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Die Zeitlichkeit des positiven Rechts und die Geschichtlichkeit des Rechtsbewußtseins

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Kirste, S. (1998). Die Zeitlichkeit des positiven Rechts und die Geschichtlichkeit des Rechtsbewußtseins. Momente der Ideengeschichte und Grundzüge einer systematischen Begründung. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-49318-0
Kirste, Stephan. Die Zeitlichkeit des positiven Rechts und die Geschichtlichkeit des Rechtsbewußtseins: Momente der Ideengeschichte und Grundzüge einer systematischen Begründung. Duncker & Humblot, 1998. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-49318-0
Kirste, S (1998): Die Zeitlichkeit des positiven Rechts und die Geschichtlichkeit des Rechtsbewußtseins: Momente der Ideengeschichte und Grundzüge einer systematischen Begründung, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-49318-0

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Die Zeitlichkeit des positiven Rechts und die Geschichtlichkeit des Rechtsbewußtseins

Momente der Ideengeschichte und Grundzüge einer systematischen Begründung

Kirste, Stephan

Schriften zur Rechtstheorie, Vol. 183

(1998)

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About The Author

Stephan Kirste ist ordentlicher Universitätsprofessor für Rechts- und Sozialphilosophie an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg und Vorsitzender der Deutschen Sektion der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie. Zuvor war er Dekan der Deutschsprachigen Fakultät für Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaften an der Deutschsprachigen Andrássy Gyula Universität Budapest. Er hat sich 2004 in Heidelberg habilitiert und erhielt die venia legendi für Öffentliches Recht, Rechtsphilosophie, Verfassungsgeschichte der Neuzeit und Rechtssoziologie. Promoviert wurde er von der Juristischen Fakultät der Universität Freiburg. Er war 2006 Gastprofessor an der University of Virginia und ist seit 2001 Gastprofessor an verschiedenen Brasilianischen Universitäten. Neben zahlreichen Aufsätzen und Sammelbänden zu öffentlich-rechtlichen, rechtsphilosophischen, verfassungsvergleichenden und verfassungsgeschichtlichen Themen, sind 2010 seine »Einführung in die Rechtsphilosophie« und bei Duncker & Humblot eine Monographie zu Recht und Zeit erschienen.

Abstract

Recht läßt sich nicht einfach in einer als absolut vorgestellten Zeit verorten. Es strukturiert vielmehr den rechtlich relevanten Zusammenhang von Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit, die temporale Dramatik der rechtlichen Prozesse sowie die Bezüge zu anderen sozialen und natürlichen Zeiten nach Wertungskriterien in einer eigenen rechtlichen Zeitordnung. Zeitgerechtigkeit, verstanden als Berücksichtigung und Zusammenordnung verschiedener Eigenzeitlichkeiten, wird so zur Leistung des positiven Rechts. Die Realisierung dieser normativen Zeitordnung hängt davon ab, daß das handelnde Bewußtsein diese Ordnung, die sich ihm als Vergangenheitsbindung darstellt, geschichtlich übernimmt und mit der eigenen Gegenwart und Zukunft vermittelt.

Eine skizzenhafte Rekonstruktion der Ideengeschichte zeigt, daß der Antike die Vorstellung einer gerechten Naturordnung als einheitliche Grundlage von äußeren Bewegungen und damit Zeit und auch Recht selbstverständlich war. Ihr weiterer Gang bringt dann zum einen eine Verinnerlichung des Zeit- und Rechtsbewußtseins und zum anderen eine Ablösung einer objektiven Zeit von den sie konstituierenden Prozessen sowie die Verabstrahierung von Ewigkeit, die nicht mehr als Einheit der Zeitdimensionen, sondern als Negation der Zeit gesehen wird. Auch Recht fällt als positives in diese Zeitordnung oder hat als Naturrecht Teil an der Ewigkeit. Erst der deutsche Idealismus unternimmt dann wiederum den Versuch, in von der Vernunft geforderten zeitlichen Freiräumen (Kant) zu einer konkreten Zeitordnung zu kommen, die auch die Möglichkeit einer durch den Geist bestimmten rechtlichen Zeit eröffnet (Hegel). Dieser Ansatz wird dann etwa in Husserls Ausklammerung der objektiven Zeit oder auch Heideggers Zeitlichkeit des geschichtlichen Daseins massiv in Frage gestellt.

