Menu Expand

Die Rechtsprechung des Sondergerichts Mannheim 1933-1945

Cite BOOK

Style

Oehler, C. (1997). Die Rechtsprechung des Sondergerichts Mannheim 1933-1945. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-48898-8
Oehler, Christiane. Die Rechtsprechung des Sondergerichts Mannheim 1933-1945. Duncker & Humblot, 1997. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-48898-8
Oehler, C (1997): Die Rechtsprechung des Sondergerichts Mannheim 1933-1945, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-48898-8

Format

Die Rechtsprechung des Sondergerichts Mannheim 1933-1945

Oehler, Christiane

Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen. N. F., Vol. 25

(1997)

Additional Information

Book Details

Pricing

Abstract

Die kurz nach der Machtergreifung im März 1933 im gesamten Reich errichteten Sondergerichte für Strafsachen werden meist als typische Ausprägung des nationalsozialistischen Unrechtssystems, häufig in einem Atemzug mit dem Volksgerichtshof genannt. Dennoch liegen bisher kaum detaillierte Untersuchungen über diesen Zweig der Rechtsprechung vor. In der Regel wurden nur einzelne Aspekte oder einzelne Urteile analysiert, oft die zeitgenössische Einschätzung bzw. kriminalpolitische Zielsetzung von »Standgerichten der inneren Front« kritiklos übernommen.

Ziel der vorliegenden rechtshistorischen Arbeit ist die wissenschaftliche Erfassung der Rechtsprechungspraxis des Sondergerichts Mannheim aus juristischer und historischer Sicht. Dahinter verbirgt sich ein bescheidener Ansatz: Vor allem wird es um die Beschreibung der Tätigkeit des Sondergerichts gehen. Eine Aussage über seine Gerichtsqualität oder über die Strafbarkeit des Handelns der beteiligten Richter und Staatsanwälte kann und will die Arbeit nicht liefern: Sensationsgier, die im Zusammenhang mit der Beschäftigung der Strafjustiz der Nationalsozialisten immer wieder zu spüren ist, findet keine Befriedigung.

