Der Konflikt zwischen einer erbrechtlichen Bindung aus erster Ehe und einer Verfügung des überlebenden Ehegatten zugunsten eines neuen Lebenspartners
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Der Konflikt zwischen einer erbrechtlichen Bindung aus erster Ehe und einer Verfügung des überlebenden Ehegatten zugunsten eines neuen Lebenspartners
Schriften zum Bürgerlichen Recht, Vol. 220
(1999)
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Abstract
Die heutige erbrechtsrelevante Familienwirklichkeit ist durch eine Reihe von Veränderungen geprägt, die dem Erbrechtskonzept des BGB nicht zugrunde lagen. Vor allem die Deinstitutionalisierung des traditionellen Ehe- und Familienmusters und die zunehmende Lebensdauer haben dazu geführt, daß auf eine erste Ehe oftmals noch eine neue Partnerschaft folgt. Besteht aber eine ersteheliche erbrechtliche Bindung, nimmt der spätere Partner des Überlebenden diese häufig nicht hin, so daß es zu einem Konflikt mit ihm kommen kann. Die Rechtsprechung hat hier noch keine konsequente Linie gefunden.Der Autor erörtert deshalb die Frage, ob und in welchem Umfang sich ein verwitweter Ehegatte aus erbrechtlichen Bindungen zugunsten eines neuen, ehelich oder nichtehelich verbundenen Lebenspartners lösen kann. Hierzu rezipiert Jörg Ritter die einschlägige Judikatur und zeigt die Möglichkeiten einer Auslegung auf, die den geänderten Verhältnissen gerecht wird. Insbesondere die Aufrechterhaltung der Korrespektivität bei Einsetzung der Kinder oder der Verwandten des anderen Ehegatten ist in der Praxis zweifelhaft. Auch die Vereinbarung von Schutzklauseln kann zu einer (unbeabsichtigten) Lösung aus der Bindungswirkung führen. Von großer Bedeutung ist die Anfechtung einer bindenden Verfügung zugunsten eines neuen ehelichen oder nichtehelichen Lebenspartners, deren Ausübung von Zufälligkeiten abhängt. Die Aufnahme eines Änderungsvorbehalts in die Verfügung von Todes wegen ermöglicht es den Lebenspartnern, die Kontinuität der Zuwendungen an ihre Abkömmlinge und gleichzeitig die Testierfreiheit des jeweiligen Überlebenden anzuordnen. Die gegenwärtige Rechtsprechung macht hier wenig praxisgerechte Vorbehalte. Darüber hinaus thematisiert der Autor die Freiheit des Überlebenden, Geschenke zu machen.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | V | ||
Inhaltsverzeichnis | VII | ||
Einleitung: Fragestellung und Gang der Untersuchung | 1 | ||
I. Die Fragestellung | 1 | ||
II. Gang der Untersuchung | 2 | ||
Kapitel 1: Die sozialwissenschaftliche Seite einer zweiten Verbindung | 4 | ||
I. Einleitung | 4 | ||
II. Die Familienzyklen seit Ende des 18. Jahrhunderts | 5 | ||
1. Feudalgesellschaften und Industrialisierung | 5 | ||
2. Die Partnerwahl | 7 | ||
3. Die innerfamilialen Machtverhältnisse | 8 | ||
III. Der Stabilitätsverlust der Ehe bis heute | 9 | ||
1. Die Funktion der Ehe | 9 | ||
2. Scheidung und Wiederverheiratung | 10 | ||
3. Die Scheidungsgründe | 14 | ||
4. Schematische Darstellung der Veränderungen der Familienphasen seit 1949 / 1950 | 17 | ||
a) Der Familienzyklus 1949 / 1950 | 17 | ||
