Der Rechtsstaat verschwindet
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Der Rechtsstaat verschwindet
Strafrechtliche Kontrolle im gesellschaftlichen Wandel von der Moderne zur Postmoderne. Gesammelte Aufsätze. Hrsg. von Wolfgang Schild
Editors: Schild, Wolfgang
Kriminologische und sanktionenrechtliche Forschungen, Vol. 12
(2003)
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Abstract
Lange vor den staatlichen Reaktionen auf den 11. September 2001 warnte der Bielefelder Kriminalwissenschaftler Detlev Frehsee in eindringlicher Weise vor den Gefahren für die Freiheitsgarantien des Rechtsstaates, die sich aus der zunehmenden Herausbildung des modernen Präventionsstaates ergeben (können und werden). Die Voraussetzung des konkreten Tatverdachts drohe einem allgemeinen Mißtrauensverdacht gegen jedermann zu weichen; damit zusammenhängend verliere die Unschuldsvermutung ihre schützende Kraft. An die Stelle rechtlicher Mißbilligung der Tat trete eine moralisch-sittliche Degradierung des Täters. Kritik übte Frehsee darüber hinaus auch am allgemeinen Zustand des modernen Strafrechtswesens. Das an der schädigenden Verletzung orientierte Tatstrafrecht werde in immer mehr Bereichen durch ein Risikostrafrecht verdrängt. Auf die den Straftaten oft zugrundeliegenden Konflikte zwischen Täter und Opfer werde nicht eingegangen, sondern nur an der Oberfläche sanktioniert; was Frehsee in seinen bedeutenden Arbeiten zum Täter-Opfer-Ausgleich auch in rechtspolitischer Absicht ausführte.Als kritischer Kriminologe lag ihm zunächst und vor allem die strafjustizielle Behandlung der Kinder und Jugendlichen am Herzen, deren Problemen er nicht nur menschenfreundliche, sondern auch der (Generationen-) Gerechtigkeit verpflichtete Aufsätze widmete. Sorgfältig arbeitete er darüber hinaus die strukturelle Ungerechtigkeit der Kriminalisierung heraus, die oft die Falschen unter Strafe stelle. Neuland beschritt er schließlich durch seine immer mehr Aktualität gewinnende Untersuchung zur Kriminalität der Anständigen.Die vorliegende Sammlung der wichtigsten Aufsätze von Detlev Frehsee macht offenbar, welchen wissenschaftlichen und menschlichen Verlust sein Tod am 29. Januar 2001 für die "Gesamte Strafrechtswissenschaft" bedeutete.Mit diesem Band wird die Schriftenreihe "Kriminologische und sanktionenrechtliche Forschungen" eingestellt.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
A. Alternative Konzepte zur strafrechtlichen Sanktion | 9 | ||
1. Verhaltenskontrolle zwischen Strafrecht und Zivilrecht | 11 | ||
A. Beschränkung öffentlichen Strafrechts auf den Schutz von Gemeinschaftsgütern? | 12 | ||
B. Befreiung des Zivilrechts von verhaltenskontrollierenden Funktionen? | 13 | ||
C. Zivilstrafen und rechtsstaatlicher Täterschutz? | 14 | ||
D. Festsetzung der Schadensersatzpflicht durch den Strafrichter? | 16 | ||
E. Priorität des Zivilrechts | 17 | ||
F. Summary | 20 | ||
2. Täter-Opfer-Ausgleich aus rechtstheoretischer Perspektive | 21 | ||
A. | 21 | ||
B. | 22 | ||
C. | 29 | ||
D. | 32 | ||
E. | 34 | ||
F. | 36 | ||
3. Wiedergutmachung und Täter-Opfer-Ausgleich im deutschen Strafrecht: Entwicklung, Möglichkeiten und Probleme | 38 | ||
A. Einführung | 38 | ||
B. Wollen Opfer einen Täter-Opfer-Ausgleich? | 38 | ||
C. Entwicklung von Wiedergutmachung und Täter-Opfer-Ausgleich im deutschen Strafrechtssystem | 41 | ||
D. Praktische Fragen | 44 | ||
E. Konzeptionelle und theoretische Fragen | 46 | ||
