Der steuerverfassungsrechtliche Halbteilungsgrundsatz
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Der steuerverfassungsrechtliche Halbteilungsgrundsatz
Maßstab für Steuerbelastung und Ausgleichsverpflichtung im Länderfinanzausgleich? Zugleich ein Valet der verfassungsrechtlichen Anbindung des Äquivalenzprinzips
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 888
(2002)
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Abstract
Der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Vermögensteuer-Beschluß aus Art. 14 Grundgesetz hergeleitete Halbteilungsgrundsatz und die im dritten Normenkontrollverfahren gegen das Finanzausgleichsgesetz postulierte Übertragbarkeit dieses Halbteilungsgrundsatzes auf den Länderfinanzausgleich sind Zeugnis für eine schleichende Rezeption von finanzwissenschaftlichen Ansätzen durch die Rechtswissenschaft.In Anlehnung an Geoffrey Brennan und James M. Buchanan fordern Rechtswissenschaftler seit Beginn der achtziger Jahre eine konstitutionelle Begrenzung der Steuerbelastung. Aufgrund der Untätigkeit des Verfassungsgebers begrüßen sie den vom Bundesverfassungsgericht mit dem Halbteilungsgrundsatz etablierten Vermögensschutz. Wie anhand des Maßstabs des Art. 14 Grundgesetz deutlich wird, ist der Halbteilungsgrundsatz jedoch nicht das Ergebnis zulässiger Verfassungsauslegung, sondern unzulässiger Verfassungsrechtsschöpfung. Durch den Halbteilungsgrundsatz und die ihm zugrundeliegende Steuerlehre wird zudem die gleichheitsrechtliche, am Leistungsfähigkeitsprinzip orientierte Steuerrechtfertigung auf eine freiheitsrechtliche Basis gestellt. Dadurch wird eine verfassungsrechtlich nicht zu begründende Anbindung des Äquivalenzprinzips als Steuerrechtfertigungsprinzip ermöglicht.Der Halbteilungsgrundsatz ist in der Diskussion um eine wettbewerbsföderalistische Neugestaltung des Länderfinanzausgleichs aufgegriffen worden. Er sollte als verfassungsrechtliche Speerspitze für die Durchsetzung von Erkenntnissen der Ökonomischen Theorie des Föderalismus dienen. Als grundrechtliche Argumentationsfigur ist er jedoch nicht auf das strukturell verschiedene staatsinterne Rechtsverhältnis des Länderfinanzausgleichs übertragbar. Außerdem widerspräche eine starre Obergrenze der Ausgleichsverpflichtung in Form des Halbteilungsgrundsatzes der flexiblen Rahmenordnung der Finanzverfassung, die gerade auch in finanziellen Spannungslagen einen bedarfsgerechten Ausgleich ermöglichen soll.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
1. Teil: Einleitung | 13 | ||
1. Abschnitt: Das Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 11. November 1999 | 13 | ||
A. Inhaltliche Zurückhaltung gegenüber der politischen Diskussion um Wettbewerbsföderalismus und Halbteilungsgrundsatz | 13 | ||
B. Formelle Vorgabe der Schaffung eines Maßstäbegesetzes zum Finanzausgleich | 22 | ||
2. Abschnitt: Existenzberechtigung und Rechtsnatur des Maßstäbegesetzes | 24 | ||
A. Gesetzestechnische Parallele zur Grundsatzgesetzgebung | 25 | ||
B. Abschließender Kanon der Gesetzgebungskompetenzen | 27 | ||
C. Zeitwirkung der Gesetze - Rückkehr zu einem materiellen Gesetzesbegriff? | 29 | ||
I. Eliminierung von Partikularinteressen aus dem Gesetzgebungsverfahren - John Rawls Theorie der Gerechtigkeit | 29 | ||
II. Langfristige und dauerhafte Maßstabgebung - Gerhart Husserls Zuordnung der Staatsgewalten zur dreidimensionalen Struktur der Zeit | 31 | ||
D. „Vor-Rang" und „Vor-Behalt" des Maßstäbegesetzes - Selbstbindung des Bundesgesetzgebers | 34 | ||
