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Die Judikatur des Bundesgerichtshofs zur Rechtsbeugung im NS-Staat und in der DDR

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Quasten, D. (2003). Die Judikatur des Bundesgerichtshofs zur Rechtsbeugung im NS-Staat und in der DDR. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50920-1
Quasten, Dirk. Die Judikatur des Bundesgerichtshofs zur Rechtsbeugung im NS-Staat und in der DDR. Duncker & Humblot, 2003. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-50920-1
Quasten, D (2003): Die Judikatur des Bundesgerichtshofs zur Rechtsbeugung im NS-Staat und in der DDR, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-50920-1

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Die Judikatur des Bundesgerichtshofs zur Rechtsbeugung im NS-Staat und in der DDR

Quasten, Dirk

Schriften zum Strafrecht, Vol. 141

(2003)

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Abstract

Der Tatbestand der Rechtsbeugung hat in der jüngsten deutschen (Rechts-)Geschichte jeweils nach einem radikalen politischen Wandel Beachtung gefunden: nach dem Zusammenbruch der NS-Diktatur sowie am Ende der DDR. Dirk Quasten vergleicht die höchstrichterliche Handhabung des Rechtsbeugungsstraftatbestandes an diesen beiden Zäsuren.

Die Analyse der BGH-Entscheidungen zeigt, dass die Einhaltung des Rechts dort endet, wo die Richter praktisch über sich selbst zu Gericht sitzen. Mit der klaren Absicht, die Strafbarkeit von gesetzeswidrigen Urteilen während der Zeit des Nationalsozialismus zu verhindern, sind z. B. die Vorsatzanforderungen auf ein Maß angehoben worden, welches die Strafvorschrift de facto ins Leere laufen ließ. Die justizielle Aufarbeitung der NS-Zeit muss als gescheitert gelten. Nach der Wiedervereinigung hat der BGH anknüpfend an die eigene Nachkriegsjudikatur die sehr restriktive Auslegung des Rechtsbeugungstatbestandes fortgesetzt. Gleichwohl hat die erneute Bewährungsprobe für den BGH nicht zu einer vollständigen Ausklammerung der Rechtsbeugungsstrafbarkeit geführt, sondern einzelne Verurteilungen, insbesondere bei offensichtlicher Willkür, ermöglicht. Obwohl von der Rechtsprechung grundsätzlich die Grenzen bei der Strafverfolgung des DDR-Unrechts eng gezogen wurden, erscheint es besonders unbefriedigend, dass diese Grenzen bei der Verfolgung der Rechtsbeugung die engsten waren. Die These des Richters in eigener Sache bestätigt sich daher erneut.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Inhaltsverzeichnis 7
Abkürzungsverzeichnis 11
Einführung 13
Teil I: Die Judikatur des Bundesgerichtshofs zur Rechtsbeugung im NS-Staat 16
A. Die Vorsatzform bei der Rechtsbeugung – dolus eventualis oder dolus directus? 16
I. Entstehungsgeschichte und Wortlaut der Norm 17
II. Nachkriegsjudikatur und Bundesgerichtshof 19
1. Beschluss des OLG Bamberg 20
2. BGH-Entscheidungen zur Vorsatzform 22
a) Wendepunkt BGHSt 10, 294 24
b) Das Rehse-Verfahren und die Gesetzesreform von 1974 29
III. Fazit 33
B. Der Rechtsbeugungstatbestand und seine Sperrwirkung 36
I. Die Sperrwirkung im Rahmen der Konkurrenz mit tateinheitlich erfüllten Delikten 36
II. Handhabung der Sperrwirkung durch die Nachkriegsjudikatur und den BGH 38
1. Ausweitung der Sperrwirkung auf die Laienrichter 38
2. Die Verknüpfung von Sperrwirkung und Vorsatzerfordernis 40
3. Der Schutz der richterlichen Unabhängigkeit als Begründung für die Sperrwirkung 42
a) Tauglichkeit der potentiellen Täter 43
b) Spannungsverhältnis zwischen richterlicher Unabhängigkeit und Sperrwirkung bzw. Rechtsbeugungstatbestand 45
c) Rechtshistorische Zweifel an der Position des BGH 48
Zwischenergebnis: Notwendigkeit der Sperrwirkung und Konsequenzen der kritisierten Rechtsprechung 51
4. Grenzen der Sperrwirkung 55
a) Wegfall der privilegierenden und Beibehaltung der repressiven Wirkung des Rechtsbeugungstatbestandes bei sog. Scheinverfahren 55
