Gewalt in der Frühen Neuzeit
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Gewalt in der Frühen Neuzeit
Beiträge zur 5. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Frühe Neuzeit im VHD
Editors: Ulbrich, Claudia | Jarzebowski, Claudia | Hohkamp, Michaela
Historische Forschungen, Vol. 81
(2005)
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Abstract
Das Thema Gewalt wurde in der Geschichtswissenschaft lange hauptsächlich im Kontext herrschaftlicher Gewalt thematisiert. Der Umstand, dass Gewalt im Sinne des Naturrechtes als »naturrechtliche Gegebenheit« bzw. positiv-rechtlich »als historische Gewordenheit« verstanden wurde, beeinflusste maßgeblich die Forschungsfragen. Mittlerweile wurde die lange vorherrschende und prägende Frage nach den Ursachen der Gewalt abgelöst von Fragen nach den Mechanismen und Möglichkeiten, mit Gewalt umzugehen, sich Gewalt anzueignen, Gewalt auszuüben, Gewalt zu widerstehen und das Recht auf Gewalt in Frage zu stellen. Im Zuge der historischen Alltagsforschung wurde die gesellschaftliche Praxis als breites und vielschichtiges Forschungsfeld entdeckt und durch mikrohistorische Zugangsweisen erschlossen. Gewaltverhältnisse in Ehe und Familie wurden verstärkt aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive thematisiert, und die historische Kriminalitätsforschung begann, nach der sozialen Konstruiertheit »kriminellen« Handelns zu fragen. Gemeinsam ist diesen Forschungsrichtungen, dass mit der Frage nach Gewaltproduktion und Gewaltwahrnehmung auch die Menschen, die Gewalt ausübten oder erlitten, in den Blick kamen. Gewalt lässt sich vor diesem Hintergrund nicht länger als anthropologische Konstante definieren und hinnehmen. Wenn Gewalt gemacht ist, dann sind Gewalthandeln und Gewaltkonzepte veränderbar und dem historischen Wandel unterworfen und somit historisch und kulturell je spezifisch. Die Wahrnehmungen, Erfahrungen, Darstellungen und Imaginationen von Gewalt interagieren stark mit dem jeweiligen Kontext des Gewalthandelns und hängen vom Ort der Auseinandersetzung (Gericht, Kirche, Wirtshaus uvm.) ab, an dem die Frage, was als legitime bzw. nicht-legitime Gewalt anzusehen ist, verhandelt wird.Das sind nur einige der Überlegungen und Beobachtungen, die die jüngere Geschichtswissenschaft dazu gebracht haben, neu über eine Analysekategorie Gewalt nachzudenken und dabei insbesondere bestehende Auffassungen von legitimer und nicht-legitimer Gewalt aufzugreifen und zu hinterfragen. Im vorliegenden Band wird eine breite thematische Fächerung zugunsten aktuell diskutierter Probleme (z. B. interkulturelle und zwischenstaatliche Auseinandersetzungen) durch Fragen nach dem analytischen Potential einer Kategorie Gewalt ergänzt.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Inhaltsverzeichnis | 5 | ||
Einleitung | 9 | ||
Hans Medick: Massaker in der Frühen Neuzeit. Einleitender Beitrag zu Sektion 1 | 15 | ||
Peter Burschel: „... es muss ja ein Unterschied sein ...“ Das Massaker von Frankenhausen | 21 | ||
I. | 21 | ||
II. | 23 | ||
III. | 28 | ||
IV. | 29 | ||
Denis Crouzet: Königliche und religiöse Gewalt im Massaker der Bartholomäusnacht oder der „Wille“ Karls IX. | 33 | ||
Ein Traum von Frieden unter der Oberfläche der Gewalt | 33 | ||
Das Prinzip einer Monarchie im trügerischen Schein | 39 | ||
Christian Büschges: Gewaltsame Kulturkontakte. Massaker in der spanischen Eroberung Mexikos | 59 | ||
I. Von Cholula zur noche triste | 59 | ||
II. Theorie des Massakers | 60 | ||
III. Massaker im Prozess der Eroberung Mexikos | 61 | ||
Das Massaker von Cholula | 61 | ||
Die noche triste von Tenochtitlán | 63 | ||