b) Der Familienzyklus 1979 / 1981 | 17 | ||
c) Der Familienzyklus 1988 / 1990 | 17 | ||
IV. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft mit einem Haushalt | 19 | ||
V. Die Partnerschaft ohne gemeinsamen Haushalt – das living apart together | 23 | ||
1. Definition des living apart together | 23 | ||
2. Die innere Ausgestaltung der Partnerschaft | 25 | ||
VI. Die Bedeutung der sozialen Veränderungen für die erbrechtliche Bindung | 26 | ||
1. Der Funktionsverlust und die Erosion der bio-sozialen Einheit der Familie | 26 | ||
2. Der Verlust der Funktion der Ehe als singuläre partnerschaftliche Organisationsform | 28 | ||
3. Die Bedeutungszunahme der Partnerschaft | 29 | ||
4. Die zunehmende Individualisierung | 30 | ||
5. Der Anstieg der Lebenserwartung | 31 | ||
6. Fazit | 32 | ||
Kapitel 2: Übersicht über die Judikatur zu Erbrechtskonflikten mit einem zweiten Lebenspartner des Erblassers | 35 | ||
I. Einleitung | 35 | ||
II. Die Konflikte bei Eingehung einer neuen ehelichen Partnerschaft | 35 | ||
1. Der Konflikt des zweiten Ehegatten mit den gemeinsamen erstehelichen Abkömmlingen im Falle einer testamentarischen Bindung | 36 | ||
a) Die Entscheidung des OLG Hamm in FamRZ 1995, 250 – („Testierfreiheit durch Wiederheirat“) | 36 | ||
b) Die Entscheidung des BayObLG in FamRZ 1995, 251 – („Die 50-jährige Zweitehe“) | 38 | ||
c) Die Entscheidung des BayObLG in FamRZ 1995, 1024 – („Die Verfristung bei kurzer Zweitehe“) | 41 | ||
d) Die Entscheidung des BGH in FamRZ 1986, 980 – („Der von der Stiefmutter betreute Alkoholiker“) | 43 | ||
e) Die Entscheidung des RG in RGZ 132, 1 – („Die feine Differenz im Irrtum“) | 45 | ||
f) Die Entscheidung des RG in RGZ 130, 213 – („Das geheilte Zweittestament“) | 47 | ||
2. Der Konflikt des zweiten Ehegatten mit den nicht gemeinsamen erstehelichen Abkömmlingen im Falle einer testamentarischen Bindung | 49 | ||
a) Die Entscheidung des BayObLG in FamRZ 1992, 1102 – („Der übergangene Stiefsohn“) | 49 | ||
b) Die Entscheidung des LG Hamburg in MDR 1964, 507 – („Die zweifache Anfechtung“) | 51 | ||
c) Die Entscheidung des BGH in FamRZ 1960, 145 – („Die beschenkte Stiefmutter“) | 53 | ||
3. Der Konflikt des zweiten Ehegatten mit den erstehelichen Abkömmlingen im Falle einer erbvertraglichen Bindung | 55 | ||
a) Die Entscheidung des OLG Zweibrücken in FamRZ 1995, 1021 – („Die einseitig gebundene Ehefrau“) | 55 | ||
b) Die Entscheidung des BayObLG in FamRZ 1990, 1158 – („Der Ergänzungspfleger mit Pflichtteilsforderung“) | 57 | ||
c) Die Entscheidung des BayObLG in FamRZ 1989, 1353 – („Fünf Ehen ohne erbende Ehefrau“) | 62 | ||
d) Die Entscheidung des OLG Zweibrücken in FamRZ 1989, 1355 – („Die zweite Ehefrau als Erbin aufgrund Pflichtteilsklausel“) | 64 | ||
III. Die Konflikte bei Eingehung einer neuen nichtehelichen Partnerschaft | 68 | ||
1. Die Entscheidung des BayObLG in FamRZ 1996, 123 – („Doppelt hält besser“) | 68 | ||
2. Die Entscheidung des BayObLG in FamRZ 1991, 1232 – („Die Erbschaft des befreundeten Paares“) | 71 | ||
