Der Hilfeleistungsbegriff bei der Begünstigung
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Der Hilfeleistungsbegriff bei der Begünstigung
Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 119
(1999)
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Daniel Weisert beschäftigt sich mit der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Hilfeleistung, speziell bei der Begünstigung. Hierbei wird versucht, dem Hilfeleistungsbegriff eine eigenständige Bedeutung zu geben, die über den Tatbestand der Begünstigung hinaus im Strafrecht Geltung beanspruchen kann.Im ersten Abschnitt wird eine Bestandsaufnahme der zum Hilfeleistungsbegriff bei der Begünstigung vertretenen Ansichten in Literatur und Rechtsprechung unternommen. Einen breiten Raum nimmt dabei die Untersuchung der herrschenden Ansicht ein, die eine Handlung des Täters verlangt, die objektiv dazu geeignet ist, dem Vortäter die Vorteile aus der Tat zu sichern. Dabei wird das dadurch entstehende tatbestandliche Mischgebilde aus "verselbständigtem, objektivierten Versuchsdelikt", "Gefährdungsdelikt eigener Art" sowie "verselbständigtem nachträglichen Teilnehmerdelikt" (vgl. W. Küper, Definitionen mit Erläuterungen, 2. Auflage 1998, S. 174 f.) näher durchleuchtet. Weisert zeigt jedoch, daß auf diesem Wege letztlich das Dilemma des objektiv tauglichen Versuchs auf die Begünstigung übertragen wird, welches sich auch nicht durch Kriterien wie "objektiv gefährlicher Versuch", "objektive Eignung" oder "Gefahr der Vorteilssicherung" beseitigen läßt. Letztlich bleibt nach der herrschenden Lehre eine Definition dessen, was dem Vortäter $ahilft,$z offen.Eine solche selbständige Definition des Hilfeleistungsbegriffs versucht der Autor im zweiten Abschnitt. Im Anschluß an Beling kommt Weisert im Rahmen einer historischen, grammatischen, systematischen sowie teleologischen Auslegung auf ein Verständnis von Hilfe als Interessenförderung zurück. Dieser Kern jedweder Hilfe läßt sich, so wird insbesondere im Rahmen der systematischen Auslegung nachgewiesen, auch bei anderen "Hilfeleistungsdelikten" im Strafrecht, vor allem bei der Beihilfe, der Unterlassenen Hilfeleistung sowie der Strafvereitelung und Hehlerei ebenfalls fruchtbar machen. Die Begünstigung selbst wird durch die Besinnung auf eine eigenständige Bedeutung des Hilfeleistungsbegriffs von der Unschärfe der Kategorien "verselbständigtes Versuchs-, Gefährdungs- bzw. Teilnehmerdelikt" befreit. Die Probleme, die sich bei der Subsumtion eines Sachverhalts unter den Begünstigungstatbestand ergeben, können, so wird dargelegt, nicht durch eine willkürliche Zuordnung zu bestimmten Deliktskategorien gelöst werden. Vielmehr sind diese Schwierigkeiten allein auf die Weite des Begriffs der Hilfe zurückzuführen, die, de lege lata, am treffendsten als die Förderung von bestimmten Interessen des Hilfeempfängers definiert werden kann - bei der Begünstigung also von Vorteilssicherungsinteressen des Vortäters.Die Arbeit wurde ausgezeichnet mit dem Ruprecht-Karls-Preis 1998 der Stiftung der Universität Heidelberg.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