IV. Europäische Moderne versus indigene Tradition? | 65 | ||
V. Massaker, Eroberung und Kolonialherrschaft im spanischen Amerika | 69 | ||
VI. Fazit | 71 | ||
Martin Krieger: Massaker und koloniale Staatsgewalt in Indien | 73 | ||
I. Einleitung | 73 | ||
II. Die Verdichtung britischer Territorialherrschaft in Indien | 74 | ||
III. Die Verhinderung eines Massakers? – Konfliktmanagement und Kastenunruhen in Madras 1707 | 75 | ||
IV. Gewalt und Massaker bei wachsender Verdichtung der kolonialen Staatsgewalt | 78 | ||
V. Amritsar 1919 | 79 | ||
VI. Schlussbetrachtung | 80 | ||
Francisca Loetz: Gewalt: politische Ideale und soziale Leitbilder. Einleitender Beitrag zu Sektion 2 | 83 | ||
Mary Lindemann: Gewalt und Bürgerlichkeit: Hamburg und Amsterdam in vergleichender Perspektive | 87 | ||
Marian Füssel: Gewalt im Zeichen der Feder. Soziale Leitbilder in akademischen Initiationsriten der Frühen Neuzeit | 101 | ||
I. Einsetzungsriten | 103 | ||
II. Leitbilder und Symbole | 109 | ||
III. Zur akademischen Logik der Gewalt | 111 | ||
André Holenstein: Frugalität und Virilität. Zur Mythisierung kriegerischer Gewalt im republikanischen Diskurs in der Schweiz des 18. Jahrhunderts | 117 | ||
I. Einleitung | 117 | ||
II. Die Tugend des republikanischen Bürgers – individuelle Moral und staatliche Selbstbehauptung | 118 | ||
III. Die Tugend der Republikaner unter dem Druck der Globalisierung von Wirtschaft und Krieg | 127 | ||
IV. Ausblick: Klassisch-republikanische Elemente in der wehrpolitischen Diskussion des Nationalstaats im 19. Jahrhundert | 129 | ||
Beat Kümin: Friede, Gewalt und öffentliche Räume – Grenzziehungen im alteuropäischen Wirtshaus | 131 | ||
I. Untersuchungsgegenstände | 132 | ||
II. Grenzziehungen und -überschreitungen | 134 | ||
III. Schlussbemerkungen | 139 | ||
Horst Carl: Gewalttätigkeit und Herrschaftsverdichtung. Die Rolle und Funktion organisierter Gewalt in der Frühen Neuzeit. Einleitender Beitrag zu Sektion 3 | 141 | ||
Eva Kormann: Violentia, Potestas und Potential – Gewalt in Selbstzeugnissen von Nonnen und Mönchen des Dreißigjährigen Krieges | 145 | ||
Maren Lorenz: Besatzung als Landesherrschaft und methodisches Problem. Wann ist Gewalt Gewalt? Physische Konflikte zwischen schwedischem Militär und Einwohnern Vorpommerns und Bremen-Verdens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts | 155 | ||
Definitionsprobleme | 155 | ||
Methodenprobleme | 162 | ||
Besatzung als Landesherrschaft | 164 | ||
Gewaltsituationen | 167 | ||
Schluss | 169 | ||
Markus Meumann: Herrschaft oder Tyrannis? Zur Legitimität von Gewalt bei militärischer Besetzung | 173 | ||
I. Militärische Besetzung als Herrschaft | 174 | ||
II. Militärische Besetzung und Gewalt | 177 | ||
III. Zur Legitimität von Gewalt bei militärischer Besetzung | 181 | ||
IV. Zur Begrenzung von Gewalt bei militärischer Besetzung | 183 | ||
V. Herrschaft oder Tyrannis? Die Grenze zwischen legitimer und unrechtmäßiger Gewalt | 185 | ||
Joachim Eibach: Institutionalisierte Gewalt im urbanen Raum: ‚Stadtfrieden‘ in Deutschland und der Schweiz zwischen bürgerlicher und obrigkeitlicher Regelung (15.–18. Jahrhundert) | 189 | ||
I. Stadtfrieden als Identitätsstiftung | 189 | ||
II. Bürger unter Waffen | 192 | ||
III. Stadtfrieden als Aufgabe der Obrigkeit | 195 | ||
IV. Legitime und illegitime Gewalt, Entritualisierung öffentlicher Konflikte | 201 | ||
Winfried Schulze: Optionen und Beilegung zwischenstaatlicher Gewalt in der Frühen Neuzeit. Einleitender Beitrag zu Sektion 4 | 207 | ||
Georg J. Wolf: Kommunikation und Gewalt in den frühmodernen Internationalen Beziehungen: Ansätze der Forschung und Praxis Bayerns und der Kurpfalz im konfessionellen Zeitalter | 209 | ||
