Menu Expand

Cite BOOK

Style

Hackethal, A. (2005). Der Einsatz von Vomitivmitteln zur Beweissicherung im Strafverfahren. Zur Diskussion um die Zulässigkeit unter besonderer Berücksichtigung des Grundsatzes »nemo tenetur se ipsum accusare«. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-51611-7
Hackethal, Achim. Der Einsatz von Vomitivmitteln zur Beweissicherung im Strafverfahren: Zur Diskussion um die Zulässigkeit unter besonderer Berücksichtigung des Grundsatzes »nemo tenetur se ipsum accusare«. Duncker & Humblot, 2005. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-51611-7
Hackethal, A (2005): Der Einsatz von Vomitivmitteln zur Beweissicherung im Strafverfahren: Zur Diskussion um die Zulässigkeit unter besonderer Berücksichtigung des Grundsatzes »nemo tenetur se ipsum accusare«, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-51611-7

Format

Der Einsatz von Vomitivmitteln zur Beweissicherung im Strafverfahren

Zur Diskussion um die Zulässigkeit unter besonderer Berücksichtigung des Grundsatzes »nemo tenetur se ipsum accusare«

Hackethal, Achim

Schriften zum Prozessrecht, Vol. 192

(2005)

Additional Information

Book Details

Pricing

Abstract

Auf den Einsatz von Brechmitteln, der als körperlich wirkender Eingriff zur beweismäßigen Sicherung von verschluckten Drogenpäckchen an den Anforderungen von § 81a StPO zu messen ist, wird insbesondere in Großstädten und Ballungsgebieten der Bundesrepublik als Mittel im Kampf gegen den Straßenhandel mit Betäubungsmitteln zurückgegriffen. Der Autor befasst sich mit der Zulässigkeit der Vergabe von Brechmitteln im strafprozessualen Ermittlungsverfahren.

Ausgangspunkt der Diskussion ist eine Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. aus dem Jahre 1996. Das OLG sah in der in Rede stehenden Maßnahme u. a. einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit. In zwei gegenläufigen Entscheidungen aus den Jahren 2000 und 2001 befand das Berliner Kammergericht die Brechmitteleinsätze dagegen für rechtlich unbedenklich. Die Analyse der Urteile beider Gerichte führt den Verfasser unter Berücksichtigung tatsächlicher Problemstellungen bei der Brechmittelvergabe zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit im Strafverfahren und der von der herrschenden Meinung hierzu vertretenen Auffassung. Danach habe die Abgrenzung zulässiger von unzulässigen Zwangsmaßnahmen anhand der Frage zu erfolgen, ob dem Betroffenen ein passives Erdulden oder aber eine aktive Mitwirkung an der eigenen Überführung abverlangt wird.

