Deliktstypen des Präventionsstrafrechts - zur Dogmatik »moderner« Gefährdungsdelikte
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Deliktstypen des Präventionsstrafrechts - zur Dogmatik »moderner« Gefährdungsdelikte
Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 126
(2000)
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Abstract
Ein sich präventiv legitimierendes "modernes" Strafrecht kann, will es den Erwartungen gerecht werden, nicht erst auf bereits eingetretene Beeinträchtigungen reagieren; erforderlich sind Straftatbestände, die bereits potentiell gefährliche Verhaltensweisen erfassen. Wolfgang Wohlers geht der Frage nach, unter welchen Voraussetzungen die unter funktionalen Gesichtspunkten probat erscheinende Pönalisierung von Vorfeldaktivitäten als legitim begründet werden kann.Das entscheidende Instrument zur Bestimmung des legitimen Anwendungsbereichs strafrechtlicher Normen wird derzeit in der Rechtsgutstheorie gesehen. Die mit der Tendenz zur Kriminalisierung von Vorfeldaktivitäten notwendigerweise verbundene zunehmende Etablierung abstrakter Gefährdungsdelikte wird demgegenüber als ein eher zweitrangiges, technisches Folgeproblem behandelt. Der Autor versucht zum einen zu zeigen, daß die "systemkritische" Rechtsgutstheorie die selbstgesetzte Aufgabe, dem Gesetzgeber verbindliche Kriterien an die Hand zu geben, nicht adäquat zu erfüllen vermag. Zum zweiten geht es darum, die Bedeutung aufzuzeigen, die den Tatbestandsstrukturen auch und gerade im Hinblick auf die Legitimation der Anwendung strafrechtlichen Zwangs zukommt.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
1. Kapitel: Gegenstand und Gang der Untersuchung | 21 | ||
I. Einführung in die Problemstellung | 21 | ||
II. Gang der Untersuchung | 25 | ||
2. Kapitel: Die Krise des „modernen“ Strafrechts | 29 | ||
I. Die Unterscheidung des „klassischen“ und „modernen“ Strafrechts | 29 | ||
1. Charakteristika des Strafrechts „klassischer Prägung“ | 31 | ||
2. Charakteristika des „modernen“ Strafrechts | 33 | ||
II. Die Orientierung des Strafgesetzgebers an präventiven Zielsetzungen | 36 | ||
III. Der gesellschaftliche Hintergrund der präventiven Orientierung des Gesetzgebers | 39 | ||
IV. Das Legitimitätsdilemma „moderner“ Strafrechtsnormen | 43 | ||
1. Vollzugsdefizite als Indiz der Krise des „modernen“ Strafrechts | 43 | ||
2. Unvereinbarkeit von Regelungsziel und Zurechnungsstruktur „moderner“ Strafrechtsnormen | 45 | ||
3. Kapitel: Voraussetzungen und Problematik einer Integration strafrechtlicher Normen in ein Gesamtsystem staatlichen Risikomanagements | 47 | ||
4. Kapitel: Die Beschränkung auf ein Kernstrafrecht | 49 | ||
I. Die Heterogenität der „Frankfurter Schule“ | 51 | ||
II. Kernstrafrecht und Prävention | 54 | ||
1. Die Notwendigkeit einer kumulativen Legitimation strafrechtlicher Normen | 54 | ||
2. Strafgesetzgebung als Handeln unter Ungewißheit | 57 | ||
III. Der Rekurs auf einen vorpositiv-verbindlichen Begriff des Verbrechens | 61 | ||
1. Die Konzeption des Verbrechens als „absolute“ Untat | 61 | ||
2. Die Abgrenzung des crimen publicum vom crimen privatum | 61 | ||
3. Die Geschichtlichkeit des Strafrechts | 65 | ||
