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Die erkennbar untaugliche Bürgschaft

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Chelidonis, A. (1999). Die erkennbar untaugliche Bürgschaft. Rechtstheoretische Überlegungen zu einer im letzten Jahrzehnt in den Vordergrund getretenen strittigen Erscheinung des Bankrechts. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-49697-6
Chelidonis, Apostolos. Die erkennbar untaugliche Bürgschaft: Rechtstheoretische Überlegungen zu einer im letzten Jahrzehnt in den Vordergrund getretenen strittigen Erscheinung des Bankrechts. Duncker & Humblot, 1999. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-49697-6
Chelidonis, A (1999): Die erkennbar untaugliche Bürgschaft: Rechtstheoretische Überlegungen zu einer im letzten Jahrzehnt in den Vordergrund getretenen strittigen Erscheinung des Bankrechts, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-49697-6

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Die erkennbar untaugliche Bürgschaft

Rechtstheoretische Überlegungen zu einer im letzten Jahrzehnt in den Vordergrund getretenen strittigen Erscheinung des Bankrechts

Chelidonis, Apostolos

Schriften zum Bürgerlichen Recht, Vol. 222

(1999)

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Abstract

Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die Frage nach der rechtlichen Behandlung von Personalsicherheiten, die mittellose Familienangehörige für Kredite ihrer Verwandten übernehmen.

Nach anfänglicher Zurückhaltung sieht die höchstrichterliche Rechtsprechung solche Verträge heute unter bestimmten Voraussetzungen als sittenwidrig an - eine Ansicht, welche vor allem auf der z. T. heftig kritisierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beruht. Dieser Lösungsansatz ist jedoch in zweifacher Hinsicht unbefriedigend. Zum einen sind die Kriterien, anhand derer eine große Zahl von Konsumentenkrediten als sittenwidrig und somit nichtig eingestuft wird, nicht hinreichend genau bestimmt. Zum anderen ist davon auszugehen, daß die Banken bei der Gewährung von Konsumentenkrediten angesichts des hohen Ausfallrisikos künftig zurückhaltender sein werden - eine Entwicklung, die gesamtwirtschaftlich nicht wünschenswert sein kann. Neben dieser herrschenden Auffassung werden auch zahlreiche andere Lösungsvorschläge einer kritischen Betrachtung unterzogen. Ihnen allen ist entgegenzuhalten, daß sie letzlich die Unwirksamkeit des Sicherungsvertrages zur Folge haben, was weder den Interessen der Kreditnehmer und der Sicherungsgeber noch den Interessen der Banken gerecht wird.

Diesen Lösungsansätzen stellt Chelidonis einen Ansatz gegenüber, der die wirtschaftlich negativen Folgen der Unwirksamkeit für den sogenannten kleinen Kreditmarkt zu vermeiden sucht. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Beobachtung, daß die Untauglichkeit der hier erörterten Personalsicherheiten einer Leistungsstörung näher steht als einer sittenwidrigen vertraglichen Regelung. Insbesondere die Tatsache, daß die Untauglichkeit für beide Seiten von vornherein erkennbar ist, erfordert eine andere Risikoverteilung, als sie die Rechtsfolge der Nichtigkeit oder Unwirksamkeit zwangsläufig mit sich bringt.

