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Maatsch, A. (2001). Selbstverfügung als intrapersonaler Rechtspflichtverstoß. Zum Strafunrecht einverständlicher Sterbehilfe. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50333-9
Maatsch, Asmus. Selbstverfügung als intrapersonaler Rechtspflichtverstoß: Zum Strafunrecht einverständlicher Sterbehilfe. Duncker & Humblot, 2001. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50333-9
Maatsch, A (2001): Selbstverfügung als intrapersonaler Rechtspflichtverstoß: Zum Strafunrecht einverständlicher Sterbehilfe, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-50333-9

Format

Selbstverfügung als intrapersonaler Rechtspflichtverstoß

Zum Strafunrecht einverständlicher Sterbehilfe

Maatsch, Asmus

Strafrechtliche Abhandlungen. Neue Folge, Vol. 135

(2001)

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Abstract

Mit zunehmendem Abstand zur nationalsozialistischen Schreckensherrschaft wird auch in Deutschland die Debatte um Sterbehilfe wieder vernehmlicher geführt. Dabei zeigt sich, daß die langjährige Tabuisierung dieses praktisch unausweichlichen Problems die Entwicklung eines gesicherten Standpunktes in Recht und Moral behindert hat. Eine auf nachvollziehbare Prinzipien gestützte Auseinandersetzung steht heute erst an ihrem Anfang.

Gerade die - wegen der Zwangsmittel des Rechts - so bedeutsame juristische Diskussion besteht vielfach noch immer aus Positionen, deren Wert sich in dem bloßer Behauptungen erschöpft. Dem positivistisch eingeengten Blick weiter Teile von Rechtslehre und Judikatur gelingt es kaum, Ausnahmen vom Grundsatz des "absoluten Lebensschutzes" im Strafgesetzbuch überzeugend darzulegen. Besonders augenscheinlich wird dies im Fall der sogenannten indirekten Euthanasie, also der Schmerztherapie mit lebensverkürzenden Nebenwirkungen. Auch nach der ersten Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage besteht hier die bemerkenswerte Situation einer Vielfalt an Begründungskonzeptionen für das gleichzeitig ganz weitgehend konsentierte Ergebnis der Straffreiheit fort.