I. Finanzausgleichsgesetzgebung als materielle Verwaltungstätigkeit | 34 | ||
II. Bindung des Gesetzgebers an das Maßstäbegesetz | 36 | ||
1. Maßstäbegesetz keine lex superior | 37 | ||
2. „Lex completa derogat legi compienti" | 38 | ||
E. Ergebnis | 39 | ||
3. Abschnitt: Das Maßstäbegesetz | 40 | ||
2. Teil: Der Halbteilungsgrundsatz | 44 | ||
1. Abschnitt: Der Vermögensteuer-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts | 44 | ||
2. Abschnitt: Dogmatische Überzeugungskraft einer konstitutionellen Begrenzung der Steuerbelastung | 48 | ||
A. Der rechts- und finanzwissenschaftliche Hintergrund des Vermögensteuer- Beschlusses | 48 | ||
I. Effektivierung der Grundrechte für das Steuerrecht und freiheitlich geprägte Besteuerung | 48 | ||
II. Ökonomische Theorie der Demokratie und konstitutionelle Begrenzung der Steuerbelastung | 50 | ||
B. Die Steuerlehre von Paul Kirchhof | 55 | ||
I. These 1: „Eigentum" umgrenzt den vermögensrechtlichen Handlungsspielraum Gegenargument: Art. 14 GG schützt nicht das Vermögen als solches | 56 | ||
II. These 2: Unterschiedliche Behandlung von Vermögensbestand und -erwerb Gegenargument: Die Verfassung differenziert nicht nach unterschiedlichen Zugriffsphasen | 61 | ||
C. Die Anwendung und Weiterführung dieser Lehre durch das Bundesverfassungsgericht im Fall der Vermögensteuer | 64 | ||
I. These 1 : Bestandsschutz für den Vermögensstamm | 64 | ||
1. Gegenargument 1: Nur Reinertragssteuer gewährleistet Substanzschutz | 64 | ||
2. Gegenargument 2: Verfassung beschränkt die Sozialbindung ruhenden Vermögens nicht auf eine Sollertragsbesteuerung | 65 | ||
3. Gegenargument 3: Vermögensteuer ist aus historischer Sicht nicht nur als Sollertragsteuer zulässig | 67 | ||
II. These 2: Hälftige Teilung des Ertrages | 70 | ||
1. Gegenargument 1: Grammatische Auslegung nicht eindeutig | 70 | ||
2. Gegenargument 2: Keine starren, der Abwägung vorgegebenen Ergebnisse | 73 | ||
D. Zwischenergebnis | 76 | ||
3. Abschnitt: Verfassungsrechtliche Anbindung einer äquivalenzorientierten Steuerrechtfertigung (Exkurs) | 78 | ||
A. Gleichheitsorientierte Rechtfertigung der Steuer | 81 | ||
I. Äquivalenzprinzip und Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstäbe einer gerechten Besteuerung | 83 | ||
1. Entwicklung | 83 | ||
2. Bedeutung in der Finanzwissenschaft | 86 | ||
3. Bedeutung in der Rechtswissenschaft | 88 | ||
a) Das Dogma der Leistungsfähigkeit | 88 | ||
b) Renaissance des Äquivalenzprinzips | 90 | ||
II. Rechtswissenschaftliche Bewertung des Äquivalenzprinzips | 93 | ||
1. Rein formale Betrachtung der Gleichheit | 93 | ||
2. Materiale Gleichheit | 95 | ||
a) Begründung eines materialen Gleichheitsbegriffs | 95 | ||
b) Sachgerechtigkeit des Differenzierungskriteriums | 97 | ||
aa) Grundrechte und Sozialstaatsprinzip - Freiheit und soziale Gerechtigkeit | 97 | ||
bb) Verfassungsrechtlicher Steuerbegriff | 101 | ||
cc) Die Finanzverfassung - Art. 106 ff. GG | 105 | ||
c) Ergebnis bei materialer Betrachtung | 105 | ||
B. Freiheitsrechtlich orientierte Rechtfertigung der Steuer nach Paul Kirchhof | 108 | ||
I. Allgemeine Steuerrechtfertigungslehre nach Paul Kirchhof | 109 | ||
II. Besondere Steuerrechtfertigungslehre und Steuerbemessungslehre nach Paul Kirchhof | 112 | ||
III. Stellungnahme | 118 | ||
1. Kritik in der Literatur | 118 | ||
2. Keine verfassungsrechtliche Verankerung des Äquivalenzprinzips | 120 | ||
