Die verfassungsrechtliche Begrenzung und rechtspolitische Perspektive der elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht in Deutschland als zusätzlicher Schutzmechanismus
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Die verfassungsrechtliche Begrenzung und rechtspolitische Perspektive der elektronischen Aufenthaltsüberwachung im Rahmen der Führungsaufsicht in Deutschland als zusätzlicher Schutzmechanismus
Ein Vergleich mit der Rechtslage in den USA und in Südkorea
Schriften zum Strafrechtsvergleich, Vol. 10
(2020)
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About The Author
Jinhwan Chang studierte von 1998 bis 2006 Germanistik und Jura an der Korea Universität in Seoul und erwarb das Bachelor-Diplom. Dort nahm er 2007 das Studium zum »Master of Law« (LL.M.) mit Schwerpunkt im Strafrecht auf. Während des Magisterstudiums studierte er als Austauschstudent mit Finanzierung durch ein Baden-Württemberg-Stipendium an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Im Jahr 2019 wurde er dort als Stipendiat des DAAD unter der Betreuung von Herrn Prof. Hans Jörg Albrecht vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg promoviert. Seit 2020 arbeitet er als Dozent an der Korea Universität.Abstract
Die elektronische Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) in Deutschland wurde ohne hinreichende Prüfung und Debatte schnell eingeführt, um die Allgemeinheit vor der Begehung schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten durch gefährliche Straftäter zu schützen. Im Vergleich zu den USA und Südkorea sind die Vorschriften zum Datenschutz hinsichtlich der EAÜ in Deutschland strenger. Zudem ist unter den drei Ländern in Deutschland die Dauer der EAÜ auch am kürzesten. Da die EAÜ jedoch unabhängig vom Willen der Überwachten nach Verbüßung ihrer Strafen zwangsweise angeordnet wird, stellt sich in allen drei Ländern die Frage, ob die Überwachung nicht verfassungswidrig ist. In der vorliegenden Arbeit wird vorgeschlagen, die Überwachten ähnlich wie bei einer Sicherungsverwahrung als Sonderopfer zum Wohle der Allgemeinheit aufzufassen. Damit soll die Belastung der Überwachten minimiert werden. Durch staatliche Hilfe zur sozialen Wiedereingliederung sollen sie möglichst vollständige Freiheit im Alltagsleben ohne EAÜ zurückerlangen.»Legality and Criminal Politics of Electronic Monitoring of Sex Offenders in Germany. A Comparison with the Legal Situation in the USA and South Korea«The thesis deals with the question of how electronic monitoring is compatible with fundamental rights and which criminal policy design is appropriate in a comparative legal manner. With attention to the principle of proportionality and the special sacrifice theory, the work is proposed to minimize the burden on the monitoring and to regain as complete freedom as possible in everyday life without electronic monitoring through state aid for social reintegration.