Das BGB kennt verschiedene Vorschriften, welche die Risikoverteilung in Fällen regeln, in denen das mögliche Eintreten einer Leistungsstörung für beide Seiten erkennbar ist. Im Wege einer Gesamtanalogie werden diese Vorschriften für die hier erörterten Fälle fruchtbar gemacht - mit zwei Folgen: Zum einen bleiben die Sicherungsverträge wirksam, zum anderen wird eine fragwürdige Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 138 Abs. 1 vermieden. An die Stelle der Unwirksamkeit tritt ein Leistungsverweigerungsrecht des Sicherungsgebers, das ihm zusteht, solange er nicht zu Vermögen kommt.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
A. Einführung in die Problematik 13
I. Gegenstand der Untersuchung 13
1. Der Anlaß 13
2. Probleme der materiellrechtlichen Einordnung 16
II. Der heutige Stand der Debatte 18
1. „Moralwidrigkeit“ der Personalsicherheit 18
2. Die Erkennbarkeit der Untauglichkeit 20
3. Die rechtspolitischen Anhaltspunkte 21
III. Plan der Darstellung 23
B. Die Mithaftung als bankwirtschaftliches Phänomen 25
I. Die Gestalt der Mithaftungsverträge nach der Rechtsprechung 25
1. Die Mithaftung von Ehefrauen 25
2. Die Heranziehung junger Erwachsener und nichtehelicher Lebensgefährten 27
3. Die Ausdehnung des Phänomens von Konsumenten- auf Betriebsmitteltelkredite 28
4. Die wirtschaftliche und soziale Lage der Mithaftenden 31
5. Aussichtslosigkeit einer Vermögensverbesserung 34
6. Das Abhängigmachen der Kreditgewährung von Familiensicherheiten 36
7. Die gemeinsame Kredittilgung durch alle Mithaftenden 38
a) Der sog. moderne Schuldturm 38
b) Die Tilgungsaussichten der Banken 39
8. Das mangelnde Interesse des Mithaftenden an der Kreditgewährung 41
9. Das Vertrauen auf die Nichtinanspruchnahme des Mithaftenden 43
a) Die explizite Verharmlosung des Risikos 44
b) Die ausreichende Bonität des Erstschuldners 45
c) Der sichere Fortbestand der Ehe 45
10. Die Inanspruchnahme des mittellosen Bürgen 46
11. Zusammenfasssung: Die wesentlichen Merkmale des Phänomens 47
II. Die Schwierigkeiten einer materiellrechtlichen Zuordnung 49
1. Das Fehlen einer gesetzlichen Regelung 49
a) Das Problem des untauglichen Bürgen 49
b) Ansatzpunkte im BGB 49
2. Die durch die Rechtsprechung gelegten Grundlagen 52
a) Die Geldmangelproblematik 52
b) Die die materiellrechtliche Zuordnung ablehnende Judikatur 55
c) Die Lehre 59
C. Die Kritik der maßgeblichen Gesichtspunkte 64
I. Die Erläuterung anhand der wirtschaftlichen und sozialen Lage 64
1. Die Begründung einer familiären Haftungsgemeinschaft 64
a) Die Motivation der Banken 64
aa) Das Familieneinkommen als Sicherungsgrundlage 64
bb) Verwandte Aspekte 66
b) Die rechtliche Beurteilung 68
aa) Das fehlende Verbot vertraglicher Schuldgemeinschaften 68
bb) Das sog. Verbot von Familiensicherheiten 69
2. Die unerwartete Vermögensvermehrung des Bürgen 72
a) Die rechtspolitische Erklärung 72
b) Die rechtliche Beurteilung 74
3. Das neue Verständnis der Sicherungsfunktion 76
a) Vermeidung von Vermögensverschiebungen zwischen Familienangehörigen 76
aa) Die Begründung durch die Banken 76
bb) Die rechtliche Beurteilung 77
b) Die größere Sorgfalt bei der Kredittilgung 82
aa) Die Motivation der Banken 82
bb) Die rechtliche Beurteilung 83
4. Die berechtigten rechtlichen Bedenken 85
5. Ergebnisse 88
II. Die Schutzbedürftigkeit des mittellosen Bürgen 91
1. Mittellosigkeit und Bürgenschutz 91
a) Die Pflicht des Gläubigers zur Rücksichtnahme 91
b) Der Institutionsmißbrauch 93
c) Untaugliche Bürgschaften als Globalbürgschaften 97
2. Der Ansatz der fehlerhaften Risikoeinschätzung seitens des Bürgen 98
a) Die analoge Anwendung des § 1 HWiG auf Bürgschaftsverträge 99
b) Aufklärungsproblematik und culpa in contrahendo 103
c) Kündigungsrechte des Bürgen 109
d) Ansätze de lege ferenda 110
3. Ergebnisse 113
III. Der Ansatz der Sittenwidrigkeit 115
1. Die Unbestimmtheit des Ansatzes 115
2. Die Knebelung 118
a) Die Rechtsprechung 119
