Verfassungsschutz und Demokratie
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Verfassungsschutz und Demokratie
Voraussetzungen und Grenzen für die Einwirkung der Verfassungsschutzbehörden auf die demokratische Willensbildung
Schriften zum Öffentlichen Recht, Vol. 1416
(2020)
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About The Author
Dietrich Murswiek ist emeritierter Professor für Öffentliches Recht. Von 1990 bis 2016 war er Inhaber eines Lehrstuhls für Staats- und Verwaltungsrecht, Deutsches und Internationales Umweltrecht an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. sowie Direktor des Instituts für Öffentliches Recht. Zuvor war er von 1986 bis 1990 als Professor für Öffentliches Recht an der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen tätig. Bei Duncker & Humblot sind von Dietrich Murswiek erschienen: »Die verfassunggebende Gewalt nach dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland« (1978) und »Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik. Verfassungsrechtliche Grundlagen und immissionsschutzrechtliche Ausformung« (1985). Außerdem ist er Mitherausgeber der Reihe »Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht« sowie etlicher Einzelbände dieser Reihe.Weitere Informationen und Publikationsverzeichnis: www.dietrich-murswiek.deAbstract
Wenn der Verfassungsschutz politische Parteien und Meinungen als verfassungsfeindlich bewertet, nimmt er hoheitlich auf die politische Willensbildung Einfluss. Er warnt vor diesen Parteien und grenzt die von ihm als extremistisch bewerteten Meinungen aus dem öffentlichen Diskurs aus. Dieser Kampf gegen den Extremismus dient dem Schutz der Demokratie, wenn er sich gegen tatsächliche Verfassungsfeinde richtet. Er schadet der Demokratie, wenn die Betroffenen zu Unrecht als Verfassungsfeinde stigmatisiert werden. Das Buch arbeitet die rechtlichen Voraussetzungen für die Beobachtung einer Organisation durch den Verfassungsschutz und für die öffentliche Darstellung der Organisation als extremistisch heraus. Der Autor präzisiert die rechtlichen Maßstäbe für diese Tätigkeit des Verfassungsschutzes und zeigt, dass es grundsätzlich verfassungswidrig ist, im Verfassungsschutzbericht über Organisationen zu berichten, deren Verfassungsfeindlichkeit nicht erwiesen ist.»Protection of the Constitution and Democracy. Legal Prerequisites and Limits for Influencing Public Discourses by Domestic Intelligence Agencies«The author specifies the legal requirements for the observation of organisations by the Agencies for the Protection of the Constitution and for reporting in the Annual Reports on the Protection of the Constitution, in particular by elaborating criteria for the identification of actual indications of anti-constitutional efforts. It shows that it is fundamentally unconstitutional to report publicly on organisations whose anti-constitutional activities have not been proven.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 14 | ||
A. Einführung: Verfassungsschutz und Demokratie | 17 | ||
I. „Streitbare Demokratie“ – eine deutsche Besonderheit | 17 | ||
II. Die Ambivalenz des Verfassungsschutzes | 19 | ||
III. Notwendigkeit der rechtsstaatlichen Einbindung und Kontrolle des Verfassungsschutzes | 23 | ||
B. Rechtliche Voraussetzungen für die Beobachtung einer Organisation durch den Verfassungsschutz | 26 | ||
I. Aufgaben und Befugnisse der Verfassungsschutzbehörden | 26 | ||
1. Aufgaben | 26 | ||
2. Beobachtungsbefugnisse der Verfassungsschutzbehörden | 27 | ||
3. Mittel der Beobachtung | 28 | ||
II. Verfassungsfeindliche Bestrebungen als Beobachtungsobjekte | 29 | ||
1. Der Begriff der Bestrebungen | 29 | ||
a) Organisationen als Beobachtungsobjekte | 29 | ||
b) Ziel- und Zweckgerichtetheit | 31 | ||
2. Die freiheitliche demokratische Grundordnung als Schutzgut | 31 | ||
3. Aktivität gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung | 35 | ||
III. Tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen | 37 | ||
1. Tatsächliche Anhaltspunkte | 38 | ||
2. Inhaltliche Kriterien für tatsächliche Anhaltspunkte | 40 | ||
