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Die Befugnis zu Eingriffen in die Rechtsstellung des einzelnen durch Betriebsvereinbarungen

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Müller-Franken, S. (1997). Die Befugnis zu Eingriffen in die Rechtsstellung des einzelnen durch Betriebsvereinbarungen. Duncker & Humblot. https://doi.org/10.3790/978-3-428-48945-9
Müller-Franken, Sebastian. Die Befugnis zu Eingriffen in die Rechtsstellung des einzelnen durch Betriebsvereinbarungen. Duncker & Humblot, 1997. Book. https://doi.org/10.3790/978-3-428-48945-9
Müller-Franken, S (1997): Die Befugnis zu Eingriffen in die Rechtsstellung des einzelnen durch Betriebsvereinbarungen, Duncker & Humblot, [online] https://doi.org/10.3790/978-3-428-48945-9

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Die Befugnis zu Eingriffen in die Rechtsstellung des einzelnen durch Betriebsvereinbarungen

Müller-Franken, Sebastian

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht, Vol. 151

(1997)

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Abstract

Seit Jahren befinden sich der Tarifvertrag auf dem Rückzug und die Betriebsvereinbarung auf dem Vormarsch. Das Bedürfnis nach Arbeitsbedingungen, die dem einzelnen Betrieb angepaßt sind, nimmt stetig zu. Im Zuge dieser Entwicklung entfalten die Betriebspartner immer weitgehendere Regelungsaktivitäten. Geht es dabei nur um organisatorische oder begünstigende Regelungen, ist dies unter dem Aspekt des Individualschutzes unproblematisch. Sobald aber Betriebsvereinbarungen in die Rechtsstellung des einzelnen belastend eingreifen, werden Gefahren für dessen Freiheit heraufbeschworen.

Gegenstand der Untersuchung ist die Frage, ob und, wenn ja, unter welchen Voraussetzungen dies zulässig ist. Die Antwort hängt ab von der Legitimation der Betriebsvereinbarung, ihrem rechtfertigenden Grund. Hier zeigt sich, daß - anders als beim Tarifvertrag - ein von der Selbstbestimmung des einzelnen getragenes Verhalten nicht nachgewiesen werden kann. Fehlt der Betriebsvereinbarung aber ein privatautonomes Fundament, kann sich ihre Legitimation einzig aus dem Gesetz ergeben. Dies jedoch hat Folgen für belastende Regelungen: Ist die Betriebsverfassung eine gesetzliche Pflichtveranstaltung, besitzt sie die gleiche Legitimationsbasis wie eine Zwangskörperschaft des öffentlichen Rechts. In diesem Fall gelten jedoch für Eingriffe in die Freiheit des einzelnen besondere Anforderungen: der Vorbehalt des Gesetzes fordert eine spezielle, dem Bestimmtheitsgebot genügende parlamentsgesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Der Autor weist nach, daß nicht nur die Ähnlichkeiten beider Bereiche, sondern vor allem auch die den Vorbehalt des Gesetzes tragenden Verfassungsprinzipien danach verlangen, eingreifende Betriebsvereinbarungen an den gleichen Maßstäben zu messen, wie sie auch sonst an das Handeln von Zwangskörperschaften angelegt zu werden pflegen. Die derzeit praktizierte Auslegung des geltenden Rechts wird dem indes nicht gerecht.