Der Darstellung der Einbindung der Sondergerichte in den Justizverwaltungsapparat mit Untersuchung der zentralen Steuerungsmechanismen und der Zuständigkeit unter Beschreibung der strafprozessualen Besonderheiten und Entwicklungen folgt eine Analyse von 486 Verfahrensakten, die nach dem Zufallsprinzip aus dem Gesamtbestand ausgewählt wurden. Die Auseinandersetzung mit den Bemühungen um Verfahrensbeschleunigung drängt aktuelle Bezüge zu den rechtspolitischen Ansätzen und Lösungsversuchen unter dem Stichwort der Entlastung der Rechtspflege auf und liefert deutliche Hinweise auf die Fragwürdigkeit eines neuerlichen Abbaus der Verfahrensrechte des Bürgers.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhalt 9
Abkürzungsverzeichnis 14
Einleitung 15
Teil 1: Die Errichtung eines Sondergerichts für Baden in Mannheim 20
I. Die Gleichschaltung der badischen Justiz 20
II. Die Errichtung des Sondergerichts in Mannheim 28
1. Sondergerichte vor dem 21. März 1933 28
2. Das Sondergericht in Mannheim 30
3. Die Errichtung weiterer Sondergerichte in Baden 31
4. Verdrängung der ordentlichen Justiz durch das Sondergericht? 36
Teil 2: Sondergerichtsbarkeit im Nationalsozialismus – normative Aspekte 40
I. Gerichtsverfassungsrechtliche Voraussetzungen 40
1. Die Zuständigkeit 40
a) Die Entwicklung bis Herbst 1938 41
b) Die Entwicklung nach 1938 47
2. Besetzung der Sondergerichte 50
3. Geschäftsverteilung 51
II. Die Rechtsstellung der Verfahrensbeteiligten 52
1. Der Beschuldigte 52
2. Der Verteidiger 55
3. Der Richter 56
4. Die Staatsanwaltschaft 57
III. Gang des Verfahrens 59
1. Ermittlungsverfahren 59
2. Die Hauptverhandlung 62
3. Das Urteil 63
Teil 3: Sondergericht und Justizverwaltung – das Sondergericht im Spiegel der Lageberichte und Generalakten 65
I. „Kampf gegen Lügenkampagnen, Greuelmärchen und terroristische Anschläge“ – die Entwicklung bis 1939 66
1.1933–34: Zweifel an der Funktion – Zweifel am verkürzten Verfahren – Heimtückefälle – Lenkung – Berichtspflichten 66
2. 1935: „Erfolge“ – Kritik an der Urteilspraxis – Probleme mit der NSDAP – Lenkung der Presse bei der Gerichtsberichterstattung – Verhältnis Polizei/Justiz 72
3. 1936: Gehorsam – Heimtückefälle – Selbstdarstellung – Verhältnis Polizei/Justiz – Verfolgung von Geistlichen und Sektenangehörigen 75
4. 1937: Verfolgung von Geistlichen und Sektenangehörigen – „Polizeijustiz“ – Heimtückefälle – Verhältnis Polizei/Justiz – Personalia – ein jüdischer Anwalt vor dem Sondergericht? 81
5. 1938: „Engel Jehovas“ – Steuerung der Strafverfolgung – „Volksverratsverbrechen“ – „Gangstersachen“ – Verhältnis Polizei/Justiz 87
II. „Was aber ist dem recht, der dem Volk den Dolch in den Rücken stößt, wenn der Soldat des Volkes die Brust im Kampf dem Tode darbietet?“ – die Entwicklung 1939–1945 91
1. 1939: Lenkungsbesprechung im Reichsjustizministerium 91
2. 1940: Kriegswirtschaftsrecht – Wehrkraftzersetzung – Beschleunigung des Verfahrens 98
3. 1941: Wirtschaftsstraftaten – Plünderungen – „Kräfteersparnis in der Strafrechtspflege“ – Verhältnis Polizei/Justiz 103
4. 1942: Justizkrise – Lenkung – drakonische Strafen 107
5. 1943: Kritik des SD – Diskussion um die Entlastung der Sondergerichte – Feldpost – Verhältnis Polizei/Justiz 112
6. 1944: Praktische Probleme – Lenkung – Verhandlungen am Tatort 119
7. 1945: Zusammenbruch 121
Teil 4: Die Aktenanalyse 122
I. Methodischer Vorspann 122
1. Sondergerichte als rechtshistorischer Forschungsgegenstand 122
2. Aktenanalyse als Untersuchungsmethode 124
3. Die Auswahl der Strafverfahrensakten 127
4. Die Datenerhebung 128
II. Untersuchungsgegenstand und Untersuchungsergebnisse 130
1. Die Straftaten der Aktenuntersuchung 130
a) Die Verteilung der Straftaten nach Deliktsgruppen 130
b) Beschreibung der Straftaten 140
aa) Äußerungen 141
bb) Fortsetzung der Arbeit für eine verbotene Partei 157
cc) Betätigung für Sekten 159
dd) Straftaten unter Ausnutzung nationalsozialistischer Einrichtungen und Wertvorstellungen 160
ee) Devisen und Gold 163
ff) Lebensmittelkarten und Bezugsscheine 165
gg) Feldpost 167
hh) „Schwarzschlachten“ 169
ii) „Volksschädlinge“ 170
jj) „Feindsender“ 172
kk) Gewalttaten 172
2. Die Verurteilten 173
a) Demographische Daten 173
aa) Geschlecht 173
bb) Alter 176
cc) Nation 178
dd) „Rasse“ 178
ee) Religion 179
ff) Beruf 179
gg) Politische Bindung vor und nach der Machtergreifung 182
b) Die Vorstrafenbelastung 183
3. Das Verfahren 185
a) Das Ermittlungsverfahren 185
aa) Die Initiierung der polizeilichen Ermittlungen 185
bb) Die Ermittlungen 190
cc) Rechtlicher Beistand im Ermittlungsverfahren 197
b) Anklageerhebung und Anordnung der Hauptverhandlung 198
c) Das Hauptverfahren 201
aa) Ladung und Zustellung der Anklageschrift 201
bb) Besetzung des Gerichts 202
cc) Verteidigung 202
dd) Zeugen und Sachverständige 203
ee) Gang der Hauptverhandlung 204
ff) Dauer der Prozesse 205
4. Die Urteile 208
a) Die Abfassung der Urteile 208
b) Auslegung und Rechtsanwendung 209
aa) Die Anwendung von § 2 RStGB nach dem 28. Juni 1935 – der Verstoß gegen das Analogieverbot 209
bb) Die Lehre vom Tätertyp in der Rechtspraxis 212
α) Die Anwendung von § 20 a RStGB 213
β) Die Anwendung der „Gewaltverbrecherverordnung“ 221
γ) Die Anwendung der „Volksschädlingsverordnung“ 223
cc) Abgrenzungsprobleme 226
dd) Einzelne Tatbestandsmerkmale 227
α) ...des „Heimtückegesetzes“ 227
β) ...der „Kriegswirtschaftsverordnung“ 231
γ) ...der „Volksschädlingsverordnung“ 232
ee) Verstöße gegen das Rückwirkungsverbot 237
c) Strafzumessung 241
aa) Strafart und -höhe 241
bb) Anrechnung von Untersuchungshaft und Schutzhaft 251
cc) Merkmalszusammenhänge zwischen Täter-, Tat-, Verfahrensmerkmalen und der Höhe der Freiheitsstrafen 252
dd) Persönlicher Einfluß des Vorsitzenden auf die Höhe der Strafe 255
ee) Verhältnis der Anträge des Staatsanwaltes zu Strafart und Strafmaß 255
ff) Die Anträge der Verteidigung 260
gg) Die Strafzumessungsgründe 260
5. Amnestie, Begnadigung, „Urteilskorrektur“ 271
6. Bestand der Urteile nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ 276
Zusammenfassung 279
Literaturverzeichnis 299
Quellenverzeichnis 310
Quellenanhang 315