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Abtreibung und die Grenzen des Strafrechts

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Kayßer, M. (1997). Abtreibung und die Grenzen des Strafrechts. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-49081-3
Kayßer, Marijon. Abtreibung und die Grenzen des Strafrechts. Duncker & Humblot, 1997. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-49081-3
Kayßer, M (1997): Abtreibung und die Grenzen des Strafrechts, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-49081-3

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Abtreibung und die Grenzen des Strafrechts

Kayßer, Marijon

Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 104

(1997)

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Abstract

In der vorliegenden Untersuchung geht die Autorin der Frage nach, ob das Strafrecht für das Abtreibungsproblem zuständig ist.

Hierfür wird zunächst die bisherige Auseinandersetzung um Grundlagen und rechtliche Umsetzung des Abtreibungsverbotes in Gegenwart und Geschichte rekonstruiert. Die Analyse wird durch einen argumentativen Dreischritt strukturiert, der die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Schwangerschaftsabbruch gekennzeichnet hat: Begründung des Rechtsgutes des ungeborenen Lebens; Annahme einer Schutzpflicht des Staates, die zusammen mit einer Gebär- und Fürsorgepflicht der Schwangeren gedacht wird; der Schritt von der Schutz- zur Bestrafungspflicht. Wenngleich die Verfasserin bei der Entschlüsselung der Debatte das jeweils Vernünftige in den verfeindeten Lagern aufzuspüren versucht, konstatiert sie bei den Befürwortern des strafrechtlichen Abtreibungsverbotes substantielle Begründungsmängel auf jeder der drei Argumentationsstufen.

