Das Natürlichkeitsargument bei biotechnologischen Maßnahmen
BOOK
Cite BOOK
Style
Format
Das Natürlichkeitsargument bei biotechnologischen Maßnahmen
Schriften zur Rechtstheorie, Vol. 290
(2019)
Additional Information
Book Details
Pricing
About The Author
Frauke Rostalski ist Inhaberin eines Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung an der Universität zu Köln. Nach ihrer u.a. durch Stipendien der Deutschen Forschungsgemeinschaft, des DAAD, des Marie-Curie-Programms der Europäischen Union sowie der Volkswagenstiftung geförderten Promotions- und Habilitationsphase am Kriminalwissenschaftlichen Institut der Philipps-Universität Marburg verbrachte sie einen einjährigen Forschungsaufenthalt an der State University of New York, Buffalo, NY.Abstract
Die Arbeit untersucht die Validität von Natürlichkeitsargumenten in der Diskussion um die Legitimität biotechnologischer Maßnahmen. Sie nähert sich dieser Aufgabe im Wege einer kritischen Überprüfung des Natürlichkeitsbegriffs, der in diesem Zusammenhang herangezogen wird. Dieser geht in aller Regel auf die aristotelische Trennung von Kunst und Natur zurück und setzt sich dabei einer ersten Kritik aus. Im Anschluss daran erfolgt eine ausführliche Prüfung der Validität von Natürlichkeitsargumenten zur Legitimation rechtlicher Verhaltensnormen im Bereich der Biomedizin. Im Ergebnis können in einer rechtlichen Diskussion allein jene Argumente überzeugen, die die besseren Gründe für eine bestimmte Position angeben. Natürlichkeitsargumente erweisen sich in der Debatte um neue biotechnologische Verfahren als hinderlich.This paper examines the validity of naturalistic arguments in the discussion on the legitimacy of biotechnological measures. This objective is approached through critical evaluation of the concept of naturalness used in that context. In general, the concept is based on the Aristotelian separation of art and nature and thus meets first criticism. This is followed by an in-depth examination of the validity of naturalistic arguments being used as legitimation for legal standards of conduct in the field of biomedicine. Ultimately, only the arguments providing the better reasons for a specific position are able to convince in legal discussions. Naturalistic arguments prove to be obstructive in the debate on new biotechnological procedures.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
A. Einleitung und thematische Eingrenzung | 13 | ||
B. Rechtsphilosophie als Reflexionstheorie des Rechts | 27 | ||
I. Rechtsethischer Nihilismus | 28 | ||
II. Rechtspositivistische Trennungsthese Hans Kelsens | 29 | ||
III. Weiterer Gang der Untersuchung | 34 | ||
C. Zum Natürlichkeitsbegriff in der Debatte um biotechnologische Verfahren | 35 | ||
I. Bestandsaufnahme zur Debatte um biotechnologische Verfahren: Begriff des Natürlichen in Anlehnung an das Aristotelische Naturverständnis | 36 | ||
II. Kritik am Natürlichkeitsbegriff in der Debatte um biotechnologische Verfahren | 43 | ||
1. Kritik an dem Differenzierungskriterium von Bewegung und Ruhe in sich selbst | 44 | ||
2. Aristotelisches Verständnis der menschlichen Natur als Stütze der Kritik an einem an Aristoteles angelehnten Natürlichkeitsbegriff | 50 | ||
a) Aus dem ergon-Argument folgt kein innerer Widerspruch der Aristotelischen Lehre im Verhältnis zum Unterscheidungskriterium von Selbstbewegung und -ruhe. | 58 | ||
b) Dem ergon-Argument kann nicht die Aufforderung zur Selbsttranszendierung entnommen werden. | 64 | ||
c) Zwischenergebnis | 68 | ||
3. Undurchführbarkeit einer Trennung von Natürlichem und Künstlichem in Bezug auf die „menschliche Natur“ | 68 | ||
III. Ergebnis zum Natürlichkeitsbegriff in der Debatte um biotechnologische Verfahren | 76 | ||
D. Validität von Natürlichkeitsargumenten zur Legitimation rechtlicher Verhaltensnormen im Bereich der Biomedizin | 78 | ||