a) Die wertende Bestimmung strafrechtlicher Schutzgüter | 65 | ||
b) Festlegung der Art und Weise des strafrechtlichen Schutzes | 69 | ||
IV. Ablösung strafrechtlicher Normen durch andere Instrumente zur Regelung sozialer Konflikte | 71 | ||
1. Subsidiarität strafrechtlicher Normen gegenüber nicht-repressiven Instrumentarien | 71 | ||
a) Das Verhältnis von Repression und Prävention | 71 | ||
b) Konsequenzen für das „moderne“ Strafrecht? | 75 | ||
2. Substitution kriminalstrafrechtlicher Normen durch andere Formen repressiven Zwangs | 78 | ||
a) Das „Interventionsrecht“ | 78 | ||
b) Die Herabstufung von Kriminalstraftaten zu Ordnungswidrigkeiten | 79 | ||
aa) Das Ordnungswidrigkeitenrecht als ein formal eigenständiges Rechtsgebiet | 81 | ||
bb) Die Abgrenzung von Kriminal- und Ordnungsunrecht | 84 | ||
(1) Die Lehre vom Verwaltungsunrecht (Goldschmidt) | 84 | ||
(2) Die Abgrenzung von Kultur- und Verwaltungsschaden (Wolf) | 85 | ||
(3) Die Unterscheidung sittlich indifferenter und sozialethisch mißbilligenswerter Normverstöße | 87 | ||
(4) Die Unterscheidung personaler und überindividueller Interessen | 89 | ||
(a) Die sog. Schmidt’sche Formel | 89 | ||
(b) Die personale Rechtsgutslehre | 91 | ||
(5) Die Lehre vom Verbrechen als Verletzung des rechtlich konstituierten Basisvertrauens (Wolff) | 97 | ||
(6) Kriminal- und Ordnungsunrecht als graduell abgestufte Unrechtsformen | 100 | ||
(7) Der gemischt qualitativ-quantitative Ansatz | 102 | ||
(8) Die Angemessenheit der angedrohten Sanktion als Zuordnungskriterium | 105 | ||
V. Zwischenergebnis | 109 | ||
5. Kapitel: Analyse des „modernen“ Strafrechts | 110 | ||
I. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes | 110 | ||
II. Das Umweltstrafrecht | 111 | ||
1. Das bundesdeutsche Umweltstrafrecht | 111 | ||
a) Die Genese des Umweltstrafrechts als Teil des Nebenstrafrechts | 111 | ||
b) Die Verlagerung einzelner Normen in das StGB | 113 | ||
2. Das Umweltstrafrecht der Schweiz | 115 | ||
3. Charakteristika des „modernen“ Umweltstrafrechts | 118 | ||
a) Die symbolische Funktion umweltstrafrechtlicher Normen | 119 | ||
aa) Grundlagen der Begriffsbildung | 119 | ||
bb) Der symbolische Gehalt umweltstrafrechtlicher Normen | 120 | ||
cc) Der symbolische Gehalt umweltstrafrechtlicher Gesetzgebung | 122 | ||
b) Die materielle Legitimität der Straftatbestände des Umweltstrafrechts | 126 | ||
4. Die Rechtsgutstheorie als Maßstab der Legitimität umweltstrafrechtlicher Normen | 127 | ||
a) Rechtsgüterschutz im geltenden bundesdeutschen Umweltstrafrecht | 128 | ||
b) Umweltstrafrechtliche Normen als Problem der Rechtsgutstheorie | 130 | ||
aa) Der Stand der Diskussion | 130 | ||
bb) Strafrechtlicher Schutz ökologischer Werte als Zweck an sich | 132 | ||
cc) Strafrechtlicher Schutz der Entscheidungsprärogative der Verwaltung | 135 | ||
dd) Strafrechtlicher Schutz der Umwelt als Teil der Gewährleistung des status positivus | 139 | ||
5. Zurechnungsprobleme im Anwendungsbereich umweltstrafrechtlicher Normen | 140 | ||
a) Die verwaltungsakzessorische Ausgestaltung umweltstrafrechtlicher Normen | 140 | ||
b) Die Erfassung bagatellartiger Umweltbelastungen | 141 | ||
