Zur Widerspruchsabhängigkeit von strafprozessualen Verwertungsverboten
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Zur Widerspruchsabhängigkeit von strafprozessualen Verwertungsverboten
Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft, Vol. 147
(2003)
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Abstract
Die Autorin beschäftigt sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine fehlende oder unzureichende Belehrung des Beschuldigten (§§ 136 I 2, 163 a IV StPO) im Ermittlungsverfahren ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht. 1992 hat der BGH zwar im Grundsatz anerkannt, dass ein Belehrungsmangel im Ermittlungsverfahren die Nichtverwertbarkeit der so erlangten Aussage des Beschuldigten in der Hauptverhandlung bewirkt. Er hat jedoch ein solches Verwertungsverbot nur für den Fall angenommen, dass der verteidigte oder richterlich belehrte Angeklagte der Verwertung in der Hauptverhandlung widerspricht.Karin Maiberg hat sich zum Ziel gesetzt, die dogmatische Rechtfertigung dieser richterlich statuierten Widerspruchsobliegenheit zu untersuchen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass eine solche Widerspruchsobliegenheit nicht in Einklang zu bringen ist mit der geltenden deutschen Strafprozessordnung. Gleichwohl versucht sie in einem weiteren Schritt Lösungsansätze für die Probleme, die die Aufstellung eines solchen Widerspruchserfordernisses für die Hauptverhandlung und den Rechtsmittelzug mit sich bringt, aufzuzeigen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Einleitung | 15 | ||
I. Beispiel aus der Rspr. | 15 | ||
II. BGHSt 38, 214ff. | 16 | ||
III. Problematik der Widerspruchslösung | 16 | ||
1. Verteidigter Angeklagter | 17 | ||
2. Unverteidigter Angeklagter | 17 | ||
3. Rechtsgrund der Widerspruchsobliegenheit | 18 | ||
4. Folgeprobleme | 19 | ||
a) Frühest möglicher Zeitpunkt für die Widerspruchserhebung | 19 | ||
b) Befristung des Widerspruchsrechts | 20 | ||
c) Rücknahme der einmal getroffenen Entscheidung | 20 | ||
d) Reaktion des Gerichts auf den Widerspruch | 21 | ||
e) Wirkungsdauer des (unterbliebenen) Widerspruchs | 21 | ||
IV. Gliederung der Abhandlung | 21 | ||
Teil 1: Entwicklung der Widerspruchslösung in der Rspr. und Literatur | 23 | ||
A. Einleitung | 23 | ||
B. Rechtsprechung des Reichsgerichts zur Verletzung der Benachrichtigungspflicht | 24 | ||
C. Rechtsprechung des BGH zur Verletzung der Benachrichtigungspflicht | 25 | ||
D. Rechtsprechung zu Verstößen gegen die Belehrungspflichten | 27 | ||
I. BGHSt 38, 214ff. | 27 | ||
1. Die Entscheidung | 27 | ||
2. Reaktion in der Literatur | 30 | ||
a) Zulässige richterliche Rechtsfortbildung oder Verstoß gegen den Vorbehalt des Gesetzes? | 31 | ||
b) Von der StPO vorgegebene Regel-Ausnahme-Verhältnisse und Struktur des deutschen Strafprozesses | 32 | ||
c) Stellung des Verteidigers und Prozessstrategie | 33 | ||
d) Waffengleichheit | 35 | ||
e) Ungleichbehandlung | 36 | ||
f) Übertragbarkeit der bisherigen Rspr. zu den Benachrichtigungsfehlern auf Belehrungsmängel | 36 | ||
g) Verfahrensrechtliche Praktikabilität | 37 | ||
II. Rspr. der Oberlandesgerichte zu den Altfällen | 37 | ||
III. Ausweitung der Widerspruchslösung durch den BGH | 39 | ||
