Grenzfragen der strafrechtlichen Beihilfe
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Grenzfragen der strafrechtlichen Beihilfe
unter besonderer Berücksichtigung der sogenannten psychischen Beihilfe
Schriften zum Strafrecht, Vol. 117
(1999)
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Abstract
In der vorliegenden Arbeit befaßt sich Martina Baunack mit bislang nicht erschöpfend geklärten dogmatischen Grundlagen der Beihilfe. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen die Kausalitäts- und Zurechnungsstrukturen zwischen Gehilfenhandlung und Haupttat sowie die spezielle Problematik der psychischen Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses. Diese Rechtsfigur - unreflektiert angewendet - unterliegt in besonderem Maße der Gefahr, als bloßer Auffangtatbestand zu dienen und einer unzulässigen Strafbarkeitsausdehnung auch auf folgenlose Solidarisierungsbekundungen den Weg zu ebnen.Die Autorin verfolgt das Ziel, die gesetzliche Struktur der Beihilfe zu entwickeln, um die Grenze zur straflosen Beteiligungshandlung zu präzisieren. Eine Auseinandersetzung mit der von der herrschenden Meinung geforderten Kausalbeziehung zwischen Beihilfe und Haupttat und Lehrmeinungen, die das Kausaldogma bei der Beihilfe durch die Anwendung der Risikoerhöhungstheorie zu ersetzen versuchen, führt zu dem Ergebnis, daß das Risikoerhöhungsprinzip zwar nicht als kausalitätsersetzendes, wohl aber als kausalitätseinschränkendes Zurechnungskriterium fruchtbar gemacht werden kann. Hierbei ergeben sich von der herrschenden Ansicht abweichende Ergebnisse im Hinblick auf den untauglichen Haupttatversuch. Im Rahmen der Untersuchung zur psychischen Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses werden neuere Erkenntnisse aus der Motivationspsychologie herangezogen, die den psychologischen Grundlagen der Tatentschlossenheit und den Wirkungsmechanismen einer Bestärkungshandlung zu größerer Transparenz verhelfen. Eine Auswertung der anhand zahlreicher Experimentalstudien gewonnenen Erkenntnisse des Psychologen Julius Kuhl zum Willensbegriff für die Dogmatik der psychischen Beihilfe ergibt, daß eine strafrechtlich relevante Bestärkung des Täters zwar möglich, aber auf solche Fälle zu beschränken ist, in denen die psychische Unterstützung den Untergang des Tatentschlusses verhindert und damit die Tatrealisierung ermöglicht hat.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 11 | ||
Erster Abschnitt: Einleitung | 13 | ||
Zweiter Abschnitt: Allgemeine Vorfragen der Teilnahme | 18 | ||
A. Das Verhältnis von Täterschaft und Teilnahme | 18 | ||
I. Die subjektiven Teilnahmetheorien | 18 | ||
II. Die objektiven Teilnahmetheorien | 20 | ||
III. Die Tatherrschaftslehre | 21 | ||
IV. Zur Abgrenzung Mittäterschaft – Beihilfe | 22 | ||
B. Die Akzessorietätssystematik | 24 | ||
I. Die akzessorietätsorientierte Verursachungstheorie | 24 | ||
II. Anstiftung und Beihilfe als selbständige Teilnehmerdelikte | 26 | ||
1. Die reine Verursachungstheorie | 26 | ||
2. Die Schuldteilnahmetheorie | 29 | ||
3. Kritik | 29 | ||
III. Zwischenergebnis | 33 | ||