aa) Legitimation der Pönalisierung im Hinblick auf den Gesamtschaden? | 142 | ||
bb) Legitimation der Pönalisierung im Hinblick auf die Einzelhandlung? | 143 | ||
6. Zwischenergebnis | 145 | ||
III. Das „moderne“ Wirtschaftsstrafrecht | 146 | ||
1. Die Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes | 146 | ||
2. Die Gesetze zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität | 148 | ||
a) Die Überführung von Straftatbeständen aus dem Nebenstrafrecht in das Kernstrafrecht | 150 | ||
b) Die Anpassung strafrechtlicher Normen an das sich wandelnde gesellschaftliche Umfeld | 151 | ||
c) Die Schaffung von Straftatbeständen im Vorfeld des Betruges | 154 | ||
aa) Ursachen der Vorverlagerung des Strafbarkeitsbereiches | 154 | ||
bb) Die Legitimation der Vorverlagerung des Strafbarkeitsbereiches | 157 | ||
(1) Der Subventionsbetrug (§ 264 dStGB) | 157 | ||
(2) Der Kapitalanlagebetrug (§ 264a dStGB) | 157 | ||
(3) Der Kreditbetrug (§ 265b dStGB) | 158 | ||
cc) Die Legitimation über den Schutz individueller Vermögensinteressen | 159 | ||
dd) Die Legitimation über den Schutz überindividueller Interessen | 164 | ||
(1) Der Einwand der systemwidrigen Differenzierung | 164 | ||
(2) Die Legitimität des strafrechtliche Schutzes von Institutionen und Funktionszusammenhängen des Wirtschaftsverkehrs | 165 | ||
ee) Die Strafwürdigkeitslehre (Otto) | 166 | ||
(1) Allgemeine Würdigung der Konzeption | 168 | ||
(2) Die Anwendung auf wirtschaftsdelinquente Verhaltensweisen | 171 | ||
(a) Der Subventionsbetrug (§ 264 dStGB) | 173 | ||
(b) Der Kapitalanlagebetrug (§ 264a dStGB) | 174 | ||
(c) Der Kreditbetrug (§ 265b dStGB) | 175 | ||
ff) Zwischenergebnis | 176 | ||
IV. Das Betäubungsmittelstrafrecht | 178 | ||
1. Genese und Struktur des Betäubungsmittelstrafrechts | 178 | ||
a) Die Ursachen der Reform des Betäubungsmittelstrafrechts | 178 | ||
b) Die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Betäubungsmittelstrafrechts | 179 | ||
c) Instrumentarien zur einzelfallbezogenen Korrektur des Strafbarkeitsbereiches | 185 | ||
2. Die Legitimation der Pönalisierung des Umgangs mit Betäubungsmitteln | 190 | ||
a) Das Rechtsgut der „Volksgesundheit“ | 190 | ||
b) Die personale Integrität des Drogenkonsumenten | 192 | ||
c) Die Beeinträchtigung von Gemeinschaftsinteressen | 196 | ||
aa) Die Bekämpfung der mit dem Rauschmittelkonsum einhergehenden Kriminalität | 197 | ||
bb) Die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft | 199 | ||
d) Zwischenergebnis | 202 | ||
V. Strafrechtsnormen zur Abwehr des mißbräuchlichen Umgangs mit molekularbiologischen und gentechnologischen Verfahren | 203 | ||
1. Das bundesdeutsche Gentechnikgesetz (GenTG) | 204 | ||
2. Das bundesdeutsche Embryonenschutzgesetz (ESchG) | 206 | ||
3. Der Entwurf eines schweizerischen Fortpflanzungsmedizingesetzes (FMedG) | 207 | ||
4. Legitimation der Strafnormen | 207 | ||
VI. Zwischenergebnis | 212 | ||
6. Kapitel: Die Rechtsgutstheorie als Maßstab der Legitimität strafrechtlicher Normen | 213 | ||
I. Einleitung | 213 | ||
II. Rechtsgüterschutz als Funktion strafrechtlicher Normen | 215 | ||
