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Hilgendorf, E. (1998). Tatsachenaussagen und Werturteile im Strafrecht. entwickelt am Beispiel des Betruges und der Beleidigung. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-49473-6
Hilgendorf, Eric. Tatsachenaussagen und Werturteile im Strafrecht: entwickelt am Beispiel des Betruges und der Beleidigung. Duncker & Humblot, 1998. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-49473-6
Hilgendorf, E (1998): Tatsachenaussagen und Werturteile im Strafrecht: entwickelt am Beispiel des Betruges und der Beleidigung, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-49473-6

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Tatsachenaussagen und Werturteile im Strafrecht

entwickelt am Beispiel des Betruges und der Beleidigung

Hilgendorf, Eric

Schriften zum Strafrecht, Vol. 116

(1998)

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Abstract

Die Abgrenzung von Tatsachenaussagen und Werturteilen ist ein Grundlagenproblem der Rechtswissenschaft. Gleichzeitig hängen davon außerordentlich wichtige praktische Fragen ab, man denke etwa an die presserechtlichen Gegendarstellungsansprüche oder Schadensersatzansprüche wegen "Anschwärzung" im Geschäftsverkehr. Im Strafrecht taucht das Abgrenzungsproblem insbesondere bei § 263 StGB und bei den §§ 186, 187 StGB auf, im Bürgerlichen Recht wird es etwa im Rahmen von § 123 BGB und § 824 BGB und im öffentlichen Recht vor allem bei der Auslegung von Artikel 5 Abs. 1 GG relevant. Auch für die Rechtstheorie und Rechtsphilosophie ist die Abgrenzung zwischen Tatsachenaussagen und Werturteilen von großer Bedeutung. Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, daß bis heute keine umfassende monographische Aufarbeitung des Themas existiert. Hilgendorfs Arbeit soll diese Lücke schließen.

Ausgehend von der in der Rechtsdogmatik herrschenden Definition des Ausdrucks "Tatsache" und einer eingehenden Analyse der Rechtsprechung wird eine verbesserte Definition von "Tatsachenaussage" erarbeitet. Tatsachenaussagen sind danach Aussagen, die grundsätzlich sinnlich (empirisch) prüfbar sind. Folgt man dem, so sind etwa Prognosen, entgegen der bislang ganz h. M., Tatsachenaussagen. Dagegen sind Werturteile persönliche Stellungnahmen, in denen ein Sachverhalt positiv oder negativ ausgezeichnet wird. Sie dienen dazu, Lob oder Tadel auszusprechen und sind deshalb, im Gegensatz zu den Tatsachenaussagen, nicht empirisch prüfbar. Es ist daher fehlerhaft, unsichere Tatsachenaussagen als Werturteile zu bezeichnen, wie dies ganz überwiegend vertreten wird, denn die Unsicherheit von Aussagen impliziert keineswegs ohne weiteres einen wertenden Gehalt. Auch Rechtsbehauptungen, also Behauptungen über eine bestimmte Rechtslage, sind keine Werturteile.

