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Das letzte Wort

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Leisner, W. (2003). Das letzte Wort. Der Richter späte Gewalt. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-51236-2
Leisner, Walter. Das letzte Wort: Der Richter späte Gewalt. Duncker & Humblot, 2003. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-51236-2
Leisner, W (2003): Das letzte Wort: Der Richter späte Gewalt, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-51236-2

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Das letzte Wort

Der Richter späte Gewalt

Leisner, Walter

(2003)

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Abstract

Die Judikative wird bisher vor allem in ihrer Unabhängigkeit betrachtet, im Übrigen in den Einzelheiten ihrer Organisation und ihres prozessualen Wirkens. Es gilt jedoch, sie als solche systematisch vertiefend zu untersuchen: Ist dies eine »Verfassungsgewalt«? Das wird hier versucht, in der Begründung vor allem folgender Thesen:

- Rechtsprechende Tätigkeit lässt sich in der Vielfalt ihrer Rechtswirkungen nicht erfassen. Funktional ist eine »Dritte Gewalt« nicht zu definieren.

- Am nächsten kommt dem noch der Hinweis auf das »Letzte Wort«, das den Richtern vorbehalten ist. »Unabhängig« ist auch manch andere Staatsinstanz.

- Die Gerichtsbarkeit ist wesentlich und vielfach »verschränkt« mit Legislative und Administrative, deren Entscheidungen sie verendgültigt.

- Richterrecht ist notwendig; »Gesetz« ist für den Bürger das abschließende Richterwort.

- Verfassungsgerichtsbarkeit ist eine Form der Judikative sui generis, etwas wie eine eingeschränkte Verfassungsgesetzgebung, verfassungssouverän im Sinne des Dezisionismus.

- »Macht der Richter« gibt es als solche so wenig wie einen »Richterstaat«. Dem auf den Einzelfall gerichteten Richtertum ist (durch)brechend-flächendeckender Gewalteinsatz fremd. Richter handeln kaum je machtbewusst.

- Gerichte sind Instanzen »moralisierender« Staatsgewalt. Doch aus Moral erwächst nicht Richtermacht.

- Richterliche Gewalt kommt notwendig und überzeugend spät - oft zu spät. Dies nimmt ihr entscheidend Mächtigkeit, die sie mit Recht der Gründlichkeit opfert.

- Richter brauchen nicht Reformen, sondern Ruhe.

