Die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit
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Die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit
Vorträge und Diskussionsbeiträge der Verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung 1997 des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung bei der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer
Editors: Pitschas, Rainer
Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Vol. 129
(1999)
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Abstract
Dem schlanken und aktiven Staat ist bei seinem Eintritt in das 21. Jahrhundert der Verwaltungsrechtsschutz als ein »Standortrisiko« höchst verdächtig. Denn er verzögert (angeblich) die aus ökonomischen Gründen gewünschte Vereinfachung und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Mehr noch: Nach Ansicht vieler soll die verwaltungsgerichtliche Kontrolle des Verwaltungshandelns die originäre Verwaltungsverantwortung für die effiziente Steuerung der Gesellschaft beeinträchtigen. Man spricht vom »Jurisdiktionsstaat«. Der Gesetzgeber hat deshalb in den letzten Jahren immer wieder das Verwaltungsprozeßrecht geändert, um die vorausgesagten Belastungen der Verwaltungsgerichte durch den seinerseits in den vergangenen Jahren bevorzugten, aber verfehlten Rückschnitt von Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensrecht (dazu: Blümel/Pitschas, Hrsg., Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozeß im Wandel der Staatsfunktionen, Duncker & Humblot 1997) »aufzufangen«.Effektive und effiziente rechtsstaatliche Verwaltung ist indessen ohne die Verwaltungsgerichtsbarkeit auch nicht denkbar. Der soziale und demokratische Rechtsstaat bedarf seiner Sicherung durch die verwaltungsgerichtliche Kontrolle. Art. 19 Abs. 4 GG bringt diesen Zusammenhang in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2, 92 GG beispielhaft zum Ausdruck. Die konkrete Ausgestaltung dieser Kontrollfunktion der Verwaltungsrechtsprechung obliegt freilich dem Gesetzgeber; sie ist innerhalb der verfassungsrechtlichen Rahmengebung flexibel. Wie die verwaltungsgerichtliche Überprüfung des staatlichen Handelns näherhin geregelt wird, hängt dabei auch - aber eben nicht nur - von der Rolle des Staates am Beginn eines neuen Jahrtausends ab: Die gegenwärtige Staats- und Verwaltungsmodernisierung läßt keinen Zweifel daran, daß sie funktionale Wandlungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit zur Folge haben wird.Der Rechtsschutz des Bürgers gegen Akte der öffentlichen Gewalt befindet sich somit im Umbruch. Diesen kritisch zu begleiten, war die Aufgabe einer Verwaltungswissenschaftlichen Arbeitstagung des Forschungsinstituts für Öffentliche Verwaltung bei der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, die im Spätherbst 1997 unter Teilnahme zahlreicher Verwaltungsrichter stattfand. Die im Verlauf der Tagung gehaltenen Referate und die anschließend geführten Diskussionen finden sich in diesem Tagungsband abgedruckt bzw. berichtet. Zugleich werden die deutschen Reformbemühungen in einen Zusammenhang mit den Rechtsschutzstandards in den anderen Mitgliedstaaten der heutigen und künftigen Europäischen Union gerückt.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Inhaltsverzeichnis | 5 | ||
Vorwort des Herausgebers | 9 | ||
Begrüßung durch den Geschäftsführenden Direktor des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung bei der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer Universitätsprofessor Dr. Dr. Klaus König | 11 | ||
ERSTER TEIL: Reformbedarfe der Verwaltungsgerichtsbarkeit | 15 | ||
Peter Caesar: Die Reform des Justizsystems der Bundesrepublik Deutschland als Beitrag zur Modernisierung des Rechtsstaates | 17 | ||
Detlef Merten/Michael Jung: Zur Dauer verwaltungsgerichtlicher Verfahren – zugleich Zwischenbericht über ein Forschungsprojekt – | 31 | ||
I. Einleitung | 31 | ||
II. Verfassungsrechtliche Ausgangssituation | 32 | ||
III. Verfahrensdauer im Rückblick | 35 | ||
IV. Das Forschungsprojekt | 38 | ||
V. Erhebungen zur Verfahrensdauer | 39 | ||
1. Neuzugänge und Restanten | 39 | ||
2. Asylverfahren | 43 | ||