Table of Contents
Section Title | Page | Action | Price |
---|---|---|---|
Vorwort | 5 | ||
Inhaltsverzeichnis | 7 | ||
Abkürzungsverzeichnis | 14 | ||
Teil 1: Einleitung | 17 | ||
A. Die elektronische Aufenthaltsüberwachung für gefährliche Straftäter in Deutschland | 17 | ||
B. Forschungsziel und Forschungsmethode | 20 | ||
C. Gang der Untersuchung | 22 | ||
Teil 2: Gesamtverständnis der EAÜ in den 3 Ländern | 24 | ||
Kapitel 1: Historische Übersicht | 24 | ||
A. USA | 24 | ||
I. Entstehung | 24 | ||
1. Der erste Versuch von Ralph Schwitzgebel | 24 | ||
2. Umsetzung in die Praxis durch Jack Love | 25 | ||
3. Problem der Überbevölkerung im Gefängnis | 26 | ||
II. Entwicklung | 27 | ||
1. Entwicklung von GPS-Technik | 27 | ||
2. „Jessica Lunsford Act“ in Florida | 28 | ||
3. Erweiterung auf andere US-Bundesstaaten | 30 | ||
B. Südkorea | 32 | ||
I. Entstehung | 32 | ||
1. Einfluss des US-amerikanischen kriminalpolitischen Trends der Ausweitung ambulanter Sanktionen | 32 | ||
2. Lernaufenthalt zum elektronischen Überwachungssystem | 34 | ||
3. Pilotprojekt und offizielle Einführung der nächtlichen Ausgangssperre mittels der elektronischen Stimmenerkennung | 35 | ||
II. Entwicklung | 36 | ||
1. Eine Reihe schwerer sexueller Missbräuche und Ermordungen von Kindern | 36 | ||
2. Entstehung des Gesetzes zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung für gefährliche (Sexual)Straftäter | 37 | ||
a) Gesetzesentwurf zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung | 37 | ||
b) Zusatzantrag des Justizministeriums | 39 | ||
c) Verabschiedung des Gesetzes über die elektronische Aufenthaltsüberwachung von besonders gefährlichen Straftätern | 40 | ||
3. Verschärfung des Gesetzes zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung | 41 | ||
a) Erste Reform | 41 | ||
b) Zweite Reform | 41 | ||
c) Dritte Reform | 43 | ||
d) Vierte Reform | 45 | ||
C. Deutschland | 48 | ||
I. Entstehung | 48 | ||
1. Skeptische Stimme gegen das neue Instrument der elektronischen Überwachung in den 1990er Jahren | 48 | ||
2. Heftige Diskussion auf der politischen Ebene | 50 | ||
3. Hessisches Modellprojekt des „elektronisch überwachten Hausarrests“ | 52 | ||
4. Baden-württembergisches Strafvollzugsprojekt | 54 | ||
II. Entwicklung | 57 | ||
1. Urteil des EGMR vom 17.12.2009 | 57 | ||
2. Rasche Reaktion aus der Politik | 57 | ||
3. Weisung im Katalog der Führungsaufsicht | 59 | ||
4. Ausweitung der EAÜ auf Terrorismus | 60 | ||
D. Zusammenfassung | 62 | ||
Kapitel 2: Kriminalpolitische Analyse | 63 | ||
A. Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten | 63 | ||
I. Sensibilisierung der Gesellschaft bezüglich sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche | 63 | ||
II. Neue Gesetzgebungen für gefährliche (Sexual)Straftäter | 65 | ||
III. EAÜ als ein ergänzendes Hilfsmittel der freiheitsentziehenden Unterbringung im Kampf gegen gefährliche (Sexual)Straftäter | 72 | ||
B. Entwicklung des Sicherheitstrends | 74 | ||
I. Trend zur Sicherheitsgesellschaft | 74 | ||
II Veränderte gesellschaftliche Strukturen | 75 | ||
1. Ökonomische Umwälzungen | 75 | ||
2. Rückzug des Staates | 77 | ||
3. Sozio-kulturelle Veränderungen | 78 | ||
III. Erweiterungen der Sicherheitsdiskurse | 80 | ||