I. Wiedergutmachung und die Ziele des Strafrechts | 48 | ||
II. Wiedergutmachung und die Regeln des Strafverfahrens | 50 | ||
F. Schlußfolgerung | 56 | ||
B. Kinder und Jugendliche als Rechtssubjekte im strafjustiziellen System | 61 | ||
4. Zur Suche nach „alternativen Sanktionen“ im Jugendstrafrecht | 63 | ||
A. Zusammenfassung | 63 | ||
B. Vorbemerkung | 63 | ||
C. Modelle "alternativer Sanktionierung" | 64 | ||
I. Gemeinnützige Arbeit | 64 | ||
II. Verkehrserziehungskurse | 65 | ||
III. Betreuungsweisung | 65 | ||
IV. Täter-Opfer-Ausgleich/Schadenswiedergutmachung | 69 | ||
D. Bewertung/Kritik | 69 | ||
I. Aktivitätsbezogene Elemente | 71 | ||
II. Kiompensatorische Elemente | 73 | ||
E. Konsequenzen | 78 | ||
I. Idealvorstellung | 79 | ||
II. Sozialarbeit | 80 | ||
III. Was bedeutet das nun für die Strafjustiz? | 81 | ||
F. Erkennbare Tendenzen und Ausblick | 84 | ||
I. | 84 | ||
II. | 84 | ||
III. | 85 | ||
IV. | 85 | ||
G. Summary | 85 | ||
5. Zum gesellschaftlichen Umgang mit Gewalt an und von Kindern | 87 | ||
A. | 87 | ||
B. | 89 | ||
C. | 92 | ||
D. | 95 | ||
E. | 98 | ||
6. Steuerung familiärer Binnenkonflikte durch Recht | 101 | ||
A. Einleitung | 101 | ||
B. Rahmenbedingungen innerfamiliärer Schutzbedürftigkeit | 103 | ||
I. Familie | 103 | ||
II. Recht | 105 | ||
III. Staat | 109 | ||
IV. Kultur | 110 | ||
C. Anforderungen an das Recht | 112 | ||
I. Ambivalente Haltungen zum Recht | 112 | ||
II. Die unterschiedlichen Funktionen des Rechts | 115 | ||
III. Strikte Norm und flexible Anwendung | 117 | ||
7. Einige Daten zur endlosen Geschichte des Züchtigungsrechts | 121 | ||
A. | 121 | ||
B. | 127 | ||
8. Die „Jugend“ des Rechts | 142 | ||
A. Vorbemerkung | 142 | ||
B. Ausgangslage: Das Recht nimmt sich der Jugend an | 142 | ||
C. Eintritt ins 20. Jahrhundert: Liberalismus und seine Grenzen | 144 | ||
D. Weimarer Republik: Lückenlose rechtliche Erfassung der Jugend | 146 | ||
E. Drittes Reich: Zucht und Gehorsam | 152 | ||
F. Bundesrepublik | 154 | ||
I. Frühphase: Kontinuität des Jugendrechts | 154 | ||
II. Reformphase: Jugendliche als Grundrechtsträger unter Vorbehalten | 158 | ||
G. Am Ende des Jahrhunderts: Rückwendung statt Aufbruch | 163 | ||
9. Korrumpierung der Jugendarbeit durch Kriminalprävention? | 166 | ||
A. Prävention als Leitprinzip der Sicherheitsgesellschaft | 166 | ||
B. Kriminalprävention | 167 | ||
C. Präventive Kriminalpolitik | 168 | ||
D. Kommunale Kriminalprävention | 169 | ||
E. Jugend als zentrales Objekt Kommunaler Kriminalprävention | 170 | ||
F. Polizei als zentraler Träger präventiver Konzepte | 171 | ||
G. Vom Förderungsparadigma zum Störungsparadigma | 173 | ||
H. Jugendarbeit in der Verdrängung | 177 | ||
I. Jugendarbeit auf der Suche nach ihrem Profil | 180 | ||
C. Jugendkriminalität im Kontext kriminalpolitischer und gesellschaftlicher Wandlungsprozesse | 185 | ||
10. Strafreife – Reife des Jugendlichen oder Reife der Gesellschaft? | 187 | ||
A. | 188 | ||
B. | 194 | ||
C. | 196 | ||
D. | 199 | ||
E. | 203 | ||
11. Zu den Wechselwirkungen zwischen (Kriminal-)Politik und Gewalttaten Jugendlicher vor rechtsextremistischem Hintergrund | 204 | ||
A. Verwirrte Kriminalpolitik | 204 | ||
B. Fakten? | 206 | ||
C. Auf dem rechten Auge blind? | 207 | ||
D. Gewalt, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit | 211 | ||
E. Medieneffekte | 216 | ||
F. Interessenlagen | 218 | ||
G. Politisches Strafrecht | 222 | ||
H. Bescheidenes Strafrecht | 223 | ||