a) Gewaltanwendung, Aufrufe zur oder Billigung von Gewaltanwendung | 40 | ||
b) Forderung, ein Element der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu beseitigen | 40 | ||
c) Kritik an einem Element der freiheitlichen demokratischen Grundordnung | 40 | ||
d) Inhaltlich mit einem Element der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbare Äußerungen | 41 | ||
aa) Nicht auf die Beseitigung eines Schutzguts gerichtete Äußerungen | 41 | ||
bb) Inhaltlich mit einem Element der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbare Äußerungen als Anhaltspunkte in der Rechtsprechung | 44 | ||
cc) Bewertung von Äußerungen bei unterschiedlichen vertretbaren Interpretationen eines verfassungsschutzrechtlichen Schutzguts | 45 | ||
e) Zweideutige Meinungsäußerungen | 46 | ||
aa) Auslegung aus dem Kontext, aber keine Unterstellungen | 46 | ||
bb) Die Intentionalität von Meinungsäußerungen | 50 | ||
cc) Zweideutige Meinungsäußerungen als ergänzende Anhaltspunkte? | 50 | ||
f) Berücksichtigung des „Tons“ einer Meinungsäußerung? | 54 | ||
g) Kontakte zu extremistischen Organisationen | 55 | ||
h) „Vorlauf“ in extremistischen Organisationen | 55 | ||
3. Hinreichendes Gewicht und hinreichende Zahl | 57 | ||
a) Notwendigkeit einer „Gesamtschau“ | 58 | ||
b) In der „Gesamtschau“ zu berücksichtigende Umstände | 58 | ||
c) Notwendigkeit einer Strukturierung der Gesamtschau | 60 | ||
d) Hinreichend gewichtiger Verdacht | 62 | ||
4. Vorprüfung der Beobachtungsvoraussetzungen – der „Prüffall“ | 63 | ||
IV. Zeitliche Grenzen der Beobachtung | 64 | ||
C. Der Verfassungsschutzbericht als Instrument der Extremismusbekämpfung – rechtliche Voraussetzungen und Grenzen | 65 | ||
I. Verfassungsschutz im materiellen Sinne und Verfassungsschutzberichte | 65 | ||
1. Schutz der Verfassung als Aufgabe | 65 | ||
2. „Positiver Verfassungsschutz“ durch Erziehung und Vorbild | 66 | ||
3. „Negativer Verfassungsschutz“ durch Öffentlichkeitsarbeit | 67 | ||
II. Der Verfassungsschutzbericht als Kampfinstrument | 68 | ||
1. Bekämpfung von Extremisten durch Information | 68 | ||
2. Öffentliche Extremismus-Einstufung als Eingriff in Grundrechte oder Parteienfreiheit | 75 | ||
3. Voraussetzungen für die Rechtfertigung der durch den Verfassungsschutzbericht bewirkten Eingriffe | 76 | ||
4. Verfassungsschutzbericht und Demokratie | 77 | ||
III. Rechtliche Anforderungen an die Berichterstattung | 78 | ||
1. Gesetzliche Grundlagen | 78 | ||
2. Die gesetzlichen Voraussetzungen der Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht | 81 | ||
a) Die Voraussetzungen für die Aufnahme einer Organisation in den Verfassungsschutzbericht im Unterschied zu den Voraussetzungen für ihre Beobachtung | 81 | ||
b) Erläuterung der Tatbestandsmerkmale der Ermächtigungsgrundlagen | 82 | ||
c) Ermessen bezüglich der Berichterstattung | 83 | ||
3. Verdachtsberichterstattung: Verfassungskonforme Auslegung der Ermächtigungsgrundlage | 85 | ||
a) Der Eingriffscharakter der Verdachtsberichterstattung | 86 | ||
b) Rechtfertigung des Eingriffs in der Regel nicht möglich | 86 | ||
aa) Legitimes Ziel | 86 | ||
bb) Eignung | 87 | ||
cc) Erforderlichkeit | 88 | ||
dd) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne | 92 | ||
ee) Keine Sanktion auf Verdacht | 92 | ||
ff) Zwischenergebnis | 93 | ||
gg) Zur neueren Rechtsprechung | 94 | ||
4. Verhältnismäßigkeit der Warnung vor einer Organisation im Einzelfall | 97 | ||
a) Verhältnismäßigkeit des Ob der Verdachtsberichterstattung | 97 | ||
aa) Erforderlichkeit der Verdachtsberichterstattung | 98 | ||
bb) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne | 102 | ||
(1) Hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte | 102 | ||
(2) Überwiegende Wahrscheinlichkeit | 107 | ||
(3) Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung | 107 | ||
cc) Schlußbemerkung: Keine Herrschaft des Verdachts | 108 | ||
b) Verhältnismäßigkeit des Wie der Berichterstattung | 109 | ||
aa) Unterscheidung von Fällen erwiesener Verfassungsfeindlichkeit und Verdachtsfällen | 109 | ||
bb) Kenntlichmachung von Verdachtsfällen | 110 | ||
