Teleologische Reduktion des Betrugstatbestandes aufgrund von Mitverantwortung des Opfers
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Teleologische Reduktion des Betrugstatbestandes aufgrund von Mitverantwortung des Opfers
unter besonderer Berücksichtigung des Kapitalanlage- und Kreditbetruges
Schriften zum Strafrecht, Vol. 131
(2002)
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Abstract
Bemühungen, eine Opfermitverantwortung innerhalb des Betrugstatbestandes zu berücksichtigen, finden sich in vielfältiger Form seit dem römischen Recht. Die heute herrschende Betrugsdogmatik berücksichtigt das Verhalten des Opfers nicht und lehnt die sog. viktimo-dogmatischen Vorschläge ausdrücklich ab. In vielen Einzelproblemen, vor allem bei risikoreichen Spekulationsgeschäften, greift sie aber trotzdem auf fragwürdige dogmatische Konstruktionen zurück, die sich mit dem Gedanken der Mitverantwortung des Opfers erklären lassen.Die bisherigen restriktiven Vorschläge können dogmatisch und kriminalpolitisch nicht überzeugen. Demgegenüber ist eine Einschränkung über die Verknüpfung des Prinzips der Selbstverantwortung mit dem auf der allgemeinen Unrechtslehre beruhenden Verbrechensbegriff sachgerecht, sofern dem Opfer zumutbare Maßnahmen zur Überprüfung des eingesetzten Vertrauens zur Verfügung gestanden haben, die es nicht genutzt hat. Zudem ist es erforderlich, daß sich das Verhalten des Opfers als bewußte Vernachlässigung seiner wirtschaftlichen Eigenverantwortung darstellt. Schließlich muß das Opfer als nicht schutzbedürftig anzusehen sein. Diese Konzeption läßt sich über eine teleologische Reduktion verwirklichen. Allerdings beschränkt sich ihr Anwendungsbereich auf nur wenige durch hohes Opfermitverschulden geprägte Fallgruppen, insbesondere im Bereich der Risikogeschäfte.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 15 | ||
Einleitung | 17 | ||
A. Rechtsgeschichtlicher Überblick | 19 | ||
I. Historische Entwicklung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts | 19 | ||
1. Rechtsphilosophischer Hintergrund | 21 | ||
2. Die Gesetzgebung in Deutschland und anderen Ländern | 23 | ||
a) Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 | 23 | ||
b) Ausländische Gesetzgebung und Rechtsprechung | 25 | ||
aa) Frankreich | 25 | ||
bb) England | 27 | ||
c) Bayerisches Strafgesetzbuch von 1813 | 28 | ||
d) Das Strafgesetzbuch für das Königreich Württemberg von 1839 | 30 | ||
e) Criminalgesetzbuch für das Herzogtum Braunschweig von 1840 | 31 | ||
f) Criminalgesetzbuch für das Herzogtum Sachsen-Altenburg (1841) | 31 | ||
g) Das Strafgesetzbuch für das Großherzogtum Hessen von 1841 | 32 | ||
h) Das Strafgesetzbuch für das Großherzogtum Baden von 1845 | 32 | ||
i) Das Strafgesetzbuch für die Thüringischen Staaten (1850) | 34 | ||
j) Zusammenfassung | 34 | ||
3. Darstellung der in der Rechtslehre vertretenen Auffassungen | 34 | ||
a) Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Betrugsopfers | 35 | ||
aa) Besondere Qualifikation der Täuschungshandlung | 36 | ||
bb) Prinzip der Subsidiarität des Strafrechts | 38 | ||
cc) Weitere Lösungsvorschläge | 38 | ||
dd) Restriktiver Betrugsbegriff in Vertragsverhältnissen | 39 | ||
b) Kritik an einer Berücksichtigung des Mitverschuldens | 40 | ||
c) Zusammenfassung | 41 | ||