1. Angst im Alltag | 80 | ||
2. Massenmedien als Verstärkungsinstrument der Angst | 82 | ||
3. Endloses Sicherheitsbedürfnis | 83 | ||
IV. Sicherheitsorientierte Kriminalrechtspolitik | 85 | ||
V. EAÜ als Ausdruck einer sicherheitsorientierten Kriminalrechtspolitik | 88 | ||
C. Zusammenfassung | 91 | ||
Teil 3: Die verfassungsrechtliche Bewertung und rechtspolitischer Vorschlag der EAÜ | 93 | ||
Kapitel 1: Gegenwärtige rechtliche Ausgestaltung sowie Praxissituation | 93 | ||
A. USA | 94 | ||
I. Einführung | 94 | ||
II. Verschiedene Gesetzesmodelle | 95 | ||
1. Florida Modell | 95 | ||
2. Kalifornien Modell | 98 | ||
3. Massachusetts Modell | 100 | ||
4. Hybrid Modell | 102 | ||
III. Aktuelle Praxissituation | 103 | ||
B. Südkorea | 106 | ||
I. Einführung | 106 | ||
II. Geltende Rechtsvorschriften | 107 | ||
1. Anordnungsvoraussetzungen und erfasster Personenkreis | 107 | ||
2. Gefährlichkeitsprognose | 110 | ||
3. Überwachungsdauer | 111 | ||
4. Überprüfung für die einstweilige Aussetzung der Anbringungsanordnung | 113 | ||
5. Kombination mit den anderen Weisungen | 114 | ||
6. Datenverwendung und Datenschutz | 114 | ||
III. Aktuelle Praxissituation | 116 | ||
C. Deutschland | 118 | ||
I. Einführung | 118 | ||
II. Geltende Rechtsvorschriften | 120 | ||
1. Anordnungsvoraussetzungen und erfasster Personenkreis | 120 | ||
2. Gefährlichkeitsprognose und Erforderlichkeit | 122 | ||
3. Überwachungsdauer | 124 | ||
4. Gerichtliche Überprüfung der Fortdauer | 125 | ||
5. Kombination mit den anderen Weisungen | 126 | ||
6. Datenverwendung und Datenschutz | 127 | ||
III. Aktuelle Praxissituation | 129 | ||
D. Vergleichende Zusammenfassung | 130 | ||
I. Personenkreis und Anwendungsgebiet in strafrechtlichen Sanktionen | 130 | ||
II. Anordnungsvoraussetzungen | 131 | ||
III. Begutachtung der Gefährlichkeitsprognose | 132 | ||
IV. Überwachungsdauer | 132 | ||
V. Gerichtliche Überprüfungen für die vorläufige Aufhebung der Anbringungsanordnung | 133 | ||
VI. Datenverwendung und Datenschutz | 134 | ||
Kapitel 2: Verfassungsrechtliche Diskussionslage in den 3 Ländern | 135 | ||
A. Deutschland | 135 | ||
I. Beschlüsse des LG Rostock und OLG Rostock | 136 | ||
1. Sachverhaltsdarstellung | 136 | ||
2. Entscheidungsgründe | 137 | ||
II. Verfassungsbeschwerde – 2 BvR 916/11 | 139 | ||
III. Wissenschaftliche Diskussionslage | 140 | ||
B. USA | 141 | ||
I. Recht auf Privatsphäre | 143 | ||
1. EAÜ und der Begriff „Search“ im Zusatzartikel IV | 143 | ||
2. „Reasonable Search“ oder „Unreasonable Search“? | 146 | ||
II. Recht auf ein faires Verfahren | 154 | ||
1. „Procedural Due Process“ | 154 | ||
2. „Substantive Due Process“ | 158 | ||
III. Rückwirkungsverbot und Verbot der Doppelbestrafung | 165 | ||
C. Südkorea | 169 | ||
I. Überprüfung des Übermaßverbotes | 170 | ||
1. Herrschende Ansicht | 171 | ||
2. Mindermeinung | 174 | ||
II. Verbot der Doppelbestrafung | 177 | ||
1. Herrschende Ansicht | 178 | ||
2. Mindermeinung | 179 | ||
III. Rückwirkungsverbot | 181 | ||
1. Herrschende Ansicht | 182 | ||
2. Mindermeinung | 182 | ||
Kapitel 3: Vergleichende Analyse | 183 | ||
A. Diskussionspunkte | 183 | ||
B. Argumentation und Schlussfolgerung | 188 | ||
I. Menschenwürde | 188 | ||