cc) Umfang der Berichterstattung | 113 | ||
dd) Zeitliche Dauer der Berichterstattung | 113 | ||
5. Zur Problematik der Meinungstabuisierung | 114 | ||
a) Die Tabuisierungswirkung der Verwendung von Meinungsäußerungen als Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen | 114 | ||
b) Notwendigkeit einer deutlichen Unterscheidung von Anhaltspunkten und wertungsfreier Kontextdarstellung | 116 | ||
c) Grundrechtliche Konsequenzen | 117 | ||
6. Begründungsbedürftigkeit der Einstufung einer Organisation als „extremistisch“ | 117 | ||
7. Anhörung der Betroffenen vor Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts | 118 | ||
Annex 1: Meinungsäußerungen als Belege für eine verfassungsfeindliche Zielsetzung | 121 | ||
I. Einleitung: Meinungen als Indikatoren für eine verfassungsfeindliche Zielsetzung | 121 | ||
II. Kriterien des Grundgesetzes für die Ausgrenzung von Meinungen im Verfassungsschutzbericht | 123 | ||
1. Die Wirkungen des Verfassungsschutzberichts auf die Meinungsfreiheit | 124 | ||
2. Rechtfertigungskriterien für Beeinträchtigungen der Meinungsfreiheit und der staatlichen Neutralität im politischen Meinungskampf | 125 | ||
3. Folgerungen für die Verwendung von Meinungsäußerungen als Belege für eine extremistische Zielsetzung | 127 | ||
a) Äußerung einer verfassungsfeindlichen Zielsetzung | 128 | ||
b) Äußerung einer Meinung, die ein Element der freiheitlichen demokratischen Grundordnung kritisiert oder mit ihm unvereinbar ist | 128 | ||
aa) Kritische Äußerungen | 129 | ||
bb) Mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung inhaltlich unvereinbare Äußerungen | 130 | ||
c) Äußerungen, aus denen indirekt auf Kritik an der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geschlossen werden kann | 130 | ||
aa) Beispiel: Bezeichnung des gegenwärtigen politischen Systems als „undemokratisch“ | 131 | ||
bb) Beispiel: Pauschalkritik an der „politischen Klasse“ | 133 | ||
cc) Konsequenzen für die Möglichkeit indirekter Folgerungen aus Meinungsäußerungen | 137 | ||
(1) Schluß auf eine verborgene Gesinnung? | 137 | ||
(2) Maßgeblichkeit der objektiven Wirkung? | 138 | ||
(3) Diskreditierung verfassungsmäßiger Meinungsäußerungen? | 139 | ||
III. Fazit: Verfassungsschutz darf nicht Status-quo-Schutz sein | 140 | ||
Annex 2: Verfassungsschutz-Mitarbeit als staatsbürgerliche Obliegenheit? | 142 | ||
I. Die Strategie der Ausgrenzung | 142 | ||
II. Die Sanktionierung der Nichtausgrenzung | 145 | ||
III. Rechtliche Voraussetzungen für die Sanktionierung der Nichtausgrenzung | 147 | ||
1. Ermächtigungsgrundlage in den Verfassungsschutzgesetzen | 147 | ||
2. Nichtausgrenzung von Extremisten als extremistische Bestrebung? | 149 | ||
a) „Tatsächliche Anhaltspunkte“ für verfassungsfeindliche Bestrebungen – rechtliche Kriterien | 149 | ||
b) Kontakte zu Extremisten als Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen? | 150 | ||
c) Zwischenergebnis | 156 | ||
3. Selbständige Ausgrenzungsobliegenheit? | 157 | ||
a) Verpflichtung zur Ausgrenzung? | 157 | ||
b) Verfassungsengagement als Verfassungserwartung | 158 | ||
c) Zur Unterscheidung von Verfassungserwartungen und Rechtspflichten | 159 | ||
d) Inhalt der Verfassungserwartung | 160 | ||
e) Inkonsistente Praxis? | 161 | ||
IV. Verdachtsberichterstattung: Verschärfung des Problems | 162 | ||
V. Schlußbemerkung | 163 | ||
Annex 3: Tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen – Beispiele für problematische Wertungen des Verfassungsschutzes | 165 | ||
I. Ethnisch-kultureller Volksbegriff | 167 | ||
II. Wahrung der Identität der Nation beziehungsweise des ethnisch-kulturell verstandenen Volkes als politisches Ziel | 169 | ||
III. Relative Homogenität des Volkes | 171 | ||
IV. Ablehnung der multikulturellen Gesellschaft/des Multikulturalismus | 174 | ||
V. Verwendung „rechtsextremistischen“ Vokabulars | 176 | ||
VI. Pauschale Kritik einer politischen Partei an anderen Parteien und an der Regierung/Verneinung der Existenzberechtigung politischer Parteien | 177 | ||
VII. „Umerziehung“ | 179 | ||
VIII. Erinnerungspolitik | 180 | ||
Sachwortregister | 184 |