II. Das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten von 1851 | 41 | ||
1. Die Entstehungsgeschichte des § 241 PrStGB | 42 | ||
a) Der Ausgangsentwurf von 1828 | 42 | ||
b) Ausdehnung der Betrugsstrafbarkeit bis zum Entwurf von 1836 | 43 | ||
c) Beschränkung des Tatbestandes bis zur endgültigen Fassung | 44 | ||
aa) Entwurf von 1843 | 44 | ||
bb) Entwurf von 1845 | 45 | ||
cc) Entwurf von 1847 | 47 | ||
d) Die endgültige Fassung des § 241 PrStGB | 47 | ||
2. Die Meinung der Rechtslehre nach dem Erlaß des PrStGB | 48 | ||
a) Auflösung der einst herrschenden Ansicht | 48 | ||
b) Weitgehende Ablehnung einer restriktiven Betrugskonzeption | 49 | ||
aa) Keine Berücksichtigung im geltenden PrStGB | 50 | ||
bb) Einwände aus dogmatischer Sicht | 50 | ||
cc) Kritik an einer Privilegierung des Betruges in Vertragsverhältnissen | 52 | ||
c) Restriktive Bemühungen innerhalb der herrschenden Ansicht | 53 | ||
aa) Bezugspunkt der Täuschung | 53 | ||
bb) Täuschung durch Unterlassen | 55 | ||
d) Zusammenfassung | 56 | ||
3. Die Rechtsprechung des Preußischen Obertribunals | 56 | ||
III. Fortentwicklung ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts | 57 | ||
1. Das Bayerische Strafgesetzbuch von 1861 | 57 | ||
2. Vom Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund zum RStGB | 58 | ||
3. Die Meinung der Rechtslehre bis 1945 | 59 | ||
a) Vereinzelte Befürworter einer tatbestandlichen Berücksichtigung | 59 | ||
b) Weitgehende Ablehnung einer Berücksichtigung im Tatbestand | 60 | ||
aa) Täuschungshandlung | 61 | ||
bb) Verfügung unter Zweifeln | 62 | ||
c) Zumindest Einbeziehung in die Strafzumessung | 63 | ||
d) Widersprüche und restriktive Bemühungen innerhalb der h.L | 65 | ||
e) Diskussion um eine Reform des Betrugstatbestandes | 67 | ||
aa) Der Entwurf aus dem Jahre 1909 | 67 | ||
bb) Weitere Reformversuche | 68 | ||
f) Zusammenfassung | 69 | ||
4. Die Ansicht der Rechtsprechung zu § 263 RStGB | 70 | ||
a) Keine Berücksichtigung eines Mitverschuldens durch das PrOT | 70 | ||
b) Fortsetzung dieser Rechtsprechung durch das Reichsgericht | 71 | ||
c) Auslegung des Irrtumsbegriffes durch das Reichsgericht | 72 | ||
d) Zusammenfassung und Kritik | 74 | ||
IV. Zusammenfassung von Teil A | 74 | ||
B. Die Berücksichtigung der Mitverantwortung nach dem gegenwärtigen Stand der Betrugsdogmatik | 76 | ||
I. Ausdrückliche Ablehnung durch die heute h.M. | 76 | ||
II. Die zunehmende Ausdehnung der Betrugsstrafbarkeit | 79 | ||
1. Die Gesetze zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität | 79 | ||
2. Der Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union | 80 | ||
3. Ergebnis | 82 | ||
III. Ausländische Gesetzgebung und Rechtsprechung | 83 | ||
1. Frankreich | 83 | ||
2. Belgien, Niederlande | 84 | ||
3. Schweiz | 84 | ||
4. Österreich | 85 | ||
5. England, USA | 86 | ||
6. Ergebnis | 87 | ||
IV. Ansätze zu einer latenten Berücksichtigung der Opfermitverantwortung innerhalb der herrschenden Betrugsdogmatik | 88 | ||
1. Im Bereich der Täuschungshandlung | 88 | ||
a) Die Abgrenzung von Tatsachenbehauptungen und Werturteilen | 88 | ||
aa) Kritik an der herrschenden Abgrenzung Tatsache – Werturteil | 91 | ||
bb) Latente Berücksichtigung der Opfermitverantwortung | 92 | ||
cc) Die Ansichten von Samson und Hilgendorf | 93 | ||
b) Täuschung durch konkludentes Verhalten | 94 | ||
