Zusammenhängende Verträge i.S.v. § 360 BGB-Konkretisierung des Anwendungsbereichs unter Bildung eines Abgrenzungskriteriums zum Recht der verbundenen Verträge
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Zusammenhängende Verträge i.S.v. § 360 BGB-Konkretisierung des Anwendungsbereichs unter Bildung eines Abgrenzungskriteriums zum Recht der verbundenen Verträge
Schriften zum Bürgerlichen Recht, Vol. 503
(2020)
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Corinna Freudenmacher schloss ihr Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Regensburg 2015 ab. Im Anschluss daran folgte das Referendariat am Landgericht Landshut. Nach Abschluss des zweiten Staatsexamens arbeitete Corinna Freudenmacher während der Erstellung ihrer Dissertation als wissenschaftliche Mitarbeiterin in einer internationalen Großkanzlei in München. Seit Juni 2018 nach Abschluss ihrer Dissertation arbeitet Corinna Freudenmacher als Rechtsanwältin in derselben internationalen Großkanzlei im Bereich Private Equity / M&A.Abstract
Die Einführung des § 360 BGB im Jahre 2014 führte zu weitreichenden Rechtsfolgen zugunsten des Verbrauchers bei Vorliegen sog. »zusammenhängender Verträge«, nämlich die Gewährung einer Widerrufserstreckung auf einen zusammenhängenden Vertrag und die Rückabwicklung desselben. Durch die damit einhergehende Ausnahme vom Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse stellen sich zwangsläufig Fragen nach der Auslegung dieser Ausnahmevorschrift, ihrer Reichweite und der Abgrenzung zum Themenkomplex der verbundenen Verträge. Dies insbesondere auch im Hinblick auf die aktuellen »Klagewellen « von Verbrauchern, mittels derer eine Bindung an unliebsam gewordene Verträge versucht wird zu beseitigen. Die Untersuchung unternimmt dabei eine Konkretisierung des Anwendungsbereichs der Norm unter Heranziehung des juristischen Auslegungskanons und Bildung eines Abgrenzungskriteriums zu verbundenen Verträgen. Die Erkenntnisse werden sodann dazu verwendet, aktuelle Problemstellungen anhand der Auslegungskriterien zu entscheiden.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 7 | ||
Inhaltsverzeichnis | 9 | ||
Einleitung | 15 | ||
A. Entwicklung des Abgrenzungskriteriums | 17 | ||
I. Die konstitutive Aussagekraft der historischen Entstehungsgeschichte für das Abgrenzungskriterium | 17 | ||
1. Genese des § 360 BGB | 17 | ||
a) Modifikation des Anwendungsbereichs durch § 359a BGB a. f. | 18 | ||
aa) Regelungsgehalt des § 359a BGB a. F. | 19 | ||
(1) § 359a I BGB a. F.: Genaue Angabe der Ware oder der Leistung | 19 | ||
(a) Ausdrückliche Subsidiarität des Tatbestands gegenüber dem Verbund | 19 | ||
(b) Hinreichend konkrete Individualisierung zur Abgrenzung zum „auf eigene Faust“ abgeschlossenen Darlehensvertrag | 21 | ||
(c) Richtlinienwidrigkeit wegen fehlender Anwendbarkeit des Einwendungsdurchgriffs | 22 | ||
(2) § 359a II BGB a. F.: Verträge über Zusatzleistungen | 23 | ||
(a) Subsidiarität des Tatbestands gegenüber dem Verbund | 23 | ||
(b) Erfordernis einer direkt kausalen Verknüpfung | 26 | ||
bb) Zwischenergebnis | 28 | ||