Asmus Maatsch kritisiert, ausgehend von dieser Fallgruppe, die bisher vertretenen strafrechtlichen Lösungsansätze und versucht, ihnen einen rational-deduktiven Begründungsweg entgegenzustellen. Zum methodischen Ausgangspunkt dient das dem Tatbestand der Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) zugrundeliegende Selbstverfügungsverbot, dessen Grund in einem allgemeingültigen Prinzip zu finden sein muß, um den Rechtszwang gegen den Täter der eingewilligten Fremdtötung legitimieren zu können. Hierfür kommt allein die praktische Vernunft in Betracht, als deren Gesetz der Kategorische Imperativ Kants exponiert und legitimiert wird. Durch die Anwendung dieses Grundprinzips moralischer Verbindlichkeit auf die Selbstverfügung durch Verlangen des eigenen Todes zeigt Asmus Maatsch, daß das Verbot des § 216 StGB wegen des intrapersonalen Rechtspflichtverstoßes des Todeswilligen an sich zu Recht besteht, aber genau zu definierender Ausnahmen bedarf, die gerade für die mit dem Stichwort "Sterbehilfe" belegten Fallkonstellationen von Bedeutung sind.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsverzeichnis 9
Einleitung 15
1. Teil: Positivrechtliche Lösungsansätze zur Straflosigkeit der indirekten Sterbehilfe 19
A. Einführung 19
B. Der Tötungstatbestand 21
I. Der objektive Tatbestand 21
1. Kausalität 21
2. Handlungsqualität 23
3. Die objektive Zurechnung 24
a) Soziale Adäquanz 25
b) Gefahrrealisierung 29
II. Der subjektive Tatbestand 33
C. Rechtswidrigkeit 34
I. Einwilligung und rechtfertigender Notstand 35
2. Teil: Die vorpositive Legitimation von Selbstverfügungsschranken 40
A. Einführung 40
B. Kritik empiristischer Positionen 43
I. Die kollektivistische Begründung 43
II. Paternalistische Erklärungsansätze 45
1. Interessenorientierter Paternalismus 45
2. Zuständigkeitsorientierter Paternalismus 50
III. Zusammenfassung 55
C. Der freiheitsrechtliche Ansatz 57
I. Exposition und Legitimation des kategorischen Imperativs am Leitfaden der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten 58
1. Die meta-ethische These – letztbegründetes Sollen 59
a) Exposition 60
b) Kritik des Letztbegründungsskeptizismus – insbesondere zum „Münch-hausentrilemma“ 62
2. Der gute Wille als das absolut Gute 66
3. Die deontologische These – Guter Wille und Pflicht 70
4. Pflicht und Gesetz – die Formulierung des kategorischen Imperativs 80
5. Die Dialektik der praktischen gemeinen Vernunft – das Erfordernis des Übergangs zur Vernunftkritik 82
6. Der zweite Abschnitt der Grundlegungsschrift 84
a) Der gute Wille als vernünftiger Wille 84
b) Kategorische und hypothetische Imperative 90
c) Freiheit als Autonomie – der Schluß des analytischen Teils 92
d) Autonomie und Freiheit zum Bösen – das Zurechnungsproblem 93
7. Der Aufweis der Freiheit 97
a) Die Möglichkeit synthetisch-praktischer Sätze a priori 97
b) Die Deduktion der Freiheit 101
aa) Die Denkmöglichkeit der Freiheit in der Kritik der reinen Vernunft 101
(1) Die Dialektik der rationalen Kosmologie 101
(2) Die dritte Vernunftantinomie – Exposition und Auflösung 105
bb) Der Aufweis der Realmöglichkeit von Freiheit in den Grundlegungsschriften zur praktischen Vernunft 109
(1) Zur Bedeutung des Deduktionsbegriffs 109
(2) Die „Art von Zirkel“ im dritten Grundlegungsabschnitt und ihre transzendentale Auflösung 115
(3) Die transzendentale Apperzeption und das Unternehmen eines praktischen Spontaneitätsbeweises 116
(4) Fazit: Die Deduktion der Grundlegung als schwache Deduktion 121
c) Die Kreditierung des moralischen Gesetzes in der Kritik der praktischen Vernunft – kategorischer Imperativ als ratio cognoscendi der Willensfreiheit 123
II. Die Anwendung des kategorischen Imperativs 128
1. Die Maxime als Gegenstand der Qualifikation 129
2. Die Formeln des kategorischen Imperativs 136
a) Die Gesetzesformeln – Selbsttötung und Naturgesetz 139
aa) Das allgemeine (Natur-) Gesetz als universell gültige Norm 141
(1) Die Bedeutung des Verallgemeinerungsbegriffs 141
(2) Kategorischer Imperativ und Pflichten gegen sich selbst 145
(3) Der Allgemeinheitsgrad der Maxime – zur Möglichkeit ihrer nicht-kollektiven Universalisierung 148
(4) Ergebnis: kollektives Verallgemeinerungsverständnis 159
bb) Das Nichtdenkenkönnen als allgemeines (Natur-)Gesetz 164
cc) Ergebnis: Der Tatbestand der Unsittlichkeit 169
dd) Die Prüfung der Selbsttötungsmaxime 169
(1) Die Frage ihrer inhaltlichen Inkonsistenz 169
(2) Die Frage ihrer Untauglichkeit zum (objektiven) Grundsatz 172
(3) Ergebnis: Prinzipientauglichkeit 176
(4) Die Frage der Inkonsistenz im Verhältnis zur maximengeleiteten Handlung 176
(5) Einwände aus dem Handlungsbegriff? 179
ee) Ergebnis: keine formale Inkonsistenz der allgemeinen Selbsttötungsmaxime 181
ff) Die Frage nach der Sittenwidrigkeit der spezifischen Selbsttötungsmaxime der GMS 181
gg) Teleologisches Verständnis des Naturgesetzbegriffs 182
hh) Ergebnis: kein formallogischer oder teleologischer Widerspruch 185
ii) Das Nichtwollenkönnen als allgemeines Gesetz 185
b) Die Selbstzweckformel als materiale Übersetzung der Gesetzesformeln 189
aa) Legitimation der Selbstzweckformel – das vernünftige Wesen als Zweck an sich 189
bb) Anwendung auf die (allgemeine) Selbsttötungsmaxime 193
cc) Ergebnis: Selbstverfügungsverbot aus Selbstzweckhaftigkeit 195
3. Die rechtliche Relevanz des Selbstverfügungsverbots 195
a) Die Unterscheidung von Recht und Moral bei Kant 198
b) Die Erzwingbarkeit der Selbsterhaltungspflicht 203
c) Der kategorische Imperativ als Rechtskriterium 204
aa) Fragestellung 205
bb) Ergebnis: Der kategorische Rechtsimperativ 210
d) Die Selbstzweckformel als Quelle von Rechtspflichten 210
e) Ergebnis: faktische Erzwingbarkeit des Selbstverfügungsverbots 211
f) Die Frage der (normativen) Zwangsbefugnis – Selbstverhältnis und Rechtszwang 212
g) Die Selbsterhaltungspflicht als Rechtspflicht gegen sich selbst – zum Recht der Menschheit in der eigenen Person 213
h) Die inneren Rechtspflichten als nur selbstzwangsbewehrte Rechtspflichten 216
aa) Der spezifische Charakter der intrapersonalen Rechtspflichten 216
bb) Folgerung: Unrechtsausschluß bei einverständlichem Behandlungsabbruch 221
(1) Zur Strafbarkeit des Arztes 221
(2) Der Abbruch fremder Rettungsbemühungen 223
i) Ergebnis: Zur Bedeutung einer intrapersonal rechtspflichtwidrigen Einwilligung in die von einem anderen ausgeführte Tötung 225
4. Die Grenzen des rechtlichen Selbstverfügungsverbots 225
a) Zu den Besonderheiten der Sterbehilfesituation 225
b) Ergebnis: Ausnahme vom Selbstverfügungsverbot (nur) im Fall der indirekten Sterbehilfe 231
3. Teil: Folgerungen für die Behandlung der indirekten Sterbehilfe nach geltendem Recht 233
A. Die Wirksamkeit der Einwilligung des Schmerzpatienten nach den allgemeinen Regeln 233
I. Die Einwilligungsfähigkeit 233
II. Die Freiheit von Willensmängeln 234
B. Ergebnis: Unrecht und Rechtfertigung von Sterbehilfemaßnahmen nach dem freiheitlichen Rechtsprinzip 236
C. Zur Verfassungsmäßigkeit der gefundenen Lösung 239
Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse 241
Literaturverzeichnis 244
Sachwortverzeichnis 263