Rechtsnormanerkennung im Binnenmarkt
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Rechtsnormanerkennung im Binnenmarkt
Zur Interpretation von Art. 100 b des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft im Spannungsfeld von Äquivalenzgrundsatz, Prinzip des gemeinschaftsrechtlichen Mindestrechtsgüterschutzes und mitgliedstaatlicher Regelungskompetenz
Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht, Vol. 9
(1998)
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Abstract
Art. 100 b EG-Vertrag ermächtigt den Rat, die Mitgliedstaaten zu einer Anerkennung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften anderer Gemeinschaftsstaaten zu verpflichten. Wie kaum eine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts hat die Vorschrift der Wissenschaft Rätsel aufgegeben.In der vorliegenden Abhandlung klärt Beyer die dogmatischen Strukturen des Verfahrens der Rechtsnormanerkennung. Sie erweist einen kollisionsrechtlichen, auf ein formales Anerkennungsprinzip gerichteten Normgehalt. Art. 100 b EGV gewinnt Eigenständigkeit sowohl im Hinblick auf das in den vertraglichen Grundfreiheiten begründete Gebot der Anerkennung gleichwertiger mitgliedstaatlicher Bestimmungen (Äquivalenzgrundsatz) als auch die Befugnisnormen der Rechtsangleichung. Gemäß dem Prinzip des gemeinschaftsrechtlichen Mindestrechtsgüterschutzes, das als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts nachgewiesen wird, zeigen sich die schutzwürdigen Interessen der Mitgliedstaaten gewahrt. Über die Interpretation bloßer Rechtstechnik hinaus hebt der Autor in der Untersuchung den Modellcharakter der Rechtsnormanerkennung im Binnenmarkt für eine vielfaltsorientierte Neugestaltung der europäischen Integrationsordnung hervor. Dabei wird deutlich, welche Chance die Zurückweisung des Verfahrens nach Art. 100 b EGV durch die Praxis gerade in integrationspolitischer Hinsicht vergibt.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 17 | ||
Einführung | 23 | ||
Erster Teil: Zur Anerkennung mitgliedstaatlicher Rechtsakte im Europäischen Gemeinschaftsrecht | 25 | ||
§ 1 Begriff und Gegenstand der Anerkennung | 25 | ||
§ 2 Das Anerkennungsprinzip als Instrument gemeinschaftsweiten Freiverkehrs | 28 | ||
I. Verwirklichung des Herkunftslandprinzips | 28 | ||
II. Anerkennung und Rechtsangleichung als komplementäre Instrumente | 30 | ||
III. Die Reichweite des Anerkennungsprinzips | 34 | ||
§ 3 Rechtsgrundlagen der Anerkennung nach dem Recht der EG | 44 | ||
I. Problemstellung | 44 | ||
II. Fehlen eines generellen Anerkennungsgebots | 46 | ||
III. Die vertraglichen Ausprägungen des Anerkennungsmodells im Überblick | 49 | ||
IV. Art. 220 EGV | 50 | ||
V. Art. 57 I EGV | 51 | ||
VI. Das primärrechtliche Anerkennungsgebot der Grundfreiheiten | 55 | ||
1. Der Äquivalenzgrundsatz der Rechtsprechung des EuGH zum freien Warenverkehr | 55 | ||
2. Die weiteren Grundfreiheiten | 67 | ||
3. Die Instrumentalisierung des Äquivalenzgrundsatzes in der “Neuen Strategie” des Rates und der Kommission auf dem Gebiet der Rechtsangleichung | 73 | ||
VII. Harmonisierungskompetenzen als Rechtsgrundlagen der Anerkennung? | 80 | ||
VIII. Zwischenergebnis | 93 | ||
Zweiter Teil: Das Anwendungsfeld des Anerkennungsverfahrens | 94 | ||
§ 1 Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 100 b EGV | 94 | ||