Löst sich in diesen Auffassungen auch eine Eigenzeitlichkeit des Rechts in die Zeitlichkeit des Daseins auf, so geht in der Systemtheorie das Zeit- und Rechtsbewußtsein in der Selbstreflexion des autopoietischen Rechtssystems unter. Eine Theorie der rechtlichen Zeit wird demgegenüber sowohl die Möglichkeit einer Eigenzeitlichkeit des positiven Rechts als auch die Bedeutung von Rechts- und Zeitbewußtsein zu berücksichtigen haben.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Einleitung 15
Α. Fragestellung der Arbeit 15
B. Zum Forschungsstand 17
I. Recht und Zeit 18
II. Recht und Geschichtlichkeit 21
Erster Teil: Zeitlichkeit und Geschichtlichkeit des Rechts in der Geschichte der Rechtsphilosophie 24
A. Antike 26
I. Ordnung und Zeit im Alten Ägypten 29
II. Der Übergang zur griechischen Antike 34
III. Anaximander (610 - 546 v. Chr.) 36
IV. Heraklit (544 - 483 v. Chr.) 40
V. Parmenides (ca. 540 - nach 480 v. Chr.) 42
VI. Solon (ca. 640 - 560 v. Chr.) 43
VII. Sophisten 45
1. Protagoras (484 - 414 ν. Chr.) 45
2. Gorgias (480 - 398 v. Chr.) 46
3. Hippias (um 400 v. Chr.) 47
VIII. Sokrates (ca. 470 - 399 v. Chr.) 48
IX. Historik 49
1. Herodot (484 - ca. 430 v. Chr.) 51
2. Thukydides (ca. 460 - 400 v. Chr.) 52
X. Platon (427 - 347 v. Chr.) 54
1. Starrheit der Gesetze und Flexibilität des Staatsmannes 55
2. Verfassungswandel (μεταβολή πολιτειών) 60
a) Der Verfassungsverfall 62
b) Menschliches Handeln und Verfall 65
c) Die Bewegung der Lebewesen 68
d) Piatons Zeitlehre 69
e) Zeit und μεταβολή πολιτειών 71
XI. Aristoteles (384 - 322 v. Chr.) 72
1. Die Dynamik des Rechts bei Aristoteles 73
a) Zu den Formen des Rechts bei Aristoteles 73
b) Beweglichkeit des Naturrechts 75
aa) κίνησις und μεταβολή in der praktischen Philosophie des Aristoteles 79
(1) Gewohnheit (ήθος) und Gesetz 79
(2) Ganzheitlichkeit und Unbewegtheit der Lust (ήδονή) 82
(3) Der Verfassungswandel (μεταβολή πολιτειών) 84
(a) Verfassungsformen und Wandel 84
(b) Verfassungswandel und Kreislauf 86
bb) Bewegung, Wandel und Veränderung in der Prima Philosophia und der Naturphilosophie. 90
(1) Die Grundbedeutung von Bewegung 90
(2) Formen von Bewegung und Wandel 92
(3) Natürliche und gewaltsame Bewegung 93
(4) Arten der Bewegung der Wesen 94
cc) Zusammenfassung und Beziehung der Bewegungslehre auf die Beweglichkeit des Naturrechts 97
(1) Naturrecht 98
(2) Gesetzesrecht 103
(3) Verfassung 104
2. Die Zeitlichkeit des Rechts bei Aristoteles 105
a) Aristoteles' Zeitlehre 106
b) Einige Aspekte der Zeitstruktur der Praxis 111
c) Zusammenfassende Überlegungen zur Zeitlichkeit des politischen Rechts bei Aristoteles 113
B. Mittelalter - Augustinus (354 - 430) 116
I. Die Hierarchie der Gesetze 117
II. Augustins Zeitauffassung 121
1. Ewigkeit und Zeit 122
2. Zeit 124
3. Zeit und Ewigkeit 128
4. Ewigkeit, Zeit und Geschichte 130
C. Recht, Zeit und Geschichtlichkeit im Deutschen Idealismus 134
I. Immanuel Kant 134
1. Kants Zeitbegriff 135
a) Die Zeit als reine Form sinnlicher Anschauung 135