1. Abschnitt: Kritische Einführung in die Problematik des Hilfeleistungsbegriffs bei der Begünstigung | 13 | ||
A. Einleitung | 13 | ||
I. Überblick | 13 | ||
II. Kriminologie | 16 | ||
B. Der Hilfeleistungsbegriff bei der Begünstigung in der Auslegung durch die Literatur | 19 | ||
I. Ein Standardfall mit neun möglichen Begünstigungshandlungen | 19 | ||
II. Die Hilfeleistung als eine aus Sicht des Täters zur Vorteilssicherung geeignete Handlung in Vorteilssicherungsabsicht („subjektive Theorien“) | 21 | ||
1. Begünstigung als angestrebte Vorteilssicherung | 21 | ||
a) Begünstigung als bloßes Handeln in Vorteilssicherungsabsicht („rein subjektive Theorie“) | 22 | ||
b) Begünstigung als versuchte Vorteilssicherung („Versuchstheorien“) | 24 | ||
(1) Nur eingeschränkte Anwendbarkeit der Versuchsregeln für unechte Unternehmensdelikte („Theorie des objektivierten Vorteilssicherungsversuchs“) | 25 | ||
(2) Uneingeschränkte Anwendbarkeit der Versuchsregeln auch auf die unechten Unternehmensdelikte („Theorie des echten Vorteilssicherungsversuchs“) | 30 | ||
(3) Übergreifende Kritik an den „Versuchstheorien“ | 32 | ||
2. Begünstigung als Manifestation der Vorteilssicherungsabsicht („Manifestationstheorie“) | 35 | ||
III. Die Hilfeleistung als eine zur Vorteilssicherung objektiv geeignete Handlung in Vorteilssicherungsabsicht („objektive Eignungstheorie“) | 38 | ||
1. Einführender Überblick | 38 | ||
a) Übersicht über die Begründungsansätze | 38 | ||
b) Praktische Auswirkungen | 40 | ||
2. Die objektive Eignung als tauglicher Versuch oder Gefahr der Vorteilssicherung? | 44 | ||
a) Gegenüberstellung des tauglichen Versuchs und der Gefahr einer Vorteilssicherung | 44 | ||
b) Die Begünstigung als tauglich versuchte Vorteilssicherung | 47 | ||
(1) Gefahr als Tauglichkeitskriterium | 47 | ||
(2) Adäquanz bzw. Zurechnung als Tauglichkeitskriterium | 51 | ||
c) Die Begünstigung als Herbeiführung einer Vorteilssicherungsgefahr | 53 | ||
(1) Die Eignungsdelikte als abstrakte oder konkrete Gefährdungsdelikte | 54 | ||
(2) Definition des Eignungsbegriffs | 56 | ||
3. Die Hilfeleistung als zur Vorteilssicherung geeignete Handlung in Entsprechung zum Hilfeleistungsbegriff bei der Beihilfe? | 62 | ||
a) Der Hilfeleistungsbegriff bei der Beihilfe nach der „Risikoerhöhungslehre“ | 63 | ||
b) Die Anwendung der „Risikoerhöhungslehre“ auf den Hilfeleistungsbegriff der Begünstigung | 67 | ||
4. Zusammenfassung | 69 | ||
IV. Hilfeleistung als Herbeiführung eines bestimmten Erfolges („objektive Förderungstheorien“) | 70 | ||
1. Verbesserung der Lage des Vortäters als Steigerung gegenüber der zur Vorteilssicherung geeigneten Handlung („Theorie der objektiven Lageverbesserung“) | 71 | ||
2. Förderung als „aliud“ gegenüber einer tauglich versuchten Vorteilssicherung („Interessenförderungstheorie“) | 74 | ||
C. Der Hilfeleistungsbegriff bei der Begünstigung in der Auslegung durch die Rechtsprechung | 77 | ||
I. Die Entwicklung der Rechtsprechung des Reichsgerichts | 77 | ||
II. Die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung nach 1945 | 88 | ||
Erstes Zwischenergebnis | 95 | ||
2. Abschnitt: Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Hilfeleistung | 98 | ||
A. Historische Auslegung | 98 | ||