Ausgangslage | 209 | ||
‚Gewalt‘ und Staatsbildung | 211 | ||
Politische Kommunikation und frühmoderne Internationale Beziehungen | 213 | ||
Politische Kommunikation und staatliche Gewalt – historische Genese und politische Praxis | 216 | ||
Schlussbemerkungen | 225 | ||
Lothar Schilling: Gewalt als Mittel staatlicher Expansion im Urteil der Aufklärungszeit | 227 | ||
I. | 228 | ||
II. | 229 | ||
III. | 233 | ||
Heinz Duchhardt: Gewaltverhinderung als Ansatz der praktischen Politik und des politischen Denkens | 237 | ||
Christoph Kampmann: Friedensstiftung von außen? Zur Problematik von Friedensvermittlung und Schiedsgerichtsbarkeit in frühneuzeitlichen Staatenkonflikten | 245 | ||
I. | 245 | ||
II. | 247 | ||
III. | 254 | ||
Ralf Pröve: Vom ius ad bellum zum ius in bello. Legitimation militärischer Gewalt in der Frühen Neuzeit | 261 | ||
Peer Schmidt: Krieg und Recht in interkultureller Begegnung und Konfrontation: Mittelmeer und Atlantischer Raum in der Frühen Neuzeit. Einleitender Beitrag zu Sektion 5 | 271 | ||
Suraiya N. Faroqhi: Opfer der Gewalt: Einige Fälle von Mord, Raub und Bedrohung in Nordwestanatolien um 1760 | 275 | ||
Die Quellenfrage | 276 | ||
Was gab es denn zu holen? | 279 | ||
Gewaltakte gegen Frauen und Jugendliche | 280 | ||
Schulden und Mord auf dem Dorfe | 284 | ||
Wegelagerer | 287 | ||
Zum Abschluss | 288 | ||
Mark Häberlein: Recht und Gewalt in den englisch-indianischen Beziehungen im Nordamerika des 17. Jahrhunderts | 291 | ||
Peer Schmidt: Krieg und Recht an den Grenzen der Christianitas: Der Zweifrontenkrieg des spanischen Imperiums gegen Muslime und Indios (16. / 17. Jahrhundert) | 307 | ||
Die Opfer von Krieg und Verschleppung am Mittelmeer | 308 | ||
Kriege und Kriegsgefangenschaft in der Neuen Welt | 312 | ||
Kriegslegitimationen und Friedensabkommen an der nordafrikanischen und der amerikanischen Front | 315 | ||
Zur Neubewertung des spanischen Kriegsmanifestes in Amerika: Der Requerimento | 319 | ||
Christian Windler: Verrechtlichte Gewalt zwischen Muslimen und Christen: französisch-maghrebinische und spanisch-maghrebinische Beziehungen | 325 | ||
I. Lokale Übereinkünfte und die katholische Legitimität der spanischen Monarchie | 329 | ||
II. Eine späte Säkularisierung | 330 | ||
III. „Wenn das spanische Ministerium seine wahren Interessen gut berechnen würde ...“ | 332 | ||
IV. Ein spezifischer Rechtsraum | 335 | ||
Monika Mommertz: Gewalt und Imagination. Einführender Beitrag zu Sektion 6 | 341 | ||
Monika Mommertz: „Imaginative Gewalt“ – praxe(m)ologische Überlegungen zu einer vernachlässigten Gewaltform | 343 | ||
Praxemologie – ‚praktik‘ und ‚kulturelle Semantik‘ | 348 | ||
Schadenszauber: Moralische Physiologie und Wirklichkeitsraum | 350 | ||
Imaginative Interaktionsphären – Dispositive „imaginativer“ und „physischer“ Gewalt | 355 | ||
Andreas Bähr: Die Semantik der Ungarischen Krankheit. Imaginationen von Gewalt als Krankheitsursache zwischen Reformation und Aufklärung | 359 | ||
Ute Lotz-Heumann: Gewaltpraktiken und ihre Diskursivierung: Die irische Rebellion von 1641 | 375 | ||
Harriet Rudolph: „Pain in the reality, yet a delight in the representation“ – Verbale und visuelle Repräsentationen von Gewalt am Beginn der Neuzeit | 391 | ||
I. Bilder, Zeichen, Texte – Verbale und visuelle Repräsentationsformen von Gewalt | 393 | ||
II. Gott, Teufel und Magie – Akte physischer Gewalt und imaginäre Gewalten | 397 | ||
III. „durch stillschweigen nit uberwunden werde das Viehische“ – Funktionen und Auswirkungen der Gewaltrepräsentation | 403 | ||
IV. Fazit – Vom Bild des Gewaltverbrechens zur Bildkultur der Gewalt | 407 |