b) §§ 312f, 485 III BGB a. F. | 29 | ||
aa) Regelungsgehalt: Erfordernis einer wirtschaftlichen Verknüpfung und Subsidiarität zum Verbundtatbestand | 29 | ||
bb) Zwischenergebnis | 33 | ||
c) Schaffung eines eigenständigen Komplexes der zusammenhängenden Verträge durch die zentrale Regelung des § 360 BGB | 34 | ||
aa) Bündelung der Vorgängernormen | 34 | ||
bb) Bekräftigung der Subsidiarität des Tatbestands durch Wegfall der Anwendbarkeit der bilateralen Rückabwicklung | 35 | ||
cc) Nur graduelle Erweiterungen des Anwendungsbereichs zusammenhängender Verträge | 36 | ||
dd) Zwischenergebnis | 37 | ||
2. Genese des § 358 BGB | 38 | ||
a) Die Entwicklung der Norm zur Ausnahmevorschrift zur Kompensation des Aufspaltungsrisikos | 38 | ||
b) Die „wirtschaftliche Einheit“ als entscheidendes Kriterium für das Schutzbedürfnis des Verbrauchers | 41 | ||
c) Die Abkehr von der Maßgeblichkeit subjektiver Elemente und das zwingende Erfordernis des Finanzierungszusammenhangs | 42 | ||
d) Entwicklung eines Verbraucherschutzrechts, nicht eines -privilegierungsrechts | 45 | ||
e) Zusammenfassung verstreuter Spezialregelungen und Umsetzung von EU-Vorgaben | 48 | ||
f) Zwischenergebnis | 50 | ||
II. Die geringe Aussagekraft des Wortsinns für das Abgrenzungskriterium | 52 | ||
1. Vergleichbare Anforderungen zwischen den Tatbeständen | 52 | ||
a) Erfordernis zweier Vertragsverhältnisse des Verbrauchers | 52 | ||
b) Vergleichbarer Bedeutungsgehalt des „Verbunds“ und des „Zusammenhangs“ | 55 | ||
c) Beiderseitiges Abstellen der Tatbestände auf objektiv festzustellende Umstände | 57 | ||
d) Widerruf des zweiten Vertrags als zwingende Rechtsfolge | 58 | ||
e) Zwischenergebnis | 59 | ||
2. Für das Abgrenzungskriterium relevante abweichende Anforderungen zwischen den Tatbeständen | 61 | ||
a) Ausdrückliche Subsidiarität des Zusammenhangs | 61 | ||
b) Kein Automatismus zwischen der Verneinung der Verbundvoraussetzungen und dem Tatbestand des § 360 BGB | 62 | ||
c) Unterschiedliche Anforderungen an den Zusammenhang aus § 360 II 1 und 2 BGB | 63 | ||
d) Zwischenergebnis | 65 | ||
III. Die weiterführenden Erkenntnisse der systematischen Untersuchung für das Abgrenzungskriterium | 66 | ||
1. Tatbestand zusammenhängender Verträge nach § 360 BGB | 66 | ||
a) Stellung im Gesetz | 66 | ||
aa) Verortung „vor der Klammer“ im allgemeinen Schuldrecht: Lex generalis | 66 | ||
bb) Abgegrenzte Verortung zu § 358 BGB: Keine vollständige Gleichstellung der Tatbestände | 69 | ||
b) Systematischer Aufbau der Norm | 70 | ||
aa) Tatbestandliche Subsidiarität zum Verbundtatbestand | 70 | ||
bb) Kein Rückschluss aus § 360 II 2 BGB auf § 360 II 1 BGB im Sinne einer Ablehnung des Bezugs bei bloßem Finanzierungszusammenhang | 72 | ||
cc) Gewählte Anordnung der Absätze als systematisch fehlerhaft | 75 | ||
dd) Übereinstimmung der systematischen Verortung der Fallgruppe des § 360 II 2 BGB mit Richtlinienvorgaben | 76 | ||
c) Zwischenergebnis | 77 | ||
2. Verbundtatbestand des § 358 BGB | 79 | ||
a) Stellung im Gesetz | 79 | ||
b) Systematischer Aufbau der Norm | 79 | ||