3. Personalentwicklung und Erledigungszahlen | 45 | ||
4. Die Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes | 47 | ||
VI. Reformvorschläge | 50 | ||
Rainer Pitschas/Michael Jung: Diskussion zu den Referaten von Peter Caesar und Detlef Merten | 55 | ||
Rainer Pitschas: Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit als „Ökonomisierung“ des Rechtsstaates? Verfassungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Eckwerte der Modernisierungsdiskussion | 59 | ||
I. Justizielle Modernisierung und „schlanker Staat“ | 59 | ||
1. Modernisierung der Justizstrukturen | 59 | ||
2. Insbesondere: Strukturreform der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch Prozeßrechtsänderung | 61 | ||
3. Binnenrationalisierung der Rechtsprechungsfunktion | 64 | ||
4. Justizielle Modernisierung als komplexe Gestaltungsaufgabe | 66 | ||
II. Justizielle Modernisierung durch strukturelle Wirtschaftlichkeitssteuerung | 69 | ||
1. Die Funktionslogik des „Neuen Steuerungssystems“ | 69 | ||
2. Übergang zum Gerichtsmanagement | 69 | ||
3. Vier Thesen zur „inneren“ Modernisierung der Verwaltungsgerichtsbarkeit | 72 | ||
III. Die „Ökonomisierung“ der Verwaltungsrechtsprechung als Verfassungsproblem | 73 | ||
1. Funktionsgerechte Organstruktur der Verwaltungsrechtsprechung | 73 | ||
2. Rechtsprechungsverantwortung für effizienten Rechtsschutz | 78 | ||
3. Begriff und Reichweite der Rechtsprechungseffizienz | 80 | ||
IV. Art. 19 Abs. 4 GG als justizielle Effizienzdirektive | 81 | ||
1. Effizienter Rechtsschutz durch außergerichtliche Streitbeilegung | 82 | ||
2. Verkürzung des Instanzenzugs | 83 | ||
3. Weitere Effizienzfaktoren | 85 | ||
4. Zugang zu Rechtsschutz und Verfahrensvereinheitlichung | 85 | ||
V. Rechtsprechungseffizienz und richterliche Verantwortung | 86 | ||
1. Organstellung der Richter | 86 | ||
2. Richterliche Unabhängigkeit versus Gesetzesbindung und Zeitanstellung | 88 | ||
3. Übergang zum Einzelrichter | 90 | ||
VI. Zusammenfassung: Die „neue Beweglichkeit“ der Verwaltungsgerichtsbarkeit | 91 | ||
ZWEITER TEIL: Modernisierung der Gerichtsstrukturen | 93 | ||
Wolfgang Hoffmann-Riem: Rationalisierung der Aufbauorganisation und Geschäftsprozesse in der Verwaltungsgerichtsbarkeit – am Beispiel der Freien und Hansestadt Hamburg | 95 | ||
I. Modernisierung der Gerichtsverwaltung als Antwort auf den Problemdruck | 95 | ||
II. Problemzonen der Modernisierung | 97 | ||
1. Modernisierungsbedarf bei den Verwaltungsstrukturen | 97 | ||
2. Dramatisierungen | 98 | ||
3. Relative administrative Unmündigkeit | 99 | ||
4. Richterliche Unabhängigkeit | 100 | ||
III. Linien der Modernisierung | 101 | ||
1. AKV-Prinzip | 102 | ||
2. Gewährleistungsverantwortung und Selbstregulierung | 102 | ||
3. Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit | 103 | ||
4. Reformlernen | 104 | ||
IV. Hauptelemente der Reform der Gerichtsverwaltung | 104 | ||
1. Dezentralisierung | 105 | ||
2. Budgetierung | 105 | ||
3. Leistungsvereinbarungen | 107 | ||
4. Verbesserung der „Kundenfreundlichkeit“ | 108 | ||
5. Personalführung und -entwicklung | 109 | ||
6. Ausstattung mit moderner Technologie | 110 | ||
7. Professionalisierung des Managements | 111 | ||
V. Ausblick | 113 | ||
Ulrich Mäurer: Dezentrale Ressourcensteuerung in der Justiz und Reform der inneren Gerichtsorganisation unter Berücksichtigung der Verwaltungsgerichtsbarkeit am Beispiel der Freien Hansestadt Bremen | 117 | ||
Rainer Pitschas/Christian Koch: Diskussion zu den Referaten von Wolfgang Hoffmann-Riem und Ulrich Mäurer | 137 | ||
I. Einleitung | 137 | ||
II. Effizienzbewußtsein der Verwaltungsgerichtsbarkeit als Reformziel | 138 | ||
III. Reform der Infrastruktur spruchrichterlicher Tätigkeit | 138 | ||
IV. Wirtschaftlichkeit und Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit | 140 | ||
V. Budgetierung und Verhandlungsführung | 141 | ||
VI. Zusammenfassung | 142 | ||
Axel G. Koetz: Die Rationalisierung der Büroorganisation und Geschäftsprozesse in der Gerichtsbarkeit aus der Perspektive der Organisationsberatung | 145 | ||
I. Kriterien für eine Optimierung der Justizorganisation | 145 | ||
II. Strategische Elemente einer Organisationsoptimierung | 146 | ||