3. Die Entscheidung des OLG Saarbrücken in FamRZ 1990, 1285 – („Die zwei verzahnten Testamente“) | 74 | ||
IV. Zusammenfassende Betrachtung | 76 | ||
Kapitel 3: Die Bindung durch gemeinschaftliches Testament und Erbvertrag – eine Grunddarstellung | 78 | ||
I. Einleitung | 78 | ||
II. Die Bindungswirkung des korrespektiven Testaments | 78 | ||
1. Die Unterschiede zum Erbvertrag | 78 | ||
2. Die Voraussetzungen der Korrespektivität | 79 | ||
3. Die Bindung nach dem Vorversterben eines Ehepartners | 80 | ||
a) Der Umfang der Bindungswirkung | 80 | ||
b) Das Schicksal einander widersprechender Verfügungen | 81 | ||
aa) Der Fall des „geheilten Zweittestaments“ | 81 | ||
bb) Der Fall „Doppelt hält besser“ | 82 | ||
cc) Die Beschwerung durch Vermächtnisse | 85 | ||
c) Der Fortfall der Bindungswirkung | 85 | ||
III. Die Bindungswirkung des Erbvertrags | 86 | ||
1. Voraussetzungen der Bindungswirkung | 86 | ||
a) Die Grundsätze der Ermittlung der Vertragsmäßigkeit | 86 | ||
b) Die vertragsmäßigen Verfügungen | 88 | ||
c) Die einseitigen Verfügungen | 89 | ||
2. Einschränkung der Bindung | 89 | ||
a) Der vorbehaltene Rücktritt | 89 | ||
b) Die auflösende Bedingung | 91 | ||
3. Die Rechtsfolgen der Bindungswirkung | 91 | ||
a) Der Schutz vor Beeinträchtigungen | 91 | ||
b) Die Aufhebung früherer Verfügungen von Todes wegen bei Beeinträchtigung | 93 | ||
c) Die Unwirksamkeit späterer Verfügungen bei Beeinträchtigung | 94 | ||
d) Die Wirksamkeit des Erbvertrags | 95 | ||
Kapitel 4: Die Begrenzung der Korrespektivität durch Auslegung | 96 | ||
I. Einleitung | 96 | ||
II. Die Ermittlung der Korrespektivität | 96 | ||
1. Der Fall der „50jährigen Zweitehe“ | 99 | ||
III. Die Auslegungsregeln gem. § 2270 II BGB | 102 | ||
1. Der Fall der „zwei verzahnten Testamente“ | 106 | ||
2. Die Einsetzung der Verwandten des Ehegatten | 107 | ||
3. Der Fall der „einseitig gebundenen Ehefrau“ | 107 | ||
IV. Die nahestehende Person in § 2270 II BGB | 108 | ||
1. Der Fall der „Erbschaft des befreundeten Paares“ | 109 | ||
V. Die Sanktions- und Wiederverheiratungsklauseln | 110 | ||
1. Der Fall des „Ergänzungspflegers mit Pflichtteilsforderung“ | 111 | ||
2. Der Fall „der zweiten Ehefrau als Erbin aufgrund Pflichtteilsklausel“ | 112 | ||
3. Der Fall „Testierfreiheit durch Wiederheirat“ | 114 | ||
Kapitel 5: Die Anfechtung zugunsten des neuen Ehegatten und der neuen Kinder | 117 | ||
I. Einleitung | 117 | ||
II. Die Anfechtung gem. § 2079 BGB | 118 | ||
1. Der Fall der „zweifachen Anfechtung“ | 121 | ||
III. Die Form und Frist der Anfechtung | 123 | ||
1. Der Meinungsstand | 124 | ||
2. Die Kategorien der Irrtümer | 126 | ||
3. Eigene Stellungnahme | 127 | ||
a) Der Fall des „übergangenen Stiefsohns“ | 130 | ||
b) Der Fall der „feinen Differenz im Irrtum“ | 131 | ||
IV. Die Rechtsfolgen der wirksamen Anfechtung | 132 | ||
V. Die Anfechtung durch den neuen Ehegatten oder die neuen Kinder | 133 | ||
1. Der Fall der „Verfristung bei kurzer Zweitehe“ | 134 | ||
Kapitel 6: Die Anfechtungsmöglichkeiten zugunsten des nichtehelichen Lebenspartners | 137 | ||
I. Einleitung | 137 | ||
