Das Stasi-Unterlagen-Gesetz und die Pressefreiheit
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Das Stasi-Unterlagen-Gesetz und die Pressefreiheit
Verfassungsfragen des Gesetzes über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (Stasi-Unterlagen-Gesetz)
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 630
(1993)
Additional Information
Book Details
Pricing
About The Author
Prof. em. Dr. Michael Kloepfer war von 1974–1976 Professor an der Freien Universität Berlin, von 1976–1992 Professor an der Universität Trier, dort Direktor des Instituts für Umwelt- und Technikrecht. Von 1992–2011 war er Professor für Staats- und Verwaltungsrecht, Europarecht, Umweltrecht, Finanzrecht und Wirtschaftsrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin und Direktor am Walter Hallstein-Institut für Europäisches Verfassungsrecht. Seit 2011 ist er Emeritus. Von 1992–1998 war er Stellvertretender Vorsitzender der unabhängigen Sachverständigenkommission »Umweltgesetzbuch« und von 1999–2001 und 2005–2007 Vorsitzender der Berliner Wissenschaftlichen Gesellschaft e.V. Von 2008–2016 war er Mitglied der Schutzkommission beim Bundesministerium des Innern. Er absolvierte zahlreiche Forschungsaufenthalte im Ausland (u.a. Kobe/Japan; Lausanne/Schweiz; Stanford/USA). Er ist zudem Präsident der Forschungszentren Umweltrecht (FZU), Technikrecht (FZT), Katastrophenrecht (FZK) sowie des Instituts für Gesetzgebung und Verfassung (IGV) und ist seit 2011 Leiter des Forschungszentrums Recht an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2017 ist er als Rechtsanwalt bei der Kanzlei Köhler & Klett tätig.Abstract
Der Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR hat der Bundesrepublik ein unüberschaubares und trauriges Erbe hinterlassen. Jüngere Informationen zeichnen für die DDR das Bild einer Bespitzelung der eigenen Bevölkerung in Orwell'schen Dimensionen. 90 000 hauptamtliche und 150 000 inoffizielle Mitarbeiter haben Informationen über sechs Millionen Deutsche aus Ost und West zusammengetragen. Ratlos steht die öffentliche Diskussion vor der Abraumhalde aus Papier. Der Ruf nach schonungsloser Aufklärung des staatlichen Unrechts einerseits und der Wunsch, die Aktendeckel des Staatssicherheitsdienstes für immer zu schließen und das Vergangene ruhen zu lassen, scheint die Nation zu entzweien. In den Mittelpunkt der Kritik rückt dabei mehr und mehr die Presse der Bundesrepublik Deutschland. Vor allem die Illustrierten und Straßenverkaufsblätter seien - von Profitgier getrieben - angetreten, um das Sensationsbedürfnis der Öffentlichkeit zu befriedigen. Der Diskussion fehlt dabei häufig die nötige Differenziertheit. Insbesondere staatlichen Organen steht es nicht zu, die Motivation einer Presseveröffentlichung zu bewerten. Der Wunsch nach Aufklärung der möglichen Verstrickung führender Politiker mit dem Machtapparat des SED-Regimes ist mit dem Begriff der Sensationsgier unpassend tituliert. Es geht um das, was in der gängigen rechtspolitischen und verfassungsrechtlichen Terminologie als das "Informationsinteresse der Öffentlichkeit" bezeichnet wird, welches letztlich Motor und Rechtfertigung der