c) Zwischenergebnis | 82 | ||
IV. Die richtungsweisende Aussagekraft des Telos für das Abgrenzungskriterium | 83 | ||
1. Verfolgte Zielsetzung im Rahmen des § 360 BGB | 83 | ||
a) Effektivierung der Verbraucher-Widerrufsrechte | 83 | ||
aa) Konsequenz des Erfordernisses eines Zusammenspiels der Verträge im Sinne einer maximalen Werthaltigkeit | 85 | ||
bb) Verständnis der Norm als Verbraucherschutzrecht, nicht -privilegierungsrecht: Konsequenz der Ablehnung eines isolierten Widerrufs | 87 | ||
b) Zusammenfassung verstreuter Vorgängernormen | 89 | ||
c) Umsetzung der EU Vorgaben | 90 | ||
d) Zwischenergebnis | 93 | ||
2. Verfolgte Zielsetzung im Rahmen des § 358 BGB | 96 | ||
a) Kompensation des Aufspaltungsrisikos | 96 | ||
aa) Konsequenz des Erfordernisses eines Erwerbs- und eines Finanzierungsgeschäfts mit dem Verbraucher als Vertragspartei | 96 | ||
bb) Restriktive Auslegung als Konsequenz des Ausnahmecharakters: Irrelevanz subjektiver Verbrauchervorstellungen | 99 | ||
b) Effektivierung des Widerrufsrechts des Verbrauchers | 100 | ||
c) Zwischenergebnis | 100 | ||
V. Konsequenz der vorstehenden Untersuchungen für das Abgrenzungskriterium | 102 | ||
B. Tatbestand des § 360 BGB | 106 | ||
I. Der „Bezug“ als charakteristisches Merkmal des Tatbestands | 106 | ||
1. Das Erfordernis eines restriktiven Verständnisses entsprechend des Ausnahmecharakters der Norm | 107 | ||
2. Die Anforderung einer unmittelbar kausalen Verknüpfung zwischen den Vertragsverhältnissen | 108 | ||
3. Das Bestehen eines engen zeitlichen Zusammenhangs als bloßes Indiz für den Bezug | 109 | ||
a) Ablehnung des gleichzeitigen Vertragsabschlusses als zwingendes Kriterium des Bezugs | 109 | ||
b) Bejahung des Bezugs auch bei zeitlich divergierendem zunächst unabhängigen Abschlusses des zusammenhängenden Vertrags | 111 | ||
4. Das Vorliegen eines Haupt- und Nebenvertragsverhältnisses als typisches, aber nicht zwingendes Merkmal | 112 | ||
5. Die Relevanz des Merkmals des Zusammenspiels für den Bezug | 114 | ||
6. Zwischenergebnis | 116 | ||
II. Die Richtlinienwidrigkeit der Regelung des § 360 II 2 BGB | 118 | ||
1. Unvereinbarkeit mit Art. 15 I, II 2 i. V. m. Art. 3 lit. n) (ii) der Verbraucherkreditrichtlinie 2008 | 119 | ||
2. Richtlinienkonforme Rechtsgewinnung | 121 | ||
a) Richtlinienkonforme Auslegung | 122 | ||
aa) Richtlinienkonforme extensive Auslegung von § 358 III BGB | 123 | ||
bb) Richtlinienkonforme Auslegung des § 360 BGB oder § 359 BGB | 124 | ||
b) Richtlinienkonforme Rechtsfortbildung | 126 | ||
aa) Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke | 126 | ||
bb) Durchführung durch entsprechende Anwendung des § 359 BGB | 129 | ||
3. Zwischenergebnis | 131 | ||
III. Die Erforderlichkeit der restriktiven Auslegung des § 360 II 2 BGB aus Missbrauchsaspekten | 132 | ||
1. Das Merkmal der „genauen Angabe der Leistung des Unternehmers im Darlehensvertrag“ als Korrektiv gegen ein extensives Verständnis | 133 | ||
a) Restriktive Auslegung entsprechend des Ausnahmecharakters der Norm | 134 | ||