1. Verbot entwürdigender und unmenschlicher Behandlung | 188 | ||
2. Verstoß gegen die Selbstbelastungsfreiheit | 191 | ||
3. Verzicht auf ein externes Sachverständigengutachten als willkürliche Behandlung? | 194 | ||
II. Recht auf Privatsphäre und Freiheit | 199 | ||
1. Prüfungsschema: Öffentliches Interesse vs. Grundrecht von Überwachten | 199 | ||
2. Öffentliches Interesse am Schutz vor gefährlichen Straftätern | 200 | ||
a) Schwere der Sexualstraftaten | 200 | ||
b) Rückfallwahrscheinlichkeit | 200 | ||
c) Präventive Wirkung der EAÜ | 201 | ||
3. Grundrecht der Überwachten | 201 | ||
a) Verletzungsgrad des Rechts auf Privatsphäre | 201 | ||
b) Verletzungsgrad des Rechts auf Freiheit | 204 | ||
4. Schlussfolgerung | 205 | ||
C. Was in Deutschland ferner diskutiert werden sollte | 206 | ||
I. Überwiegende öffentliche Interessen aufgrund der strukturellen Schwäche des Verhältnismäßigkeitsprinzips sowie der zunehmenden Sicherheitsstimmung in der Gesellschaft | 206 | ||
II. Mangelnde Berücksichtigung des Sonderopfers von Überwachten | 208 | ||
Kapitel 4: Verfassungsrechtliche Rechtfertigung und rechtspolitischer Vorschlag hinsichtlich der Überwachten als Erbringer eines Sonderopfers | 210 | ||
A. Sonderopfer im Interesse der Allgemeinheit | 210 | ||
I. Sonderopfertheorie und Anspruch auf Aufopferungsentschädigung | 210 | ||
II. Sonderopfer bei den Maßregeln der Besserung und Sicherung | 211 | ||
III. Wird den Überwachten der EAÜ auch ein Sonderopfer auferlegt? | 213 | ||
B. Staatliche Pflichten infolge des Sonderopfers | 215 | ||
I. Mindestanforderungen an die Anordnung und Vollstreckung der EAÜ | 215 | ||
1. Regelungskonzept des BVerfG für Sicherungsverwahrte als Erbringer eines Sonderopfers | 215 | ||
2. Übertragung der 7 Prinzipien für Sicherungsverwahrung auf EAÜ | 216 | ||
a) „Ultima-ratio“-Prinzip | 217 | ||
b) Individualisierungs- und Intensivierungsgebot | 218 | ||
c) Motivierungsgebot | 218 | ||
d) Minimierungsgebot | 219 | ||
e) Rechtsschutz- und Unterstützungsgebot | 219 | ||
f) Kontrollgebot | 219 | ||
II. Geldentschädigungsmöglichkeiten für die Sonderopfer im Maßregelrecht | 220 | ||
1. Kostentragung für die Vollstreckung der EAÜ | 220 | ||
2. Anspruch auf Schmerzensgeld | 222 | ||
C. Überprüfung des derzeitigen rechtlicher Stands der EAÜ in Deutschland und Vorstellung eines rechtspolitischen Vorschlags | 224 | ||
I. „Ultima-ratio“-Prinzip | 224 | ||
II. Individualisierungs- und Intensivierungsgebot | 224 | ||
III. Motivierungsgebot | 225 | ||
IV. Minimierungsgebot | 225 | ||
V. Rechtsschutz- und Unterstützungsgebot | 226 | ||
VI. Kontrollgebot | 227 | ||
VII. Kostentragungspflicht | 228 | ||
VIII. Fazit | 228 | ||
Teil 4: Schlussfolgernde Zusammenfassung | 229 | ||
Anhang 1: Gesetz über die koreanische Bewährung sowie die elektronische Aufenthaltsüberwachung von besonderen Straftätern | 234 | ||
Anhang 2: Urteil des Verfassungsgerichts der Republik Korea vom 27.12.2012 | 253 | ||
Literaturverzeichnis | 262 | ||
I. Deutschland | 262 | ||
II. USA | 271 | ||
III. Südkorea | 274 | ||
IV. Verzeichnis für koreanische Gesetze | 280 | ||
V. Bezeichnung der koreanischen Rechtsprechung | 280 | ||
VI. Internetquellen (Zeitung und Report) | 281 | ||
Stichwortverzeichnis | 283 |