I. Geschichtliche Wurzeln der Begünstigung | 98 | ||
1. Die Begünstigung im römischen Recht | 99 | ||
2. Die Begünstigung im germanischen Recht | 104 | ||
II. Die Begünstigung als Teilnahme an der Vortat | 106 | ||
1. Das mittelalterlich-italienische Recht | 107 | ||
2. Die Rezeption in Deutschland, insbesondere die Constitutio Criminalis Carolina | 108 | ||
3. Die Partikulargesetze seit dem 18. Jahrhundert | 111 | ||
III. Die Begünstigung als eigenständiges Delikt | 114 | ||
1. Die spätere gemeinrechtliche Doktrin | 114 | ||
2. Die Theresiana und ihre Nachfolger | 116 | ||
3. Das RStGB von 1871 und die Zeit bis zum EGStGB 1974 | 117 | ||
4. Die Strafrechtsreform von 1975 | 120 | ||
Zweites Zwischenergebnis | 122 | ||
B. Grammatische Auslegung | 123 | ||
I. Der Begriff der Hilfeleistung | 123 | ||
II. Der Begriff der Vorteilssicherung | 128 | ||
Drittes Zwischenergebnis | 133 | ||
C. Systematische Auslegung | 134 | ||
I. Die unterlassene Hilfeleistung, § 323 c StGB | 135 | ||
1. Parallelen zwischen § 257 und § 323 c StGB trotz unterschiedlicher Deliktscharaktere? | 135 | ||
2. Unterlassene Hilfeleistung als verweigerter Beitrag zur Reduzierung der Gefahr für das bedrohte Rechtsgut? | 137 | ||
a) Unterlassene Hilfeleistung als unterlassener Rettungsversuch | 137 | ||
b) Unterlassene Hilfeleistung als Nichtwahrnehmung einer auch von einem objektiven Dritten als gegeben vermuteten Gefahrminderungschance | 139 | ||
c) Unterlassene Hilfeleistung als unterlassene Gefahrminderung | 142 | ||
3. Unterlassene Hilfeleistung als verweigerte Förderung der Interessen des Opfers | 144 | ||
4. Vereinbarkeit der „Interessenförderungstheorie“ mit dem von § 323 c StGB bezweckten Rechtsgüterschutz | 148 | ||
5. Zusammenfassung | 151 | ||
II. Die Beihilfe, § 27 StGB | 152 | ||
1. Zulässigkeit des Vergleichs der Hilfeleistungsbegriffe bei der Beihilfe und der Begünstigung | 153 | ||
2. Der Hilfeleistungsbegriff bei der Beihilfe | 157 | ||
a) Beihilfe als kausaler Tatbeitrag | 158 | ||
b) Beihilfe als Risikoerhöhung der Tatbestandsverwirklichung durch den Haupttäter | 162 | ||
c) Beihilfe als Förderung der Haupttat | 163 | ||
d) Beihilfe als selbständiges, abstraktes Gefährdungsdelikt | 165 | ||
e) Beihilfe als Interessenförderung des Vortäters im Hinblick auf die Tatbestandsverwirklichung | 166 | ||
(1) Beihilfe ohne kausalen Tatbeitrag trotz akzessorischer Haftung des Gehilfen? | 166 | ||
(2) Praktikabilität des Kriteriums der Interessenförderung | 171 | ||
f) Zusammenfassung | 173 | ||
3. Übertragung der gewonnenen Erkenntnisse auf den Hilfeleistungsbegriff bei der Begünstigung | 174 | ||
III. Delikte mit dem Hilfeleistungsbegriff verwandten Tatbestandsmerkmalen | 176 | ||
1. „Fördern“ gemäß § 120 Abs. 1, § 180 a Abs. 1 Nr. 2 und § 354 Abs. 2 Nr. 3 StGB | 178 | ||
2. „Unterstützen“ gemäß § 84 Abs. 2, § 85 Abs. 2, § 129 Abs. 1 und § 129 a Abs. 3 StGB | 181 | ||
3. „Vorschubleisten“ gemäß § 180 Abs. 1, 2 StGB | 184 | ||
4. „Begehen-“ oder „Geschehenlassen“ gemäß § 340 Abs. 1 S. 1 und § 357 Abs. 1 StGB | 186 | ||
5. Zusammenfassung | 186 | ||
IV. Die Hehlerei, § 259 StGB | 187 | ||
