Small Claims und effektiver Rechtsschutz
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Small Claims und effektiver Rechtsschutz
Eine rechtshistorische und rechtsvergleichende Untersuchung zur zivilgerichtlichen Behandlung von Bagatellstreitigkeiten in Deutschland und Südafrika von 1500 bis 2000
Schriften zur Rechtsgeschichte, Vol. 104
(2003)
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Abstract
Der Autor geht anlässlich der jüngsten Reformen zur Entlastung der Ziviljustiz der Frage nach, ob in Bagatellstreitigkeiten dem Verfassungsgebot nach einem effektiven Rechtsschutz für den Bürger noch ausreichend Rechnung getragen wird. Der deutsche Gesetzgeber hat in Zivilrechtsstreitigkeiten unter € 600,00 u. a. die Berufung ausgeschlossen, stellt das Verfahren in das billige Ermessen des Richters und räumt ihm das Recht ein, im Urteil auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe zu verzichten. Da ca. 40% aller im Urteilsverfahren erledigten Zivilrechtsstreitigkeiten einen Streitwert unter € 600,00 aufweisen, betreffen diese Einschränkungen keineswegs nur einen zu vernachlässigenden Teil der Zivilprozesse.In Südafrika hat das Ziel der schnellen und kostengünstigen Erledigung von Bagatellstreitigkeiten durch die Einführung besonderer »Small Claims Courts« besondere Berücksichtigung gefunden. Zudem existieren mit den Häuptlingsgerichten traditionelle Streitschlichtungsinstanzen, die sich der Akzeptanz der schwarzen Bevölkerung erfreuen und hauptsächlich mit der Erledigung von Bagatellstreitigkeiten befasst sind. Im Rahmen einer rechtshistorisch-rechtsvergleichenden Untersuchung werden daher das deutsche und das südafrikanische Rechtsschutzsystem in Bagatellsachen in ihrer Entwicklung, Ausgestaltung und praktischen Umsetzung miteinander verglichen, um mögliche Alternativen zum deutschen Bagatellverfahren aufzuspüren.Dabei war zu berücksichtigen, dass die sozio-ökonomischen und kulturellen Voraussetzungen beider Länder denkbar unterschiedlich sind. Während die Bevölkerung in Deutschland vergleichsweise wohlhabend und gut ausgebildet ist, leidet der Großteil der südafrikanischen Bevölkerung unter Massenarmut, hoher Arbeitslosigkeit und unzureichender Bildung. Dementsprechend müssen Gerichtsverfahren in Südafrika nahezu kostenlos und mündlich sein, um einen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten. Diese Anforderungen werden von den sogenannten »Small Claims Courts« erfüllt, in denen die Vertretung durch Rechtsanwälte zur Kostenersparnis ausgeschlossen ist und die Sachverhaltsermittlung informell durch den Richter erfolgt. Im Vergleich zu Südafrika verfügt Deutschland prinzipiell über ein sehr viel effizienteres Rechtsschutzsystem. Gleichwohl ist das überwiegend auch in Bagatellsachen durchgeführte schriftlich-mündliche Anwaltsverfahren zu teuer und zu aufwendig. Nach südafrikanischem Vorbild sollte daher darüber nachgedacht werden, die Rechtsanwälte in Bagatellsachen aus den Gerichtssälen zu verbannen oder zumindest die Anwaltskostenerstattung auszuschließen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 15 | ||
Einleitung | 19 | ||
Α. Der Begriff der zivilrechtlichen Bagatellsache | 23 | ||
B. Der Zielkonflikt | 25 | ||
I. Das Entlastungsinteresse | 25 | ||
II. Das Interesse an der Effektivität des Rechtsschutzes | 26 | ||
III. Verfolgter Ansatz | 27 | ||
C. Der Gang der Untersuchung | 28 | ||
1. Kapitel: Die Entwicklung des Bagatellprozesses in Deutschland und Südafrika | 30 | ||
A. Deutschland | 30 | ||
I. Der Beginn der Rezeption des römisch-kanonischen Verfahrens: Die Unterscheidung zwischen ordentlichem und summarischem Prozeß | 31 | ||
II. Die Entwicklung im 16. und 17. Jhr.: Der Ausschluß des ordentlichen Prozesses in Bagatellsachen | 34 | ||
1. Das Verfahren vor dem Reichskammergericht | 35 | ||
2. Das Verfahren in den Territorien | 36 | ||
a) Kursachsen | 37 | ||
b) Brandenburg-Preußen | 39 | ||