Table of Contents

Section Title Page Action Price
Vorwort 7
Inhaltsübersicht 9
Inhaltsverzeichnis 11
Abkürzungen 20
Erster Teil: Einführung 21
§ 1 Problemstellung 21
A. Gegenstand der Untersuchung 21
B. Praktische Bedeutung des Themas 23
I. Schwächen des Tarifvertrages 23
II. Stärken der Betriebsvereinbarung aus Sicht der herrschenden Meinung 27
III. Gefahren der neueren Entwicklung 28
C. Das rechtliche Problem 31
I. Einführung 31
II. Die bisherige Behandlung der Frage von Eingriffsbefugnissen betrieblicher Regelungsgewalt 32
1. Überblick über den Meinungsstand 32
2. Gründe für ein einheitliches Vorverständnis 38
III. Ansatz der Untersuchung 40
D. Gang der Darstellung 43
Zweiter Teil: Die Legitimation der unmittelbaren und zwingenden Wirkung von Betriebsvereinbarungen 45
Kapitel 1: Durch die Selbstbestimmung des einzelnen 45
§ 2 Selbstbestimmung durch Selbstbindung 47
A. Selbstbindung durch Selbsthandeln 47
B. Selbstbindung durch Innehaben der Parteistellung 49
C. Ergebnis 50
§ 3 Selbstbestimmung durch Zurechnung fremden Handelns 51
A. Grundlegung: Stellvertretung und Selbstbestimmung 51
B. Der Betriebsrat als Vertreter der Arbeitnehmer 52
I. Gewillkürte Vertretung? 52
II. Gesetzliche Vertretung? 53
III. „Privatheteronomes Rechtsgeschäft“? 54
C. Ergebnis 55
§ 4 Selbstbestimmung durch Unterwerfung unter fremde Gestaltungsmacht 55
A. Grundlegung 55
B. Anknüpfungspunkte 56
I. Abschluß des Arbeitsvertrages und Eintritt in den Betrieb? 56
II. Wahl des Betriebsrats? 59
C. Ergebnis 62
§ 5 Selbstbestimmung durch Mitgliedschaft in einem Verband 63
A. Rechtliche Einordnung der Satzung des körperschaftlich organisierten privatrechtlichen Verbandes 65
I. Vertragsrechtliche Betrachtungsweise 67
II. Die Satzung als Rechtsnorm 67
III. Unterscheidende Betrachtungsweise („modifizierte Normentheorie“) 70
IV. Stellungnahme 71
1. Das Errichten der Satzung 71
2. Die Verfassung des „ins Leben getretenen Verbandes“ 72
V. Ergebnis 75
B. Die Betriebsvereinbarung als Statut eines Verbandes 76
I. Der „Betrieb“: ein Verband? 76
II. Der „Belegschaftsverband“ 77
1. Eigener Name? 79
2. Satzungsrecht in eigenen Angelegenheiten? 80
3. Vorhandensein von Organen? 83
4. Gemeinsamer Zweck? 87
III. Der „Betriebsverband“ 94
1. Unabhängigkeit vom Mitgliederwechsel? 95
2. Eigener Name? 96
3. Satzungsrecht in eigenen Angelegenheiten? 97
4. Vorhandensein von Organen? 98
5. Gemeinsamer Zweck? 100
C. Ergebnis 101
Kapitel 2: Durch eine fremdbestimmte, heteronome Ordnung 102
§ 6 Die Betriebsvereinbarung als außerstaatliche, private Rechtsnorm 102
A. Grundlegung 102
B. Der Rechtsnormencharakter der Betriebsvereinbarung 105
I. Der Sprachgebrauch des Gesetzes 105
II. Die Merkmale einer Rechtsnorm 106
1. Der Begriff der Rechtsnorm 106
2. Die einzelnen Merkmale 107
3. Der Staat notwendig Urheber des Norminhalts? 111
4. Zwischenergebnis 113
C. Die Quelle der Verbindlichkeit 114
I. Die Lehre von der vorstaatlichen Rechtsetzungsgewalt 114
1. Die These 114
2. Die Begründung 115
a) Die genossenschaftliche Rechtslehre 115
b) Der Gedanke der sozialen Selbstverwaltung 117
c) Das Subsidiaritätsprinzip 119
II. Bedenken 120
1. Das Zurechnungssubjekt 122
2. Staatliche Souveränität 123
a) Zur prinzipiellen Vereinbarkeit von privater Rechtsetzung mit staatlicher Souveränität 124
aa) Grundlegung: Der Begriff der Souveränität 124
bb) Das Bestehen eines Rechtsetzungsmonopols als Kennzeichen staatlicher Souveränität? 126
α) Das einfache Recht 127
β) Die Verfassungsmäßigkeit des einfachen Rechts 127
(1) Tarifautonomie 128
(2) Objektiv-rechtliche Grundrechtsgehalte 129
(3) Sozialstaatsprinzip 131