b) Objektivität und Konkretionen der Zeit 141
aa) Transzendentale Apperzeption und Zeit 141
bb) Schema und Zeit 146
cc) Zeit in den Analogien der Erfahrung 149
c) Zusammenfassende Bemerkung zu Kants Zeitbegriff 151
2. Der Kontrast von Zeit und Sittlichkeit in der praktischen Philosophie 153
a) Trennung von zeitlicher Naturkausalität und zeitloser Kausalität aus Freiheit 154
b) Zeit und praktische Freiheit 155
3. Recht und Zeit bei Kant 163
a) Rechtsbegriff und Zeit 163
b) Provisorischer und peremtorischer Besitz 167
aa) Das Erlaubnisgesetz 167
bb) Provisorische Verhältnisse im Allgemeinen 170
cc) Der Übergang zu peremtorischen Verhältnissen 172
c) Abschließende Bemerkungen zur Zeit des Rechts und der Geschichte bei Kant 175
Exkurs zu Günther Winklers „Zeit und Recht" 177
II. Georg Wilhelm Friedrich Hegel 181
1. Grundzüge der Entfaltung des Zeitbegriffs in Natur- und Geistphilosophie 183
a) Der Begriff der Zeit 185
b) Die natürliche Zeit 189
c) Die Zeit des Geistes 194
aa) Der subjektive Geist 198
bb) Der objektive Geist 200
(1) Die Zeit der Weltgeschichte 201
(2) Zeit und Geschichte der Philosophie 204
2. Die rechtliche Zeit 207
a) Dasein und Zeitlichkeit des freien Willens 208
b) Zeit und abstraktes Recht 210
aa) Zeit und Person 211
bb) Zeit und Eigentum 211
(1) Die körperliche Ergreifung 213
(2) Die Formierung 214
(3) Der Gebrauch 215
c) Zeit und Gesetz 218
d) Zeit und Verfassung 227
3. Zusammenfassende Bemerkung 230
D. Phänomenologie und Existenzphilosophie 232
I. Phänomenologische Ansätze zum Problem von Recht und Zeit 232
1. Husserls „Phänomenologie des inneren Zeitbewußtseins" 233
a) Die Ausschaltung der objektiven Zeit 233
b) Die Konstituierung der Zeit im Bewußtseinsstrom 235
c) Die Zeitlosigkeit des Zeitflusses 238
d) Intersubjektive und soziale Zeit bei Husserl? 240
2. Gerhart Husserl zu Recht und Zeit 242
a) Abstrakte und konkrete Zeit des Rechts 243
aa) Zeitsein der Kunstwerke und des Rechts 243
bb) Entzeitung des Rechts 245
cc) Verzeitung des Rechts 248
b) Die Typologie des Zeitmenschen 252
II. Existenzphilosophische Ansätze 255
1. Sein und Zeit 255
a) Dasein als In-der-Welt-sein 256
b) Die Zeitlichkeit des Daseins 260
c) Die zeitliche Erstreckung des Daseins in umfassende Geschehenszusammenhänge 266
aa) Zeitlichkeit und Geschichtlichkeit 266
bb) Innerzeitigkeit und öffentliche Zeit 269
2. Recht und Zeit 272
a) Der Ort des Rechts 272
b) Maihofers Konzeption von der Zukunftsbezogenheit des Rechts 274
c) Geschichtlichkeit der Existenz und Geschichtlichkeit des Rechts bei van der Ven 276
d) Zeitlichkeit und Geschichtlichkeit von Recht unter Berufung auf fundamentalontologisches Denken? 277
e) Aussagen zur Zeitlichkeit und Geschichtlichkeit der Inhalte des Naturrechts 279
f) Zu Recht und Gesetz im seynsgeschichtlichen Denken 280
g) Zusammenfassende Bemerkung zu Recht und Zeit bei Heidegger 285
3. Kurze Bemerkung zu Recht, Zeit und Geschichtlichkeit bei Jaspers 286
E. Das Problem von Recht und Zeit in der Systemtheorie 289