Dritter Abschnitt: Die objektive Beziehung zwischen Hilfeleistung und Haupttat | 34 | ||
A. Die Kausalität | 34 | ||
I. Der Begriff der Kausalität | 34 | ||
II. Die Feststellung der Kausalität | 36 | ||
III. Erscheinungsformen und Reichweite der Kausalität bei der Beihilfe | 38 | ||
1. Erfolgsdefinition der Hilfeleistung | 38 | ||
2. Das Problem der Konkretisierung | 39 | ||
IV. Die Kausalität der Beihilfe in Rechtsprechung und Literatur | 42 | ||
B. Die nichtkausale Beihilfe | 46 | ||
I. Die Lösungsvorschläge von Schaffstein und Salamon | 46 | ||
1. Das Prinzip der objektiven Bezweckbarkeit von Honig | 51 | ||
2. Das Risikoerhöhungsprinzip Roxins | 54 | ||
a) Darstellung | 54 | ||
b) Allgemeine Begriffsbestimmung der abstrakten und konkreten Gefahr | 54 | ||
c) Der Gefahrbegriff der Risikoerhöhungslehre | 56 | ||
d) Folgerungen für die Anwendung des Risikoerhöhungsprinzips auf die Beihilfe | 58 | ||
3. Der Gefahrbegriff bei Schaffstein und Salamon | 59 | ||
II. Der Lösungsvorschlag von Vogler | 63 | ||
1. Begriff und Funktion des „Rechtsguts“ in Voglers Lösung | 66 | ||
2. Das Gefahrurteil Voglers | 67 | ||
III. Der Lösungsvorschlag von Herzberg | 68 | ||
C. Zwischenbilanz | 70 | ||
D. Strafgrund der Beihilfe | 72 | ||
I. Rechtfertigung der Gehilfenbestrafung über den Solidarisierungsgedanken | 72 | ||
II. Rechtfertigung der Gehilfenbestrafung über das Intensivierungsprinzip (Samson) | 77 | ||
III. Rechtfertigung der Gehilfenbestrafung über den Risikoerhöhungsgedanken (Roxin) | 79 | ||
E. Die Problematik des untauglichen Versuchs | 81 | ||
I. Die Eindruckstheorie | 83 | ||
II. Der Versuch mit untauglichen Mitteln | 83 | ||
III. Der Versuch am untauglichen Objekt | 84 | ||
IV. Konsequenzen für die Beihilfe | 85 | ||
F. Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse | 90 | ||
G. Erprobung der Lösung an einigen Beispielsfällen | 90 | ||
I. Revolverfall | 90 | ||
II. Der wachestehende Gehilfe | 91 | ||
III. Taschendiebfall | 92 | ||
IV. Arsenfall | 93 | ||
V. Staubhemdfall; RG, Urt. v. 10.5.1883 – Rep. 799/83 | 95 | ||
Vierter Abschnitt: Die besondere Problematik der psychischen Beihilfe | 97 | ||
A. Psychische Beihilfe durch technische Rathilfe | 97 | ||
B. Psychische Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses | 98 | ||
I. Problemstellung | 98 | ||
1. Das Problem der psychisch vermittelten Kausalität | 99 | ||
2. Bedenkliche Entscheidungen der Rechtsprechung zur psychischen Beihilfe | 102 | ||
a) Psychische Beihilfe durch Anwesenheit am Tatort; BGH, Urt. v. 10.2.1982 – 3 StR 398/81 | 102 | ||
b) Psychische Beihilfe durch Zurufe | 104 | ||
aa) BGH, Urt. v. 15.6.1962 – 4 StR 125/62 | 104 | ||
bb) BGH, Urt. v. 26.6.1980 – 4 StR 129/80 | 104 | ||
c) Schlußfolgerung | 105 | ||
II. Der Tatentschluß | 105 | ||
1. Der Tatentschluß als subjektiv unbedingtes Wollen | 106 | ||
2. Der Tatentschluß als Hinarbeiten auf die Rechtsgutsverletzung (Arzt) | 107 | ||
3. Die Tat als konstitutives Element des Tatentschlusses (Puppe) | 109 | ||
4. Der Tatentschluß als überwiegender Verwirklichungswille (Roxin) | 111 | ||
5. Das Modell der Handlungskontrolle von Kuhl | 115 | ||
a) „Absicht“ und „Entschluß“ | 115 | ||