(4) Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip? 132
(5) Verstoß gegen staatliche Souveränität? 134
b) Rechtsetzung Privater unabhängig von staatlicher Anerkennung? 135
aa) Die Einheit der Rechtsordnung 135
bb) Die Frage der Rechtsgeltung 136
α) Das Erfordernis tatsächlicher Geltung 136
β) Die Garantie tatsächlicher Durchsetzung 138
γ) Die Notwendigkeit einer staatlichen Zuordnungsentscheidung 140
c) Nicht Rechtsetzungs-, sondern Rechtsanerkennungsmonopol als Kennzeichen staatlicher Souveränität 140
3. Die Thesen von der Sozialautonomie und der Geltungskraft des Subsidiaritätsprinzips 143
a) Soziale Selbstverwaltung 143
b) Subsidiaritätsprinzip 145
III. Der staatliche Rechtsgeltungsbefehl für die betrieblichen Rechtsnormen 147
1. Übertragung staatlicher Rechtsetzungsgewalt? 147
a) Eigene Hoheitsgewalt in den Händen der Betriebspartner? 150
b) „Verwandlung“ hoheitlicher in private Gewalt? 157
2. Zweigleisige Entstehung privat gesetzten Rechts 158
a) Anerkennung der privat formulierten Regel als Rechtsnorm (F. Kirchhof) 158
b) Abgrenzung: Betriebsvereinbarungen weder Verweisungsobjekt noch Tatbestandsmerkmal einer staatlichen Norm 159
IV. Ergebnis 161
Dritter Teil: Die Legitimation von Eingriffen durch Betriebsvereinbarungen 162
Kapitel 1: Das Erfordernis einer besonderen Legitimation 162
§ 7 Die allgemeine Legitimation 163
§ 8 Die besondere Legitimation 165
A. Grundlegung: Die Parallele zu den Zwangskörperschaften des öffentlichen Rechts 165
I. Gleiche Organisationsprinzipien in beiden Bereichen 165
II. Anforderungen an belastende außerstaatliche Rechtsetzung durch rechtsfähige Einheiten des öffentlichen Rechts: Der Vorbehalt des Gesetzes 166
III. Die Betriebsvereinbarung: Private Rechtsetzung mit quasi-hoheitlicher Verbindlichkeit 169
B. Geltung des Vorbehaltes des Gesetzes für eingreifende betriebliche Rechtsetzung 171
I. Die Fundamente des Vorbehaltes des Gesetzes 172
1. Allgemeines 172
2. Insbesondere: Der Bereich der außerstaatlichen öffentlich-rechtlichen Rechtsetzung 177
II. Der Vorbehalt des Gesetzes als Maßstab und Grenze betrieblicher Normsetzung 180
1. Grundsätzliches 180
2. Die den Vorbehalt des Gesetzes tragenden Gedanken 183
a) Rechtsstaatlicher Eingriffsvorbehalt 183
b) Schutzauftrag des parlamentarischen Gesetzes 185
c) Kompetentielle Bedeutung der grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte 185
d) (Organ-) Souveränität des Parlaments 187
e) Geltung des Vorbehaltes des Gesetzes nach Maßgabe der Wesentlichkeitstheorie (Waltermann)? 188
f) Zwischenergebnis 192
3. Das geringere Legitimationsniveau in der Betriebsverfassung im Vergleich zu dem der Selbstverwaltungskörperschaften 192
a) Die besondere Legitimation der Selbstverwaltung 192
b) Das Legitimationsniveau in der Betriebsverfassung 195
III. Gründe für die Entbehrlichkeit besonderer Eingriffsermächtigungen in der Betriebsverfassung? 200
1. Betriebsvereinbarungen: „Privatautonomie auf höherer Ebene“? 201
a) Die Argumentation 201
b) Kritik 202
2. Kollision zwischen Grundrechten der Arbeitnehmer und denen des Betriebsrats? 207
a) Die Problematik 207
b) Grundrechtsträgerschaft des Betriebsrats selbst? 209
c) Grundrechtskollision zu Lasten der Arbeitnehmer? 212
3. Mißachtung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft? 214
C. Ergebnis 216
Kapitel 2: Der Nachweis einer Eingriffsgrundlage 216
§ 9 Die allgemeine Regelungskompetenz in sozialen Angelegenheiten 217
A. Die Argumentation 217
I. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 217
II. Das zustimmende Schrifttum 219
B. Wahrung der Anforderungen an eine besondere Eingriffsgrundlage? 220