III. Optimierungsoptionen für die „arme“ Justiz | 146 | ||
1. Die Aufgaben | 147 | ||
2. Optimierung der Abläufe | 148 | ||
3. Die Mikrostrukturen | 149 | ||
4. IuK-Technik | 150 | ||
5. Ausstattung | 152 | ||
6. Personalmanagement | 153 | ||
7. Führungsstrukturen | 154 | ||
8. Steuerungssysteme | 155 | ||
IV. Umsetzung einer organisatorischen Optimierung | 156 | ||
Rainer Pitschas/Klaus Grütjen: Diskussion zum Referat von Axel G. Koetz | 159 | ||
DRITTER TEIL: Prozeßrechtsreform im Entwicklungszusammenhang der Modernisierung | 171 | ||
Gabriele Verstegen: Vorstellungen und Erwartungen der Verwaltungsrichter / innen zum künftigen Verwaltungsprozeß und zur internen Rationalisierung der Gerichtsorganisation | 173 | ||
I. Einleitung | 173 | ||
II. Grundsätzliche Erwägungen | 173 | ||
III. Einzelaspekte | 175 | ||
IV. Gerichtsorganisatorische Überlegungen | 180 | ||
V. Abschließende und ausblickende Überlegungen | 181 | ||
Hans Peter Schmieszek: Wie geht es weiter mit der Erneuerung der Verwaltungsgerichtsordnung im „schlanken Staat“? – Ungelöste Probleme, politische Gesichtspunkte und verfassungsrechtliche Grenzen künftiger Reformen des Verwaltungsprozeßrechts | 185 | ||
I. | 185 | ||
II. | 186 | ||
III. | 190 | ||
IV. | 193 | ||
Rainer Pitschas/Florine La Roche-Thomé: Diskussion zu den Referaten von Gabriele Verstegen und Hans Peter Schmieszek | 203 | ||
I. Einleitung | 203 | ||
II. Reaktionen der Verwaltungsrichterschaft auf die Reformdiskussion | 203 | ||
III. Reaktionen auf das 6. VwGO-ÄndG | 206 | ||
Gerhard Hofe: Neuorganisation der Justiz und Verfahrensvereinfachungen im Verwaltungsprozeß. Chancen für eine Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Krise öffentlicher Haushalte aus anwaltlicher Sicht | 211 | ||
A. Standort der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der allgemeinen Entwicklung zum „schlanken Staat“ | 211 | ||
I. Präzisierung der Themenstellung | 211 | ||
II. Aktuelle Determinanten der Entwicklung des Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozeßrechts | 212 | ||
1. Zur Krise der Justizhaushalte | 212 | ||
2. Zur Justizreformdiskussion | 212 | ||
3. Zu den ökonomischen Implikationen des Verwaltungsverfahrens und Verwaltungsprozesses | 213 | ||
4. Zur Rolle der Anwaltschaft | 215 | ||
III. Thesen | 217 | ||
B. Die drei Phasen der Reformgeschichte | 217 | ||
I. Die Phase des Vereinheitlichungswillens | 217 | ||
II. Die Phase der fiskalisch motivierten „Entlastung“ | 218 | ||
III. Die Phase der Ökonomisierung mit dem Ziel einer Sicherung des „Wirtschaftsstandortes Deutschland“ | 219 | ||
C. Grundfragen zu einzelnen Änderungen des Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungsprozeßrechts | 220 | ||
I. Sanktionierung von Verfahrensfehlern | 220 | ||
II. Die „Atomisierung“ des Rechtsmittelrechts | 223 | ||
III. Die Änderungen im einstweiligen Rechtsschutz und im Recht der Suspensivwirkung | 225 | ||
IV. Die Einschränkung der Postulationsfähigkeit | 226 | ||
D. Schlußfolgerungen | 227 | ||
Rainer Pitschas/Klaus Grütjen: Diskussion zum Referat von Gerhard Hofe | 229 | ||
VIERTER TEIL: Erneuerung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Tschechischen Republik | 235 | ||
Dušan Hendrych: Anmerkungen über die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Tschechischen Republik | 237 | ||
A. Einleitung | 237 | ||
B. Aus der Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit in den böhmischen Ländern | 237 | ||
C. Die bestehende gesetzliche Regelung der Verwaltungsgerichtsbarkeit | 240 | ||
D. Verfassung und Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit | 242 | ||
Jirí Grospic: Zur Errichtung eines obersten Verwaltungsgerichts: Die Judikatur des Verfassungsgerichts der Tschechischen Republik | 245 | ||
1. Die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit – ein unverzichtbarer Bestandteil im Rahmen der demokratischen Umwandlung der öffentlichen Verwaltung | 245 | ||
2. Bestehende Verwaltungsgerichtsmodelle als Ausgangspunkt und Grundlage der Tschechischen Verwaltungsgerichtsbarkeit | 247 | ||
3. Befugnisse des Obersten Verwaltungsgerichts der Tschechischen Republik | 252 | ||
Verzeichnis der Referenten | 255 |