Aus dem Vorwort

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
A. Rechtsprechende Gewalt – Judikative als Verfassungs-Pouvoir 13
I. Die Richter – nächste Gewalt beim Bürger, auch beim Volk? 14
1. „Gewalt“ als Zwangsmacht 14
2. Judikative als verdeckte Reservegewalt 15
3. Richtermacht als „flächendeckende Gewalt“? 16
II. Der „Richterstaat“ – historisch-dogmatische Bewusstwerdung einer Judikative als Gewalt 18
1. Die Antike: Richtertum in „Staats-Dimension“ 18
2. Feudalismus: Vom Richterkönigtum zum Aufstand der Legisten 21
3. Die Bewusstwerdung der Richterlichen Gewalt im Konstitutionalismus 24
4. Die Bewusstwerdung des Richterstaats in der Verfassungsgerichtsbarkeit 27
5. Die Behandlung der „Richterlichen Gewalt“ in der Verfassungsdogmatik – fehlende Gewaltspezifik 29
III. Judikative und „Gewalt als Verfassungsbegriff“ 32
1. Funktionales oder organisatorisches Verständnis des Gewaltbegriffs 32
2. Montesquieus Gewaltbegriff – funktional gedacht 34
3. Das organhafte Verständnis der „Gewalt“ – Anleihe bei Parlament und Regierung 35
4. „Den Richtern anvertraute rechtsprechende Gewalt“ – eine Verfassungstautologie? 36
B. Funktionale Kriterien der rechtsprechenden Gewalt – das „Wesen des Richtens“ 39
I. Judikative als Rechtsanwendung? 39
1. Der Richter als „Normsprecher“? 39
2. Rechtsanwendung auch durch andere Staatsorgane 40
II. „Kontradiktorisches Verfahren“ – eine Besonderheit des Richtens? 43
1. Gerichtliche Verfahrensgrundsätze als Verfassungsrecht 43
2. Parlamentarische Kontradiktorietät 44
3. Administrative Kontradiktorietät 46
III. Rechtsprechende Gewalt als „Macht des Letzten Wortes“ 47
1. Das „Letzte Wort“ des Richters – Recht der „endgültigen Antwort“ auf Rechtsfragen 48
2. Die Unabänderlichkeit der Entscheidung – Richten für die Vergangenheit 50
3. Richterliche Gewalt im Dialog mit anderen Rechts-Gewaltträgern 55
4. Exkurs: Rückwirkung der Gesetze und Gerichtsbarkeit für die Vergangenheit 58
5. Die Verfassungsgerichtsbarkeit – eine neue Dimension Richterlicher Gewalt 59
6. Die Gerichtsbarkeit: in ihrem „Letzten Wort“ Verfassungssouverän? Eine dezisionistische Betrachtung 63
IV. Die Judikative als „neutrale Gewalt“ 67
1. Gerichtsbarkeit als Pouvoir neutre 68
2. Richterliche Neutralität – auch anderer Verfassungsgewalten 71
a) Parlament – eine „unbeteiligte“, richterliche Instanz 71
b) Die richterähnliche Administrative im Rechtsstaat 75
c) Das Staatsoberhaupt – traditioneller Pouvoir neutre 77
V. Judikative: wesentlich unabhängige Staatsgewalt – die Unabhängigkeit richterlicher Tätigkeit 79
1. Der Begriff der Unabhängigkeit 79
2. Unabhängiges Entscheiden – eine Besonderheit gerade der Judikative? 80
a) Unabhängigkeit und Autonomie 81
b) Beamtliche Unabhängigkeit 82
c) Besondere, unabhängige Staatsorgane 84
d) Staatsoberhaupt 85
e) Parlamentarische Unabhängigkeit 86
3. Kritische Betrachtung der „sachlichen Unabhängigkeit“ der Richter: ihre Bindung an das Gesetz 87
4. Persönliche Unabhängigkeit der Richter – ein Konstitutivkriterium der Dritten Gewalt? 91
5. Richterernennung durch die Exekutive 93
6. Gewählte Richter – unabhängig? 96
7. Judikative Selbstrekrutierung 99
8. Unabhängigkeit der Richter und Demokratie 102
VI. Problematisches Ergebnis funktionaler Betrachtung: Richtertätigkeit in Gewaltenverschränkung oder als „offene Gewalt“ 106
1. Ein komplexes – wenn überhaupt ein – Gesamtergebnis 106
2. Gewaltenteilung in Gewaltenverschränkung? 108
3. Verschränkung der Judikative mit der Legislative – das „Richterrecht“ 109
4. Verschränkung der Zweiten und der Dritten Gewalt: Judikative als Verendgültigung der Administrative 114
5. Judikative als „offene Gewalt“ 117
C. Die organisatorische Einheit der Dritten Gewalt 119
I. „Gewalt“: Notwendigkeit einer organisatorischen Einheit? 119
II. Antihierarchische Wesenszüge richterlicher Entscheidungstätigkeit? 121
1. Gerichtsbarkeit – ohne hierarchische Beamtenorganisation 121
2. Die „angerufene“ Richterliche Gewalt – nicht als Gewalt organisiert? 122
III. Verfahrensdifferenzierung gegen Gewalteinheit? 123
IV. Unabhängigkeit – die organisatorische Einheit der Gerichtsbarkeit 125
1. Der einheitliche Richterstatus 125
2. Der Instanzenzug: Grundlage der einheitlichen Judikative 126
3. „Gemeinsame Senate“ – organisatorische Selbstkoordinierung der Judikative 128
4. Konzentration einer Gewalt in der Verfassungsgerichtsbarkeit 129
V. Fazit: Organisationsrechtliche Einheit der Dritten Gewalt – und doch funktionale Uneinheitlichkeit 132
D. Gerichtsbarkeit als Machtausübung – Richter und Macht 135
I. Die Fragestellung: Richterliche „Gewalt“-Ausübung in Machtbewusstsein? 135
1. Das Problem: Machtgewicht der Judikative 135
2. Machtbewusstsein: eine politische oder (auch) rechtsdogmatische Kategorie? 136
3. Was ist, wohin führt den Richter ein Machtbewusstsein? 138
II. Gerichtsbarkeit und Macht: in antithetischer Spannung 142
1. Der historische Primat der richterfreien Macht 142
2. Rechtsanwendung als Machtausübung – Richter als Machtträger 144