I. Systeme und Zeit 289
1. Autopoietische Systeme 289
2. Strukturen und Veränderung 292
a) Strukturen 292
b) Funktion von Strukturen 293
c) Veränderung von Strukturen 295
d) Drei Formen der Änderung von Strukturen 295
aa) Anpassung 295
bb) Ausgleich von Systemwidersprüchen 296
cc) Morphogenese 296
e) Temporalisierung von Komplexität 297
3. Systemoperationen und Zeit 298
a) Die Zeiten der Systeme 298
b) Die Dimensionen der Zeit 301
II. Rechtssystem und Zeit 302
1. Rechtssystem 302
a) Der Rechtscode und die Einheit des Rechtssytems 303
b) Programme 304
c) Positivität und Geltung 305
aa) Positivität 305
bb) Geltung 307
cc) Rechtsänderung 308
dd) Kontinuität und Diskontinuität im Rechtssystem 309
ee) Temporalisierung von Komplexität und Hierarchien 310
2. Die Funktion des Rechts in zeitlicher Hinsicht 315
3. Kritische Anmerkungen 318
a) Normbegriff 318
b) Recht, Bewußtsein, Mensch 320
Zweiter Teil: Vergegenwärtigung 326
A. Problemstellung 326
B. Der Weg der Verinnerlichung von Zeit und Recht 336
C. Übergang 349
Dritter Teil: Grundzüge einer Theorie der Zeitlichkeit des Positiven Rechts 351
A. Die Zeitordnung des Rechts 352
I. Entzeitlichung auf Zeit 352
II. Ausgedehnte Gegenwart 356
III. Gegenwärtige Zukunft 357
1. Steuerung zukünftigen Verhaltens 358
2. Ausgriff auf die Zukunft 362
3. Zukunftsoffenheit 363
4. Rückwirkung 364
IV. Gegenwärtige Vergangenheit 366
V. Hierarchie 370
VI. Rechtliche Zeitregelungen 371
1. Rechtliche Regelung von Zeitmessung und Zeitrechnung 372
2. Rechtliche Bezugszeiten 373
a) Zeitablauf 374
b) Termine, Fristen, Perioden 374
c) Änderung der Zeitrichtung 378
d) Rechtliche Zeit ohne Ausdehnung in natürlicher Zeit: die „juristische Sekunde" 378
VII. Synchronisierung 379
VIII. Verzeitlichung 384
IX. Zusammenfassung 385
B. Zwei Einwände 386
I. Zeitlosigkeit von Recht? 386
II. Einwand der Geschichtlichkeit des Rechts 390
1. Symmetrisierung: die Bedeutung des Rechtsbewußtseins 390
a) Die Realität des Rechts als Geltung und als Aktualität 390
b) Das Rechtsbewußtsein 392
c) Symmetrisierung als Übernahme rechtlicher Verpflichtung in zeitlicher Hinsicht 396
2. Geschichtlichkeit des Rechtsbewußtseins 398
a) Zusammenfassende Bemerkung zu den bisher aufgetretenen Aspekten von Geschichtlichkeit 399
b) Philosophische Aspekte der Geschichtlichkeit des Rechtsverstehens 404
aa) Dilthey 404
bb) Gadamer 409
(1) Verstehen und Vorverständnis 409
(2) Verstehen und Anwendung 411
(3) Rechtliches Verstehen 414
c) Rechtsphilosophische Gesichtspunkte der Geschichtlichkeit des Rechts 415
aa) Grundfragen 415
(1) Geschichtlichkeit als historische Abhängigkeit des Rechts 416
(2) Der dynamische Begriff der Geschichtlichkeit des Rechts 417
(3) Geschichtlichkeit als Mitte und der Bezug zum Menschen 418
(4) Entwicklungsgeschichtlichkeit des Rechts 419
bb) José Llomparts Konzeption der Geschichtlichkeit der Rechtsprinzipien 425
cc) Arthur Kaufmann 426
III. Abschließende Überlegungen 429
Literaturverzeichnis 436
Personenverzeichnis 463
Sachverzeichnis 468