I. Allgemeine Legitimationsanforderungen rechtlicher Verhaltensnormen | 78 | ||
1. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit | 81 | ||
2. Maßgeblichkeit der Adressatenperspektive | 83 | ||
II. Exkurs: Aufgabe und Legitimation von Strafe im Rechtsstaat | 85 | ||
1. Normentheoretische Trennung von Verhaltens- und Sanktionsnormen | 85 | ||
2. Ablehnung präventiver Strafzwecklehren | 87 | ||
3. Straftheorie der ausgleichenden Ahndung des konkreten begangenen Verhaltensnormverstoßes | 91 | ||
III. Legitimität rechtlicher Verhaltensnormen zum Schutz des Natürlichen im Bereich der Biomedizin | 95 | ||
1. (Vordergründige) argumentative Vorteile des Berufens auf die Natürlichkeit | 100 | ||
a) Fehlende Sachlichkeit von originären Natürlichkeitsargumenten | 101 | ||
b) Universalität und Egalität ersetzen nicht die allgemeinen Bedingungen rechtlicher Verhaltensnormlegitimation | 107 | ||
c) Kritik der verbreiteten ausschließlich positiven Besetzung des Natürlichen | 110 | ||
2. Fehlende Bindungswirkung eines etwaigen „natürlichen Normensystems“ für den Menschen | 112 | ||
3. Vorwurf des naturalistischen Fehlschlusses | 115 | ||
4. Validität originärer Natürlichkeitsargumente | 122 | ||
a) Die Wahrung von Natürlichkeit im Bereich der Biomedizin dient nicht der Erhaltung der „natürlichen Lebensgrundlage“ des Menschen | 126 | ||
b) Unantastbarkeit der leiblichen Kontingenz des Menschen in der christlichen Lehre | 130 | ||
c) Fehlende Schutzwürdigkeit des Natürlichen als „Kulturerbe“ | 132 | ||
d) Fehlende Schutzwürdigkeit des Natürlichen zur Wahrung der Gattungsidentität | 136 | ||
e) Verbreitete Intuition als Begründung der Schutzwürdigkeit der menschlichen Natur? | 138 | ||
f) Zwischenergebnis zu originären Natürlichkeitsargumenten | 139 | ||
5. Validität vermeintlicher Natürlichkeitsargumente | 141 | ||
a) Wahrung des Natürlichen zum Schutz der Menschenwürde | 142 | ||
aa) Verletzung der Würde des Klons | 146 | ||
bb) Verletzung der Würde der geklonten Person | 149 | ||
cc) Verletzung der Würde der sonstigen am Vorgang des reproduktiven Klonens Beteiligten | 152 | ||
dd) Verletzung der Gattungswürde | 153 | ||
ee) Zwischenergebnis | 155 | ||
b) Wahrung des Natürlichen zum Schutz vor unabsehbaren Gefahren für den Betreffenden und Dritte | 155 | ||
c) Wahrung der menschlichen Natur zum Schutz personaler Autonomie | 157 | ||
aa) Gefährdung menschlicher Autonomie angesichts des Verlustes von „Reziprozität zwischen Ebenbürtigen“ durch eugenische Maßnahmen – zur Auffassung Jürgen Habermas' | 158 | ||
bb) Gefährdung der Autonomie durch gesellschaftlichen Zwang zur Optimierung des Selbst | 167 | ||
(1) Ungeeignetheit paternalistischer Verbotsnormen zum Schutz des Selbstbestimmungsrechts | 169 | ||
(2) Dennoch: Legitimation von Verbotsnormen unter Bezugnahme auf das Selbstbestimmungsrecht Dritter | 172 | ||
cc) Zwischenergebnis | 174 | ||
d) Wahrung des Natürlichen zum Schutz vor sozialer Ungleichheit | 175 | ||
e) Wahrung des Natürlichen zum Schutz von Authentizität | 177 | ||
f) Wahrung des Natürlichen zum Schutz vor der Erschütterung fundamentaler (Wert-)Orientierungen | 180 | ||
g) Wahrung der menschlichen Natur zur Erhaltung von Empathie | 184 | ||
h) Wahrung der menschlichen Natur zur Erhaltung genetischer Vielfalt | 185 | ||
i) Wahrung der menschlichen Natur zur Gewährleistung von Zuneigung gegenüber dem gezeugten Kind | 187 | ||
j) Wahrung der menschlichen Natur zur Förderung von (kulturellen) Leistungen | 190 | ||
k) Ergebnis zu vermeintlichen Natürlichkeitsargumenten | 192 | ||
6. Ergebnis zur Legitimität rechtlicher Verhaltensnormen zum Schutz des Natürlichen im biomedizinischen Bereich | 193 | ||
E. Schluss | 196 | ||
Literaturverzeichnis | 198 | ||
Stichwortverzeichnis | 217 |