I. Tatbestandsverknüpfung von Art. 100 b EGV und Art. 100 a EGV | 94 | ||
II. Beschränkung der Anwendung des Art. 100 b EGV auf Rechtsnormen | 94 | ||
III. Nichtvorliegen einer Rechtsangleichung nach Art. 100 a EGV | 96 | ||
1. Negative Tatbestandsvoraussetzung des Art. 100 b EGV | 96 | ||
2. Das Verhältnis des Art. 100 b EGV zu Art. 100 a EGV | 97 | ||
§ 2 Der Anwendungsbereich des Art. 100 a EGV | 103 | ||
I. Tatbestandsvoraussetzung des Art. 100 b EGV | 103 | ||
II. Systematik | 103 | ||
1. Binnenmarktfinalität | 103 | ||
2. Bereichsausnahmen | 116 | ||
3. Subsidiarität | 118 | ||
III. Die Stellung des Art. 100 a EGV im Rahmen des Instrumentariums der Gemeinschaft zur Verwirklichung des Binnenmarktes | 119 | ||
1. Der freie Warenverkehr als Regelungsmaterie des Art. 100 a EGV | 119 | ||
2. Abgrenzung von Art. 100 a EGV zu konkurrierenden Kompetenzgrundlagen | 123 | ||
a) Zum Problem der Wahl der Rechtsgrundlage | 123 | ||
b) Art. 130 s EGV | 129 | ||
c) Art. 118 a EGV | 137 | ||
3. Die Anwendung des Art. 100 a EGV im Verhältnis zum Verbot der Beschränkung des Warenverkehrs gemäß Art. 30 EGV | 139 | ||
IV. Zwischenergebnis | 147 | ||
V. Erste Folgerungen bezüglich des Anwendungsbereichs von Art. 100 b EGV | 148 | ||
§ 3 Die “Gleichwertigkeit” mitgliedstaatlicher Vorschriften i.S.v. Art. 100 b EGV | 153 | ||
I. Problemstellung | 153 | ||
1. Einleitung | 153 | ||
2. Der Äquivalenzgrundsatz der Rechtsprechung des EuGH zum freien Warenverkehr nach der Einheitlichen Europäischen Akte | 154 | ||
3. Folgerungen für die Anwendung des Art. 100 b EGV | 155 | ||
a) Restriktive Interpretation | 155 | ||
b) Extensive Interpretation | 158 | ||
II. Grundlagen einer extensiven Interpretation des Art. 100 b EGV | 160 | ||
1. Entstehungsgeschichte | 160 | ||
2. Systematische Erwägungen | 163 | ||
3. Die Ratio des Anerkennungsverfahrens | 167 | ||
III. Schlußfolgerungen | 168 | ||
IV. Formalität des Anerkennungsprinzips und materiales “Untermaßverbot” als Widerspruch? | 171 | ||
§ 4 Die Grenzen der Anwendbarkeit des Art. 100 b EGV | 173 | ||
I. Zum Problem des Schutzes mitgliedstaatlicher Regelungsinteressen im Rahmen des Anerkennungsverfahrens | 173 | ||
II. Lösungsvorschläge | 173 | ||
1. Strukturelle Einschränkung des Art. 100 b EGV | 173 | ||
2. Ausnahmebereiche | 174 | ||
3. Schutz der mitgliedstaatlichen Belange anhand der Abweichungsbefugnis des Art. 100 b II EGV i. V. m. Art. 100 a IV EGV | 175 | ||
4. Einhaltung eines hohen Schutzniveaus durch die Kommission entsprechend Art. 100 a III EGV | 176 | ||
a) Anwendbarkeit im Rahmen von Art. 100 b EGV | 176 | ||
b) Wirkungen | 177 | ||
c) Justitiabilität | 180 | ||
III. Schrankenziehung durch das Prinzip des gemeinschaftsrechtlichen Mindestrechtsgüterschutzes | 181 | ||
1. Gemeinschaftsverfassungsrechtliche Vorüberlegung | 181 | ||
2. Das Prinzip des gemeinschaftsrechtlichen Mindestrechtsgüterschutzes als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts | 183 | ||
a) Rechtsgedankliche Herleitung anhand der Gebotsnormen des Vertrages für die Binnenmarktgesetzgebung | 183 | ||
aa) Art. 7 a II EGV i. V. m. Art. 2 EGV | 183 | ||
bb) Art. 118 a I, 2. Hs. EGV | 185 | ||
cc) Art. 130 r II S. 2 EWGV/Art. 130 r II UAbs. 1 S. 3 EGV | 187 | ||
dd) Art. 100 a III EGV | 190 | ||
ee) Art. 129 I UAbs. 3 EGV, Art. 129 a I lit. a) EGV | 192 | ||