politischen Presse ist. Im Grundsatz wird man davon ausgehen müssen, daß die Offenlegung bei Personen, die politische oder hohe administrative Ämter wahrnehmen, im Interesse der demokratischen Kultur unerläßlich ist. Die Presse trägt maßgeblich mit an dieser Verantwortung. Dabei dürfen die Grenzen der gebotenen Publizität freilich nicht übersehen werden. Der Schutz der Opfer vor unfreiwilliger Öffentlichkeit privater und intimer Sachverhalte ist ein wichtiges Individual- und Gemeingut.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Α. Einleitung | 11 | ||
Β. Fragestellung und Gang der Untersuchung | 14 | ||
C. Regelungen und Entwürfe vor Inkrafttreten des StUG | 15 | ||
I. Volkskammer-Gesetz über die Unterlagen des MfS/AfNS | 15 | ||
II. Regelungen des Einigungsvertrages zu den Akten des MfS/AfNS | 17 | ||
III. Vorläufige Benutzerordnung vom 17.12.1990 | 21 | ||
IV. Entwurf Bündnis 90/Die Grünen | 21 | ||
D. Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (StUG) | 24 | ||
E. Allgemeine Regelungen des StUG | 26 | ||
1. Abschnitt — Allgemeine Vorschriften | 26 | ||
2. Abschnitt — Unterlagenerfassung | 27 | ||
3. Abschnitt — Unterlagenverwendung | 27 | ||
4. Abschnitt — Bundesbeauftragter | 27 | ||
5. Abschnitt — Schlußvorschriften | 27 | ||
F. Presserelevante Regelungen im StUG | 29 | ||
I. Allgemeiner Verwendungsvorbehalt gem. § 4 Abs. 1 S. 1 StUG | 29 | ||
1. Allgemeiner Regelungsgehalt | 30 | ||
a) Nutzungserlaubnisse für Personen, über die in den Akten Informationen enthalten sind | 30 | ||
(1) Nutzungsvoraussetzungen für Betroffene und Dritte | 31 | ||
(2) Zugangs- und Verwendungsvoraussetzungen für „Täter" | 32 | ||
(3) Nahe Angehörige von Vermißten oder Verstorbenen | 32 | ||
(4) Andere „nicht-öffentliche Stellen" (mit Ausnahme der spezifischen Regelungen für die Presse) | 33 | ||
2. Zugang und Verwendung | 35 | ||
3. Unterlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 | 36 | ||
4. Verfassungsrechtliche Beurteilung | 36 | ||
II. Anzeige- und Herausgabepflicht gem. §§ 7 Abs. 3, 9 StUG | 37 | ||
1. Zweck der Anzeige- und Ablieferungsregelung | 38 | ||
2. Anzeigepflichtige Unterlagen | 38 | ||
3. Sachlicher Wirkungsbereich des § 9 Abs. 1 und 2 StUG | 39 | ||
a) Ablieferungspflichtige Unterlagen | 39 | ||
b) Herausgabepflicht betreffend Kopien | 41 | ||
4. Anforderungen an das Herausgabeverlangen | 44 | ||
5. Überlassungspflicht nach § 9 Abs. 3 StUG | 44 | ||
6. Ordnungswidrigkeiten nach § 45 StUG | 44 | ||
7. Verfassungsrechtliche Beurteilung | 45 | ||
a) Anzeigepflicht nach § 7 Abs. 3 StUG | 45 | ||
(1) Art. 14 GG | 45 | ||
(2) Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, Pressefreiheit | 46 | ||
b) Herausgabepflicht für Originale nach § 9 Abs. 1 StUG | 48 | ||
(1) Art. 14 GG | 48 | ||
(2) Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, Pressefreiheit | 50 | ||
c) Herausgabepflicht für Kopien nach § 9 Abs. 2 StUG | 50 | ||
(1) Art. 14 GG | 50 | ||
(2) Art. 5 GG | 51 | ||
(a) Zensurverbot | 51 | ||
(b) Sonstiger Eingriff in die Pressefreiheit | 52 | ||
(aa) Schutzbereich | 53 | ||
(bb) Schranken | 54 | ||
d) Überlassungspflicht nach § 9 Abs. 3 StUG | 56 | ||