III. Das systemkritische Potential der Rechtsgutstheorie | 218 | ||
1. Die Unterscheidung von Individual- und Universalrechtsgütern | 221 | ||
2. Die Substanzhaltigkeit von Rechtsgütern | 223 | ||
3. Die Anbindung der Rechtsgutstheorie an die Gesellschaftstheorie | 229 | ||
a) Das gesellschaftliche Umfeld als Kriterium strafschutzwürdiger Rechtsgüter | 230 | ||
aa) Das Seiende als Basis des Seinsollenden (v. Liszt) | 230 | ||
bb) Die sozialwissenschaftlich „aufgeklärte“ Rechtsgutstheorie | 237 | ||
b) Normative Maßstäbe zur Bestimmung des legitimen Anwendungsbereichs strafrechtlicher Normen | 241 | ||
aa) Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz | 241 | ||
bb) Verfassungsrechtliche Pönalisierungsgebote | 242 | ||
cc) Die verfassungsrechtliche Werteordnung als Maßstab zur Legitimation strafrechtlichen Zwangs | 245 | ||
dd) Die Verfassungsrechtsordnung als Maßstab zur Begrenzung des Anwendungsbereichs strafrechtlicher Normen | 249 | ||
IV. Grenzen der Strafgewalt im pluralistischen Staat | 253 | ||
1. Die grundsätzliche Formulierung des Ansatzes bei John Stuart Mill | 254 | ||
2. Die Ausdifferenzierung des Ansatzes durch Joel Feinberg | 256 | ||
3. Die Rezeption der Konzeption in der deutschsprachigen Strafrechtswissenschaft | 259 | ||
4. Kriterien zur Bestimmung strafrechtsfreier Sphären | 262 | ||
a) Der „echte“ Strafrechtsmoralismus | 264 | ||
aa) Die Bezugnahme auf ein zeitlos-gültiges Sittengesetz | 264 | ||
bb) Der Schutz zentraler Wertvorstellungen als Schutz der Gesellschaft | 266 | ||
b) Der „unechte“ Strafrechtsmoralismus | 269 | ||
aa) Moralwidriges Verhalten als Beeinträchtigung des öffentlichen Friedens | 269 | ||
bb) Moralwidriges Verhalten als Beeinträchtigung von Interessen | 272 | ||
c) Das systemkritische Potential der Konzeption | 275 | ||
V. Zwischenergebnis | 279 | ||
7. Kapitel: Grenzen des Gefährdungsstrafrechts | 281 | ||
I. Dogmatik der Gefährdungsdelikte | 281 | ||
1. Die konkreten Gefährdungsdelikte | 284 | ||
2. Die abstrakten Gefährdungsdelikte | 286 | ||
a) Abstrakte Gefährdungsdelikte und Rechtsgüterschutz | 287 | ||
b) Abstrakte Gefährdungsdelikte als Selbstzwecknormen (Kindhäuser) | 292 | ||
c) Ansätze zur Ausdifferenzierung der abstrakten Gefährdungsdelikte | 296 | ||
aa) Das Eignungsdelikt als Deliktstypus zwischen abstraktem und konkretem Gefährdungsdelikt | 297 | ||
bb) Modelle zur Kategorisierung der abstrakten Gefährdungsdelikte | 299 | ||
cc) Maßstäbe zur Unterscheidung legitimer und illegitimer abstrakter Gefährdungsdelikte | 302 | ||
II. Abstrakte Gefährdungsdelikte als Typen der Risikoschaffung | 305 | ||
1. Einführung | 305 | ||
2. Die Systematik im Überblick | 307 | ||
3. Das konkrete Gefährlichkeitsdelikt | 311 | ||
4. Das Kumulationsdelikt | 318 | ||
a) Die grundsätzliche Legitimität der Pönalisierung von Kumulationsbeiträgen | 318 | ||
b) Die Beschränkung auf realistischerweise zu erwartende Kumulationseffekte | 322 | ||
c) Das Kriterium des minimalen Eigengewichts | 324 | ||
5. Das Vorbereitungsdelikt | 328 | ||
8. Kapitel: Schlußbetrachtung | 338 | ||
Literaturverzeichnis | 344 | ||
Sachwortverzeichnis | 383 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 16 |