c) Bayern | 41 | ||
3. Zusammenfassung | 43 | ||
III. Die Entwicklung im 18. Jhr.: Die Ausgestaltung des Bagatellprozesses als mündliches Verfahren | 44 | ||
1. Das sog. „unbestimmt summarische Verfahren" in der Lehre des gemeinen Prozesses | 45 | ||
2. Die Kodifizierung des Bagatellprozesses in den Territorien | 46 | ||
a) Kursachsen | 48 | ||
b) Preußen | 49 | ||
c) Bayern | 55 | ||
3. Zusammenfassung | 56 | ||
IV. Die Entwicklung im 19. Jhr.: Die Formalisierung des Bagatellprozesses und seine Abschaffung | 56 | ||
1. Der Bagatellprozeß in den Partikularstaaten bis zur Reichsgründung | 57 | ||
a) Sachsen | 57 | ||
b) Preußen | 59 | ||
aa) Die Kerngebiete Preußens (ohne Rheinlande) | 59 | ||
bb) Die preußischen Rheinlande | 61 | ||
c) Bayern | 63 | ||
2. Der Bagatellprozeß seit der Reichsgründung | 63 | ||
a) Baden | 65 | ||
b) Württemberg | 66 | ||
3. Zusammenfassung | 68 | ||
V. Die Entwicklung im 20. Jhr.: Die Wiederbelebung und Entformalisierung des Bagatellprozesses | 68 | ||
1. Die Entwicklung des Bagatellverfahrens auf Reichs- bzw. Bundesebene | 69 | ||
2. Die Abschaffung der Bagatellgerichte auf Länderebene | 72 | ||
3. Zusammenfassung | 76 | ||
B. Südafrika | 77 | ||
I. Die Entwicklung des Bagatellprozesses in der Provinz Holland im 16. und 17. Jhr. | 77 | ||
1. Das Verfahren in Bagatellsachen vor den holländischen Obergerichten | 79 | ||
2. Das Bagatellverfahren vor den holländischen Untergerichten | 80 | ||
3. Das Verfahren vor den „Commissarissen van kleyne saken" der Stadt Amsterdam | 81 | ||
4. Zusammenfassung | 82 | ||
II. Die Entwicklung im 17. und 18. Jhr.: Die Übernahme des holländischen Bagatellprozesses am Kap | 83 | ||
1. Das Verfahren des „Raad van Justitie" | 84 | ||
2. Das „Collegie van Commissarissen van de Cleijne Saaken" in Kapstadt | 85 | ||
3. Die „Collegie van Landdrost en Heemraden" in den Außenbezirken | 86 | ||
4. Zusammenfassung | 89 | ||
III. Die Entwicklung im 19. Jhr.: Die Formalisierung des Bagatellprozesses durch die Briten | 89 | ||
1. Kapkolonie | 90 | ||
a) Erste britische Besetzung und holländisches Interregnum | 91 | ||
b) Die Umgestaltung des Rechtsschutzsystems durch die Briten | 92 | ||
c) Die Ausweitung der Kapkolonie nach Osten | 96 | ||
aa) Das Rechtssystem der Bantuvölker | 96 | ||
bb) Die Kolonisierung durch die Briten | 99 | ||
2. Natal | 100 | ||
3. Oranje-Freistaat | 103 | ||
4. Transvaal | 105 | ||
5. Zusammenfassung | 109 | ||
IV. Die Entwicklung im 20. Jhr.: Die Abschaffung und Wiederbelebung des Bagatellprozesses | 109 | ||
1. Die Vereinheitlichung des Zivilprozesses und die Abschaffung besonderer Bagatellverfahren und -gerichte | 110 | ||
2. Der Ausschluß der schwarzen Bevölkerung vom ordentlichen Gerichtssystem | 113 | ||
a) Die Gerichte der Häuptlinge und Eingeborenenkommissare | 113 | ||
b) Die Gerichte in den Homelands | 116 | ||
c) Die Gerichte in den Townships | 117 | ||
3. Die Wiederbelebung der Bagatellgerichte | 119 | ||
4. Zusammenfassung | 120 | ||
C. Vergleich | 120 | ||
2. Kapitel: Die Effektivität des Zivilrechtsschutzes in Bagatellsachen in Deutschland und Südafrika | 122 | ||
A. Die Anforderungen an den Rechtsschutz in zivilrechtlichen Bagatellsachen | 123 | ||
I. Die Zugangsbarrieren in Bagatellsachen und rechtshistorische Lösungsansätze | 123 | ||
1. Die Prozeßökonomie | 124 | ||
2. Die Waffen-und Chancengleichheit | 125 | ||
II. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Ausgestaltung des Rechtsschutzes in Bagatellsachen | 126 | ||
1. Die Prozeßgrundrechte im deutschen Grundgesetz | 128 | ||
a) Das Recht auf gerichtlichen Rechtsschutz | 128 | ||
b) Das Recht auf den gesetzlichen Richter | 130 | ||
c) Das Recht auf rechtliches Gehör | 132 | ||
d) Das Recht auf Waffengleichheit | 133 | ||
2. Die Prozeßgrundrechte in der südafrikanischen Verfassung | 133 | ||
a) Das Recht auf „Access to courts" | 134 | ||
aa) Das Recht auf Zugang zu den Gerichten im engeren Sinne | 134 | ||