3. Gerichtsbarkeit – typisch delegierbare Macht 146
4. Die Richter und der „Rückzug der Macht auf die Geschenke“ 147
5. Der Richter als Machtverwalter, -erhalter? 149
6. Die Erwartung an die Richter: Gerichtsbarkeit als „Machtbremse“ 151
III. Die Machtferne des Richtens 153
1. Die „Gegnerfreiheit“ der Judikative 153
2. Richtertätigkeit: wesentlich in Kontinuität 156
3. Die Richteraufgabe: Bewältigung des „machtfernen Einzelfalles“ 160
4. Zeitlose Gerichtsbarkeit: von „lebenslanger richterlicher Bewahrung“ zur Überzeitlichkeit des Rechts 166
5. Fazit: Rechtsprechende Gewalt – Gewalt in Machtferne 169
IV. Der Richter zwischen dem Macht-Dienst des Legisten und einem „Richteraufstand“ 172
1. Rechtsprechende Gewalt: unter die Macht gebeugt 172
2. Der Jurist als Legist 173
3. „Richteraufstand“ 176
V. Der Richter als (nicht-)„öffentliche Person“ in der Öffentlichkeit der Demokratie 178
1. Der Richter im öffentlichen Prozess 178
2. Keine Machteignung der Judikative als einer nicht-öffentlichen Gewalt 180
3. Gerichtsbarkeit: fern von allem Staatstheater 181
4. Richter und Medien – verschränkte Gewalten zur Macht? 183
VI. Gerichtsbarkeit: – gestaltungs(un)fähig? 185
1. Gestaltung als Machtausübung 185
2. Die Richter – ohne Gestaltungsgewalt 186
3. Richter: die unflexible, planungsunfähige Rechtsgewalt 188
4. ludex non calculat 190
VII. Ein Epilog: Verfassungsrichter doch als Machtträger? 192
1. Verfassungsgerichtsbarkeit: Richterliche Machtentscheidung über Recht? 193
2. Verfassungsrichter: nicht die idealen „Machtträger im Recht“ 195
3. Verfassung: eine Grundlage für Machtentscheidungen? 197
VIII. Die Richter und die (Macht der) Moral 199
1. Moralisierendes Richtertum 200
2. Richterliche Individual- und Kollegialmoral 202
3. Moralisierungen nach Instanz-Stufen 205
4. Moralwirkungen nach Rechtsmaterien 207
5. Der Richter und die politisierte Moral 210
6. Gesetzgeberisches, administratives – und richterliches Moralisieren 213
7. Moral als (Richter-)Macht? 216
E. Die späte Macht der Judikative 219
I. Rechtsentscheidungen: „Grundsätzlich außerhalb der Zeit“, „ohne Zeitgefühl“ 220
1. Die Problematik „Recht und Zeit“ – nur punktuelle Rezeption der Zeit ins Recht 220
2. „Verspätete Rechtsentscheidung“ – mit Blick auf die gesetzliche Rechtslage 222
3. Verzögerung der Rechtsentscheidung: Rechtsrichtigkeit vor Rechtssicherheit 225
II. Der Prozess – ein wesentlich zeitferner Vorgang 227
1. Prozess als Ereignis – aus der Zeit gehoben 228
2. Der Prozessstoff – „aus der Zeit herausgehoben“ 230
3. Der „zeitlose gerichtliche Verfahrensablauf“ 234
III. Das zeitlose Denken der Richter 236
1. Neutralität: „Zeitdistanz“ 236
2. Zeitlose Gründlichkeit des „letzten Wortes“ 239
IV. Instanzenzug als Entzeitlichung 243
1. Gerichtlicher Instanzenzug – Grundentscheidung für Rechtsrichtigkeit gegen Rechtzeitigkeit 243
2. Höhere Instanz: Potenzierte Richtermentalität 244
3. Instanzenzug – schwerwiegende Verspätung einer Gewalt 245
4. Verspätender rechtsstaatlicher Instanzenzug: Misstrauen gegen die Dritte Gewalt 246
V. Verfassungsgerichtsbarkeit als späte – weiter verspätende – Judikative 247
1. Die Grundkonzeption der zeitnahen Verfassungskontrolle 247
2. Die Verfassungsbeschwerde – Verfassungsgerichtsbarkeit als verspätende Gewalt 248
3. Die unerträgliche Verspätung der Gesetzeskorrektur 249
4. Ex-tunc-Wirkung verfassungsgerichtlicher Entscheidungen: aufgeholte Verspätung? 250
5. Verfassungsgerichtliche Orientierungen späterer Gesetzgebung 251
6. Von der „späten Gewalt“ zur „negativen Macht judikativer Verunsicherung“ 252
VI. Faktischer Wirkungsverlust als Machtverlust der Gerichtsbarkeit 254
1. Ökonomische Schnelllebigkeit – judikative Lebensferne 254
2. Das rasche Menschenleben und die langsame Justiz 255
3. Ausweichen – der Dritten Gewalt 256
4. In schnelllebiger Zeit: Gerichtsbarkeit als Pouvoir inutile? 258
VII. Gegensteuern – aus der Verspätung? 259
1. Die Richter: eingerichtet in Ruhe 259
2. Zeitnähe durch Gerichtsorganisation 260
3. Zeitnähe durch Gesetzgebung 262
4. Die Beteiligten – ein zeitliches Straffungspotenzial? 263
VIII. Späte Gewalt – Schicksal und Machtverlust der Richter 265
1. Fazit: Systemimmanente judikative Verspätung 265
2. Späte Gewalt als Macht? 266
F. Judikative als Gewalt in der gewaltenteilenden Demokratie? 269
I. Dritte Gewalt – ein Pouvoir? 269
1. Das Ergebnis der Betrachtungen 269
2. Gerichtsbarkeit – eine zusammengeordnete Institutionenstruktur 270
3. Dritte Gewalt – eine historisierende Überzeichnung 271
4. Gewaltenteilung – auch in der Judikative problembeladen 272
II. Judikative als „antipolitische Gegenkraft“ 273
1. Gerichtsbarkeit als Verstärkung der Staatsgewalt 273
2. Judikative als anti(partei)politische Kraft 275
III. Ausblick: Gerichtsbarkeit auf dem Grat zwischen gemäßigter Staatsform und entarteter Demokratie 277
1. Gerichtsbarkeit: Entscheidende Mäßigung der Volksherrschaft 277
2. Richterart gegen Entartung der Staatsform 278
Zusammenfassung der Ergebnisse 282