Hilgendorf schlägt vor, $ainnerhalb der Tatsachenaussagen$z zwischen einfachen Tatsachen$aaussagen$z und mit gesteigertem Geltungsanspruch auftretenden Tatsachenbehauptungen zu unterscheiden. Tatsachen$abehauptungen$z zeichnen sich dadurch aus, daß ihr Urheber für ihre Zuverlässigkeit in gewissem Grade bürgt. Nur sie sind betrugsrelevant. Wie der Autor darlegt, hat sich die Rechtsprechung seit jeher an dieser Unterscheidung orientiert, die relevanten Weichenstellungen jedoch durch eine ungeeignete Begrifflichkeit verdunkelt. Abschließend stellt Hilgendorf die These auf, daß sich die Unterscheidung von einfachen Tatsachenaussagen und Tatsachenbehauptungen nicht nur im Strafrecht, sondern in der gesamten Rechtsordnung fruchtbar anwenden läßt.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Kapitel 1: Einleitung 13
I. Die Abgrenzung von Tatsachenaussagen und Werturteilen als Thema der Strafrechtsdogmatik 13
II. Gliederung der Arbeit 14
III. Tatsachenaussagen und Werturteile als zwei Grundformen der Sprache 20
Teil 1: Die überkommenen Abgrenzungsvorschläge 24
Kapitel 2: Die Herausbildung des Erfordernisses einer „Täuschung über Tatsachen“ im Betrugsstrafrecht 24
I. Betrugsbegriff und Industrielle Revolution 24
II. Die Diskussion über die Schaffung eines allgemeinen Betrugstatbestandes 26
III. Insbesondere: der Tatsachenbegriff 29
IV. Die Entwicklung von Gesetzgebung und Dogmatik im 19. Jahrhundert 32
V. Zusammenfassung 36
Kapitel 3: Die Herausbildung des Merkmals „ Tatsache“ im Tatbestand der Verleumdung 37
I. Die Entwicklung bis zum Ende des 18. Jahrhunderts 37
II. Die Herausbildung der Unterscheidung zwischen Beleidigung und Verleumdung 39
III. Das Preußische Strafgesetzbuch von 1851 42
IV. Zusammenfassung 42
Kapitel 4: Exkurs: „ Tatsachen“ und „Urteile“, „Sein“ und „Sollen“. Einige Anmerkungen zu den geistesgeschichtlichen Hintergründen der Unterscheidung von Tatsachenaussagen und Werturteilen 43
I. „Über das Wörtlein ‚Tatsache‘“ 43
II. Anmerkungen zur Begriffsgeschichte von „Urteil“ 47
III. Die Unterscheidung von „Sein“ und „Sollen“ 49
IV. Zusammenfassung 54
Kapitel 5: Der Begriff der Tatsachenbehauptung in Rechtsprechung und Lehre seit 1871 55
I. Der Begriff der Tatsachenbehauptung in der Rechtsprechung 55
1. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts 55
2. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und der Oberlandesgerichte 58
II. Die Diskussion in der Lehre bis zur Jahrhundertwende 61
III. Der Meinungsstand nach 1900 65
IV. Konkludente Tatsachenbehauptungen und Tatsachenbehauptungen durch Unterlassen 66
1. Die konkludente Täuschung 66
2. Täuschung durch Unterlassen 68
V. Zusammenfassung 71
Kapitel 6: Der Tatsachenbegriff im Zivilrecht, im Öffentlichen Recht und im Recht des Strafprozesses – ein Überblick 72
I. Der Tatsachenbegriff im Zivilrecht 72
1. Der Tatbestand der Kreditgefährdung, § 824 BGB 72
2. Der Tatbestand der Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung, § 123 BGB 75
3. Bedingungen als Tatsachenaussagen? 76
4. Der Begriff „Tatsache“ nach dem UWG 77
II. Der Tatsachenbegriff im Öffentlichen Recht 79
III. Die Abgrenzung von Tatsachenaussagen und Werturteilen im Strafprozeßrecht 83
1. „Neue Tatsachen“ i. S. v. § 359 Nr. 5 StPO 83
2. Die Abgrenzung von Rechts- und Tatfrage 85
Kapitel 7: Die Abgrenzung von Tatsachenaussagen und Meinungsäußerungen im Medienrecht 88
I. Einleitung 88
II. Die Übernahme der strafrechtlichen Rechtsprechung 89
III. Sachverhaltsprinzip versus Bewertungsprinzip 90
1. Grundlagen der Unterscheidung 90
2. Offene Fragen 93
IV. Tatsachenmitteilungen und Tatsachenbehauptungen 95
V. Exakte Begriffsbestimmung versus „funktionale Sicht“ 99
VI. Ein Dreistufenmodell zur Abgrenzung von Tatsachenaussagen und Werturteilen 100
VII. Zusammenfassung 102
Kapitel 8: Tatsachenbegriff und Opfermitverantwortung 103
I. Die Thesen Nauckes 103
II. Opfermitverantwortung und Täuschungshandlung – einige neuere Vorschläge 106
1. Die Kritik an der herrschenden Meinung 106
2. Der Topos der Opfermitverantwortung als Instrument der dogmatischen Feinsteuerung 107