12. Sozialer Wandel und Jugendkriminalität | 225 | ||
A. Vorbemerkung | 225 | ||
B. Ausgangsdaten | 225 | ||
I. Kriminalität | 225 | ||
II. Neue Armut | 229 | ||
C. Armut und Kriminalität | 233 | ||
D. Armut und Kriminalität unter Bedingungen sozialen Wandels | 236 | ||
I. Rechtliche Gleichheit - soziale Ungleichheit | 236 | ||
II. Neuer Materialismus | 238 | ||
III. Verlust von Bindungen | 240 | ||
IV. Egoismus als kulturelles Leitprinzip | 241 | ||
E. Jugendkriminalität im Blick von Gesellschaft und Politik | 243 | ||
F. Folgerungen | 246 | ||
D. Strukturwandel strafrechtlicher Sozialkontrolle und Erosion rechtsstaatlichen Freiheitsschutzes | 251 | ||
13. „Die Strafe auf dem Prüfstand“ – Verunsicherungen des Strafrechts angesichts gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse | 253 | ||
A. Vorbemerkung | 253 | ||
B. Gesellschaftlicher Wandel | 254 | ||
C. Folgen für das Strafrecht | 257 | ||
D. Reaktionen des Strafrechts | 259 | ||
1. Strafrecht als Sicherheitsrecht | 261 | ||
2. "Symbolisches Strafrecht" | 264 | ||
3. Risikostrafrecht | 266 | ||
E. Abhilfen? | 268 | ||
14. Fehlfunktionen des Strafrechts und der Verfall rechtsstaatlichen Freiheitsschutzes | 275 | ||
A. Vorbemerkung | 275 | ||
B. Prinzipienwandel | 275 | ||
C. Materielles Strafrecht | 277 | ||
I. Risikostrafrecht | 277 | ||
II. Symbolisches Strafrecht | 280 | ||
D. Prozeßrecht - Freiheit für die Polizei | 282 | ||
I. Geheimdienstliche Polizei | 282 | ||
II. Private Ermittlungshelfer | 284 | ||
E. Sicherheitsstrafrecht - Primat des Prozeßrechts | 285 | ||
I. Masternormen | 285 | ||
II. Feindstrafrecht | 287 | ||
F. Verfall des Gerichtsverfahrens | 287 | ||
I. Störfall Verteidigung | 287 | ||
II. Kurzer Prozeß | 288 | ||
III. Polizei als Herrin des Hauptverfahrens | 290 | ||
G. Propaganda | 291 | ||
I. Sicherheitspanik | 291 | ||
II. Rhetorik | 292 | ||
III. Desensibilisierung | 292 | ||
IV. Befristung | 294 | ||
V. Kriminalität durch Polizei | 294 | ||
H. Motive | 295 | ||
I. Feindbilder | 295 | ||
II. Kosten? | 295 | ||
III. Disziplinierung | 296 | ||
IV. Muskelspiele | 296 | ||
V. Staat gegen Wirtschaft | 297 | ||
J. Kein Ausblick | 298 | ||
Anhang: Wesentliche Gesetzesänderungen seit 1968 im Bereich der Strafrechtspflege | 299 | ||
1. Methoden der Beweisgewinnung, Zwangsmittel | 299 | ||
2. Untersuchungshaft | 300 | ||
3. Auswirkungen auf das Recht der Verteidigung in der Hauptverhandlung | 301 | ||
4. Einführung einer Kronzeugenregelung | 302 | ||
5. Besondere Verfahrensarten, Gerichtsbesetzung, -zuständigkeit | 302 | ||
6. Änderungen des materiellen Strafrechts | 303 | ||
15. Politische Funktionen Kommunaler Kriminalprävention | 304 | ||
A. Das Erfolgsgeheimnis: Für jeden etwas | 304 | ||
B. Kriminalprävention ohne Kriminalität? | 308 | ||
C. Der politische Nutzen | 311 | ||
D. Neue Herrschaftsformen | 312 | ||
I. Entstrukturierung sozialer Kontrolle | 312 | ||
II. Kriminalprävention als soziales Bindemittel | 316 | ||
E. Kritik | 319 | ||
I. Von der Repression zur Prävention | 319 | ||
II. Offene Polizei | 320 | ||
III. Ausgrenzung | 321 | ||
IV. Bürgerbeteiligung unter Vorbehalt | 325 | ||
V. Perspektivenwandel | 326 | ||
F. Was sollte man tun? | 327 | ||
16. Ordnung durch Unordnung? – Strafrechtliche Kontrolle in der postmodernen Gesellschaft | 330 | ||
A. Einführung | 330 | ||
I. Die zunehmende Unordnung der Welt | 330 | ||
II. Ordnung im Chaos? | 331 | ||
B. Befunde | 331 | ||