b) Erfordernis einer sachenrechtlichen Bestimmtheit zur Eliminierung der Missbrauchsgefahr | 134 | ||
2. Verneinung der Anwendbarkeit bei genau entgegengesetzter Richtung der Widerrufserstreckung | 138 | ||
3. Zwischenergebnis | 140 | ||
C. Anwendungsfälle des Abgrenzungskriteriums | 142 | ||
I. Leasing | 142 | ||
1. Fehlen der typischen Aufspaltungslage bei Finanzierungsleasingverträgen | 143 | ||
2. Vergleichbares Schutzbedürfnis beim Eintrittsmodell | 144 | ||
3. Reichweite des Verweises in § 506 I BGB | 145 | ||
a) Streng formalistische Betrachtung des BGH | 145 | ||
b) Kritische Bewertung der Vorgehensweise des BGH | 146 | ||
c) „Entsprechender“ Verweis als Anknüpfungspunkt für Modifikationsspielräume | 149 | ||
4. Vorrang des § 358 BGB bei Vorliegen der Verbundvoraussetzungen entsprechend des Abgrenzungskriteriums | 153 | ||
5. Zwischenergebnis | 154 | ||
II. Restschuldversicherungen | 156 | ||
1. Vorliegen von Spezialregelungen außerhalb des BGB? | 159 | ||
2. Anwendungsfälle des Verbundtatbestands | 160 | ||
a) Vergleichbare Risikolage zu dem von § 358 BGB verfolgten Schutzzweck | 161 | ||
aa) Versicherungsnehmermodell | 161 | ||
bb) Gruppenversicherungsmodell | 164 | ||
b) Finanzierungszusammenhang bei Restschuldversicherungen | 167 | ||
c) Wirtschaftliche Einheit bei Restschuldversicherungen | 171 | ||
d) Zwischenergebnis | 174 | ||
3. Anwendungsfälle zusammenhängender Verträge | 175 | ||
a) Subsidiarität des Tatbestands gegenüber dem Verbundregime | 175 | ||
b) Subsidiarität des Tatbestands für den Fall des Widerrufs des Versicherungsvertrags (§ 9 II VVG) | 176 | ||
c) Bejahung der Anwendungsvoraussetzungen des § 360 II 1 BGB | 177 | ||
d) Verneinung des Anwendungsbereichs des § 360 II 2 BGB | 180 | ||
e) Zwischenergebnis | 181 | ||
III. Kapitalbildende Lebensversicherungen | 182 | ||
1. Anwendungsfälle des Verbundtatbestands | 182 | ||
a) Keine Fremdfinanzierung der Versicherungsprämien | 182 | ||
b) Fremdfinanzierung der Versicherungsprämien durch Darlehensaufstockung | 184 | ||
aa) Fehlende Relevanz der Zahlungsmodalitäten der Prämienleistung wegen Wortlaut und Telos des § 358 BGB | 185 | ||
bb) Widersprüchlichkeit der Argumentation des BGH in BGHZ 205, 249 | 187 | ||
c) Zwischenergebnis | 190 | ||
2. Anwendungsfälle zusammenhängender Verträge | 191 | ||
a) Subsidiarität des Anwendungsbereichs gegenüber dem Verbundtatbestand | 191 | ||
b) Subsidiarität des Anwendungsbereichs für den Fall des Widerrufs des Versicherungsvertrags | 191 | ||
c) Bejahung der Anwendungsvoraussetzungen des § 360 II 1 BGB | 192 | ||
d) Zwischenergebnis | 193 | ||
IV. „Widerrufsjoker“ – Erfordernis einer wertungsgeprägten restriktiven Auslegung des § 360 I 1 BGB | 194 | ||
1. Bejahung der Anwendbarkeit des § 358 BGB bei Vorliegen der spezifischen Voraussetzungen | 195 | ||
2. Erfordernis nach einer wertungs- und normzweckgeprägten restriktiven Auslegung im Rahmen des § 360 BGB zur Vermeidung von Missbrauchsgefahr | 196 | ||
3. Zwischenergebnis | 200 | ||
D. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse | 202 | ||
Literaturverzeichnis | 213 | ||
Stichwortverzeichnis | 229 |