aa) Maßstab Nichtigkeit und Nichturteil 56
bb) Aufrechterhaltung der sanktionierenden Funktion des Rechtsbeugungstatbestandes 57
cc) Resümee 58
b) Definition des Begriffes Scheinverfahren durch die Rechtsprechung 59
c) Abgrenzung von rechtsbeugenden und nichtigen Urteilen als auch Nichturteilen durch den BGH 62
aa) BGH-Entscheidung vom 9.6.1953, 1 StR 198/53 62
bb) BGHSt 2, 173 68
cc) Denunziantenprozesse 70
d) Kritische Deutung zu der vom BGH definierten Reichweite der Sperrwirkung 71
C. „Recht“ im Sinne des Rechtsbeugungstatbestandes 74
I. Radbruch’sche Formel 76
1. Normativ-geltungstheoretischer Ansatz 76
2. Wehrlosigkeitsthese 77
a) Stellenwert des Rechtspositivismus in der Weimarer Justiz 78
b) Rechtspositivismus innerhalb der Wissenschaft 81
c) Wehrlosigkeit der NS-Richterschaft 82
Fazit 85
II. Schwächen des normativ-geltungstheoretischen Ansatzes Radbruchs 86
1. Konstruktive Bedenken im Hinblick auf den Rechtsbeugungstatbestand 86
a) Irrtumsproblematik und übergesetzliches Recht 86
b) Doppelfunktion des Rechtsbeugungstatbestandes? 89
2. Rechtsphilosophische Unzulänglichkeit 91
III. Wortlaut der Vorschrift und Wille des Gesetzgebers 93
IV. Verfassungs- und Naturrecht 95
V. Nulla poena sine lege 96
1. Rückwirkungsverbot 96
2. Bestimmtheitsgebot 100
3. Gesetzlichkeitsprinzip 103
VI. Nachkriegsjudikatur und BGH zum übergesetzlichen Recht 104
1. Alliierte Gesetzgebung und NS-Rechtsordnung 104
2. Kontrollratsgesetz Nr. 10 und der OGH 106
3. Der Bundesgerichtshof 107
D. Die Beugung des Rechts 115
I. Rechtsbeugung als tatbestandliches Handeln 115
II. Auslegung des damals geltenden Rechts 117
III. Der Bundesgerichtshof 121
E. Rechtsblindheit oder politische Verblendung? 135
I. Vorsatzinhalt und Rechtsbegriff 135
II. Lösungsansätze 136
III. Nachkriegsjustiz und Bundesgerichtshof 139
Exkurs: Die subjektive Rechtsbeugungstheorie 146
IV. Fazit 150
Teil II: Die Judikatur des Bundesgerichtshofs zur Rechtsbeugung in der DDR 153
A. Vergleichbarkeit der beiden Regime und deren Rechtsverständnis 153
I. Totalitarismus und Primat der Politik 153
II. Verfassungs- und Strafrecht der beiden Regime 155
III. Fazit 159
B. Strafanwendungsrecht 160
I. Art. 315 I 1 EGStGB in Verbindung mit § 2 I, III StGB 160
1. Beitrittsprinzip contra internationale Lösung 160
2. Unrechtskontinuität von § 244 DDR-StGB und § 339 StGB 165
a) Wortlautübereinstimmung und Gemeinschaftsrechtsgut Rechtspflege 166
b) Individualrechtsgüterschutz der beiden Normen 170
3. Mildevergleich 175
4. Unterbrechung, Ruhen und Verlängerung von Verjährungsfristen 177
5. Amnestie 182
II. Der Bundesgerichtshof 183
1. Beitrittsprinzip 183
2. Kontinuität des Unrechts – innerstaatliche Rechtspflege und Individualschutzinteresse 186
3. Mildevergleich 191
4. Verjährungsfristen und Amnestie 192
C. Die Sperrwirkung und Rechtsbeugung in der DDR 193
I. Die Figur der Sperrwirkung und der Tatbestand des § 244 DDR-StGB 193
II. Grenzen der Sperrwirkung 195
III. Der Bundesgerichtshof 196
D. Naturrecht und Gesetzlichkeit 198
I. Schwächen der Radbruch’schen Formel 199
II. Wortlaut und ratio legis des § 244 DDR-StGB 201
III. Der Einigungsvertrag und Art. 315 I EGStGB i. V. m. § 2 StGB 203
IV. Verfassungsrechtliche und konstruktive Bedenken 204
V. Der Bundesgerichtshof 208
E. Gesetzwidriges Entscheiden 220
I. Rechtssetzung, Rechtsanwendung und Rechtsquellen nach der Rechtsdogmatik in der DDR 222
II. Der Auslegungsmaßstab 228
III. Der Bundesgerichtshof 237
1. Auslegungsmethodik und Auslegungsinhalt 237
2. Schwerwiegende Menschenrechtsverletzung gleich gesetzwidriges Entscheiden 243
a) Rechtsbruch als elementarer Verstoß gegen die Rechtspflege 244
b) Anderes Rechtssystem und Rückwirkungsverbot 248
3. Tatbestandsreduktion in concreto 252
F. Rechtsblindheit und politische Verblendung 267
I. Vorsatzinhalt und Tatbestandsirrtum 267
II. Der Bundesgerichtshof 269
Schlussbetrachtung 272
Literaturverzeichnis 278
Sachwortregister 293