I. Zerfließende Konturen von Strafrecht und Strafrechtspflege | 331 | ||
1. Zerfließende Rechtsgüter | 332 | ||
2. Der Gesetzgeber wird seiner Aufgabe nicht gerecht | 333 | ||
3. Die Grenzen zwischen Repression und Prävention verschwimmmen | 333 | ||
4. Kriminalpolitik als "Zufallsprodukt der Innenpolitik" | 338 | ||
5. Versinkende Rechtskontrolle | 339 | ||
II. "Normerosion" | 340 | ||
1. Quantitative und sozialstrukturelle Ausbreitung von Kriminalität | 340 | ||
2. Akzeptanzverlust der Strafnonnen | 341 | ||
3. Wertewandel | 341 | ||
4. Utilitarismus | 342 | ||
5. Neutralisationen | 343 | ||
C. Das neue Strafrechtskonzept: von der Disziplinar- zur Kontrollgesellschaft | 344 | ||
I. Relativierung der normativen Dominanz | 344 | ||
II. Flächendeckende und panoptische Kontrolle | 344 | ||
III. Ferngesteuerte Ordnung | 345 | ||
D. Die Welt wird anders, aber nicht schlechter | 346 | ||
I. Man arrangiert sich | 346 | ||
II. Funktionswandel des Rechts | 348 | ||
III. "Demokratisierung" des Verfolgungsdruckes | 348 | ||
E. Aussichten? | 349 | ||
17. Entstrukturierung und Extensivierung kriminalistischer Verhaltenskontrolle | 352 | ||
A. Thematische Einführung | 352 | ||
B. Befunde | 354 | ||
I. Strafrecht | 354 | ||
II. Kommunale Kriminalpolitik | 359 | ||
C. Funktionswandel | 360 | ||
D. Analyse | 366 | ||
E. Prognose | 369 | ||
E. Kriminalität und Devianz zwischen Ubiquität und medialer Inszenierung | 373 | ||
18. Zur Abweichung der Angepaßten | 375 | ||
A. Der blinde Fleck | 375 | ||
B. Begriffssuche | 379 | ||
C. Illustrationen | 381 | ||
D. Schonräume | 387 | ||
E. Wahrnehmungsstörungen | 390 | ||
F. Konsequenzen | 394 | ||
19. Kriminalität in den Medien – Eine kriminelle Wirklichkeit eigener Art | 397 | ||
A. Die Vielfalt der Wirklichkeiten von Kriminalität | 397 | ||
B. Die kriminelle Wirklichkeit der Medien | 400 | ||
C. Strukturelle Differenzen zwischen medialen und anderen Kriminalitätswirklichkeiten | 402 | ||
D. Medien im Zusammenspiel mit anderen Kommunikationsagenten | 413 | ||
F. Über das Verhältnis von Strafrechtsdogmatik und Kriminologie | 421 | ||
20. Kritische Kriminologie und Strafrechtswissenschaft | 423 | ||
A. Begriffsvergewisserung | 423 | ||
I. Was ist überhaupt kritische Kriminologie | 423 | ||
II. Was ist Strafrechtswissenschaft | 424 | ||
B. Labeling approach und Strafrechtsdogmatik | 425 | ||
C. Kritische Kriminologie und das Strafrechtssystem | 430 | ||
I. Kritikebenen der Kritischen Kriminologie | 430 | ||
II. Kritisches Strafrecht und kritische Kriminologie | 431 | ||
III. Einflußpotential der kritischen Kriminologie | 433 | ||
D. Fazit und Ausblick | 438 | ||
Detlev Frehsee im Gespräch | 439 | ||
G. Anhang: Vorträge anläßlich des Symposiums am 1.2.2002 zum Gedenken an Detlev Frehsee | 453 | ||
Günter Albrecht: Erfahrungen mit Detlev Frehsee im Kontext des Sonderforschungsbereiches 227 (Prävention und Intervention im Kindes- und Jugendalter) | 455 | ||
Otto Backes: Detlev Frehsee als Strafrechtswissenschaftler | 465 | ||
Gabriele Löschper: Detlev Frehsee und die Kritische Kriminologie | 474 | ||
Was ist Kritische Kriminologie? | 474 | ||
Labeling Perspektive und moralischer Standpunkt | 475 | ||
Wissenschaft vom Strafrecht | 478 | ||
Strafrechtstransformation und gesellschaftlicher Kontext | 480 | ||
Wissenschaftsadministration | 482 | ||
Michael Walter: Detlev Frehsee und das Jugendkriminalrecht sowie die „Kriminalität der Anständigen“ | 485 | ||
Schriftenverzeichnis von Detlev Frehsee | 495 |