3. Die „Täuschungslösung“ Ellmers 108
III. Der Topos „Opfermitverantwortung“ und der Begriff der Tatsachenbehauptung 110
IV. Zusammenfassung der Kapitel 2–8 111
Teil 2: Ein neuer Abgrenzungsvorschlag 113
Kapitel 9: Tatsachen und Tatsachenaussagen im Strafrecht 113
I. Begriffliche Vorfragen 113
II. Juristischer und philosophischer Tatsachenbegriff 114
III. Die einzelnen Elemente des juristischen Sprachgebrauchs 116
1. Vorgänge oder Zustände 116
2. Die „Konkretheit“ des behaupteten Vorganges oder Zustandes 118
3. Die Wirklichkeit des behaupteten Vorganges oder Zustandes 120
4. Die sinnliche Wahrnehmbarkeit 122
5. Die Beweisbarkeit 123
6. Tatsache oder Tatsachenaussage? 126
Kapitel 10: Das Problem der inneren Tatsachen 128
I. Der Meinungsstand 128
II. Probleme der herrschenden Meinung 128
III. Lösungsmöglichkeiten 130
1. Der Lösungsvorschlag Seiers 130
2. Die Verständigung über Fremdseelisches 132
3. Die Seinsweise von Fremdseelischem 135
IV. Die Thesen Hruschkas zur Beweisbarkeit des Vorsatzes 136
1. Das Wissens- und das Wollenselement des Vorsatzes 137
2. Dolus ex re und praesumtio doli 138
V. Parasitäre Tatsachenaussagen 141
VI. Zusammenfassung 142
Kapitel 11: Prognosen und prognostizierte Tatsachen 143
I. Der Meinungsstand 143
II. Probleme der herrschenden Meinung 144
III. Eigener Lösungsvorschlag 147
Kapitel 12: Die grammatikalische Form von Tatsachenaussagen 150
I. Fragen als Tatsachenaussagen? 150
1. Der Begründungsansatz des Bundesverfassungsgerichts 150
2. Eigener Lösungsvorschlag 152
II. Verdeckte Tatsachenaussagen 155
1. Tatsachenaussagen und grammatikalische Form 155
2. Nichtverbale Tatsachenaussagen 156
III. Zusammenfassung 159
Kapitel 13: Die Analyse von Werturteilen 160
I. Phänomenologie von Werturteilen 160
II. Die Interpretation von Werturteilen 162
1. Der Wertobjektivismus 162
2. Der radikale Wertsubjektivismus 166
III. Die Wertanalyse Victor Krafts 169
IV. Zusammenfassung 172
Kapitel 14: Wertbegriffe und Werturteile im Strafrecht 173
I. Begriffsbestimmungen 173
1. Werten, Entscheiden und Schätzen 173
2. Insbesondere: normative und deskriptive Merkmale 176
II. Tatsachenaussagen und Werturteile in der juristischen Praxis 179
1. Typische Abgrenzungsprobleme 179
2. Insbesondere: das Problem des Abgrenzungshorizontes 183
Kapitel 15: Meinungsäußerungen 185
I. Die Kategorie „Meinungsäußerung“ in der Strafrechtsdogmatik 185
II. „Meinungsäußerungen“ als Äußerungen mit vermindertem Geltungsanspruch 188
1. Meinungsäußerungen im Beleidigungsstrafrecht 188
2. Meinungsäußerungen im Betrugsstrafrecht 192
3. Sachverständigengutachten und medizinische Diagnosen 197
III. Die Maßfigur des „Durchschnittsbürgers“ und das Problem der besonderen Schutzbedürftigkeit bestimmter Personenkreise 199
IV. Zusammenfassung 203
Kapitel 16: Die Qualifizierung von Rechtsbehauptungen 205
I. Diskussionsstand 205
II. Der Leitfall: BGH JR 1958, 106 205
III. Rechtsbehauptungen als Tatsachenaussagen 208
1. Rechtsbehauptungen als Behauptungen über eine bestimmte Rechtslage 208
2. Einwände 211
3. Sonderfälle 215
4. Zwei Fälle aus der Praxis 217
IV. Der Geltungsanspruch von Rechtsbehauptungen 219
1. Rechtsbehauptungen mit deutlichem Autoritätsgefälle 219
2. Rechtsbehauptungen gegenüber Juristen 221
3. Rechtsbehauptungen zwischen Laien 222
V. Zusammenfassung 222
Kapitel 17: Der Wahrheitsbeweis im Beleidigungsrecht 224
I. Der Wahrheitsbeweis bei Tatsachenaussagen 225
1. Die Voraussetzungen des Wahrheitsbeweises 225
2. Wahrheitsbeweis trotz vollständiger Nichtidentität? 226
II. Wahrheitsbeweis bei Werturteilen? 228
III. Zusammenfassung 230
Kapitel 18: Die Einheitlichkeit des Begriffs „Tatsachenbehauptung“ 231
I. Das Postulat der „Einheit der Rechtsordnung“ 231
II. Argumente für eine bereichsspezifische Terminologie 234
1. Die Funktionalität der Begriffe „Tatsache“ und „Tatsachenbehauptung“ 234
2. Normzweck und der Begriff der Tatsachenbehauptung in den verschiedenen Rechtsgebieten 235
III. Zusammenfassung und Ausblick 237
Literaturverzeichnis 239
Sachwortverzeichnis 267