21 | ||
§ 1 Verwirklichung "innerbetrieblicher Lohngerechtigkeit" | 21 | ||
I. Die Konkretisierung durch die Rechtsprechung | 21 | ||
II. Auslegung nach der klassischen Methodenlehre | 22 | ||
1. Wortlaut und Systematik | 23 | ||
2. Historisch-teleologische Auslegung und Freiwilligkeitsgrundsatz | 23 | ||
3. Objektiv-teleologische Auslegung | 28 | ||
IIΙ. Verteilungsgerechtigkeit als sozialpolitisches Anliegen | 30 | ||
IV. Verwirklichung von Gerechtigkeit als Maxime | 32 | ||
§ 2 Die sogenannte "dritte Dimension des Arbeitsrechts" | 37 | ||
I. Das Vorfeld des kollektiven Tatbestands | 37 | ||
II. Kontroverse um die Rechtsstellung des Arbeitnehmers | 39 | ||
ΙII. Eingliederung in den Betrieb | 42 | ||
1. Der Betrieb als soziales System | 42 | ||
a) Interessenkonflikt zwischen den Arbeitnehmern | 42 | ||
b) ökonomische Schlußfolgerungen | 43 | ||
2. Bedeutung der Rechtssoziologie | 45 | ||
3. Klassenkämpferisches Denken im Arbeitsrecht | 48 | ||
§ 3 Abkehr des Arbeitsrechts vom Privatrecht | 53 | ||
I. Die Abhängigkeit des Arbeitnehmers als Grundsachverhalt | 53 | ||
1. Personenrechtliches Denken | 53 | ||
2. Der Arbeitnehmer als Mitarbeiter | 58 | ||
3. Wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers | 62 | ||
4. Arbeitsrecht als das Recht der Arbeitsverhältnisse | 66 | ||
II. Die Selbstbestimmung des einzelnen Arbeitnehmers | 70 | ||
1. Die Bedeutung des Günstigkeitsprinzips | 72 | ||
2. Privatautonomes Verständnis der Mitbestimmung | 75 | ||
a) Mitbestimmung als Fremdbestimmung | 75 | ||
b) Mitbestimmung als Sozialprivatrecht | 78 | ||
3. Generelle Ohnmächtigkeit des Arbeitnehmers | 84 | ||
a) Gestörte Vertragsparität | 84 | ||
b) Kollision von Individual- und Kollektivinteresse | 87 | ||
4. Freiheit und Gleichheit beim Entgelt | 90 | ||
ΙII. Ergebnis | 91 | ||
§ 4 Der allgemeine Sinn und Zweck der notwendigen Mitbestimmung | 93 | ||
I. Der Schutzzweck im Verhältnis Arbeitgeber/Arbeitnehmer | 93 | ||
II. Der Ordnungszweck im Verhältnis Arbeitnehmer/Arbeitnehmer | 95 | ||
ΙII. Der Teilhabezweck im Verhältnis Arbeitgeber/Belegschaft | 96 | ||
IV. Der Schutzzweck als Begrenzung der Betriebsautonomie | 97 | ||
1. Betriebliche Ordnung | 98 | ||
2. Das Verhältnis von Schutz- und Ausgleichsfunktion | 98 | ||
3. Management by Betriebsverfassung ? | 99 | ||
4. Zwischenergebnis | 105 | ||
V. Ergebnis zum ersten Teil | 105 | ||
2. Teil: Voraussetzungen und Grenzen des Mitbestimmungsrechts bei übertariflichen Zulagen | 107 | ||
§ 5 Gesetzlich normierte Schranken eines Mitbestimmungsrechts | 107 | ||
I. Der Tarifvorrang gemäß § 871 Eingangssatz BetrVG | 107 | ||
1. Bedeutung des Tarifvorrangs | 107 | ||
a) Entbehrlichkeit des doppelten Schutzes der Arbeitnehmer | 107 | ||
b) Sicherung der Tarifautonomie | 109 | ||
aa) Rückgriff auf die ratio des Tarifvorbehalts | 109 | ||
bb) Gefährdung durch betriebliche Mitbestimmung bei übertariflichen Zulagen | 110 | ||
2. Beschaffenheit der tariflichen Regelung | 115 | ||
a) Mindestanforderungen des Schutzes | 115 | ||
b) Bedeutung der Schutzfunktion | 116 | ||
3. Ergebnis | 118 | ||
II. Der Tarifvorbehalt gemäß § 77 III BetrVG | 118 | ||
§ 6 Übertarifliche Zulagen als Einzelfallregelungen | 120 | ||
I. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts | 121 | ||
1. Entwicklung bis zur Entscheidung des Großen Senats | 121 | ||
2. Folgeentscheidungen des 1. Senats | 122 | ||
II. Literaturauffassungen zur Kollektivität des Zulagenbereichs | 127 | ||
1. Grundsätzliche Kollektivität | 127 | ||
2. Subjektive Bestimmung seitens des Arbeitgebers | 129 | ||
ΙII. Stellungnahme | 130 | ||
1. Generalität der Regelung | 131 | ||
2. Kollektiver Bezug der Angelegenheit | 132 | ||
3. Abstraktheit der Regelung | 135 | ||
IV. Folgerungen für den Umfang des Mitbestimmungsrechts | 139 | ||
1. Unbenannte Zulagen | 139 | ||
2. Benannte Zulagen | 140 | ||
3. Einheitliche Zulagen | 140 | ||
4. Nachträgliche Veränderung der Gewährung | 141 | ||
§ 7 Besondere Probleme | 143 | ||
I. Die Änderung der Verteilungsgrundsätze | 143 | ||
1. Bezugspunkt und Bezugsgrößen für die Feststellung einer Veränderung | 143 | ||
a) Die Grundsätze des Großen Senats | 143 | ||
b) Kritik | 144 | ||
2. Entfallen des Mitbestimmungsrechts trotz Änderung der Verteilungsgrundsätze | 148 | ||
a) Rechtliches und tatsächliches Hindernis | 148 | ||
b) Vollständige Reduzierung und Neugewährung | 149 | ||
II. Anknüpfungspunkt für die Mitbestimmung | 151 | ||
1. Anrechnung und Widerruf als Lohngestaltung | 152 | ||
2. Das Verhältnis zum bilateralen Regelungsbereich | 155 | ||
a) Individualrechtliche Folgen unterbliebener Mitbestimmung im Bereich des § 871 BetrVG | 155 | ||
aa) Theorie der notwendigen Mitbestimmung | 155 | ||
bb) Theorie der erzwingbaren Mitbestimmung | 157 | ||
cc) Würdigung | 158 | ||
b) Grundfall: Erstmalige Gewährung von Zulagen | 160 | ||
c) Übertragung auf die Kürzung der Zulagengewährung | 165 | ||
aa) Die Rechtsprechung zur Festschreibung des sog. Gesamtvolumens | 165 | ||
bb) Unwirksamkeit der Neuverteilungsentscheidung | 166 | ||
cc) Rückwirkung der mitbestimmten Regelung | 170 | ||
ΙII. Ausblick | 172 | ||
Zusammenfassung der Ergebnisse | 174 | ||
Literaturverzeichnis | 178 | ||
Sachregister | 198 |