C. Ergebnis und Folgerungen für praktische Fälle 222
§ 10 Die Mitbestimmung in den sozialen Angelegenheiten des § 87 BetrVG 223
A. Grundlagen 223
I. Fragestellung 223
II. Auswirkungen eines eingriffsorientierten Verständnisses betrieblicher Mitbestimmung 226
III. Zur Methode 230
1. Vorbemerkung 230
2. Die leitenden Auslegungsprinzipien 231
3. Arbeitsrechtliche Besonderheiten? 235
IV. Mitbestimmungsfreiheit materieller Arbeitsbedingungen? 238
B. Eingriffsbefugnisse als Sinn betrieblicher Mitbestimmung 241
I. Präzisierung des inhaltlichen Ziels der Auslegung 241
II. Anwendung der klassischen Methoden 242
1. Wortlautauslegung 242
2. Logisch-systematische Auslegung 247
3. Teleologische Auslegung 249
a) Der Schutzzweck 250
aa) Die Nachweisquelle: Der Bericht der Mitbestimmungskommission 250
bb) Der Inhalt des Schutzzwecks 252
b) Der Teilhabezweck 252
4. Zwischenergebnis und Gang der weiteren Untersuchung 254
C. Der Nachweis des Teilhabezwecks 256
I. Die Regelungsabsicht des Gesetzgebers 256
II. Objektiv-teleologische Ansatzpunkte 257
1. Einschränkung der individualvertraglichen Ausweichmöglichkeiten des Arbeitgebers als eigener Zweck? 257
a) Die Argumentation 257
b) Schlüssigkeit der Ableitung? 258
2. Bestätigung durch das Initiativrecht des Betriebsrats? 261
3. Ausprägung betrieblicher Demokratie? 265
a) Der Ansatz 265
b) Demokratisierung der Gesellschaft – ein Gebot der Verfassung? 267
c) Demokratisierung der Gesellschaft: eine Frage politischer Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers 275
4. Teilhabe als Gebot der Achtung der Menschenwürde? 276
a) Der Ansatz 276
b) Das Prinzip der Menschenwürde und sein Verhältnis zum betrieblichen Arbeitsverhältnis 277
c) Der Schutz der Menschenwürde im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes 280
d) Grundrechtliche Selbstbestimmung und § 87 BetrVG 280
aa) Förderung grundrechtlicher Sebstbestimmung durch Teilhabe? 281
bb) Ist individuelle Eigenhabe ersetzbar durch kollektive Teilhabe? 285
cc) Notwendigkeit der Konsequenzen? 287
III. Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern 288
1. „Parität“ als Kennzeichen der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten 289
2. Tatsächliche Ungleichbehandlung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei dem Begründen und Verändern von Leistungspflichten 289
3. Das rechtliche Gleichheitsproblem 291
4. Beispiele 295
a) Das Umstellen von barer auf bargeldlose Lohnzahlung 295
b) Die Einführung von Kurzarbeit 299
IV. Zwischenergebnis 301
D. Weitere Lehrmeinungen zur Begründung von Eingriffsbefugnissen im Rahmen des § 87 BetrVG 302
I. Mitbestimmung über materielle Annexregelungen 302
II. Erfordernisse der Praktikabilität? 305
1. Die Aussage 305
2. Stellungnahme 306
a) Grundsätzliches zur Ergebniskontrolle 306
b) Überzeugungskraft des Praktikabilitätsarguments im vorliegenden Zusammenhang 308
aa) Ausgangspunkt: Einheitlichkeit kein Selbstzweck 308
bb) Die Gegenfrage: sind individualrechtliche Ermächtigungen unpraktikabel? 310
3. Beispiel: Das Ablösen allgemeiner Arbeitsbedingungen 317
a) Problemstellung 317
b) Originäre Belastungsbefugnisse als Abweichung von der actus-contrarius-Doktrin 320
c) Inhaltliche Besonderheiten allgemeiner Arbeitsbedingungen 321
d) Individualrechtliche Lösungswege 322
aa) Änderungsvorbehalte 322
bb) Ergänzendes Auslegen des Arbeitsvertrages 329
cc) Das konkrete Einverständnis 330
dd) Wegfall der Geschäftsgrundlage 331
e) Zwischenergebnis 332
III. Ausgleichsfunktion betrieblicher Mitbestimmung? 333
E. Ergebnis und Folgerungen für praktische Fälle 336
Ergebnisse 338
Literaturverzeichnis 350
Sachverzeichnis 385