b) Die Aufnahme durch die Lehre 124
c) Die Knebelung als Konkretisierungsmethode des § 138 I BGB 130
aa) Zur Ermittlung der Funktion der Knebelung 130
(1) Knebelung und objektives Verständnis der Vertragswidrigkeit 130
(2) Schutz der Privatautonomie vor sich selbst 132
(3) Sozialstaatlichkeit und Knebelung 135
(4) Knebelung und vertragsbezogene Systemwidrigkeit 142
(5) Systemwidrigkeit und Typenausgestaltung der Knebelung. 150
bb) Knebelung und wirtschaftliche Überforderung 152
(1) „Wirtschaftliche Lähmung“ infolge belastender Vertragsgestaltung 152
(2) Knebelung und Sozialwidrigkeit 155
d) Die Knebelung als Grundlage zur Vernichtung erkennbar untaugcher Personalsicherheiten 161
aa) Die Reduktion auf § 850 c ZPO 161
bb) Der Ansatz des § 310 BGB 164
cc) Knebelung und unangemessene Sicherheitsgewährung 168
dd) Knebelung und anfängliche Leistungsstörungen 172
3. Die höchstrichterliche „Umstandssittenwidrigkeit“ 175
a) Die Rechtsprechung 176
b) Die Kriterien einer Umstandssittenwidrigkeit 177
c) Die positive Aufnahme der Judikatur 181
d) Zur Ermittlung der Funktion einer Umstandssittenwidrigkeit 182
aa) Die Dominanz von subjektiven Elementen 182
(1) Die Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände 182
(2) Die Moralwidrigkeit im Vertragsschluß 185
bb) „Bewegliche Systeme“ als Grundlage zur Erfassung einer Umstandssittenwidrigkeit 187
(1) Die rechtstheoretischen Grundlagen 187
(2) Bewegliche Systeme bei erkennbar untauglichen Personalsicherheiten 194
cc) Zum subsidiären Charakter der Umstandssittenwidrigkeit 199
e) Die Untersuchung der einzelnen Kriterien 203
aa) Das mangelnde Sicherungsinteresse 203
bb) Eigenes Interesse des Sicherungsgebers an der Kreditgewährung 208
cc) Umstandssittenwidrigkeit und Unerfahrenheit 212
(1) Die Verwendung des Ansatzes in der Rechtsprechung 212
(2) Die eigene Stellungnahme 213
4. Der Ansatz des Bundesverfassungsgerichts: Die Gleichgewichtigkeit 223
a) Die Theorie der strukturellen Unterlegenheit des mittellosen Sicherungsgebers 223
b) Die zurückhaltende Aufnahme durch die Literatur 225
c) Der rechtsdogmatische Hintergrund 226
d) Die eigene Kritik 228
5. Die Ausnutzung der familiären Solidarität 243
a) Die Rechtsprechung 243
b) Die Rechtswirklichkeit 246
c) Eigene Stellungnahme 250
6. Abschließende Bemerkungen zum Ansatz der Sittenwidrigkeit 258
D. Der eigene Ansatz 269
I. Die Mittellosigkeit des Bürgen als Leistungsstörung 269
1. Die bisher festgelegten Ausgangspositionen 269
a) Das Erfordernis der Wirksamkeit des Sicherungsvertrags 269
b) Unterschiede zu anderen Sicherheiten 269
c) Die begründeten Bedenken der Rechtsordnung 270
2. Die vernachlässigten Elemente 271
a) Die mangelnde Schutzwürdigkeit der Bank 271
b) Die Zuordnung des Elementes der „Erkennbarkeit“ 272
3. Alternative Lösungsansätze 273
a) Die dilatorische Einrede 273
b) Das pactum de non petendo 274
c) Der Ansatz von Becker 278
4. Die Problematik der Leistungsstörungen 279
a) Der anfängliche Geldmangel des Bürgen 279
b) Wegfall oder Nichteintritt einer vermeintlichen Geschäftsgrundlage 283
c) Der erkennbar unerfüllbare Erfüllungsanspruch 287
d) Der sekundäre Charakter der Geldmangel-Problematik 292
e) Die Unzulänglichkeit einer Restschuldbefreiung 296
f) Die sog. entbehrliche Bonitätsprüfungspflicht 297
II. Die Konstruktion eines Leistungsverweigerungsrechts 302
1. Die Anhaltspunkte des Gesetzes 302
a) § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB 302
b) § 439 BGB 305
c) § 460 BGB 306
d) § 539 BGB 308
e) § 640 BGB 309
f) Die Erwähnung des Gedankens in der Pandektenwissenschaft 309
g) Fazit 311
2. Der Gedanke außerhalb des Rechts der Leistungsstörungen 313
a) § 122 Abs. 2 BGB 313
b) § 179 Abs. 3 Satz 1 BGB 314
c) Der Gedanke im Bereicherungsrecht 314
3. Zu einer Gesamtanalogie 315
a) Die beiderseits erkennbare Leistungsstörung 315
b) Die Vorteile der hier vertretenen Ansicht 320
Literaturverzeichnis 323
Sachregister 372