b) Die voluntionalen Vermittlungsprozesse | 119 | ||
aa) Die Aufmerksamkeitskontrolle | 119 | ||
bb) Die Umweltkontrolle | 120 | ||
cc) Die Sparsamkeit der Informationsverarbeitung | 120 | ||
dd) Die Motivationsaufschaukelung | 121 | ||
ee) Die Enkodierungskontrolle | 121 | ||
ff) Die Emotionskontrolle | 122 | ||
III. Zusammenfassung | 122 | ||
IV. Konsequenzen für die psychische Beihilfe | 123 | ||
1. Zum Nachweis des Entstehungszeitpunktes des Tatentschlusses | 123 | ||
2. Die Möglichkeit einer „bestärkenden“ Einflußnahme durch den Gehilfen | 124 | ||
V. Die Ansicht von Samson zur psychischen Unterstützung | 125 | ||
VI. Voraussetzungen der Strafbarkeit wegen psychischer Beihilfe durch Bestärken des Tatentschlusses | 127 | ||
1. Die Kausalität | 127 | ||
2. Die Risikoerhöhung | 130 | ||
VII. Abgrenzung Anstiftung – psychische Beihilfe im Hinblick auf die Fälle, in denen die Tatbegehung von einer psychischen Unterstützung abhängig ist | 132 | ||
1. Die Voraussetzungen der Anstiftung | 134 | ||
a) Zu den Anforderungen an die Anstiftungshandlung | 134 | ||
aa) Überschreiten des erlaubten Risikos | 135 | ||
bb) Eigenverantwortungsprinzip | 137 | ||
b) Strafgrund der Anstiftung | 140 | ||
aa) Der Korruptionsgedanke | 140 | ||
bb) Anstiftung als Planherrschaft (Schulz) | 142 | ||
cc) Anstiftung als Unrechtspakt (Puppe) | 142 | ||
dd) Eigene Beurteilung | 144 | ||
2. Zusammenfassung | 147 | ||
VIII. Auswirkungen der Lösung auf § 30 II StGB | 148 | ||
IX. Anwendung der hier vertretenen Beihilfekonzeption auf Fälle aus der Praxis | 151 | ||
1. Psychische Beihilfe durch Mitverabredung des Tatplans? | 151 | ||
a) Polizistenmorde; BGH, Urt. v. 15.1.1991 – 5 StR 492/90 | 151 | ||
b) Asylbewerberheim, jüdischer Friedhof; BGH, Urt. v. 18.1.1994 – 1 StR 769/93 | 153 | ||
c) Mittäterschaftlich geplanter Banküberfall; BGH, Urt. v. 13.3.1979 – 1 StR 739/78 | 154 | ||
2. Psychische Beihilfe durch Anwesenheit am Tatort? | 155 | ||
a) Widerspruchslose Duldung einer verkehrsgefährdenden Fahrweise; BayObLG, Urt. v. 20.5.1959 – 1 St 243/59 | 155 | ||
b) Beobachtung des Tatgeschehens; BGH, v. 25.10.1966 – 1 StR 345/66 | 157 | ||
c) Mord mit Baseballschläger; BGH, Beschl. v. 3.5.1996 – 2 StR 641/95 | 157 | ||
3. Psychische Beihilfe durch Zusage eines physischen Gehilfenbeitrags? | 158 | ||
a) Zusage einer Kuriertätigkeit; BGH, Beschl. v. 5.7.1984 – 1 StR 318/84 | 158 | ||
b) Zusage einer Fluchthilfe; BGH, Urt. v. 21.7.1993 – 2 StR 282/93 | 159 | ||
4. Psychische Beihilfe durch Zurufe? | 160 | ||
a) Beihilfe zu einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr; BGH, Urt. v. 26.6.1980 – 4 StR 129/80 | 160 | ||
b) Beihilfe zur Unfallflucht; BGH, Urt. v. 15.6.1962 – 4 StR 125/62 | 161 | ||
X. Exkurs | 162 | ||
1. Psychische Beihilfe durch „vorgeleistete Strafvereitelung“? | 162 | ||
2. Der wachestehende Gehilfe | 163 | ||
3. Übergabe eines untauglichen Tatwerkzeugs im Falle einer nur versuchten Haupttat | 163 | ||
4. Übergabe eines untauglichen Tatwerkzeugs im Falle einer auf andere Weise vollendeten Haupttat | 164 | ||
Fünfter Abschnitt: Schlußbetrachtung | 165 | ||
Literaturverzeichnis | 167 | ||
Sachregister | 176 |