Zivilrechtlich begründete Garantenpflichten im Strafrecht?
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Zivilrechtlich begründete Garantenpflichten im Strafrecht?
Schriften zum Strafrecht, Vol. 122
(2001)
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Die Autorin problematisiert eine vorbehaltlose Übertragung zivilrechtlicher Pflichten auf das Strafrecht zur Begründung von Garantenpflichten. Zunächst wird gezeigt, wie sehr die gängigen Kriterien und Argumentationsfiguren, auf die im Strafrecht die Bildung von Garantenpflichten gestützt wird, denen ähnlich sind, die zur Herleitung zivilrechtlicher Pflichten herangezogen werden. Im Zivilrecht handelt es sich dabei vor allem um den Bereich deliktischer Verkehrs(sicherungs)pflichten, (quasi-)vertraglicher Handlungspflichten und um Pflichten des Familienrechts. Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit eine Übertragung zivilrechtlicher Pflichten auf das Strafrecht zulässig ist und weiterhin, inwiefern und unter welchen Voraussetzungen die Pflichtbegründungen in Strafrecht und Zivilrecht divergieren.Zur Lösung dieser Problematik entfaltet Anette Grünwald in einem ersten Schritt den in der Untersuchung zugrunde gelegten Rechts- bzw. Rechtspflichtbegriff. Dieser wird gewonnen in Anlehnung an die (Rechts-)Philosophie des deutschen Idealismus, insbesondere an die Positionen Kants und Hegels. Er zeichnet sich durch seine negative Fassung aus. In allererster Linie entspricht diesem Rechtsbegriff die Verbotsnorm, jedoch kann die Pflicht, andere nicht zu verletzen, je nach Situation auch eine Handlung erfordern.Die im Zivilrecht geläufigen Zurechnungsprinzipien gehen mit diesem Rechtsbegriff nicht konform. Denn dort haben bisweilen soziale wie (volks)wirtschaftliche Verteilungserwägungen einen entscheidenden Einfluß auf die Bildung von Pflichten und führen zu einer Ausdehnung der Schadenshaftung, die den Bereich einer strikten Verhaltenshaftung oftmals verläßt. Eine Übertragung zivilrechtlicher Pflichten auf das Strafrecht zur Begründung von Garantenpflichten ist deshalb zu kritisieren. Zuletzt werden (auf der Grundlage des rechtsphilosophischen Fundaments) Leitlinien skizziert, an denen sich die Herleitung strafrechtlicher Garantenpflichten orientieren müßte.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Inhaltsverzeichnisr | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnisr | 9 | ||
Einleitung | 13 | ||
Erstes Kapitel: Einfluß des Zivilrechts auf die Begründung strafrechtlicher Garantenpflichten | 16 | ||
§ 1 Einführung | 16 | ||
§ 2 Strafrechtliche Konzeptionen zur Begründung von Garantenpflichten | 18 | ||
I. Traditionellere Konzeptionen | 19 | ||
1. Formale Konzeption: Rechtsquellenlehre | 19 | ||
2. Materiale dualistische Konzeption: Obhuts- und Sicherungspflichten | 20 | ||
II. Materiale monistische Konzeptionen | 22 | ||
1. Gefahrschaffung | 22 | ||
2. Herrschaft | 23 | ||
3. Vertrauen | 24 | ||
4. Verhaltenserwartungen | 25 | ||
III. Neuere materiale dualistische Konzeptionen | 27 | ||
1. Organisationszuständigkeit und institutionelle Zuständigkeit | 27 | ||
2. Handlungsverantwortung und soziale Zuordnung | 28 | ||
§ 3 Zivilrechtliche Handlungspflichten und ihre Übertragung auf das Strafrecht | 29 | ||
I. Deliktische Verkehrs(sicherungs)pflichten | 30 | ||
1. Zivilrechtliche Grundlagen | 30 | ||
2. Bedeutung zivilrechtlicher Verkehrs(sicherungs)pflichten im Strafrecht | 34 | ||
II. Familienrechtliche Pflichten | 35 | ||
III. (Quasi-)Vertragliche Handlungspflichten | 39 | ||
1. Zivilrechtliche Grundlagen | 39 | ||
2. Parallelen zu den strafrechtlichen Begründungskonzeptionen | 43 | ||
§ 4 Ergebnis | 45 | ||
Zweites Kapitel: Anforderungen an die Begründung strafrechtlicher Garantenpflichten | 47 | ||
§ 1 Einführung | 47 | ||
§ 2 Der Rechtsbegriff: Zur Abgrenzung (straf)rechtlicher von moralischen Pflichten | 48 | ||
I. Recht, Schicklichkeit und Sittlichkeit bei Thomasius | 49 | ||
II. Der Bereich der juridischen Legalität bei Kant | 51 | ||
III. Abstraktes Recht, Moralität und Sittlichkeit bei Hegel | 55 | ||
IV. Ergebnis | 64 | ||
§ 3 Zum Verhältnis von Strafrecht und Zivilrecht | 65 | ||
I. Aufgaben des Zivilrechts | 65 | ||
1. Zwischen Ausgleich und Prävention | 65 | ||
a) Schmerzensgeld | 67 | ||
b) Weitere Beispiele | 71 | ||
c) Ergebnis | 76 | ||
2. Verteilungserwägungen | 78 | ||
II. Aufgaben des Strafrechts | 82 | ||
1. Vorbemerkungen | 82 | ||
2. Normstabilisierung durch Bestätigung der Normgeltung | 84 | ||
3. Strafrecht als formalisierte Sozialkontrolle | 88 | ||
4. Freiheitliches Strafrechtsverständnis | 93 | ||
5. Ergebnis | 97 | ||
III. Annäherung der Rechtsgebiete? | 99 | ||
1. Vorbemerkungen zu den historischen Bezügen | 99 | ||
2. Privatstrafe? | 102 | ||
3. „Abschaffen des Strafens?“ | 106 | ||
a) Sektorale Modelle | 108 | ||
b) Weitgehender Ersatz des Strafrechts durch das Zivilrecht? | 111 | ||
c) Schadenswiedergutmachung | 115 | ||
IV. Problematik einer Übertragung zivilrechtlicher Pflichten auf das Strafrecht | 119 | ||
1. Zivilrechtlicher Pflichtbegriff | 119 | ||
2. Divergenzen zwischen zivilrechtlichem Pflichtbegriff und strafrechtlichen Prinzipien | 124 | ||
3. Einheit der Rechtsordnung? | 131 | ||
Drittes Kapitel: Folgerungen für die Bildung strafrechtlicher Garantenpflichten | 133 | ||
Literaturverzeichnis | 142 | ||
Sachwortverzeichnis | 158 |