1. Die Problematik des Hilfeleistungsbegriffs bei der Hehlerei | 187 | ||
2. Enthält lediglich das Merkmal der Absatzhilfe den Hilfeleistungsbegriff oder ist die Hehlerei insgesamt ein Hilfsdelikt? | 188 | ||
a) Grammatische Auslegung | 188 | ||
b) Historische Auslegung | 189 | ||
c) Teleologische Auslegung | 191 | ||
3. Zusammenfassung | 195 | ||
V. Die Strafvereitelung, § 258 StGB | 196 | ||
1. Strafvereitelung bei bloßem sozialüblichen Verhalten? | 197 | ||
2. Feststellung der Kausalität für den Strafvereitelungserfolg | 204 | ||
3. Mittelbare Strafvereitelungshandlungen | 206 | ||
4. Zusammenfassung | 208 | ||
Viertes Zwischenergebnis | 208 | ||
D. Teleologische Auslegung | 210 | ||
I. Die innere Struktur der Begünstigung | 210 | ||
1. Der objektive Tatbestand des § 257 Abs. 1 StGB | 211 | ||
a) Abgrenzung der Begünstigungshandlung von der Beihilfe an der Vortat | 211 | ||
(1) Friktionen im Bild von der Begünstigung als Anschlußtat, die gleichwohl keine Teilnahme an der Vortat ist | 211 | ||
(a) Die Strafrahmenregelung des § 257 Abs. 2 StGB | 211 | ||
(b) Die Regelung des § 257 Abs. 4 StGB | 213 | ||
(c) Besondere persönliche Merkmale des Begünstigers | 216 | ||
(2) Abgrenzungsprobleme zwischen Vollendung und Beendigung der Vor- bzw. Haupttat | 217 | ||
(3) Abgrenzungsprobleme vor Vollendung der Vor- bzw. Haupttat | 222 | ||
b) Abgrenzung zwischen Vorbereitung, Versuch und Vollendung | 225 | ||
2. Der subjektive Tatbestand des § 257 Abs. 1 StGB | 231 | ||
3. Täterschaft und Teilnahme bei der Begünstigung | 236 | ||
a) Vortatbeteiligte als Täter einer Begünstigung? | 237 | ||
(1) Zustand de lege lata und ratio legis | 237 | ||
(2) Sonderproblem Nr. 1: Strafbarkeit der Begünstigung bei ungewisser Vortatbeteiligung | 239 | ||
(3) Sonderproblem Nr. 2: Die Begünstigung eines nur zu einem begrenzten Teil an der Vortat Beteiligten | 245 | ||
b) Die Teilnahme an einer Begünstigung | 246 | ||
(1) Der Normalfall: Teilnahme an einer Begünstigung zugunsten eines Dritten | 246 | ||
(2) Sonderproblem Nr. 1: Die „Teilnahme“ an einer Selbstbegünstigung | 248 | ||
(3) Sonderproblem Nr. 2: Die Teilnahme des Vortäters an der Begünstigung zu seinen eigenen Gunsten | 250 | ||
II. Das Rechtsgut der Begünstigung | 253 | ||
1. Meinungsstand bezüglich des Rechtsguts der Begünstigung | 254 | ||
a) Begünstigung als Vorteilssicherungsdelikt | 255 | ||
(1) Begünstigung als Delikt gegen die Rechtspflege | 255 | ||
(2) Begünstigung als Delikt gegen das öffentliche Restitutionsinteresse der Rechtsordnung | 257 | ||
(3) Begünstigung als sowohl gegen Individual- wie Allgemeininteressen gerichtetes Delikt | 259 | ||
(4) Begünstigung als gegen das Vermögen bzw. Individualinteressen gerichtetes Delikt | 261 | ||
b) Begünstigung als Hilfsdelikt | 264 | ||
(1) Begünstigung als gegen das Vortatrechtsgut gerichtetes Delikt | 264 | ||
(2) Begünstigung als Verstärkung der generalpräventiven Wirkung von Straftatbeständen | 266 | ||
2. Der Hilfeleistungsbegriff bei der Begünstigung im Einklang mit dem zugrundeliegenden Rechtsgüterschutz | 267 | ||
Fünftes Zwischenergebnis und Schluß | 270 | ||
Literaturverzeichnis | 273 | ||
Quellenverzeichnis | 283 | ||
Sachwortverzeichnis | 284 |