II. Übergehen des nichtehelichen Partners als Motivirrtum i.S.d. § 2078 BGB | 138 | ||
1. Die Ursache des Irrtums | 138 | ||
2. Das Verhältnis von § 2078 II BGB zu § 2079 BGB | 140 | ||
3. Der Motivirrtum gem. § 2078 II BGB | 141 | ||
4. Eigene Stellungnahme | 145 | ||
III. Die Anfechtung durch den neuen Lebenspartner oder die neuen Kinder | 153 | ||
Kapitel 7: Richterlicher Hinweis auf ein Anfechtungsrecht? | 156 | ||
I. Einleitung | 156 | ||
II. Rechtsgrundlagen | 156 | ||
III. Geltung im Anwaltsprozeß | 157 | ||
IV. Meinungsstand zum Umfang der Hinweispflicht | 158 | ||
1. Hinweise zur Aufklärung tatsächlichen Vorbringens | 158 | ||
2. Hinweise auf Gestaltungsmöglichkeiten | 159 | ||
3. Stellungnahme | 162 | ||
V. Recht oder Pflicht zum Hinweis? | 164 | ||
VI. Rechtsfolgen eines unterlassenen Hinweises | 165 | ||
VII. Fazit | 167 | ||
Kapitel 8: Weitere Formen der Lösung aus der erbrechtlichen Bindung | 168 | ||
I. Einleitung | 168 | ||
II. Die Aufhebung und der Rücktritt | 168 | ||
1. Die Aufhebung einer Verfügung des gemeinschaftlichen Testaments | 168 | ||
2. Der vorbehaltene Rücktritt vom Erbvertrag | 169 | ||
a) Der Fall „Fünf Ehen ohne erbende Ehefrau“ | 170 | ||
3. Der gesetzliche Rücktritt vom Erbvertrag | 171 | ||
a) Die Rücktrittsgründe | 171 | ||
b) Die Unterschiede in den Rücktrittsgründen zwischen den Partnerschaftsformen | 172 | ||
III. Der Wegfall der Bindung | 175 | ||
1. Der Wegfall der erbvertraglichen Bindung | 175 | ||
2. Der Wegfall der testamentarischen Bindung | 176 | ||
Kapitel 9: Die Beschränkung der Bindungswirkung durch Vorbehalte | 178 | ||
I. Einleitung | 178 | ||
II. Der Änderungsvorbehalt im Erbvertrag | 179 | ||
1. Die Zulässigkeit eines Totalvorbehalts | 179 | ||
2. Eigene Stellungnahme | 184 | ||
III. Der Änderungsvorbehalt im korrespektiven Testament | 189 | ||
Kapitel 10: Der Konflikt zwischen erbrechtlicher Bindung und Zuwendungen unter Lebenden in bezug auf den neuen Lebenspartner auf Basis des § 2287 BGB | 191 | ||
I. Einleitung | 191 | ||
II. Der Begriff der Schenkung i.S.d. § 2287 BGB | 192 | ||
1. Die Unentgeltlichkeit | 193 | ||
2. Die Schenkungsvereinbarung | 194 | ||
3. Der Zeitpunkt der Schenkung | 195 | ||
III. Die Beeinträchtigung des Bedachten | 196 | ||
1. Die erbrechtlichen Ansprüche | 196 | ||
2. Die Benachteiligung bei Anfechtbarkeit der bindenden Verfügung | 198 | ||
IV. Die Beeinträchtigungsabsicht und das lebzeitige Eigeninteresse | 199 | ||
1. Die Pflicht- und Anstandsschenkungen | 201 | ||
2. Die Schenkungen zu ideellen Zwecken oder aus persönlichen Rücksichten | 202 | ||
3. Die Schenkungen aus anderen Zwecken | 203 | ||
a) Der Fall der „beschenkten Stiefmutter“ | 205 | ||
b) Der Fall des „von der Stiefmutter betreuten Alkoholikers“ | 206 | ||
V. Der Anspruch nach § 2287 I BGB | 206 | ||
1. Gläubiger und Schuldner | 206 | ||
2. Der Umfang des Anspruchs | 207 | ||
Kapitel 11: Rechtsdogmatische und rechtspolitische Bilanz | 209 | ||
I. Sozialwissenschaftliche Bilanz | 209 | ||
II. Rechtliche Bilanz | 210 | ||
III. Fazit | 216 | ||
Literaturverzeichnis | 217 | ||
Sachregister | 225 |