E. Ausdehnungstendenzen | 44 | ||
I. Verfahrensfehler beim Einsatz verdeckter Ermittler und bei Fernmeldeüberwachungen | 44 | ||
II. Fortwirkung eines Verstoßes gegen § 136a | 45 | ||
III. Selbständiges Verwertungsverbot | 46 | ||
F. Entscheidungen der (Ober-)Landesgerichte zu den Folgeproblemen | 47 | ||
G. Fazit | 49 | ||
Teil 2: Dogmatische Begründungsansätze für die Konstellation des unverteidigten Angeklagten | 50 | ||
A. Entstehungsvoraussetzung für ein Verwertungsverbot in der Hauptverhandlung | 50 | ||
I. Einleitung | 50 | ||
1. Bedingtes Beweisverwertungsverbot | 50 | ||
2. Rspr. und Literatur | 51 | ||
3. Terminologie | 52 | ||
4. Lehre von den Beweisverboten | 54 | ||
II. Zweckrichtung der Beweisverwertungsverbote | 56 | ||
1. Schutz der Wahrheitsfindung | 58 | ||
a) Überblick | 58 | ||
b) Bedeutung für die Disponibilität von Verwertungsverboten und Berechtigung einer Widerspruchsobliegenheit | 60 | ||
2. Disziplinierung der Strafverfolgungsorgane | 62 | ||
a) Überblick | 62 | ||
b) Bedeutung für die Disponibilität und Berechtigung einer Widerspruchsobliegenheit | 63 | ||
3. Wahrung der Legitimation zum Strafen (spezial- und generalpräventiver Ansatz) | 65 | ||
a) Überblick | 65 | ||
b) Bedeutung für die Disponibilität und Berechtigung einer Widerspruchsobliegenheit | 67 | ||
4. Schutz des Rechtsfriedens | 67 | ||
a) Überblick | 67 | ||
b) Bedeutung für die Disponibilität und Berechtigung einer Widerspruchsobliegenheit | 69 | ||
5. Individualschutz | 70 | ||
a) Überblick | 70 | ||
b) Bedeutung für die Disponibilität und Berechtigung einer Widerspruchsobliegenheit | 71 | ||
6. Zusammenfassung | 72 | ||
III. Methoden zur Bestimmung von Verwertungsverboten im Einzelfall | 73 | ||
1. Schutzzwecklehre(n) | 73 | ||
a) Einführung | 73 | ||
b) Einzelne Vertreter | 74 | ||
c) Schutzzweck der Belehrungspflicht und der Benachrichtigungspflichten | 76 | ||
d) Widerspruchsobliegenheit nach der Schutzzwecklehre? | 78 | ||
2. Lehre von den informationellen Abwehrrechten | 82 | ||
a) Informationsrechtliche Ausrichtung | 82 | ||
b) Verwertungsverbot als Rechtsfolge eines öffentlich-rechtlichen Abwehranspruchs | 83 | ||
aa) Voraussetzungen des informationellen Folgenbeseitigungsanspruchs nach Amelung | 84 | ||
bb) Abweichende Thesen Störmers | 86 | ||
c) Einordnung der Aussagefreiheit und des Anwesenheitsrechts bei Vernehmungen | 87 | ||
d) Widerspruchsobliegenheit nach der Lehre von den informationellen Abwehransprüchen | 89 | ||
3. Abwägungslehre | 91 | ||
a) Einleitung | 91 | ||
b) Abwägungskriterien | 93 | ||
c) Einordnung der Widerspruchslösung in dieses Abwägungssystem | 97 | ||
aa) Geringeres Erfolgsunrecht | 98 | ||
bb) Verfahrensökonomie und Rechtsklarheit | 99 | ||
cc) Abwägung unter Einbeziehung der übrigen Abwägungskriterien | 99 | ||
d) Zulässigkeit der eingestellten Kriterien und Legitimität des Abwägungsergebnisses | 101 | ||
aa) Grenzen zulässiger Rechtsfortbildung: Strukturprinzipien des Strafverfahrens | 101 | ||
bb) Allgemeine Mitwirkungsobliegenheit des Angeklagten im Strafprozess? | 104 | ||
(1) Inquisitionsmaxime | 104 | ||
(2) Subjektstellung des Angeklagten | 105 | ||
(3) Allgemeines Prinzip der Präklusion? | 106 | ||
(4) Vergleich mit anderen Verfahrensarten | 110 | ||