3. Teil: Der Halbteilungsgrundsatz als Maßstab für den angemessenen Ausgleich i.S.d. Art. 107 Abs. 2 S. 1 GG | 122 | ||
1. Abschnitt: Vergleichbarkeit der Ausgangslage | 123 | ||
A. Strukturelle Prägung des Bürger-Staat-Verhältnisses im allgemeinen | 125 | ||
I. Liberal-bürgerliche Grundrechtstheorie und geistesgeschichtliche Entwicklung der Grundrechtsidee | 125 | ||
II. Demokratisch-funktionale Grundrechtstheorie und Grundrechtsdemokratisierung | 128 | ||
III. Soziale Grundrechtstheorie, Schutzpflichtendogmatik und moderner Liberalismus | 132 | ||
B. Strukturelle Prägung des Bund-Länder Verhältnisses im allgemeinen | 139 | ||
I. Entstehung des Grundgesetzes und separativer Föderalismus | 140 | ||
II. Kleine Finanzverfassungsreform 1955 und unitarischer Föderalismus | 149 | ||
III. Große Finanzverfassungsreform 1969 und kooperativer Föderalismus | 157 | ||
IV. Reföderalisierung | 164 | ||
1. Politikwissenschaftliche Kritik am kooperativen Föderalismus | 164 | ||
2. Finanzwissenschaftliche Kritik am kooperativen Föderalismus: Ökonomische Theorie des Föderalismus | 169 | ||
3. Übernahme dieser Kritik in die politische und rechtswissenschaftliche Föderalismus-Diskussion | 176 | ||
4. Wandlung des Bundesstaatsgepräges? | 180 | ||
a) Warnung vor unkritischer Übernahme der ökonomischen Erkenntnisse für eine Föderalismus-Reform | 182 | ||
b) Auswirkungen auf das gegenwärtige Bundesstaatsverständnis | 186 | ||
c) Mögliche Auswirkungen auf das künftige Bundesstaatsverständnis | 191 | ||
C. Strukturelle Prägung des steuerrechtlichen und finanzausgleichsrechtlichen Finanzierungsverhältnisses im besonderen | 193 | ||
2. Abschnitt: Herleitung des Halbteilungsgrundsatzes | 201 | ||
A. Hälftige Teilung als Besonderheit der Eigentumsgarantie | 201 | ||
B. Keine Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Bund-Länder- Verhältnis | 202 | ||
I. Wurzeln des Verhältnismäßigkeitsprinzips | 202 | ||
1. Begründung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im liberalen Polizeirecht | 203 | ||
a) Historischer Rückblick | 203 | ||
b) Verhältnismäßigkeitsprinzip als Prinzip zur Freiheitsmaximierung | 205 | ||
c) Keine Anwendbarkeit im staatsinternen Verhältnis | 206 | ||
d) Keine Rechtsprechungsänderung durch die Entscheidungen vom 22. Mai 1998 | 208 | ||
2. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip als allgemeiner Gerechtigkeitsgedanke | 212 | ||
II. Gründe für unterschiedliche Mäßigungsprinzipien in unterschiedlichen Rechtsgebieten | 214 | ||
1. Keine Verankerung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im staatsinternen Bereich | 215 | ||
2. Kategorien des Verhältnismäßigkeitsprinzips insbesondere i.R.d. horizontalen Finanzausgleichs ohne Aussagewert | 216 | ||
C. Ergebnis | 219 | ||
3. Abschnitt: Bezugspunkt des Halbteilungsgrundsatzes | 220 | ||
A. Vermögensteuer als Ausgangspunkt | 220 | ||
B. Keine Beschränkung des Bezugspunktes auf die überdurchschnittliche Finanzkraft | 222 | ||
I. Das „Eigene" als Bezugspunkt | 223 | ||
II. Behandlung von Freibeträgen im Halbteilungsgrundsatz | 224 | ||
1. „Ländereigenes Minimum an Eigenstaatlichkeit" als Entsprechung zum steuerlich zu schonenden Existenzminimum | 224 | ||
2. Brutto-/Netto-Betrachtung | 225 | ||
III. Ergebnis | 230 | ||
4. Abschnitt: Erstarrung des verfassungsrechtlichen Rahmens des „angemessenen Ausgleichs44 | 231 | ||
5. Abschnitt: Endergebnis | 235 | ||
Ergebnisse in Thesen | 239 | ||
Literaturverzeichnis | 246 | ||
Sach- und Personenverzeichnis | 286 |