Im zweiten Teil beschäftigt sich die Autorin mit Modellen der Strafrechtstheorie und Rechtsphilosophie, die für eine weitgehende strafrechtliche Freistellung des Schwangerschaftsabbruchs plädieren: die Konzeption des rechtsfreien Raumes (Kaufmann), die Vorstellung vom Schwangerschaftsabbruch als Gewissensentscheidung (Dworkin), die Idee einer prozeduralen Rechtfertigung der Abtreibung (Hassemer). Die Verfasserin stellt diese Konzepte auf den Prüfstand der im ersten Kapitel herausgearbeiteten Begründungsanforderungen. Dabei werden im Ergebnis das Modell, das der Abtreibung eine Rechtfertigung versagt (Rechtsfreier Raum), und die Konzeption, die den Respekt vor der Entscheidung der Frau zur Abtreibung erst auf der Ebene der Rechtfertigung zum Ausdruck bringt (Prozedurale Rechtfertigung), verworfen, und auch der Ansatz Dworkins wird als theoretisch unzulänglich gekennzeichnet. Die kritisierten Konzepte werden von der Verfasserin gleichwohl konstruktiv gewendet. In der Beschäftigung mit ihren grundlegenden Annahme werden die Kriterien strafrechtlicher Unzuständigkeit nach und nach entwickelt. Dabei zeigt sich, daß es gerade die vernünftigen Meinungsverschiedenheiten zum Abtreibungsproblem sind, die diese in den strafrechtsfreien Raum im eigentlichen Sinne verweisen.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Inhaltsverzeichnis 7
Vorbemerkung 9
Kapitel 1: Zur (verfassungs)rechtlichen Konstitution einer Bestrafungspflicht 11
1. Einleitung: Kritische Betrachtung der gesellschaftlichen und rechtlichen Debatte 11
2. Das Rechtsgut des ungeborenen Lebens 13
2.1. Verfassungsdogmatische Anknüpfungspunkte 14
2.2. Der strafrechtliche Rechtsgutsbegriff 21
2.2.1. Die strafrechtsbegrenzende Kraft des Rechtsgutskonzepts 22
2.2.2. Empirische Bedingungen der Kriminalisierung 26
2.2.3. Zur Geschichte des Rechtsgutes der Abtreibungsstrafbarkeit 31
2.2.3.1. Die leibliche Verbindung von Schwangerer und Fötus in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 31
2.2.3.2. Gesellschaftlich-technische Entwicklung und der Status des Fötus 35
2.2.3.3. Die geheime Abtreibung 39
2.2.3.4. Der offene Kindsmord 44
2.2.3.5. Wahrheit des Fühlens 51
2.2.4. Folgerungen für die Rechtsgutsfrage 54
3. Zur Schutzpflicht des Staates für das ungeborene Leben 57
3.1. Der Ansatz des Bundesverfassungsgerichts 57
3.2. Schutzpflicht und verfassungsrechtliche Kontrolle 59
4. Von der Schutzpflicht zur Gebär- und Fürsorgepflicht 65
4.1. Der Ansatz des Bundesverfassungsgerichts 66
4.2. Positive und negative Pflichten 69
4.3. Verpflichtung für das ungeborene Leben 75
5. Von der Schutzpflicht zur Bestrafungspflicht 78
5.1. Ultima ratio und Pönalisierungspflicht (BVerfGE 39, 1) 79
5.2. Strafrechtstheorie und Empirie 82
5.3. Ultima ratio und Untermaßverbot (BVerfGE 88, 203) 87
5.4. Exkurs: Postulate der Strafrechtsbegrenzung 93
5.4.1. Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität 94
5.4.2. In dubio pro libertate 96
5.4.3. Der fragmentarische Charakter des Strafrechts 98
5.5. Folgerungen für die Bestrafungspflicht 99
Kapitel 2: Grundlagen strafrechtlicher Unzuständigkeit 101
1. Einleitung: Abtreibung ohne Indikation 101
2. Schwangerschaftsabbruch und rechtsfreier Raum. Die Konzeption Arthur Kaufmanns 102
2.1. Kennzeichen des rechtsfreien Raumes 102
2.1.1. Kategorien des Tragischen – Das Gebot rechtlicher Zurückhaltung 103
2.1.2. Die These vom Ausschluß der Rechtfertigung einer Abtreibung 106
2.2. Kritik der These vom Auschluß der Rechtfertigung einer Abtreibung 108
2.2.1. RGSt 61, 242 – Ethische Neutralität der Rechtfertigung 111
2.2.2. Der Mignonette-Fall – Gerechtigkeit durch Verfahren 114
2.2.3. Das Brett des Karneades – Selbsterhaltung als Rechtsproblem 118
2.2.4. Zwischenergebnis 125
2.3. Zur Kritik der Konzeption Arthur Kaufmanns 127
2.3.1. Wissenschaftliche Unschärfe des Begriffs 127
2.3.2. Logische Unmöglichkeit des rechtsfreien Raumes 129
2.3.3. Rechtstheoretische Unmöglichkeit 131
2.3.3.1. Der Einwand Radbruchs 132
2.3.3.2. Bergbohms „rechtsleerer“ Raum 133
2.3.3.3. Konkretisierung der Kritik 135
2.4. Fazit 136
3. Schwangerschaftsabbruch und Gewissensentscheidung 136
3.1. Die Konzeption Dworkins 137
3.2. Gewissensfreiheit und Tötungsverbot 139
3.3. Abstufungen des Heiligen 146
3.4. Zwang zu ethischer Reflexion 148
4. Strafrechtsbegrenzung und Moralwidrigkeit 151
4.1. Prozedurale Rechtfertigung 151
4.1.1. Grundlagen der Konzeption Hassemers 151
4.1.2. Das Verhältnis von substantieller und prozeduraler Rechtfertigung 156
4.2. Kriminalisierung und Moralwidrigkeit 161
4.3. Der Zusammenhang von Recht und Moral in der Abtreibungsfrage 162
4.4. Schlußbemerkung: Moralische Pluralität und Strafrechtsbegrenzung 164
Literaturverzeichnis 169