aa) Die Abgrenzung zur Täuschung durch Unterlassen | 95 | ||
bb) Die schwierige Bestimmung konkludenter Täuschungen | 96 | ||
cc) Betrügereien mit Warenterminoptionen | 98 | ||
dd) Latente Berücksichtigung der Opfermitverantwortung | 99 | ||
c) Täuschung durch Unterlassen | 101 | ||
aa) Restriktive Bestimmung von Garantenstellungen | 101 | ||
bb) Betrügereien mit Warenterminoptionen | 105 | ||
d) Zusammenfassung | 109 | ||
2. Im Bereich des Vermögensschadens | 110 | ||
a) Schadensausgleich durch Gegenrechte | 111 | ||
aa) Die Konstellation des Eingehungsbetruges | 112 | ||
(1) Gesetzliche Ausgleichsrechte | 112 | ||
(2) Vertragliche Gegenansprüche | 113 | ||
bb) Die Situation des Erfüllungsbetruges | 115 | ||
cc) Die Ansicht von Luipold | 118 | ||
dd) Ergebnis | 119 | ||
b) Persönlicher Schadenseinschlag | 119 | ||
aa) Die Auffassung der herrschenden Betrugsdogmatik | 119 | ||
bb) Latente Berücksichtigung der Opfermitverantwortung | 121 | ||
cc) Betrügereien mit Warenterminoptionen | 121 | ||
c) Betrug als unbewußte Selbstschädigung | 124 | ||
aa) Funktionaler Zusammenhang zwischen Irrtum und Vermögensschaden | 124 | ||
bb) Kritik an dieser Auffassung | 126 | ||
cc) Latente Berücksichtigung der Opfermitverantwortung | 127 | ||
d) Ergebnis | 128 | ||
V. Zusammenfassung von Teil B | 128 | ||
C. Dogmatische Vorschläge einer Betrugsrestriktion auf der Tatbestandsebene | 130 | ||
I. Selbstverständnis und Entwicklung der Viktimologie | 130 | ||
II. Tatbestandsbeschränkungen im Hinblick auf die Intensität der Fehlvorstellung | 131 | ||
1. Die Problematik des Irrtums bei Zweifeln auf der Opferseite | 132 | ||
2. Die sog. Wahrscheinlichkeitstheorie | 133 | ||
a) Die Ansichten von Giehring und Krey | 133 | ||
b) Kritik an der sog. Wahrscheinlichkeitstheorie | 135 | ||
3. Die sog. viktimologische Theorie | 135 | ||
a) Der Ausgangspunkt von Amelung | 135 | ||
b) Die Fortentwicklung durch R. Hassemer | 137 | ||
c) Kritik an der sog. viktimologischen Theorie | 140 | ||
aa) Methodologische Einwände | 140 | ||
bb) Verfassungsrechtliche Ableitung | 143 | ||
cc) Kriminalpolitische Bedenken | 144 | ||
4. Die sog. Einwilligungstheorie | 148 | ||
a) Die Auffassung von Herzberg | 148 | ||
b) Kritik an der Einwilligungslehre Herzbergs | 149 | ||
5. Abschließende Stellungnahme | 151 | ||
III. Tatbestandsbeschränkungen durch die Abschichtung einfacher Täuschungen | 151 | ||
1. Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Irrtum | 152 | ||
a) Adäquater Ursachenzusammenhang (Naucke) | 152 | ||
b) Kritik an der Auffassung Nauckes | 154 | ||
aa) Methodologische Einwände | 154 | ||
bb) Kriminalpolitische Befürchtungen | 156 | ||
cc) Weitere kritische Stimmen | 157 | ||
2. Beschränkung durch die Lehre vom Schutzzweck der Norm | 158 | ||
a) Die Auffassung von Kurth | 158 | ||
b) Kritik an der Ansicht von Kurth | 160 | ||
3. Restriktionen im Bereich der Täuschungshandlung | 161 | ||
a) Ansicht der herrschenden Betrugsdogmatik | 162 | ||
b) Tatbestandseinschränkung bei unberechtigtem Vertrauen (Ellmer) | 162 | ||
c) Weitere Forderungen nach einer besonderen Qualifikation der Täuschungsmittel | 163 | ||
d) Kritik an der Ansicht Ellmers | 164 | ||
4. Abschließende Stellungnahme | 166 | ||
IV. Zusammenfassung von Teil C | 168 | ||
D. Der eigene Lösungsansatz | 169 | ||
I. Bisherige Ansätze als Ausgangspunkt einer eigenen Konzeption | 169 | ||