ff) Ergebnis | 193 | ||
b) Das Prinzip des gemeinschaftsrechtlichen Mindestrechtsgüterschutzes als Ausdruck einer Gemeinwohlbindung der Marktöffnung im Wege des Binnenmarktprogramms | 194 | ||
3. Auswirkungen in bezug auf die Anwendung des Art. 100 b EGV | 196 | ||
4. Die Durchsetzung des Prinzips im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens der Gemeinschaft | 198 | ||
a) Verfahrensmäßige Gewährleistung | 198 | ||
b) Gerichtliche Überprüfbarkeit | 199 | ||
IV. Grenzfragen der Anwendbarkeit des Art. 100 b EGV | 199 | ||
1. Fehlen “anzuerkennender” Vorschriften | 199 | ||
2. Vollzugsdefizite bei bestehenden Vorschriften | 203 | ||
Dritter Teil: Die Durchführung des Anerkennungsverfahrens | 208 | ||
§ 1 Der Verfahrensgang bis zur Beschlußfassung durch den Rat | 208 | ||
I. Die Inventarisierung der mitgliedstaatlichen Vorschriften durch die Kommission gemäß Art. 100 b I UAbs. 1 EGV | 208 | ||
1. Erfassung der mitgliedstaatlichen Vorschriften | 208 | ||
2. Rechtswirkungen der Inventarisierung | 213 | ||
II. Gesetzgebungsvorschlag der Kommission | 216 | ||
1. Initiativrecht der Kommission | 216 | ||
2. Ausarbeitung des Vorschlags | 217 | ||
a) Bestimmung des Anerkennungsverbundes | 217 | ||
b) Zum Problem der Berücksichtigung des Art. 7 c EGV (Art. 8 c EWGV) | 219 | ||
aa) Anwendbarkeit im Rahmen von Art. 100 b EGV | 219 | ||
bb) Mitgliedstaatliche Interessenlage | 220 | ||
cc) Folgerungen im Hinblick auf die Festlegung des Anerkennungsverbundes | 225 | ||
dd) Revisionsklauselverfahren | 226 | ||
III. Terminliche Vorgaben für das Tätigwerden der Kommission | 227 | ||
IV. Der weitere Verfahrensgang | 228 | ||
§ 2 Prämissen der Beschlußfassung des Rates nach Art. 100 b I UAbs. 2 EGV | 232 | ||
I. Die obligatorische Dimension | 232 | ||
II. Die fakultative Dimension | 234 | ||
III. Die zeitliche Dimension | 235 | ||
1. Eintritt der Anwendbarkeit des Art. 100 b EGV | 235 | ||
2. Fortgeltung der Ermächtigungsgrundlage des Art. 100 b EGV über den 31. Dezember 1992 hinaus | 235 | ||
IV. Die Dimension der Entscheidungsfindung | 239 | ||
1. Beschlußfassung des Rates mit qualifizierter Mehrheit | 239 | ||
2. Zum Problem einer Anwendbarkeit der sog. “Luxemburger Vereinbarung” | 241 | ||
§ 3 Der Beschluß des Rates zur Anerkennungsverpflichtung der Mitgliedstaaten gemäß Art. 100 b I UAbs. 2 EGV | 248 | ||
I. Umfang der Regelungsbefugnis | 248 | ||
II. Inhaltliche Kriterien des Anerkennungsbeschlusses | 249 | ||
1. Festlegung der Anerkennungsverhältnisse | 249 | ||
a) Differenzierung der Anerkennungsverpflichtung nach der Schutzgutgewährleistung der mitgliedstaatlichen Regelungen | 249 | ||
b) Struktur des Anerkennungssystems nach Art. 100 b EGV | 251 | ||
2. Ausspruch der Anerkennungsverpflichtung | 252 | ||
a) “Qualifizierter” Anerkennungsbeschluß | 252 | ||
b) “Schlichter” Anerkennungsbeschluß | 253 | ||
3. Methode der Anerkennung | 256 | ||
4. Zur Problematik einer Einbeziehung von Schutzklauseln in den Anerkennungsbeschluß entsprechend Art. 100 a V EGV | 257 | ||
a) Problemstellung | 257 | ||
b) Zielsetzung des Schutzklauselverfahrens | 257 | ||
c) Nichtanwendbarkeit bei Art. 100 b EGV | 259 | ||
III. Wahl der Rechtsform | 260 | ||
1. Wahlfreiheit des Gemeinschaftsgesetzgebers | 260 | ||