(a) Anglo-amerikanisches Strafverfahren | 110 | ||
(b) Deutsches Zivilverfahren | 111 | ||
(c) Partikuläre Verfahrensordnungen | 112 | ||
e) Ergebnis: Strukturwidrige Umkehr der Handlungslast | 113 | ||
IV. Zusammenfassung der Ergebnisse dieses Kapitels | 114 | ||
B. Verzicht | 115 | ||
I. Definition und Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten | 116 | ||
II. Zulässigkeit des strafprozessualen Verzichts | 118 | ||
III. Reichweite der Verzichtsmöglichkeiten | 120 | ||
1. Allgemein | 120 | ||
2. Einzelne Verfahrensnormen | 122 | ||
a) Unverzichtbare Verfahrensnormen | 122 | ||
aa) Prozessvoraussetzungen | 122 | ||
bb) Absolute Revisionsgründe | 123 | ||
cc) Weitere unverzichtbare Verfahrensnormen | 124 | ||
b) Verzichtbare Verfahrensnormen | 124 | ||
3. Disponibilität des § 136 und der §§ 168 c, 224 | 125 | ||
IV. Unterbleiben eines Widerspruchs als Verzichtserklärung | 126 | ||
1. Grundsätze für die Auslegung von Prozessverhalten | 127 | ||
2. Erklärungswert des Nichterhebens eines Widerspruchs seitens des unverteidigten Angeklagten | 129 | ||
a) Erklärungswert des Schweigens bei prozessualer Passivität | 129 | ||
b) Erklärungswert bei prozessualer Aktivität | 130 | ||
aa) Kenntnisstand | 130 | ||
bb) Rechtsaufgabewille | 132 | ||
V. Zusammenfassung | 135 | ||
C. Verwirkung | 135 | ||
I. Objekt der Verwirkung | 136 | ||
1. Materielles Recht oder prozessuale Rügebefugnis | 136 | ||
2. Allgemeine Interventionsmöglichkeit oder Revisionsrügebefugnis | 138 | ||
II. Rechtsgrundlage der Verwirkung | 139 | ||
1. Teleologische Reduktion von Verfahrensbefugnissen | 140 | ||
a) Voraussetzungen und Grenzen dieser gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung | 141 | ||
aa) Planwidrige (verdeckte) Regelungslücke | 141 | ||
(1) Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes | 141 | ||
(2) Eingeplanter Missbrauch | 142 | ||
bb) Zweckentfremdung der Verfahrensbefugnis | 144 | ||
b) Folge einer teleologischen Reduktion | 145 | ||
c) Widerspruchslösung als Folge einer teleologischen Reduktion | 146 | ||
aa) Teleologische Reduktion der verletzten Verfahrensvorschrift | 146 | ||
bb) Teleologische Reduktion der einzelnen Revisionsrüge | 146 | ||
2. Gesamtanalogie | 148 | ||
3. Allgemeiner Rechtsgrundsatz der Rechtsordnung | 150 | ||
4. Rechtsstaatsprinzip | 153 | ||
III. Kreis der verwirkbaren Normen | 154 | ||
IV. Anforderungen an das zu einer Verwirkung führende Verhalten | 156 | ||
1. Verwirkung infolge illoyaler Verspätung | 156 | ||
a) Zeitmoment | 157 | ||
b) Umstandsmoment | 159 | ||
2. Verwirkung infolge missbilligenswerten Verhaltens | 160 | ||
V. Zusammenfassung | 164 | ||
D. Unterbrechung des Beruhenszusammenhangs im Sinne von § 337 StPO | 165 | ||
I. Faktische Betrachtungsweise | 166 | ||
1. Möglichkeit eines Kausalzusammenhanges | 166 | ||
2. Faktische Unterbrechung durch Unterbleiben eines Widerspruchs | 166 | ||
II. Normative Betrachtungsweise | 169 | ||
1. Normativer Beruhenszusammenhang | 169 | ||
2. „Zerschlagung“ des Beruhenszusammenhanges durch Unterbleiben eines Widerspruchs | 171 | ||
3. Eigene Stellungnahme | 172 | ||
III. Zusammenfassung | 173 | ||
E. Fehlen einer Beschwer | 174 | ||
I. Urteilsbeschwer | 175 | ||
II. Gesetzesverletzungsbeschwer | 175 | ||