Obgleich berechtigte Zweifel an der Leistungsfähigkeit dieses Abgrenzungskriteriums bestehen, sind die Kritiker bislang einen überzeugenden alternativen Lösungsansatz schuldig geblieben. Hackethal kommt daher zu dem Ergebnis, dass die Frage der Zulässigkeit der Brechmitteleinsätze auf dem Boden der von der herrschenden Meinung vertretenen Auffassung zu beantworten und zu verneinen ist. Dabei erweist sich als maßgebend die Erwägung, dass bei der in letzter Konsequenz notwendig werdenden gewaltsamen Durchsetzung des Zwangsmittels gesundheitliche Nachteile für den Betroffenen nicht auszuschließen sind. Das aber verlangt § 81a StPO den Ermittlungsbehörden ab.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Danksagung 5
Inhaltsverzeichnis 7
Einleitung 11
Kapitel 1: Verfassungsrechtlicher Hintergrund 14
I. Beweisgewinnung im verfassungsrechtlichen Spannungsfeld 14
1. Körperliche Eingriffe als Mittel staatlicher Informationsbeschafüing 16
2. Körperliche Integrität und „effektive" Strafverfolgung im Lichte der Verfassung 17
a) Schutzbereich von Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG 17
b) Eingriffszweck „effektive" Strafverfolgung 20
aa) Problemstellung 20
bb) Die gesellschaftliche Bedeutung der Strafrechtspflege 22
(1) Vom Zweck des Strafens und der Aufgabe des (materiellen) Strafrechts 22
(2) Strafrecht und Rechtsstaatlichkeit 24
(3) Erhaltung von Rechtsfrieden 26
3. Kriterien der Verhältnismäßigkeitsabwägung 28
4. Zusammenfassung und Würdigung 30
5. Kompetenzerweiterungen als Reaktion auf eine gestiegene Gefährdungslage 31
II. Weitere verfassungsrechtliche Probleme im Zusammenhang mit § 81a StPO 34
1. Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot? 35
2. Verstoß gegen die Unschuldsvermutung? 37
III. Zur Entstehungsgeschichte der Norm 38
Kapitel 2: Materielle Voraussetzungen 41
I. Körperliche Eingriffe auf Grundlage von § 81a Abs. 1 S. 2 41
1. Anwendungsbereich von § 81a Abs. 1 S. 2 StPO 41
a) Der persönliche Anwendungsbereich: Der Begriff des Beschuldigten 42
aa) Die Ambivalenz des Beschuldigtenstatus 42
bb) Beschuldigter und Tatverdacht 44
cc) Kriterien der Verdachtsbegründung 46
(1) Allgemeines 47
(2) Definitionsbemühungen 48
(3) Einflussfaktoren 50
dd) Zusammenfassung 52
b) Definition des körperlichen Eingriffs 52
aa) Begriffskriterien 53
bb) Fazit 54
2. Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen 55
a) Zuständigkeiten 55
aa) Anordnung 55
(1) Gesetzlicher Regelfall § 81 a Abs. 2 Hs. 1 StPO 56
(2) Gesetzlicher Ausnahmefall § 81a Abs. 2 Hs. 2 StPO 56
bb) Vollstreckung 60
b) Beschränkung auf verfahrensbedeutsame Tatsachen 61
aa) Durchsuchen nach Fremdkörpern 61
(1) Verstoß gegen des Subjektstatus des Beschuldigten? 61
(2) Feststellung contra Sicherstellung? 64
bb) Verfahrenserheblichkeit 65
c) Durchführung und Vollziehung des Eingriffs 66
aa) Arztvorbehalt 66
bb) Ausschluss von Gesundheitsnachteilen 67
cc) Grenzen zwangsweiser Durchsetzung 68
(1) Methoden unmittelbaren Zwangs 69
(2) Beschränkung der Freiheit i.S.v. Art. 104 Abs. 1 GG? 69
(3) Vorbereitende Unterbringung? 71
3. (Normbereichsüberschreitende) Einwilligung, Freiwilligkeit und Belehrung 72
II. Rechtsschutz 77
1. Angriffe im Ermittlungsverfahren 77
a) Richterliche Anordnung 77
b) Nichtrichterliche Anordnung 77
2. Revision 78
a) Unverwertbarkeit von Ermittlungsergebnissen 78
b) Unverwertbarkeit nach Eingriffen gemäß § 81 a StPO 79
3. Probleme der Verteidigung 82
Kapitel 3: Die Praxis der Brechmittelvergabe 84
I. Arten und Wirkungsweise von Vomitivmitteln 84
1. Sirup Ipecacuanha 85
a) Herkunft und Wirkungsweise 85
b) Anwendung, Nebenwirkungen, Risiken 86
2. Apomorphin 89
3. Alternative Methoden zum Nachweis inkorporierter Drogen 91
4. Ergebnis: Medizinische Rahmenbedingungen 94
II. Die Praxis in den Bundesländern 95
1. Hamburg 96
a) Allgemeines 96
b) Konkretisierende Weisungen 97
c) Vergabehäufigkeit und Ablauf 98
2. Bremen 101
3. Berlin 104
4. Andere 105
Kapitel 4: Zur Dogmatik der Brechmittelvergabe 108
I. Die Brechmitteleinsätze in der obergerichtlichen Rechtsprechung 108
1. OLG Frankfurt v. 11.10.1996 - lSs 28/96 109
2. Die gegenläufigen Entscheidungen des Kammergerichts 111
a) Das Urteil vom 28.3.2000 113
b) Das Urteil vom 8.5.2001 115
II. Die Relevanz der Selbstbelastungsfreiheit 117
1. „Nemo tenetur se ipsum accusare" 119
a) Kerninhalt des Grundsatzes 119
b) Herkunft des Grundsatzes 121
c) Konsequenzen 124
2. Das Verhältnis von nemo tenetur und Art. 1 GG 125
a) Plausibilität der Schutzbereichsbestimmung von nemo tenetur auf Grundlage der Objektformel 127
b) Ungeeignetheit des „objekttheoretischen" Argumentes fur nemo tentur 129
III. Duldungspflichten des Beschuldigten - Der Meinungsstand zu den Brechmitteleinsätzen in der Literatur 131
1. Erbrechen als Form der Selbstbelastung 132
a) Äußeres Erscheinungsbild 132
b) Einwände 135
2. Die (Un-)Willkürlichkeit der Mitwirkung 136
a) These 136
b) Einwände 137
3. Der Beschuldigte als Wissensträger und die Beschränkung auf vertretbare Handlungen 140
4. Der Beschuldigte als Gegenstand des objektiven Personalbeweises 141
5. Forderung nach Unberührtheit der Subjektstellung des Beschuldigten 143
6. Zusammenfassung 146
IV. Folgerungen 147
1. Gefahren gewaltsamer Durchsetzung 147
2. Das Recht des Beschuldigten, sich zu wehren 148
3. Beschränkung der Duldungspflichten durch die „Gesundheitsklausel" des § 81a StPO 150
a) Verbot der Verpflichtung zur Passivität bei der Brechmittel vergäbe 151
b) Verbot der Verwertung verbotswidrig erlangter Drogenpäckchen 153
V. Alternative Vorschläge einer Schutzbereichsbeschränkung von nemo tenetur 156
1. Möglichkeiten der mittelbaren Durchsetzung von Mitwirkungs- bzw. „Stillhaltepflichten" 156
a) Erlass eines Untersuchungshaftbefehls? 157
b) Verwertbarkeit des prozessordnungswidrigen Verhaltens? 158
2. Ausgewählte Konzepte einer Pflichtenerweiterung 159
a) Der rechtsphilosophische Ansatz (Pawlik, Lesch) 160
b) Schutz des Beschuldigten als Wissensträger in Kombination mit einem beschränkten Methodenverbot (Verrel) 165
VI. Ergebnis 167
Literaturverzeichnis 169
Sachwortverzeichnis 180