bb) Das Recht auf ein faires Verfahren | 136 | ||
(1) Das Recht auf rechtliches Gehör | 137 | ||
(2) Das Recht auf rechtliche Vertretung | 137 | ||
(3) Das Recht auf eine Begründung des Urteils | 138 | ||
(4) Das Recht auf Berufung | 138 | ||
b) Das Recht auf „equality" | 139 | ||
3. Vergleich | 140 | ||
B. Der Rechtsschutz in zivilrechtlichen Bagatellsachen | 141 | ||
I. Deutschland | 141 | ||
1. Die sozio-ökonomische Ausgangssituation | 141 | ||
2. Zivilgerichtlicher Rechtsschutz in Bagatellsachen | 142 | ||
a) Der Gerichtsaufbau | 143 | ||
b) Bagatellsachen vor den Amtsgerichten | 144 | ||
aa) Das Mahn verfahren | 145 | ||
bb) Das Urteilsverfahren | 146 | ||
(1) Klageerhebung | 149 | ||
(2) Vorverfahren | 149 | ||
(3) Haupttermin | 151 | ||
(4) Schriftliches Verfahren gem. § 128 Abs. 3 ZPO | 153 | ||
cc) Das vereinfachte Verfahren gem. § 495a ZPO | 153 | ||
c) Bagatellsachen vor den Arbeitsgerichten | 156 | ||
3. Alternativen zum gerichtlichen Rechtsschutz | 157 | ||
a) Streitbeilegung durch die Anwaltschaft | 158 | ||
b) Güteverfahren in Bagatellsachen | 158 | ||
aa) Das freiwillige Güteverfahren vor einer Schlichtungsstelle | 159 | ||
bb) Das obligatorische Güteverfahren vor einer anerkannten Gütestelle | 160 | ||
c) Mediation in Bagatellsachen | 162 | ||
4. Ergebnis | 163 | ||
II. Südafrika | 164 | ||
1. Die sozio-ökonomische Ausgangssituation | 164 | ||
2. Zivilgerichtlicher Rechtsschutz in Bagatellsachen | 167 | ||
a) Der Gerichtsaufbau | 168 | ||
b) Bagatellsachen vor den Magistrates' Courts | 169 | ||
aa) Das „Summons Procedure" | 172 | ||
(1) Pleading stage | 173 | ||
(2) Pre-trial stage | 173 | ||
(3) Trial Stage | 174 | ||
(4) Urteil und Berufung | 176 | ||
bb) Besondere Verfahrensarten | 177 | ||
(1) Provisional Sentence Procedure | 177 | ||
(2) Recovery of Debt-Verfahren | 178 | ||
c) Bagatellsachen vor den Small Claims Courts | 179 | ||
d) Bagatellsachen vor den Short Process Courts | 185 | ||
e) Arbeitsrechtliche Bagatellstreitigkeiten | 186 | ||
f) Bagatellsachen vor den Courts of Chiefs and Headmen | 186 | ||
3. Alternativen zum gerichtlichen Rechtsschutz | 190 | ||
a) Schiedsgerichtsverfahren | 190 | ||
b) Community Courts in den Townships | 191 | ||
4. Ergebnis | 192 | ||
III. Vergleich | 193 | ||
C. Reformbestrebungen mit Auswirkung auf die Behandlung von zivilrechtlichen Bagatellsachen | 195 | ||
I. Deutschland | 195 | ||
1. Die Neufassung der BagatellVorschriften | 196 | ||
2. Die obligatorische Güteverhandlung | 197 | ||
3. Das neue Abhilfe verfahren | 198 | ||
4. Die Erweiterung der Berufungsmöglichkeit in Bagatellsachen | 199 | ||
II. Südafrika | 199 | ||
1. Die Förderung der Alternative Dispute Resolution (ADR) | 200 | ||
2. Der Ausbau der Bagatellgerichte | 201 | ||
3. Die Verbesserung der Zugänglichkeit der Magistrates' Courts | 203 | ||
III. Vergleich | 203 | ||
D. Gesamtvergleich | 204 | ||
3. Kapitel: Die Verbesserung des gerichtlichen Rechtsschutzes in Bagatellsachen in Deutschland | 205 | ||
A. Die Verbesserung der Prozeßökonomie | 205 | ||
I. Die Senkung der Verfahrenskosten in Bagatellstreitigkeiten | 205 | ||
1. Herabsetzung der Gerichts- und Anwaltsgebühren | 205 | ||
2. Der Ausschluß anwaltlicher Vertretung | 206 | ||
3. Der Ausschluß der Anwaltskostenerstattung | 207 | ||
II. Die Prozeßbeschleunigung in Bagatellstreitigkeiten | 208 | ||
1. Die Konzentration auf eine mündliche Verhandlung | 209 | ||
2. Die Entformalisierung des Verfahrens | 209 | ||
3. Die vorgeschaltete außergerichtliche Güte Verhandlung | 210 | ||
B. Die Verbesserung der Waffen-und Chancengleichheit | 211 | ||
I. Der Ausschluß juristischer Personen auf der Klägerseite | 211 | ||
II. Der Ausschluß anwaltlicher Vertretung | 212 | ||
III. Die Gewährung von Prozeßkostenhilfe | 214 | ||
C. Verbesserungsvorschläge | 214 | ||
Literaturverzeichnis | 216 | ||
Quellenverzeichnis | 229 | ||
Sachwortverzeichnis | 245 |