G. Verwendung von Unterlagen durch die Presse gem. § 34 i. V. m. §§ 32, 33 StUG | 57 | ||
I. Allgemeiner Regelungsgehalt | 57 | ||
II. Unterlagen über bestimmte Personenkreise | 60 | ||
1. Personenkreis des § 32 Abs. 1 Nr. 3 StUG | 60 | ||
2. Zeitpunkt des Vorliegens der qualifizierenden Voraussetzungen | 63 | ||
3. Feststellung des Vorliegens der qualifizierenden Voraussetzungen | 64 | ||
a) Hauptamtliche Mitarbeiter | 64 | ||
b) Inoffizielle Mitarbeiter | 64 | ||
c) Begünstigte | 65 | ||
d) Person der Zeitgeschichte | 66 | ||
III. Sonderregelung für Unterlagen in besonderer Verwahrung | 67 | ||
IV. Veröffentlichung der zur Verfügung gestellten Unterlagen | 67 | ||
1. Allgemeines | 67 | ||
2. Auswirkungen auf die Veröffentlichung nicht zur Verfügung gestellter Unterlagen | 68 | ||
3. Gegendarstellung | 68 | ||
V. Exkurs: Auskunftsansprüche nach § 4 des Landespressegesetzes Berlin | 69 | ||
VI. Verfassungsrechtliche Beurteilung | 69 | ||
1. Gesetzgebungskompetenz | 69 | ||
2. Grundrechte | 71 | ||
a) Art. 5 Abs. 1 S. 1 2. Alt. GG, Informationsfreiheit | 71 | ||
b) Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, Pressefreiheit der Informationsbeschaffung | 73 | ||
H. Strafrechtliche Verantwortlichkeit der an einer Veröffentlichung beteiligten Personen | 78 | ||
I. Rechtslage nach dem StUG, Strafbarkeit nach § 44 StUG | 78 | ||
1. Allgemeines, Vorbild: § 353 d) Nr. 3 StGB | 78 | ||
2. Schutzzweck der Norm | 79 | ||
3. Motive für die Regelungsform | 80 | ||
4. Zur Auslegung des § 44 StUG | 81 | ||
a) Vom StUG geschützte Originalunterlagen und deren Duplikate | 81 | ||
b) Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger als Betroffene oder Dritte | 82 | ||
c) Veröffentlichung ganz oder in wesentlichen Teilen | 83 | ||
d) Veröffentlichung im Wortlaut | 84 | ||
e) Strafbefreiung nach § 44 S. 2 StUG | 85 | ||
5. Verjährung | 85 | ||
II. Strafrechtliche Verantwortlichkeit außerhalb des StUG bei Veröffentlichungen aus Stasi-Akten | 86 | ||
1. Strafrechtlicher Ehrenschutz | 86 | ||
a) Beleidigung, § 185 StGB | 86 | ||
b) Ehrenrührige Tatsachenbehauptungen, §§ 186, 187 StGB | 86 | ||
c) Wahrnehmung berechtigter Interessen | 88 | ||
2. Sonstige Veröffentlichungsdelikte | 90 | ||
IIΙ. Straffreiheit nach § 46 StUG | 91 | ||
IV. Verfassungsrechtliche Beurteilung | 91 | ||
1. Gesetzgebungskompetenz | 91 | ||
2. Art. 5 GG | 92 | ||
a) Schutzbereich des Art. 5 GG | 92 | ||
b) Schranken | 93 | ||
c) Verhältnismäßigkeit des Eingriffs | 94 | ||
(1) Geeignetheit | 95 | ||
(2) Erforderlichkeit | 97 | ||
(3) Proportionalität | 98 | ||
I. Verstoß gegen Vorgaben des Einigungsvertrages? | 104 | ||
I. Inhaltliche Vorgaben | 104 | ||
II. Rechtliche Verbindlichkeit | 106 | ||
J. Zusammenfassung | 109 | ||
I. Allgemeiner Zugangs- und Verwendungsvorbehalt nach § 4 Abs. 1 StUG | 109 | ||
II. Anzeige- und Herausgaberegelungen der §§ 7 und 9 StUG | 109 | ||
III. Zugangsregelungen für die Presse, §§ 32 bis 34 StUG | 113 | ||
IV. Strafvorschrift des § 44 StUG | 118 | ||
V. Zusammenfassung der Ergebnisse betreffend der Verwendung von Drittkopien | 120 | ||
K. Wichtigste Ergebnisse | 122 | ||
Literaturverzeichnis | 123 |