2. Die Entscheidung gemäß Art. 189 IV EGV als Rechtsform des Beschlusses nach Art. 100 b I UAbs. 2 EGV | 263 | ||
Vierter Teil: Die Wirkungen des Anerkennungsbeschlusses | 266 | ||
§ 1 Die Anerkennungsverpflichtung der Mitgliedstaaten | 266 | ||
I. Inhalt | 266 | ||
II. Vollzug im Rahmen der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen | 267 | ||
1. Ausführungsgesetzgebung | 267 | ||
2. Unmittelbare Anwendbarkeit der Anerkennungsentscheidung | 269 | ||
III. Reichweite | 272 | ||
1. Einbeziehung von Drittlandswaren im Freiverkehr der Mitgliedstaaten in die Anerkennungswirkung | 272 | ||
2. Zur Problematik einer “optionellen” Wirkung der Anerkennung nach Art. 100 b EGV | 274 | ||
IV. Konkurrenzverhältnis zu Art. 30 EGV | 280 | ||
§ 2 Einschränkung der Dispositionsfreiheit der Gesetzgeber der Mitgliedstaaten über im Anerkennungsverbund befindliche nationale Rechtsnormen? | 282 | ||
I. Problemstellung | 282 | ||
II. Die “Sperrwirkung” gemeinschaftlicher Rechtsangleichungsmaßnahmen für die Ausübung mitgliedstaatlicher Regelungskompetenz | 282 | ||
1. Grundlagen | 282 | ||
2. Reichweite | 285 | ||
III. Folgerungen für die Zulässigkeit einer nationalen Änderungsgesetzgebung hinsichtlich der Vorschriften des Anerkennungsverbundes | 287 | ||
1. Anwendbarkeit der Grundsätze einer “Sperrwirkung” gemeinschaftlicher Rechtssetzungsmaßnahmen auf das Verfahren des Art. 100 b EGV | 287 | ||
2. Umfang der Bindung des nationalen Gesetzgebers | 290 | ||
IV. Ergebnis | 292 | ||
§ 3 Die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Anwendung nationaler Bestimmungen trotz Vorliegens eines Anerkennungsbeschlusses | 294 | ||
I. Einleitung | 294 | ||
II. Der Regelungsgehalt des Art. 100 b II EGV i. V. m. Art. 100 a IV EGV. | 295 | ||
1. Die Abweichungsbefugnis der Mitgliedstaaten von Harmonisierungsmaßnahmen der Gemeinschaft nach Art. 100 a IV EGV | 295 | ||
2. Art. 100 b II EGV i. V. m. Art. 100 a IV EGV als Grundlage einer Gesetzgebung der Mitgliedstaaten zur Schutzverstärkung? | 298 | ||
3. Die Aufhebung der Anerkennungsverpflichtung der Mitgliedstaaten als Regelungsziel des Art. 100 b II EGV i. V. m. Art. 100 a IV EGV | 299 | ||
III. Umfang der mitgliedstaatlichen Anwendungsbefugnis | 300 | ||
IV. Modifizierung der durch den Anerkennungsbeschluß begründeten Bindungen der Mitgliedstaaten | 302 | ||
1. Die sachlichen Voraussetzungen der mitgliedstaatlichen Freistellung von den Wirkungen eines Anerkennungsbeschlusses | 302 | ||
2. Insbesondere die “Erforderlichkeit” einer Anwendung einzelstaatlicher Bestimmungen | 306 | ||
a) Im Rahmen des Rechtsangleichungsverfahrens gemäß Art. 100 a EGV | 306 | ||
b) Im Rahmen des Anerkennungsverfahrens gemäß Art. 100 b EGV | 307 | ||
3. Nachträgliche Differenzierung der Anerkennungsverpflichtungen | 308 | ||
4. Folgerungen für die “entsprechende Anwendung” des Art. 100 a IV EGV im Rahmen des Anerkennungsverfahrens | 309 | ||
V. Das Bestätigungsverfahren vor der Kommission gemäß Art. 100 a IV UAbs. 2 EGV | 315 | ||
1. Notifizierung durch den Mitgliedstaat | 315 | ||
2. Maßstab der Überprüfung durch die Kommission | 316 | ||
3. Wirkung der Entscheidung der Kommission | 317 | ||
VI. Die Befassung des Gerichtshofs | 321 | ||
Fünfter Teil: Die Bewertung des Anerkennungsverfahrens | 324 | ||
Sechster Teil: Zusammenfassung | 342 | ||
Literaturverzeichnis | 350 | ||
Sachwortverzeichnis | 390 |