III. Zusammenfassung | 177 | ||
Teil 3: Dogmatische Begründungsansätze unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Widerspruchsobliegenheit des verteidigten Angeklagten | 178 | ||
A. Widerspruch als Entstehungsvoraussetzung für ein Verwertungsverbot in der Hauptverhandlung | 180 | ||
I. Schutzzwecklehre | 180 | ||
II. Lehre von den informationellen Abwehrrechten | 181 | ||
III. Abwägungslehre | 181 | ||
1. Fähigkeit des Verteidigers | 182 | ||
2. Verantwortung des Verteidigers | 183 | ||
a) Parteiinteressentheorie | 186 | ||
aa) Allgemein | 186 | ||
bb) Sonderströmungen | 186 | ||
b) Organtheorie | 188 | ||
c) Vermittelnde Ansichten | 189 | ||
aa) Eingeschränkte Organtheorie | 189 | ||
bb) Roxins Ansatz | 192 | ||
cc) Einzelfallorientierte Organtheorie | 193 | ||
d) Stellungnahme | 194 | ||
aa) Keine Herleitung aus Standesrecht | 194 | ||
bb) Herleitung aus dem Regelungsgefüge der StPO | 194 | ||
(1) Abgrenzung zum zivilrechtlichen Parteiherrschaftsprinzip | 195 | ||
(2) Einzelanalogie zu § 265 StPO? | 196 | ||
(3) Kontrollfunktion des Verteidigers | 196 | ||
(4) Zurechnung von Verteidigungsfehlern? | 197 | ||
B. Verzicht | 199 | ||
I. Kenntnisstand | 199 | ||
1. Kenntnis des Verteidigers | 199 | ||
2. Kenntnis des verteidigten Angeklagten | 200 | ||
II. Rechtsaufgabewille | 201 | ||
III. Zurechnung von Verteidigerverhalten | 202 | ||
1. Dispositionsbefugnis | 202 | ||
2. Zurechnung einer Verzichtserklärung des Verteidigers | 203 | ||
C. Verwirkung | 205 | ||
I. Verwirkungsrelevante Verhaltensweisen | 205 | ||
II. Zurechnung des Verteidigerverhaltens | 207 | ||
D. Gesamtergebnis | 207 | ||
Teil 4: Ausgestaltung der Widerspruchslösung im Einzelnen | 209 | ||
A. Einleitung | 209 | ||
I. Gesamtanalogie | 210 | ||
II. Einzelanalogie | 212 | ||
B. Rechtsnatur der Widerspruchserklärung | 213 | ||
I. Bewirkungshandlung | 213 | ||
II. Protokollierung des Widerspruchs | 214 | ||
III. Rücknahmemöglichkeit | 214 | ||
C. Substantiierung des Widerspruchs und Reichweite der Sperrwirkung | 218 | ||
I. Präzisierung des Widerspruchsgrundes | 218 | ||
II. Reichweite der Sperrwirkung einer Widerspruchserklärung | 222 | ||
D. Sachliche Begrenzungen der Widerspruchsbefugnis | 223 | ||
I. Bedingter Widerspruch | 223 | ||
II. Aufsplittung des Widerspruchs | 226 | ||
1. Freigabe nur eines bestimmten Teils des Beweismittels | 227 | ||
2. Freigabe nur hinsichtlich bestimmter Entscheidungsteile | 231 | ||
E. Zeitliche Aspekte des Widerspruchsrechts | 234 | ||
I. Entstehungszeitpunkt des Widerspruchsrechts | 234 | ||
1. Entstehungszeitpunkt des Verwertungsverbots | 234 | ||
2. Frühestmögliche Widerspruchserhebung | 236 | ||
3. Adressat des Widerspruchs | 237 | ||
4. Fortwirkung eines Widerspruches | 238 | ||
II. Befristung auf den in § 257 genannten Zeitpunkt? | 238 | ||
III. Widerspruchsmöglichkeit in mehreren Tatsacheninstanzen | 241 | ||
F. Reaktion des Gerichts | 244 | ||
I. Erfordernis eines sofortigen Gerichtsbeschlusses | 244 | ||
II. Änderung der Entscheidung des Gerichts über den Widerspruch | 247 | ||
G. Ausdehnung des Widerspruchserfordernisses | 249 | ||
Gesamtergebnis | 252 | ||
Schlussbetrachtung | 258 | ||
Literaturverzeichnis | 263 | ||
Sachregister | 278 |