1. Fragmentarischer Charakter des Strafrechts | 169 | ||
2. Der Grundsatz der strafrechtlichen Subsidiarität | 170 | ||
3. Das Prinzip der Selbstverantwortung | 172 | ||
II. Verknüpfung des Selbstverantwortungsprinzips mit der allgemeinen Unrechtslehre | 174 | ||
1. Selbstverantwortung und Freiheit | 174 | ||
2. Die Reichweite des Prinzips der Selbstverantwortung | 175 | ||
3. Selbstverantwortung, Unrecht und Verbrechen | 175 | ||
4. Ergebnis | 176 | ||
III. Einschränkung des § 263 StGB über den Gedanken der Opfermitverantwortung | 177 | ||
1. Die Struktur des Betrugstatbestandes | 177 | ||
a) Leitgedanke der erfolgreichen Überlistung des Opfers | 177 | ||
b) Kennzeichnung des speziellen Deliktscharakters | 178 | ||
c) Parallele zur mittelbaren Täterschaft | 179 | ||
d) Das Erfordernis der Zurechnung des Opferverhaltens | 181 | ||
2. Abgrenzung der Verantwortungsbereiche | 181 | ||
a) Allgemeine Kriterien bei vorsätzlichen Verletzungsdelikten | 182 | ||
b) Besonderheiten im Bereich der Vermögensdelikte | 183 | ||
c) Opfermitverschulden als besonderes Phänomen des Betruges | 184 | ||
d) Zumutbarkeit als Regulativ der Selbstschutzmöglichkeiten | 185 | ||
e) Schutzwürdigkeit des Vertrauens | 186 | ||
aa) Ableitung aus dem Verbrechensbegriff | 186 | ||
bb) Notwendigkeit des Vertrauens im Geschäftsverkehr | 187 | ||
cc) Bewußte Vernachlässigung wirtschaftlicher Selbstverantwortung | 188 | ||
3. Kriminalpolitische Bedenken | 189 | ||
a) Entwicklung zu einer Gesellschaft des Mißtrauens | 189 | ||
b) Einwand der Schutzlosigkeit des Opfers | 189 | ||
4. Ergebnis | 191 | ||
5. Methodische Umsetzung des gefundenen Ergebnisses | 191 | ||
a) Empfehlung einer Änderung des Gesetzeswortlautes | 191 | ||
b) Teleologische Reduktion des Betrugstatbestandes | 192 | ||
IV. Anwendung auf durch hohes Mitverschulden des Opfers geprägte Fallgruppen, insbesondere im Bereich der Risikogeschäfte | 193 | ||
1. Konstellationen des Beteiligungs- und Kapitalanlagebetruges als typische aus dem Schutzbereich des Betrugstatbestandes herausfallende Risikogeschäfte | 194 | ||
a) Schwierigkeiten bei der tatbestandlichen Erfassung | 194 | ||
b) Kriminologische und viktimologische Erkenntnisse über den Kapitalanlagebetrug | 197 | ||
aa) Biographische Daten der Opfer von Kapitalanlagebetrügereien | 198 | ||
bb) Vertrauensbildung bei der Kontaktanbahnung | 199 | ||
cc) Leichtsinn und Leichtgläubigkeit als Phänomen des Anlageschwindels | 200 | ||
c) Ergebnis | 203 | ||
d) Verbleibende Schutzmöglichkeiten des Opfers | 204 | ||
aa) Im Bereich des Strafrechts | 204 | ||
bb) Zivilrechtliche Ansprüche | 206 | ||
2. Konstellationen des Kreditbetruges als weitere typische aus dem Schutzbereich des § 263 StGB herausfallende Risikogeschäfte | 207 | ||
a) Schwierigkeiten bei der tatbestandlichen Erfassung | 207 | ||
b) Profitstreben als typische Motivation leichtfertiger Darlehensgewährung | 208 | ||
c) Der Fall „Dr. Schneider“ | 210 | ||
d) Ergebnis | 212 | ||
e) Verbleibende Schutzmöglichkeiten des Opfers | 213 | ||
aa) Im Bereich des Strafrechts | 213 | ||
bb) Zivilrechtliche Ansprüche | 215 | ||
3. Ergebnis | 215 | ||
V. Zusammenfassung und Ergebnis des eigenen Lösungsansatzes | 216 | ||
Gesamtzusammenfassung | 218 | ||
Literaturverzeichnis | 221 | ||
Sachwortverzeichnis | 241 |